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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 16.05.2001
Aktenzeichen: 7 U 46/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 278
BGB § 831
1. Der Träger eines Belegkrankenhauses haftet nicht für Güte und Fehlerfreiheit der Leistungen des zur Verfügung gestellten Personals, die dieses für den Belegarzt erbringt, sondern allein dafür, dass die von ihm gestellte Kraft für die vorgesehene Tätigkeit geeignet ist.

2. Die Haftung des Trägers eines Belegkrankenhauses für Fehler der zur Verfügung gestellten Hebamme besteht nur so lange, als die Hebamme eigenverantwortlich und ohne die Leitung des Belegarztes tätig wird. Sie endet mit der Übernahme der Behandlung durch den Belegarzt, als dessen Gehilfin gemäß § 278 BGB bzw. § 831 BGB sie ab diesem Zeitpunkt tätig wird.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Im Namen des Volkes Urteil

7 U 46/99

Verkündet am: 16.05.2001

In Sachen

wegen Schadensersatz

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 28.03.2001 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 28.01.1999 - 3 0 275/98 - werden zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsrechtszuges tragen die Klägerin zu 1 9/10, die Klägerin zu 2 1/10.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es können die Vollstreckung des beklagten Vereins durch Sicherheitsleistung die Klägerin zu 1 in Höhe von 21.000,00 DM, die Klägerin zu 2 in Höhe von 2.500,00 DM abwenden, wenn nicht der beklagte Verein vor der Vollstreckung entsprechende Sicherheit leistet.

Sicherheit kann jeweils auch durch selbstschuldnerische, schriftliche und unbefristete Bürgschaft eines in der Europäischen Union als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

Tatbestand:

Der beklagte Verein war 1987 Träger der als Belegkrankenhaus betriebenen Klinik in Mannheim. Die Klägerinnen sind die Haftpflichtversicherer der damaligen Belegärzte Dr. D. (Klägerin zu 1) und Dr. H. (Klägerin zu 2). Sie nehmen den beklagten Verein aus übergegangenem Recht (§ 67 VVG wegen angeblich für ihre Versicherungsnehmer erbrachter Schadensersatzleistungen an das bei seiner Geburt schwer geschädigte Kind F. in Anspruch; das Kind erlitt bei seiner Geburt am 08.05.1987 eine irreversible frühkindliche cerebrale Schädigung.

Die oben genannten Belegärzte sind deswegen durch rechtskräftiges Urteil des Senats vom 30.04.1997 (7 U 141/95, Vorinstanz: LG Mannheim - 9 0 181/90 -) verurteilt worden, weil der dortige Beklagte Dr. H. als Vertreter des dortigen Beklagten Dr. D. nach und infolge telefonischer Benachrichtigung durch die Hebamme K. über den Abgang grünen Fruchtwassers um 22.40 Uhr am 07.05.1987 die Behandlung der Mutter des dortigen Klägers und die Geburtsleitung übernommen habe und für den groben Fehler der Hebamme, die weisungswidrig das angeordnete Schreiben eines weiteren CTG's unterlassen habe, einzustehen habe (§ 831 BGB); Dr. D. hafte für seinen Erfüllungsgehilfen Dr. H. vertraglich und für die Fehler der Hebamme deliktisch. Auf die Einzelheiten des genannten Urteils wird verwiesen.

Die Versicherungsnehmer der Klägerinnen waren seinerzeit aufgrund mündlicher Verträge als Belegärzte im Krankenhaus des beklagten Vereins tätig. Der Inhalt der Verträge entspricht den am 31.12.1987 mit Dr. D. schriftlich geschlossenen (AM II, Anlage B 1). Hierauf wird verwiesen. Die Hebamme K. war Angestellte des beklagten Vereins.

Die Klägerinnen haben vorgetragen, der beklagte Verein hafte für das Fehlverhalten der Hebamme und sei deshalb letztlich allein für den Schaden verantwortlich; sie hätten (im einzelnen genannte, Klageschrift S.10/11, I 10/11) Versicherungsleistungen erbracht.

Die Klägerin zu 1 hat die Verurteilung des beklagten Vereins zur Zahlung von 458.437,84 DM nebst Zinsen, die Klägerin zu 2 von 44.849,99 DM nebst Zinsen begehrt.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Mit ihren Berufungen tragen die Klägerinnen unter Wiederholung ihrer früheren Darlegungen vor, entgegen der Auffassung des Landgerichts sei in § 7 der Belegarztverträge der Gesamtschuldnerausgleich nicht ausgeschlossen, die Versicherungsnehmer und der beklagte Verein schuldeten der Patientin, weil die Geburt nur gemeinsam durchzuführen gewesen sei, eine unteilbare Leistung, daran ändere der Abschluß eines sogenannten gespaltenen Krankenhausvertrages durch die Mutter des geschädigten Kindes nichts. Der beklagte Verein hafte für die Hebamme K. als seine Gehilfin und habe für deren Fehler entgegen der Ansicht des Landgerichts einzustehen, er schulde die einwandfreie Arbeit des zur Verfügung gestellten Personals. Sollte § 7 der Belegarztverträge einen Verzicht auf Schadensersatzansprüche gegen den beklagten Verein bedeuten, sei die Bestimmung wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 7 AGBG unwirksam. Der entscheidende Fehler der Hebamme (unrichtige Bewertung des von 21.35 Uhr bis 22.15 Uhr geschriebenen pathologischen CTG's) sei, weil vor der Übernahme der Behandlung durch Dr. H. begangen, dem beklagten Verein zuzurechnen. Dieser hafte deshalb im Verhältnis zu dem Versicherungsnehmern der Klägerinnen allein.

Die Klägerinnen beantragen,

das angefochtene Urteil zu ändern und

1. den beklagten Verein zu verurteilen, an die Klägerin zu 1 458.437,84 DM nebst 4 % Zinsen seit dem Tag der Klagezustellung zu zahlen;

2. den beklagten Verein zu verurteilen, an die Klägerin zu 2 44.849,99 DM nebst 4 % Zinsen seit dem Tag der Klagezustellung zu zahlen.

Der beklagte Verein beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil, weist auf den angetretenen Entlastungsbeweis für die Hebamme hin und weiter darauf, daß ab Übernahme der Geburtsleitung die Verantwortlichkeit für etwaiges Fehlverhalten der Hebamme bei den Belegärzten gelegen habe.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivortrages wird auf die Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässigen Berufungen sind nicht begründet.

Zwar sind wegen der Leistungen, die die Klägerinnen auf den Schaden des Kindes F. ihrer Behauptung nach erbracht haben, eventuelle Ansprüche ihrer Versicherungsnehmer, der seinerzeit beklagten Belegärzte, gegen den hier beklagten Verein übergegangen. Solche Ansprüche, sei es aus den Belegarztverträgen, sei es aus dem Gesichtspunkt des Gesamtschuldnerausgleichs (§ 426 Abs. 1 BGB; Prölss/Martin, VVG, 26. Auf., § 67 Rdnr. 4 m.N.) oder auf Rückgriff gem. § 426 Abs. 2 BGB bestehen aber nicht.

I.

Aus den Belegarztverträgen haben die Klägerinnen Ansprüche gegen den beklagten Verein nicht. Mit Recht hat das Landgericht einen Verstoß des beklagten Vereins gegen eine Verpflichtung, den Ärzten nur fehlerfrei arbeitendes Personal zur Verfügung zu stellen, verneint.

1. Belegärzte sind nach gesetzlicher Definition (§ 2 Abs. 3 BPflV in der 1987 geltenden Fassung vom 21.12.1985 - BGBl I 1666; heute gleichbedeutend in § 23 BPflV vom 26.09.1994 BGBl I 2750, § 121 Abs. 2 SGB V) nicht am Krankenhaus angestellte Ärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel stationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten. Damit werden zugleich entsprechend der Ermächtigungsnorm des § 16 Nr. 3 KHG in der Fassung vom 23.12.1985 (BGBl I 33) die allgemeinen stationären Leistungen des (Beleg-)Krankenhauses von den belegärztlichen Leistungen abgegrenzt. Diese Konstruktion hat zur Folge, daß der Patient bzw. die Krankenkasse für ihn mit der Wirkung des § 328 BGB bezüglich der stationären Behandlung einen sogenannten gespaltenen Krankenhausvertrag abschließt, bei dem das Krankenhaus nur die nichtärztliche Heilbehandlung schuldet, die ärztliche Betreuung dagegen der Belegarzt (vgl. BGH VersR 1992, 1263).

So war es auch im Fall der Mutter von F. , die - wie sich aus dem Senatsurteil vom 30.04.1997 ergibt - den Vertrag über die bei der Entbindung nötigen ärztlichen Leistungen mit dem sie während der Schwangerschaft betreuenden Belegarzt Dr. D. geschlossen hatte (der die Leistungen auch unstreitig abgerechnet hat).

2. Im Verhältnis zu dem Krankenhausträger ist das Vertragsverhältnis des Belegarztes regelmäßig dadurch gekennzeichnet, daß der nicht in einem dienstrechtlichen "Anstellungsverhältnis" stehende Belegarzt die Einrichtungen der nichtärztlichen Dienste des Krankenhauses zur Erfüllung seiner ärztlichen Aufgaben in Anspruch nimmt. Folgerichtig sehen auch - unstreitig entsprechend der späteren schriftlichen Fixierung - die Belegarztverträge zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerinnen und dem beklagten Verein vor, daß unentgeltlich dem Arzt die zur sachgemäßen Durchführung der ärztlichen Tätigkeit notwendige Ausrüstung zur Verfügung gestellt wird und daß er in seinem Arbeitsbereich gegenüber dem vom Krankenhausträger - gleichfalls - zur Verfügung gestellten Personal fachlich weisungsberechtigt ist (vgl. § 2 Nr. 1, § 3 Nr. 3, Nr. 5 des schriftlichen Vertrags). Um das Ziel sicherzustellen, den Patienten in notwendigem Umfang zu versorgen (vgl. Lauffs/Uhlenbruck - Genzel, Handbuch des Arztrechts, 2. Aufl., § 90 Rdnr. 71), enthält somit der Belegarztvertrag Elemente verschiedener Vertragstypen. Kennzeichnend ist, daß im Bereich der eigentlichen ärztlichen Versorgung der "nachgeordnete" Pflegedienst (Krankenschwestern und hier auch die Hebamme) vom Träger des Krankenhauses dem Arzt nach dessen Anforderungen zur Verfügung gestellt wird. Der Arzt, der diese Dienstleistungen in Anspruch nimmt, ist folgerichtig dem Personal des Krankenhauses in dem Bereich der eigentlichen ärztlichen Behandlung weisungsbefugt. Gekennzeichnet wird die Zusammenarbeit in diesem Bereich dadurch, daß der Arzt für die ihm obliegenden Aufgaben das ihm ohne Entgelt gestellte Personal des Krankenhausträgers nach eigenen Erfordernissen einsetzt, daß also nicht der Krankenhausträger als Unternehmer die zur Erreichung eines (wirtschaftlichen) Erfolges notwendigen Handlungen selbst organisiert. Derartiges ist kennzeichnend nicht für einen Dienstvertrag i.S.d. §§ 611 ff BGB, sondern für einen sogenannten Dienstverschaffungsvertrag (Münchener Kommentar - Müller-Glöge, 3. Aufl., § 611 Rdnr. 36; RGRK - Anders/Gehle, 12. Aufl., § 611 Rdnr. 28). Dementsprechend ist anerkannt, daß der Belegarztvertrag Elemente des Dienstverschaffungsvertrages (nicht: des Dienstvertrages; vgl. BGH NJW 1972, 1128/1129) enthält (OLG Hamm MedR 1989, 148/150; Anders/Gehle a.a.O. Rdnr. 29).

3. Der lediglich zur Verschaffung von Diensten verpflichtete, hier der beklagte Verein, haftet anerkanntermaßen nicht für die Güte und Fehlerfreiheit der Leistungen desjenigen, dessen Dienste er ermöglicht, sondern allein dafür, daß die von ihm gestellte Kraft für die vorgesehene Leistung geeignet ist (BGH Baurecht 1995, 404 unter II, 1, 2; BGH NJW 1975, 1695/1696; BGH NJW 1971, 1129; Müller-Glöge a.a.O.; Soergel/Kraft, 12. Aufl., vor § 611 Rdnr. 50).

Die von dem beklagten Verein für die Betreuung der Mutter und für die Entbindung des Kindes den Belegärzten am 07./08.05.1987 zur Verfügung gestellte Hebamme war nach allseitigem Verständnis der Parteien grundsätzlich für die ihr übertragene Aufgabe befähigt. Der beklagte Verein hat schon im ersten Rechtszug Beweis dafür angetreten, daß Frau K. , die am Abend des 07.05.1987 die Betreuung der Mutter übernommen hat, eine gut ausgebildete, den Anforderungen genügende und qualifizierte Hebamme war. Dem sind die Klägerinnen nicht entgegengetreten. Seine Pflicht, dem Belegarzt brauchbares Personal zur Verfügung zu stellen, hat der beklagte Verein nach alledem nicht verletzt.

II.

1. Die Klägerinnen haben auch keine auf sie nach § 67 VVG, § 426 Abs. 2 BGB übergegangenen Ansprüche oder solche auf Ausgleich zwischen Gesamtschuldnern aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 67 VVG.

Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Ansicht des Landgerichts zutrifft, § 7 der Belegarztverträge schließe als andere Bestimmung (§ 426 Abs. 1 BGB) die Ausgleichspflicht des beklagten Vereins aus. Aus diesem Grund kommt es auch nicht auf die - unzutreffende - Meinung der Klägerinnen an, diese vertragliche Regelung bedeute ggf. eine nach § 11 Nr. 7 AGBG unwirksamen Verzicht auf Schadensersatzansprüche. Auch führt die Ansicht der Klägerinnen, da die Durchführung einer Entbindung ein Zusammenwirken verschiedener Kräfte erfordere, müsse von einer unteilbaren Leistung i.S.v. § 431 BGB ausgegangen werden, aus den nachstehend noch zu erörternden Gründen nicht zur Annahme einer Gesamtschuld.

2. Die bei den Klägerinnen versicherten Arzte und der beklagte Verein hafteten nämlich dem geschädigten Kind nicht als Gesamtschuldner. Dies folgt, worauf der beklagte Verein zutreffend hinweist, aus der typischen Arbeits- und Verantwortungsteilung bei der Durchführung ärztlicher Behandlung im Belegkrankenhaus.

Hier ist - worauf schon das Senatsurteil vom 30.04.1997 (unter Berufung auf BGH NJW 1995, 1611 = VersR 1995, 706 = BGHZ 129, 6) hinweist - anerkannt, daß der Träger des Belegkrankenhauses (also der beklagte Verein) für Fehler der Hebamme nur so lange haftet, als diese Hebamme quasi eigenverantwortlich und ohne die Leitung des Belegarztes tätig ist. In diesem Fall, in dem das nichtärztliche Personal - wozu auch eine Hebamme zählt - eine vor der Entbindung stehende Patientin überwacht, muß das Krankenhaus für Fehler des Personals einstehen, so lange diese nicht wegen einer besonderen ärztlichen Weisungskompetenz oder der Übernahme der Geburtsleitung dem Belegarzt zuzurechnen sind (BGH VersR 2000, 1146/1147). Für Fehler des Belegarztes, die ihm bei der Erbringung der nur von ihm selbst geschuldeten ärztlichen Leistungen unterlaufen, haftet der Krankenhausträger dagegen nicht (BGH NJW 1996, 2429/2430 m. N.). Ihn trifft insoweit gegenüber dem Patienten keine zu erfüllende Verbindlichkeit und kein Verschulden bei der Überwachung des allein auf Weisung des Arztes handelnden Personals. Vielmehr hafteten die Belegärzte ab der Übernahme der Behandlung für die Hebamme als ihre Gehilfin, für die sie im vertraglichen Bereich nach § 278 BGB und deliktisch aus § 831 BGB einzustehen haben, wie der Senat schon seinerzeit näher ausgeführt hat (BGH NJW 1995, 1611/1612).

Die Fehler der Hebamme, die der Senat schon in dem genannten Urteil zutreffend als grob bezeichnet hat, sind sämtlich erst ab einem Zeitpunkt gemacht worden, als der damalige Beklagte Dr. H. die Geburtsleitung bereits übernommen hatte. Nach den von dem beklagten Verein nicht angegriffenen Feststellungen des Senats hatte Frau K. Dr. H. um 22.40 Uhr vom Abgang grünen Fruchtwassers - insoweit fehlerfrei und richtig - verständigt. Dr. H. unternahm nunmehr durch seine ärztliche Weisung an die Hebamme, ein weiteres CTG schreiben zu lassen und ihm zu berichten, wenn dieses Anlaß zur Besorgnis gebe, die Geburtsleitung. Ab diesem Moment des Anrufs und des Berichts der Hebamme standen deren Fehler (die unrichtige Beurteilung des bereits geschriebenen CTG's, die weisungswidrige Verzögerung mit der Durchführung des weiteren CTG's) nur noch zur Verantwortung der von dem beklagten Verein gestellten Arbeitskraft bzw. der Belegärzte. Allein dieser Umstand ist Grundlage, die Hebamme als Verrichtungsgehilfin des damaligen Zweitbeklagten anzusehen und das Fehlverhalten der Hebamme den seinerzeit beklagten Ärzte zuzurechnen.

Im übrigen führt auch die Annahme, die unrichtige Beurteilung des CTG's stünde ebenso wie das ggf. fehlerhafte Zuwarten mit dem Anruf bei der früheren Zweitbeklagten von 22.15 Uhr (Ende des CTG's) bis 22.40 Uhr nicht zur Verantwortung (auch) des beklagten Vereins, nicht zu dessen gesamtschuldnerischen Haftung für den eingetretenen Schaden. Abgesehen davon, daß die Beurteilung der bisher geschriebenen Kardiotokogramme Sache des Arztes ist, weil sie die Entscheidung über den Verlauf und die Art der Geburt beeinflußt und diese Entscheidung eigene Aufgabe des behandelnden Arztes ist (vgl. BGH VersR 1996, 976/978; VersR 1993, 360 - Nichtannahmebeschluß), steht aufgrund der Angaben des Sachverständigen Zimmermann im Vorprozeß fest, daß dieser Fehler die Haftung der Hebamme und damit der Beklagten nicht begründet. Der Sachverständige fordert nicht etwa eine sofortige Beendigung der Geburt schon zum Zeitpunkt des Anrufs, auch wenn er es als deutlichen Fehler bezeichnet, daß kein Dauer-CTG ab Aufnahme der Patientin geschrieben worden ist (Erläuterung des Gutachtens am 04.09.1997, Protokoll S. 4/5, II 213/215). Vielmehr hält er bis 24.00 Uhr eine Beendigung der Geburt durch Kaiserschnitt für nicht geboten und bis dahin nur eine Dauerüberwachung für erforderlich (Protokoll S. 11, II 227). Diese Dauerüberwachung hatte der damalige Zweitbeklagte aber angeordnet; daß die Hebamme diese Anordnung nicht befolgt hat, hat der Senat schon in seinem damaligen Urteil als grob fehlerhaft beurteilt (Urteil S. 17/18) und nur die hieraus folgende Umkehr der Beweislast ist Grundlage der Haftung der Versicherungsnehmer der Klägerinnen (vgl. Senatsurteil S. 21). Das haftungsbegründende Verhalten der Hebamme liegt nach dem Zeitpunkt, in dem der damals beklagte Arzt die Geburtsleitung übernommen hatte und ab dem sie deshalb nicht mehr Gehilfin des beklagten Vereins, sondern nur noch des Belegarztes war.

Es fehlt nach alledem an der für ein Gesamtschuldverhältnis kennzeichnenden Voraussetzung, daß der Gläubiger die nur einmal zu fordernde und zu erbringende Leistung (hier auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens) von mehreren Schuldnern verlangen kann und damit an einer Grundlage für einen sich aus § 426 BGB ergebenden Anspruch.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 100, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Wert der Beschwer liegt für die Klägerinnen über 60.000,00 DM (§§ 546, 5 ZPO).

Ende der Entscheidung

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