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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 07.03.2006
Aktenzeichen: 8 U 200/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB a.F. § 635
Aufwendungen des Bauherrn zur nachträglichen Abdichtung der Bodenplatte seines Hauses, die sich in seinem Verhältnis zum Werkunternehmer aus Rechtsgründen nicht als Mangelbeseitigungskosten im Rahmen von dessen Gewährleistung darstellen, können auch nicht vom planenden Architekten als kausale Folge seines Planungsfehlers verlangt werden. Sie stellen vielmehr nicht ersatzfähige Sowiesokosten dar.
Oberlandesgericht Karlsruhe

8. Zivilsenat

Im Namen des Volkes

Urteil

Geschäftsnummer: 8 U 200/05

Verkündet am 07. März 2006

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2006 unter Mitwirkung von

Vors. Richterin am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe - 2 O 29/05 - vom 15.07.2005 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten beider Rechtszüge zu je 1/2.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Berufungsstreitwert wird auf 6.306,05 €

Gründe:

I.

Die Kläger haben bei Errichtung ihres Wohnhauses im Jahre 1998 die Beklagte als Architektin beauftragt.

Mit dem Rohbauunternehmer schlossen die Kläger am 03.06.1998 unter Einbeziehung des von der Beklagten erstellten Leistungsverzeichnisses vom gleichen Tag einen Pauschalvertrag.

Die vom Rohbauunternehmer gemäß den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses errichtete Bodenplatte des Hauses wies Risse auf, durch die drückendes Wasser in den Keller eindrang.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte ihre Planungsverpflichtung einer wirksamen Abdichtung gegen Bodenfeuchte sowie eindringendes Grundwasser (zeitweise drückendes Wasser) nicht erfüllt hat.

Die Kläger verlangen mit der Klage von der Beklagten Ersatz für von ihnen für das Aufstemmen, Injizieren und Verschließen der Risse in der Bodenplatte aufgewendete Kosten.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Parteivorbringens, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Entscheidungsbegründung wird auf das von der Beklagten mit der Berufung angefochtene Urteil des Landgerichts vom 15.07.2005 (I 107) Bezug genommen, durch welches das Landgericht der Klage ganz überwiegend stattgegeben hat.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel einer Klagabweisung weiter und meint, die Kläger hätten im Wege des Vorteilsausgleichs die eingeklagten Mehrkosten als so genannte Sowieso-Kosten selbst zu tragen.

Die Kläger treten der Berufung entgegen und verteidigen das landgerichtliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf sämtliche vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen der erkennenden Gerichte und ergänzend auf den Gesamtinhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Auf die Entscheidung sind die bis 31.12.2001 geltenden materiellen Gesetze anzuwenden (Art. 229, § 5 Satz 1 EGBGB).

1. Das Urteil des Landgerichts beruht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO).

Die zentrale Erwägung des Landgerichts (US 8), bei der Klageforderung handle es sich um echte Mangelbeseitigungskosten, die keine Sowieso-Kosten darstellten, weil die Kläger zwar einen dichten Keller hätten, nicht jedoch das erhalten hätten, was sie bei ordnungsgemäßer Planung, wenn auch mit weiteren Mehrkosten verbunden, tatsächlich hätten erhalten müssen, trägt die Entscheidung nicht.

Die Kläger machen mit der Klage, was der Senat mit den Parteien in der Senatssitzung vom 14.02.2006 erörtert hat, eindeutig keine Minderung geltend. Sie haben auch - bezogen auf einen denkbaren Zukunftsschaden - keine Feststellungsklage erhoben.

2. Der mit der Klage begehrte Schadensersatzanspruch gemäß § 635 BGB a. F. auf Ersatz der für die Ringsanierung der Bodenplatte des Hauses aufgewandten Kosten ist unbegründet, weil die Beklagte zu Recht den Einwand des Vorteilsausgleichs erhebt.

a) Allerdings hat sich der Planungsfehler der Beklagten in dem von den Klägern errichteten Bauwerk manifestiert.

Folge des Planungsfehlers war nämlich, dass dem Rohbauunternehmer D. B. GmbH im Pauschalvertrag mit den Klägern vom 03.06.98 unter Einbeziehung des Leistungsverzeichnisses vom 03.06.98 (Bestimmung der vertraglichen Soll-Beschaffenheit gemäß Ziff. I.3 d.V.) unter Ziff. 04.0004 eine Fundamentplatte in Beton B 25, Plattendicke 15cm mit einer später beauftragten Eventualposition 04.0006 (Ausführung in wasserundurchlässigem Beton mit WE-Beton) in Auftrag gegeben und so ausgeführt wurde.

b) Diese Ausführung der Bodenplatte führte nach den Darlegungen des Sachverständigen Prof. M. (GA vom 28.03.02, S. 16 ff.) zwar nicht zwangsläufig zu den aufgetretenen Rissen, deren Auftreten - und die dadurch eindringende zeitweise drückende Feuchtigkeit - musste jedoch bei der Planung einkalkuliert werden (GA S. 18).

Allein mit B 25 WU-Beton war ein wasserundurchlässiges Bauteil nicht zu erreichen. Zur Vermeidung einer Rissbildung wäre eine Bodenplatte mit einer Dicke von 25 cm und einer stärkeren Bewehrung erforderlich gewesen. Die vorhandene Bodenplatte mit geringerer Dicke und Bewehrung vermag eine Dichtigkeit allein nicht zu garantieren (GA S. 18).

In Fällen zeitweise drückenden Wassers, die die Beklagte der Planung zugrunde legen musste, ist nach Auffassung des Sachverständigen eine geschlossene dichte Wanne herzustellen. Dies kann durch eine homogene dichte Betonwanne (so genannte weiße Wanne) oder dadurch bewerkstelligt werden, dass die Wanne von außen eine lückenlose Abdichtung aus Kunststoff-, Kautschuk- oder Bitumenbahnen bzw. aus Dichtungsschlämmen, Dickschichten oder Kunstharzen erhält (GA S. 16).

Nach bautechnischer Auffassung des Sachverständigen ist im Wohnungsbau eine Zwitterlösung üblich, wobei die Wände von außen abgedichtet werden und die Bodenplatte aus wasserundurchlässigem Beton hergestellt wird. Die Rissbreiten werden begrenzt und es wird eine Abdichtung innen gegen (Kapillar-,) Diffusions- und gegen Feuchtigkeit, die durch feine Risse eindringt, vorgesehen (GA S. 16).

Im vorliegenden Fall hält der Sachverständige (GA S. 16/17) die Wandabdichtung für ausreichend, die geplante und ausgeführte Bodenplatte für sich jedoch nicht, weil die Rissbreiten nicht genügend begrenzt waren und die Innenabdichtung fehlte.

Statisch ist die vorhandene Bodenplatte - nach Verpressung der Risse - nach Ansicht des Sachverständigen geeignet, den Wasserdruck aufzunehmen.

3. Zu Recht greift jedoch die Beklagte die Feststellung des Landgerichts an, die klagegegenständliche Forderung stelle keine Sowieso-Kosten der Kläger dar.

a) Spätestens seit der grundlegenden Entscheidung BGHZ 91, 206 (vgl. auch BGH BauR 90, 360 sowie BGHZ 139, 244, jeweils m.w.N.) entspricht es der ständigen Rechtsprechung des BGH, dass der Vorteilsausgleichung regelmäßig nur diejenigen Vorteile zugänglich sind, die der Auftraggeber allein durch die Gewährleistung außerhalb ohnehin bestehender vertraglicher Verpflichtungen des Auftragnehmers erlangt. Demgemäß ist der Aufwendungsersatzanspruch des Bestellers stets um diejenigen Mehrkosten zu kürzen, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vorneherein teuerer gewesen wäre (so genannte SowiesoKosten).

b) In diesem Zusammenhang hat der BGH mehrfach (z. B BGH BauR 71, 60, 62; BGH WM 72, 800, 802; BGH BauR 76, 430, 432; BGHZ 90, 344, 346 f. = NJW 84, 1676, 1677) bei Klagen von oder gegen Bauunternehmer entschieden, dass diese nur im Rahmen der ihnen vertraglich obliegenden Werkleistung zur Nachbesserung verpflichtet sind und selbst bei Pauschalpreisverträgen mit näherer Spezifizierung der Leistungspflicht durch ein Leistungsverzeichnis Mehraufwendungen ersetzt verlangen können, die über den Rahmen des vertraglichen Leistungsumfangs hinaus gehen, selbst wenn erst durch diese Mehraufwendungen eine Beseitigung des Mangels ermöglicht wird.

Auch entspricht es ständiger Rechtsprechung des BGH (z.B. NJW 84, 1676, 1677 m.w.N.), dass der Bauunternehmer dem Bauherrn die Fehlplanung des von diesem beauftragten Architekten gemäß den § 254, 278 BGB entgegenhalten kann.

Da vorliegend auch von einer überlegenen Kenntnis des Architekten (Beklagte) und des Tragwerkplaners gegenüber dem Bauunternehmer D. B. GmbH auszugehen ist (so auch der Sachverständige GA S. 19) und mithin keine Hinweispflichtverletzung gemäß § 4 Abs. 3 VOB/B zu erkennen ist, hätten die Kläger den mit der Beklagten im Rahmen des Planungsfehlers gesamtschuldnerisch haftenden Bauunternehmer (vgl. hierzu BGHZ (GS) 43, 227, 231) nicht mit Erfolg auf die Zahlung der mit der Klage begehrten Kosten in Anspruch nehmen können.

Zwar schuldet der Werkunternehmer im Rahmen der vertraglich getroffenen Vereinbarungen ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk. An dieser Erfolgshaftung ändert sich grundsätzlich nichts, wenn die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben, mit der die geschuldete Funktionstauglichkeit des Werkes nicht erreicht werden kann (ständige Rechtsprechung: vgl. z.B. BGH NJW 98, 3707, 3708 m.w.N.).

In diesen Fällen schuldet der Werkunternehmer die vereinbarte Funktionstauglichkeit.

Haben jedoch - wie vorliegend - die Vertragsparteien die Ausschreibungsvorgaben des Bauherrn/Architekten und damit eine bestimmte Ausführungsart zum Gegenstand des Vertrages gemacht, umfasst, sofern die Kalkulation des Werklohns nicht nur auf den Vorstellungen des Werkunternehmers beruht, der vereinbarte Werklohn nur die vereinbarte Herstellungsart.

Zusatzarbeiten, die für den geschuldeten Erfolg erforderlich sind, hat der Bauherr dann gesondert zu vergüten. Führt der Werkunternehmer unter diesen Umständen lediglich die vereinbarte Ausführungsart aus, ist zwar die Leistung mangelhaft. Die ihm bei mangelfreier Leistung für die erforderlichen Zusatzarbeiten zustehende Zusatzvergütung kann jedoch im Rahmen der Gewährleistung als "Sowieso-Kosten" berücksichtigt werden (BGH a.a.O.).

Der Rohbauunternehmer D. GmbH hätte danach den Klägern nicht nur die Fehlplanung der Beklagten, sondern auch die im Prozess streitigen Verpressungs- und Abdichtungskosten als Sowieso-Kosten entgegenhalten können.

Aus gesamtschuldnerischer Haftung können die Kläger demgemäß den Klagebetrag nicht von der Beklagten ersetzt verlangen.

c) Nichts anders kann im vorliegenden Streitfall für die gegen die Beklagte geltend gemachte Forderung der Kläger gelten.

Stellen sich nämlich die für das Aufstemmen, Injizieren und Verschließen der Risse der Bodenplatte von den Klägern gemäß Rechnung der Firma H. und C. GmbH vom 02.12.2003 aufgewendeten Kosten, die allein noch den Gegenstand des Berufungsverfahrens ausmachen, im Verhältnis zu den Klägern als Bauherren nicht als Mangelbeseitigungskosten im Rahmen der Gewährleistung des Werkunternehmers dar, können diese Kosten auch nicht im Rahmen des § 635 BGB a. F. gegenüber dem planenden Architekten als kausale Folge seines Planungsfehlers ersetzt verlangt werden.

Insoweit ist richtig, dass eine Ausführung in Gestalt einer konventionellen Bodenplatte mit zusätzlicher Abdichtung durch Dichtungsschlämme, Dickschichten oder Kunstharze billiger als eine - richtig gestaltete - weiße Wanne gewesen wäre (vgl. II 39), gleichwohl erscheint nach den Feststellungen des Sachverständigen die Schlussfolgerung der Beklagten, die Kläger hätten diesen Weg einer dichten Bodenplatte durch ihre Sanierung eingeschlagen, nicht als zwingend.

Der Sachverständige hat nämlich insoweit zunächst (GA S. 16) von einer lückenlosen Abdichtung der Wanne von außen (so genannte schwarze Wanne) gesprochen, die nicht ausgeführt wurde.

Allerdings hat der Sachverständige im Anschluss eine Innenabdichtung in gleicher Art als im Wohnungsbau üblich bezeichnet.

Folgt man letzterer Überlegung, wäre in der Tat durch die Sanierung eine dauerhaft dichte Bodenplatte hergestellt worden und die Aufwendungen hierfür ohne weiteres als Sowieso-Kosten aufzufassen, weil das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vorneherein um die aufgewendeten Kosten teurer gewesen wäre.

Die Kläger haben weder vorgetragen noch ist aus dem Akteninhalt ersichtlich, dass die von ihnen mit der Klage geltend gemachten Kosten deshalb höher gewesen seien, weil die Arbeiten erst nachträglich und nicht bereits zusammen mit der ursprünglichen Errichtung der Bodenplatte durchgeführt wurden.

Keinen Unterschied macht es - bezogen auf die konkrete Klageforderung - schließlich, wenn entgegen der Ansicht des Sachverständigen davon auszugehen wäre, dass die Beklagte zur sicheren Erreichung des Planungszieles auf jeden Fall eine schwarze oder weiße Wanne hätte planen und ausführen lassen müssen.

Beide Lösungen hätten gegenüber der durchgeführten Lösung erheblich höhere Kosten verursacht, denen möglicherweise ein höherer Wert der Werkleistung gegenüber gestanden hätte.

Dies würde jedoch eine ganz andere Schadensberechnung bedingen, zu der die Kläger nichts vorgetragen haben.

Es kann deshalb dahinstehen, dass der Geschäftsführer der Beklagten in der Senatssitzung vom 14.02.06 erklärt hat, die Kläger hätten eine weiße Wanne von vorneherein aus Kostengründen abgelehnt.

Der eingeklagte Forderungsbetrag kann - da er einen anderen Streitgegenstand ausmacht - vom Senat auch nicht als so genannter Mindestschaden der Kläger angesehen werden.

Die vom Landgericht (US 8) zur Stützung seiner Auffassung herangezogene Entscheidung des OLG Hamm (12 U 16/01, Urteil vom 06.03.2002) betrifft zwar eine vergleichbare Konstellation, in der dem Architekten die Kosten einer zuverlässigen Mangelbeseitigung durch Maßnahmen, die eine billigere Lösung als durch vom dortigen Sachverständigen für erforderlich gehaltene Maßnahme darstellten, im Rahmen des § 635 BGB a. F. auferlegt wurden, obwohl das OLG Hamm davon ausging, dass die teureren Maßnahmen gem. Vorschlag des Sachverständigen von den dortigen Bauherren als Klägern unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten weitestgehend selbst zu tragen gewesen wären.

Der Senat vermag aus den ausführlich dargelegten Gründen dieser im Gegensatz zu den Rechtsprechungsgrundsätzen des BGH stehenden und im entscheidenden Punkt nicht begründeten Entscheidung nicht zu folgen.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Kläger grundsätzlich ersatzfähige Kosten infolge des eingetretenen Wasserschadens sowie Folgeschäden im Zusammenhang mit den nachträglichen Sanierungsmaßnahmen mit der Klage nicht verfolgen.

III.

Hiernach ist auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage mit der Kostenfolge der §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO abzuweisen.

Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen.



Ende der Entscheidung

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