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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 15.04.2003
Aktenzeichen: 1 Ss 61/03
Rechtsgebiete: OWiG, FPersG, FPersV


Vorschriften:

OWiG § 130
FPersG § 8
FPersV § 9 Nr. 3 b
Kommt es wie vorliegend infolge einer solchen Pflichtverletzung in einem zeitlichen Zusammenhang zu mehreren Verstößen der zu überwachenden Personen, liegt gleichwohl nur eine einheitliche Zuwiderhandlung des Betroffenen vor (BayObLG VRS 92, 238, 240; Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, F 30 d FPersV, § 8 Rdnr. 11, § 9 Rdnr. 13; Göhler, OWiG, § 130 Rdnr. 16). Das gilt unabhängig davon, wie viele der eigentlich gebotenen Kontrollen und Belehrungen der zur Überwachung und Aufsicht Verpflichtete auf Dauer unterlassen hat. Ohne Bedeutung ist insoweit auch, ob die Überwachungs- und Aufsichtspflicht gegenüber einer oder mehreren Personen bestanden hat (BayObLG a.a.0.).
Geschäftsnummer: 1 Ss 61/03 2040 Js 6115/01 - 34 OWi StA Koblenz

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

In der Bußgeldsache

wegen Ordnungswidrigkeiten nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 Fahrpersonalgesetz

hier: Rechtsbeschwerde des Betroffenen

hat der 1. Strafsenat - Bußgeldsenat - des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht von Tzschoppe, den Richter am Oberlandesgericht Völpel und den Richter am Amtsgericht Steinhauser

am 15. April 2003 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 14. Mai 2002

a) im Schuldspruch dahingehend berichtigt, dass der Betroffene dreier vorsätzlicher Ordnungswidrigkeiten schuldig ist, nämlich

aa) eines Verstoßes gegen seine Pflicht zur Überwachung der Einhaltung von vorgeschriebenen Lenkzeiten, Lenkzeitenunterbrechungen oder Ruhezeiten (§§ 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG, 9 Nr. 3 Buchst. b FPersV)

bb) einer Verletzung seiner Pflicht zur Beaufsichtigung der vorschriftsmäßigen Verwendung der Schaublätter des EG-Kontrollgeräts (§§ 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG, 10 Nr. 3 Buchst. a FPersV, 130 OWiG),

cc) des Nichtaufbewahrens der Schaublätter über mindestens ein Jahr (§§ 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG, 10 Nr. 2 Buchst. c FPersV),

b) im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.

2.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.

3.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen als Geschäftsführer einer Transportgesellschaft durch Beschluss (§ 72 OWiG) wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen seine Pflicht zur Überwachung der Einhaltung von vorgeschriebenen Lenkzeiten, Lenkzeitenunterbrechungen oder Ruhezeiten durch die beschäftigten LKW-Fahrer (§§ 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG, 9 Nr. 3 Buchst. b FPersV) 19 Geldbußen im Bereich von mindestens 30,58 € und höchstens 920,33 €, weiter wegen vorsätzlicher Verletzung seiner Pflicht zur Beaufsichtigung der vorschriftsmäßigen Verwendung der Schaublätter des EG-Kontrollgeräts (§§ 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG, 10 Nr. 3 Buchst. b FPersV, 130 OWiG) 2 Geldbußen von jeweils 76,69 € sowie wegen vorsätzlichen Nichtaufbewahrens der Schaublätter über mindestens ein Jahr (§§ 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG, 10 Nr. 2 Buchst. c FPersV) eine Geldbuße von 874,31 € festgesetzt. Die Anzahl der Geldbußen für die Überwachungs- und Aufsichtspflichtverletzungen entspricht den festgestellten Einzelverstößen der LKW-Fahrer. Die Summe der Geldbußen beläuft sich auf 5.598,67 €.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen. Er beantragt Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und rügt ohne weitere Ausführungen die Verletzung materiellen Rechts.

II.

Das Rechtsmittel hat nur teilweise Erfolg.

1.

Im Schuldspruch ist das Konkurrenzverhältnis der Ordnungswidrigkeiten fehlerhaft bewertet. Die Annahme von selbständigen Taten für jede festgestellte Nichteinhaltung von vorgeschriebenen Lenk- bzw. Ruhezeiten und jedes nicht ordnungsgemäße Betreiben des EG-Kontrollgeräts verkennt den in einer Überwachungs- bzw. Aufsichtspflichtverletzung liegenden Dauertatbestand. Kommt es wie vorliegend infolge einer solchen Pflichtverletzung in einem zeitlichen Zusammenhang zu mehreren Verstößen der zu überwachenden Personen, liegt gleichwohl nur eine einheitliche Zuwiderhandlung des Betroffenen vor (BayObLG VRS 92, 238, 240; Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 8 FPersV, Rdnr. 11, § 9 Rdnr. 13; Göhler, OWiG, § 130 Rdnr. 16). Das gilt unabhängig davon, wie viele der eigentlich gebotenen Kontrollen und Belehrungen der zur Überwachung und Aufsicht Verpflichtete auf Dauer unterlassen hat. Ohne Bedeutung ist insoweit auch, ob die Überwachungs- und Aufsichtspflicht gegenüber einer oder mehreren Personen bestanden hat (BayObLG a.a.0.).

Demgemäß liegt hinsichtlich der Überwachungs- und Aufsichtspflichtverletzungen betreffend die im angefochtenen Beschluss aufgelisteten Fälle 1 bis 19 und die Fälle 20 bis 21 jeweils nur als eine Ordnungswidrigkeit vor. Der Schuldspruch ist entsprechend zu berichtigen. Im Übrigen ist das Rechtsmittel, soweit es sich gegen den Schuldspruch richtet, dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft entsprechend gemäß §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen. In diesem Umfang hat die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

2.

Mit dem Konkurrenzverhältnis der Ordnungswidrigkeiten ist auch der Rechtsfolgenausspruch zu beanstanden.

Für die Verletzung der Überwachungs- und Aufsichtspflicht ist gegen den Betroffenen entsprechend den Ausführungen zu 1. jeweils nur eine Geldbuße festzusetzen. Die Anzahl der aus den Pflichtverletzungen entstandenen Verstöße der Fahrer sind als wesentliche Bemessungsgesichtspunkte bei Bestimmung der jeweiligen Bußgeldhöhe (§ 17 Abs. 3 OWiG) innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens von Bedeutung.

Bei Bemessung der Geldbuße für die unterbliebene Überwachung der Lenk- und Ruhezeiten wird weiter zu prüfen sein, ob der Betroffene über die unterlassenen Kontrollen und Belehrungen hinaus die Fahrer sogar aktiv durch entsprechende Dispositionen der vorzunehmenden Fahrten und Leistungsvorgaben zu einem Fehlverhalten gedrängt hat. Anhaltspunkte dafür ergeben sich aus den in der angefochtenen Entscheidung teilweise wiedergegebenen Aussagen von Zeugen, wonach "man habe fahren müssen, ob man wollte oder nicht" und der Betroffene sich für die Einhaltung der Zeiten nicht interessiert habe.

Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 17 Abs. 3 OWiG auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen als Grundlage der Bußgeldbemessung in Betracht kommen. Die Feststellungen dazu müssen um so eingehender sein, je weiter sich die Höhe der Geldbuße der im Regelfall oder aufgrund besonderer Umstände anzunehmenden Leistungsgrenze annähert (vgl. dazu ausführlich Senatsbeschluss vom 20. Januar 2003 - 1 Ss 283/02 -). Vorliegend fehlt jeglicher Anhaltspunkt für eine Bewertung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen. Noch nicht einmal seine derzeitige berufliche Tätigkeit und Stellung wird mitgeteilt.

Ergänzende Feststellungen, die zu dem rechtskräftigen Teil des angefochtenen Beschlusses nicht im Widerspruch stehen, sind jederzeit möglich.

Ende der Entscheidung

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