Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 07.02.2001
Aktenzeichen: 1 Ss 311/00
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 318
StPO § 302
Leitsatz:

Der Verteidiger kann bei Einlegung der Berufung zwar ohne besondere Ermächtigung innerhalb der Frist des § 317 StPO das Rechtsmittelziel konkretisieren. Geschieht dies aber nicht oder wird - wie vorliegend - überhaupt keine Berufungsbegründung abgegeben, so gilt der gesamte Inhalt des Urteils als angefochten (§ 318 StPO). Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist kann das Rechtsmittel nur noch durch Teilrücknahme nach § 302 StPO beschränkt werden (s. auch Senatsbeschluss vom 8. Februar 2000 - 1 Ss 5/00 - ). Der Verteidiger bedarf dafür einer ausdrücklichen Ermächtigung, die sich auf das konkrete Rechtsmittel beziehen muss (s. auch BGH NStZ 00, 665).


Geschäftsnummer: 1 Ss 311/00 3123 Js 24963/99 jug. - StA Mainz

In der Strafsache

gegen

D. N.,

- Verteidiger: Rechtsanwalt S. W. Sch. -

wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort

hier: Revision des Angeklagten

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht von Tzschoppe, den Richter am Oberlandesgericht Summa und die Richterin am Landgericht Schmitz

am 7. Februar 2001 einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 3. Strafkammer als kleine Jugendkammer des Landgerichts Mainz vom 16. Oktober 2000 aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Jugendkammer des Landgerichts Mainz zurückverwiesen.

Gründe:

Der Jugendrichter beim Amtsgericht Mainz hatte den Angeklagten, der zur Tatzeit Heranwachsender gewesen war, unter Anwendung von Erwachsenenstrafrecht wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe und einem dreimonatigen Fahrverbot verurteilt.

Gegen dieses am 24. August 2000 zugestellte Urteil legte er, vertreten durch seinen Verteidiger, form- und fristgerecht Berufung ein.

Mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2000 erklärte der Verteidiger die Beschränkung der Berufung "auf das Strafmaß".

Die Jugendkammer hat die Rechtsmittelbeschränkung für wirksam erachtet, nur zum Rechtsfolgenausspruch verhandelt und die Berufung mit Urteil vom 16. Oktober 2000 als unbegründet verworfen.

Auf die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Revision des Angeklagten, der, weil Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kam, § 55 Abs. 2 JGG nicht entgegensteht, ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 349 Abs. 4 StPO) und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Jugendkammer des Landgerichts Mainz zurückzuverweisen.

Die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung ergibt, dass die vom Verteidiger am 11. Oktober 2000 erklärte Rechtsmittelbeschränkung unwirksam ist.

Der Verteidiger kann zwar ohne besondere Ermächtigung innerhalb der Frist des § 317 StPO das Rechtsmittelziel konkretisieren. Geschieht dies aber nicht oder wird - wie vorliegend - überhaupt keine Berufungsbegründung abgegeben, so gilt der gesamte Inhalt des Urteils als angefochten (§ 318 StPO). Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist kann das Rechtsmittel nur noch durch Teilrücknahme nach § 302 StPO beschränkt werden (Senatsbeschluss vom 8. Februar 2000 - 1 Ss 5/00 - = 3613 Js 13447/99 - StA Mainz). Der Verteidiger bedarf dafür einer ausdrücklichen Ermächtigung, die sich auf das konkrete Rechtsmittel beziehen muss (BGH NStZ 00, 665). Die bei Übernahme des Mandats im Ermittlungsverfahren am 21. Oktober 1999 erteilte allgemeine Ermächtigung zur Rücknahme von Rechtsmitteln (Bl. 18 d.A.) genügt nicht.

Der Verteidiger hat auf Anfrage des Senats mit Schriftsatz vom 26. Januar 2001 mitgeteilt, er habe die Berufungsbeschränkung "lediglich aufgrund der ihm allgemein bei Mandatserteilung seitens des Verurteilten gegebenen Vollmacht" erklärt und dies mit Schriftsatz vom 2. Februar 2001 bestätigt. Folglich fehlt es an einer wirksamen Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch durch den Verteidiger.

Auch der Angeklagte selbst hat keine Rechtsmittelbeschränkung erklärt. Zwar hat er zu Beginn der Berufungshauptverhandlung der Feststellung des Vorsitzenden, die Berufung sei mit Schriftsatz des Verteidigers vom 11. Oktober 2000 auf das Strafmaß beschränkt worden, ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls nicht widersprochen. Die (Teil-)Rücknahme eines Rechtsmittels setzt aber eine eindeutige, vorbehaltslose und ausdrückliche Erklärung des Rechtsmittelführers voraus, an der es vorliegend fehlt.

Ende der Entscheidung

Zurück