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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 14.09.2004
Aktenzeichen: 8 U 97/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 275 Abs. 1
BGB § 276
BGB § 311a Abs. 2 n. F.
1. Steht in Fällen anfänglicher Unmöglichkeit wegen eines Rechtsmangels eine vorübergehende Unmöglichkeit der dauerhaften Unmöglichkeit gleich, bestimmen sich die Rechte des Käufers aus § 311a Abs. 2 Satz 1 BGB n. F..

2. Der Umfang der Nachforschungspflicht und der daraus resultierenden Sorgfaltsanforderungen im gewerblichen PKW-Handel im Internet.


Oberlandesgericht Karlsruhe 8. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 8 U 97/04

Verkündet am 14. September 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatz

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2004 unter Mitwirkung von

Vors. Richterin am Oberlandesgericht Dr. Ernst Richter am Oberlandesgericht Dr. Riehle Richter am Landgericht Dr. Grabsch

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim - 5 O 81/03 - vom 05.03.2004 in der Fassung gemäß Beschluss vom 14.04.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien sind gewerbsmäßige Autohändler.

Sie streiten um Ansprüche auf Kaufpreisrückzahlung und Auslagenersatz aus einem PKW-Kaufvertrag.

Der Beklagte bot im Internet einen gebrauchten, erstmals 1995 zugelassenen PKW Mercedes-Benz E 200 zum Kauf an. Der Kläger fuhr zum Beklagten nach M. und schloss mit ihm am 14.03.2003 einen Kaufvertrag über das Fahrzeug, welches ihm nach Bezahlung des Kaufpreises von 6.600, -- EUR samt Kfz-Brief sofort übergeben wurde.

Der Kläger seinerseits bot das Fahrzeug in der Folge im Internet zu einem höheren Preis wiederum zum Kauf an, worauf ein weiterer Autohändler aus M. Interesse an dem PKW zeigte und ihn erwerben wollte.

Beim Versuch des Klägers, die für eine Ausfuhr des PKW ins Ausland erforderlichen Unterlagen bei der Zulassungsstelle Aalen zu besorgen, wurde festgestellt, dass die in dem vom Kläger vorgelegten Kfz-Brief für das Fahrzeug vermerkte Fahrzeugidentifikationsnummer laut Auskunft des Kraftfahrtbundesamtes Flensburg bereits für einen anderen PKW Mercedes anderer Farbe registriert war, der auf einen anderen Halter auch tatsächlich zugelassen war.

Das Fahrzeug wurde darauf am 27.03.2003 von der Polizei sichergestellt.

Im Laufe der kriminalpolizeilichen Ermittlungen stellte sich heraus, dass das verkaufte Fahrzeug in der Nacht vom 13.01./14.01.03 in M. dem Eigentümer M. gestohlen worden war. Ferner wurden an der im Fahrzeug eingeschlagenen Fahrzeugidentifikationsnummer deutliche Manipulationsspuren bei der Zahl 3 der letzten drei Zahlen "..." festgestellt.

Das Fahrzeug des Herrn M. hatte ursprünglich die Fahrzeugidentifikationsnummer mit der Endzahl "....".

Durch Beschluss des Amtsgerichts Aalen vom 22.04.2003 wurde das Fahrzeug an den Eigentümer M. bzw. dessen Kasko-Versicherung herausgegeben.

Der Beklagte seinerseits hatte das streitgegenständliche Fahrzeug nach einem Internet-Angebot am 07.02.2003 von einem B. Autohändler zum Preis von 6.000, -- EUR gekauft.

Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Parteivorbringens, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Entscheidungsbegründung wird auf das vom Beklagten mit der Berufung angefochtene Urteil des Landgerichts vom 05.03.2004 (I 63 ff.) samt Berichtigungsbeschluss vom 14.04.04 (I 79) Bezug genommen, durch welches das Landgericht dem Kläger unter Klagabweisung im Übrigen von den geltend gemachten Schadensersatzpositionen in Höhe von 7.100, -- EUR den Betrag von 6.707,50 EUR zuerkannte.

Der Beklagte verfolgt mit seiner Berufung das Klagabweisungsbegehren weiter und bringt vor, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches bejaht.

Das Abhandenkommen des Fahrzeugs sei bereits bei Abschluss des Vertrages der Parteien beendet gewesen.

Das Landgericht verkenne auch, dass allein die Nichterfüllung einer Leistungspflicht keine Schadensersatzverpflichtung auslöse. Es habe deshalb die Frage der Anspruchsgrundlage nicht offen lassen dürfen. Eine endgültige Verweigerung des Beklagten habe nicht vorgelegen. Zu Unrecht stelle das Landgericht auch auf eine Garantiehaftung des Beklagten im Fall anfänglichen Unvermögens ab.

Der Kläger habe seiner Darlegungs- und Beweislast dafür nicht genügt, dass der Beklagte, dem das Abhandenkommen des Fahrzeugs gleichfalls unbekannt gewesen sei, den Mangel oder seine Unkenntnis vom Leistungshindernis zu vertreten habe.

Der Beklagte beantragt:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 05.03.04, AZ: 5 O 81/03, geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt:

Zurückweisung der Berufung des Beklagten.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und widerspricht der Behauptung, das Abhandenkommen des Fahrzeugs sei im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses beendet gewesen. Die vom Landgericht angenommene Garantiehaftung des Beklagten als Verkäufer sei durch die Rechtsprechung des BGH gedeckt. Auf ein Verschulden komme es nicht an, weil eine andere Betrachtung zu unerträglichen Ergebnissen führen würde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf sämtliche vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen, die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen der erkennenden Gerichte und ergänzend auf den Inhalt der Akten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Das Landgericht hat dem Kläger im Ergebnis zu Recht die ausgeurteilten Beträge zuerkannt.

1. Die Sach- und Rechtslage beurteilt sich nach den ab 01.01.2002 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB), nachdem der Kaufvertrag der Parteien am 14.02.2003 geschlossen wurde.

2. Der Beklagte schuldet dem Kläger den begehrten Schadensersatz statt der Leistung wegen anfänglicher Unmöglichkeit der vom Beklagten geschuldeten Übereignung des KFZ gemäß § 311a Abs. 2 Satz 1 BGB.

a) Die Feststellung des Landgerichts (US 5), dass das im Kaufvertrag der Parteien vom Beklagten an den Kläger verkaufte Fahrzeug Mercedes Benz, Typ E 200 vor Abschluss des Vertrages im Eigentum des Zeugen M. stand und diesem durch Diebstahl in der Nacht vom 13.01./14.01.03 abhanden gekommen ist, ist mangels rechtlich relevanter Berufungsangriffe für den Senat bindend (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Danach steht fest, dass der Beklagte dem Kläger sowohl bei Abschluss des Kaufvertrages am 14.02.03 (primäre Leistungspflicht gemäß § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB) als auch bei der sich unmittelbar anschließenden Übergabe und "Übereignung" des Fahrzeugs (§ 929 BGB) und damit Gefahrübergang im Sinne des § 446 BGB Eigentum an dem Fahrzeug nicht verschaffen konnte, weil er selbst am 07.02.2003 bei seinem Kauf des Fahrzeugs von der Firma T. E. B. und dessen Übergabe an ihn kein Eigentum gutgläubig erlangen und damit auf den Kläger übertragen konnte (§ 935 Abs. 1 Satz 1 BGB).

b) Die Auffassung des Beklagten, das Abhandenkommen des Fahrzeugs sei bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien am 14.02.03 beendet gewesen (I 20 f./II 33) ist sachlich und rechtlich unzutreffend.

Eine gestohlene Sache bleibt abhanden gekommen, bis sie der Eigentümer zurück erlangt oder bis sie von einem Dritten nach anderen Vorschriften als den §§ 929 ff. BGB (also z. B. durch Ersitzung, Fund oder Verbindung und Vermischung) zu Eigentum erworben wird (Münchener Kommentar/Quack, BGB, Sachenrecht, 4. Auflage, § 935 BGB Rdn. 4, 18).

Soweit der Beklagte unter Hinweis auf Palandt/Bassenge BGB, 63 Auflage, § 935 BGB Rdn. 3 darauf abstellt, dass das Merkmal des Abhandenkommens auch durch die Ablehnung der Rückerlangung des Eigentums durch den Eigentümer enden könne, ist ein solcher Sachverhalt vorliegend nicht ersichtlich.

Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien vom 14.02.2003 und der Fahrzeugübergabe an den Kläger hatte weder der Eigentümer M. noch seine Kaskoversicherung Kenntnis vom Verbleib des gestohlenen und im unmittelbaren Besitz des Beklagten befindlichen Fahrzeugs. Erst durch die Sicherstellung des PKW durch die Polizei am 27.03.03 und die weiteren polizeilichen Ermittlungen erfuhren der Eigentümer und seine Versicherung davon, dass das Fahrzeug aufgefunden worden war.

Eine irgendwie geartete Ablehnung der Rückerlangung des PKW durch den Eigentümer Muckelmann gegenüber den an den Verträgen vom 07.02.03 und 14.02.03 beteiligten Personen ist weder vom Beklagten vorgetragen noch ersichtlich.

Durch die weiteren Veräußerungen änderte sich die einmal durch den unfreiwilligen Besitzverlust begründete Lage nicht mehr (Münchener Kommentar/Quack a.a.O.).

Rechtlich offenkundig unrichtig ist die Ansicht des Beklagten, dem Zeugen Muckelmann sei es wegen der Regulierung seines Kasko-Schadens durch seine Versicherung nicht mehr auf die Rückerlangung des PKW angekommen. Gerade nach einer vollständigen Regulierung des Schadens durch Zahlung einer Entschädigung in voller Höhe ihres Versicherungswerts ist der Versicherungsnehmer der Versicherung gegen Schäden durch Einbruch, Diebstahl und Raub (AERB 81 bzw. AERB 87 Fassung 94) gemäß § 18 Nr. 3 AERB (bzw. § 17 Nr. 3) verpflichtet, entweder die Entschädigung zurückzuzahlen oder die wiedererlangte Sache dem Versicherer zur Verfügung zu stellen (vgl. hierzu Prölls/Martin/Kollhosser, VVG, 27. Aufl., S. 1092, 1094 u. 1106 m.w.N.).

Tatsächlich hat auch weder der Zeuge M. noch seine Kasko-Versicherung die Rückerlangung des PKW abgelehnt, sondern diesen im Gegenteil nach dessen Freigabe durch Beschluss des Amtsgerichts Aalen vom 22.04.03 herausverlangt und erhalten.

Auch die auf der unrichtigen Annahme der Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs des PKW durch den Kläger beruhenden Ausführungen des Beklagten zu einem Widerspruch des Klägers gegen die Freigabe gemäß § 111 k STPO gehen danach fehl.

c) Nach den Regelungen des neuen Schuldrechts ist § 275 Abs. 1 BGB auf Fälle objektiver wie subjektiver als auch anfänglicher wie nachträglicher Unmöglichkeit gleichermaßen anzuwenden (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Auflage, § 275 BGB Rdn. 4 ff.).

Der Vertrag, in dem eine unmögliche Leistung versprochen worden ist, ist wirksam, der Schuldner braucht die unmögliche Leistung aber nicht zu erbringen, verliert jedoch nach § 326 BGB den Anspruch auf die Gegenleistung und schuldet unter den Voraussetzungen des § 311 a BGB Schadensersatz (Palandt/Heinrichs a.a.O.).

d) Der Beklagte wurde vorliegend von seiner Leistungspflicht in Gestalt der Verschaffung von Rechtsmangelfreiheit im Sinne des § 435 BGB gemäß § 275 Abs. 1 BGB befreit.

Allerdings ist Voraussetzung der Anwendung der §§ 275 Abs. 1, 311a Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich die dauerhafte Unmöglichkeit der Erfüllung der Leistungspflicht (Palandt/Heinrichs a.a.O. § 275 BGB Rdn. 10 m.w.N.).

Vorliegend hätte prinzipiell die Möglichkeit bestanden, dass der Beklagte den verkauften PKW vom Eigentümer M. bzw. dessen Versicherung hätte erwerben und dem Kläger erneut übergeben und übereignen können.

Der Beklagte, der für die Behebbarkeit seiner Leistungspflichtverletzung die Darlegungs- und Beweislast trägt, weil die zumindest am 14.02.03 bestehende anfängliche Unmöglichkeit der Eigentumsverschaffung feststeht und der Kläger damit seiner Darlegungslast für die Unmöglichkeit genügt hat, hat jedoch weder vorgetragen, dass er sich bis zum jetzigen Zeitpunkt beim Eigentümer M. oder dessen Versicherung um einen Erwerb des diesen zurückgegeben PKW bemüht hat, dass Eigentum und der Besitz an diesem PKW von ihm überhaupt noch zu erlangen wäre (Problem eines zwischenzeitlichen Weiterverkaufs des PKW durch den Eigentümer oder die Versicherung an einen Dritten) und er damit unter für den Kläger zumutbaren Umständen die Unmöglichkeit der Leistungspflichterfüllung noch beheben könnte.

Eine vorübergehende Unmöglichkeit steht nämlich der dauernden Unmöglichkeit gleich, wenn sie die Erreichung des Geschäftszweckes in Frage stellt und dem anderen Teil das Festhalten am Vertrag bis zum Wegfall des Leistungshindernisses nicht zuzumuten ist (Palandt/Heinrichs a.a.O., § 275 BGB Rdn. 11 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung aller Umstände und der Belange beider Parteien nach Treu und Glauben (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs a.a.O. m.w.N.) ist vorliegend von einer der dauernden Unmöglichkeit gleichstehenden Situation auszugehen.

Bereits grundsätzlich ist bei Geschäften des Warenhandels zu berücksichtigen, dass der Handel kurzfristig zu disponieren pflegt, dem Gläubiger - hier dem Kläger - also ein langes Zuwarten nicht zugemutet werden kann (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O. m.w.N.).

Umso mehr gilt dies im Streitfall, bei dem verschiedene Autohändler jeweils im Internet angebotene PKW ankaufen, um sie sofort ihrerseits zu einem erhöhten Preis im Internet wieder zum Verkauf anzubieten. Eine derartige Vorgehensweise hat sowohl der Beklagte als ursprünglicher Käufer und Wiederverkäufer als auch der Kläger praktiziert, so dass an die in diesem Handelszweig maßgeblichen Gegebenheiten anzuknüpfen ist. Durch die beim Versuch des Klägers zu einem Weiterverkauf im Internet eingetretene Sicherstellung des PKW, das danach aufgedeckte Abhandenkommen des Fahrzeugs und den dauerhaften Besitzverlust am PKW ist ein Weiterverkauf für den Kläger bis heute und damit weit mehr als ein Jahr nach Kauf des PKW nicht möglich.

Der Kläger hat den Beklagten bereits mit Schreiben vom 02.04.03 (vgl. I 3, AK 3) und damit unmittelbar nach der Sicherstellung des PKW am 27.03.03 von dem Sachverhalt unterrichtet und die Rückzahlung des Kaufpreises sowie Unkostenerstattung verlangt.

Auch nach Wiederholung dieses Begehrens durch Anwaltsschreiben vom 06.06.03 (AK 4) und 21.07.03 (AK 7) hat der Beklagte lediglich die Entwendung des Fahrzeuges in Frage gestellt und den Kläger auf den Klageweg verwiesen (Schreiben des Beklagtenvertreters vom 28.07.03, AK 8).

Bei der für den vorliegenden Handelsverkehr üblichen Schnelligkeit des Warenumschlags durfte der Kläger bereits Anfang April 03 die Auffassung vertreten, ein gestohlenes und sichergestelltes Fahrzeug werde ihm - wenn überhaupt - nur nach umfangreichen und zeitraubenden Ermittlungen und Wiedererlangungsbemühungen vom Beklagten übereignet werden können.

Die gleichfalls zu berücksichtigenden Belange des Beklagten stehen vorliegend der Annahme einer der dauernden Unmöglichkeit gleichstehenden Lage nicht entgegen.

Zwar ist davon auszugehen, dass auch dem Beklagten im Zeitpunkt seines Verkaufs an den Kläger das Abhandenkommen des PKW nicht bekannt war. Gleichwohl sind seine Belange nicht treuwidrig beeinträchtigt, weil er gemäß § 275 Abs. 1 BGB von seiner Leistungspflicht befreit ist und nur unter den - noch zu erörternden - Voraussetzungen eines nicht geführten Entlastungsbeweises im Sinne des § 311a Abs.2 Satz 2 BGB Schadensersatz an den Kläger zahlen muss. Ihm - im Gegensatz zum Kläger - stehen unter den gleichen Voraussetzungen Ansprüche gegen seinen Verkäufer zu.

Da hiernach der Anwendungsbereich des § 275 Abs. 1 BGB gegeben ist, steht dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch unter den Voraussetzungen der §§ 275 Abs. 1, 311a Abs.2 Satz 1 BGB zu.

Eines Rückgriffs auf die §§ 283, 280 Abs. 1 BGB bedarf es nicht, weil diese Vorschriften nur anwendbar sind, wenn das zum Wegfall der Leistungspflicht im Sinne des § 275 BGB führende Hindernis erst nach Begründung des Schuldverhältnisses entstanden ist (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O. § 283 BGB Rdn. 3).

e) Der Beklagte hat der ihm obliegenden Beweislast (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs a.a.O. § 311a BGB Rdn. 10) dafür, dass er bei Vertragsschluss mit dem Kläger das Leistungshindernis nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat, nicht genügt.

Der in die Beweislast des Klägers fallende Nachweis (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O.), dass das Leistungshindernis bereits bei Vertragsschluss vorlag, ist geführt.

Allerdings kann dem Beklagten nach den Umständen des Falles nicht zur Last gelegt werden, dass er das Leistungshindernis bei Vertragsschluss kannte, weil ihm seinerseits das Abhandenkommen des Fahrzeugs und damit die Unmöglichkeit einer Erfüllung seines Leistungsversprechens gem. § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht bekannt war.

Er hat jedoch den Nachweis nicht geführt, dass er seine Unkenntnis nicht zu vertreten hatte.

Für das "Vertretenmüssen" im Sinne des § 311a Abs. 2 Satz 2 BGB gelten die Anforderungen des § 276 BGB (Palandt/Heinrichs a.a.O., § 311a BGB Rdn. 9)

aa) Entgegen der Ansicht des Landgerichts (US 6) kann jedoch insoweit nicht auf eine Garantiehaftung im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB (Übernahme einer Garantie) zurückgegriffen werden.

Zwar wurde nach altem Schuldrecht nach ständiger Rechtsprechung des BGH (z. B. BGHZ 8, 222, 231; BGH Z 62, 119, 120; BGHZ 129, 103, 105; BGH NJW 97, 3164, 3165) unter Anwendung des § 440 BGB a.F. angenommen, der Verkäufer habe für die Unmöglichkeit der Übereignung "einzustehen" wenn die Kaufsache abhanden gekommen ist, dies lässt sich jedoch wegen der abweichenden Regelung des Leistungsstörungsrechts durch die Schuldrechtsreform nicht mehr aufrecht erhalten. Das neue Schuldrecht hat das System der Leistungsstörungen umfassend vereinheitlicht und die Leistungsstörungen insgesamt auf den Begriff der Pflichtverletzung zurückgeführt. Die für die Konstruktion der Garantiehaftung des Verkäufers für anfängliches Unvermögen im Rahmen des alten Schuldrechts maßgebliche "Lücke" der gesetzlichen Regelungen besteht danach nicht mehr (vgl. hierzu z. B. Palandt/Heinrichs a.a.O., § 311a BGB Rdn. 2; Wieser MDR 2002, 858, 859 f.; Canaris DB 2001, 1815, 1818 f.).

Eine generelle Aussage, jeder Verkäufer übernehme bei vereinbarter Stückschuld ein Beschaffungsrisiko im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BGB, aufgrund dessen er die fehlgeschlagene Übereignung in jedem Fall zu vertreten habe, lässt sich der gesetzlichen Regelung des neuen Schuldrechts nicht entnehmen. Eine ausdrückliche vertragliche Übernahme des Beschaffungsrisikos oder einer Garantie im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BGB ergibt sich aus dem Vertrag der Parteien nicht, so dass hierauf - ohne dass es auf ein Vertretenmüssen des Leistungsversprechens ankäme - eine Schadensersatzhaftung des Beklagten nicht gegründet werden kann.

bb) Der Beklagte hat jedoch im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB fahrlässig gehandelt, weil er der ihm gebotenen und zumutbaren Nachforschungspflicht nicht genügt hat.

Der Umfang der Nachforschungspflicht und die daraus resultierenden Sorgfaltsanforderungen hängen von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab.

Bereits allgemein lässt sich jedoch sagen, dass bei Sachen, die besonders dem Risiko des Diebstahls ausgesetzt sind, eine Pflicht zu bejahen ist, jedenfalls unmittelbar vor einem Vertragsschluss Erkundigungen einzuziehen (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs a.a.O. § 311a BGB Rdn. 9; Gehrlein in: Bamberger/Roth, Kommentar zum BGB, 2003, § 311a BGB Rdn. 8).

Erst recht gilt dies in Fällen wie dem vorliegenden Streitfall, in dem der Verkauf eines gebrauchten KFZ außerhalb des Händlernetzes des Kfz-Herstellers und damit außerhalb der "offiziellen" Vertriebswege stattfindet, in denen etwa die Inzahlungnahme gebrauchter Fahrzeuge erfolgt.

Bei Verkäufen von Fahrzeugen zwischen Autohändlern aufgrund von Internetangeboten ist im Hinblick auf § 366 Abs. 1 HGB in der Regel der im Kfz-Brief zuletzt eingetragene Halter an den Vorgängen nicht beteiligt, so dass auch die Übergabe eines diesen als Halter ausweisenden KFZ- Briefs durch den Verkäufer des PKW kein an die Briefangaben knüpfendes Vertrauen begründen kann.

In diesen Fällen sind nach Überzeugung des Senats dem verkaufenden Händler Erkundigungen über die Herkunft des KFZ zumutbar und auch geeignet, den Verkauf abhanden gekommener Fahrzeuge zu vermeiden.

Gleichermaßen ist es im kommerziellen PKW-Handel dieser Art zumutbar, die im Kfz-Brief vermerkte Fahrzeugidentifikationsnummer mit der im Fahrzeug eingeschlagenen Nummer zu vergleichen. Vorliegend hätten sich bereits durch einen solchen Vergleich, wie die kriminaltechnischen Untersuchungen gezeigt haben, Anhaltspunkte für eine Manipulation an der eingeschlagenen Fahrzeugidentifikationsnummer ergeben, die weitere Nachforschungen veranlasst hätten.

Im Übrigen wäre eine Anfrage seitens des Beklagten, ob das Fahrzeug als gestohlen gemeldet war, ohne weiteres möglich gewesen. Der Einwand der Berufung, es komme immer wieder vor, dass nicht gestohlene Fahrzeug dennoch als gestohlen gemeldet würden, ändert hieran nichts, ein derartiger - hier nicht gegebener - "falscher Alarm" würde dann immer noch Anlass zu weiteren Nachforschungen geben.

Im Streitfall, in dem der vorgelegte KFZ-Brief eine der manipulierten Fahrzeugidentifikationsnummer entsprechende Totalfälschung darstellte, hätten Nachforschungen anhand der Identifikationsnummer erbracht, dass unter dieser Nummer ein anderes Fahrzeug mit anderem Kennzeichen und einem fremden Halter tatsächlich angemeldet und zum Verkehr freigegeben war, so dass auszuschließen war, dass das streitgegenständliche Fahrzeug die gleiche Fahrzeugidentifikationsnummer haben konnte.

Die aufgrund dieses Sachverhalts durch die vom Kläger eingeschaltete Kfz-Zulassungsstelle angestellten Nachforschungen, die zur Aufdeckung des PKW-Diebstahls führten, wären auch dem Beklagten zumutbar gewesen.

Die offensichtliche Unterlassung der genannten Maßnahmen durch den Beklagten hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und gereicht dem Beklagten zu einem Fahrlässigkeitsvorwurf im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB.

Der Beklagte hat demgemäss den ihm obliegenden Entlastungsbeweis, dass er eine Unkenntnis im Sinne des § 311a Abs. 2 Satz 2 BGB nicht zu vertreten hat, nicht zur Überzeugung des Senats geführt.

f) Als Rechtsfolge des § 311a Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Kläger Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Als Mindestschaden kann er den vorgeleisteten Kaufpreis zurückbegehren (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs a.a.O. § 281 BGB Rdn. 23).

Unerheblich ist daher der Einwand der Berufung, dass KFZ habe zum Zeitpunkt des Diebstahls einen unter dem zwischen den Parteien vereinbarten Kaufpreis liegenden Wert gehabt. In der Geltendmachung des vorgeleisteten Kaufpreises als Mindestschaden liegt auch keine unzulässige Kumulierung der Rechtsfolgen von Rücktritt und Schadensersatz, da diese gem. § 325 BGB n. F. nunmehr nebeneinander geltend gemacht werden können.

Den Ersatz seiner Aufwendungen kann der Kläger daneben nicht aus § 284 BGB verlangen, wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 311a Abs. 2 BGB (oder) ebenso wie aus dem abweichenden Regelungsgehalt des § 284 BGB ergibt.

Allerdings kann der Kläger seine Aufwendungen nach der - auch nach neuem Schuldrecht zu berücksichtigenden - Rentabilitätsvermutung (Palandt/Heinrichs a.a.O. § 281 BGB, Rdn. 23) als Schadensposten ersetzt verlangen. Da er mit dem Geschäft erwerbswirtschaftliche Ziele verfolgt hat, ist zu vermuten, dass sich seine Aufwendungen im Rahmen der Weiterveräußerung amortisiert hätten. Im Streit stehen insoweit nur noch die vom Landgericht (US 7) zuerkannten Benzinkosten für die Fahrten von Aalen nach Mannheim und zurück in geschätzter Höhe von 107,50 EUR.

Der Kläger kann daher vom Beklagten Ersatz von 6.707,50 EUR nebst Zinsen verlangen.

g) Die Auffassung des Beklagten, er schulde den Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW, geht fehl. Der Kläger ist aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, zur Rückgabe des PKW außerstande, er schuldet insoweit auch keinen Wertersatz (vgl. den Rechtsgedanken des § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB).

3. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich an diesem Ergebnis auch dann nichts ändern würde, wenn der Kläger - entgegen der Rechtsauffassung des Senats - wegen der tatsächlich erfolgten Übergabe des Pkw auf die Rechte gemäß den §§ 437, 435, 439, 440 BGB zu verweisen wäre (vgl. hierzu Canaris JZ 2003, 831, 832 f.).

Der Kläger könnte in diesem Fall nicht auf eine Nacherfüllung durch den Beklagten im Sinne der §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB verwiesen werden, weil diese dem Beklagten aus den dargestellten Gründen unmöglich (vgl. Palandt/Putzo a.a.O. § 439 BGB Rdn. 15) oder jedenfalls dem Kläger unzumutbar im Sinne des § 440 BGB wäre.

Allerdings ist § 311a Abs. 2 BGB gegenüber § 280 Abs. 1 BGB eine selbstständige, nicht mit diesem verknüpfte Anspruchsgrundlage, weil § 311a Abs. 2 BGB an eine bei Begründung des Vertragsverhältnisses begangene Pflichtverletzung anknüpft, während § 280 Abs. 1 BGB nur die Verletzung von Pflichten aus einem bereits bestehenden Schuldverhältnis erfasst (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O. § 311 a BGB Rdn. 6).

Jedoch stellt bereits die Nichterfüllung der Hauptleistungspflicht des § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB infolge eines Rechtsmangels im Sinne des § 435 BGB für sich eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.

Den Entlastungsbeweis gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Beklagte aus den dargestellten Gründen auch insoweit nicht geführt.

Da im Übrigen die auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht zurückverweisenden Vorschriften des § 437 Nr. 3 BGB erfüllt sind, wäre der Anspruch des Klägers auch bei Anwendung der kaufrechtlichen Leistungsstörungsvorschriften begründet.

III.

Die Berufung des Beklagten ist danach mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

IV.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO nicht gegeben ist.

Ende der Entscheidung

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