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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 19.04.2001
Aktenzeichen: 1 Ss 91/01
Rechtsgebiete: OWiG


Vorschriften:

OWiG § 33 I Nr. 1
Leitsatz:

Die behördeninterne Anordnung der Übersendung eines Anhörungsbogens, die mit Unterschrift oder Handzeichen des Anordnenden versehen in den Akten dokumentiert ist, hat auch dann verjährungsunterbrechende Wirkung, wenn sich kein EDV-Ausdruck des Anhörungsbogens in den Akten befindet.


1 Ss 91/01 2040 Js 49536/00 - StA Koblenz

In der Bußgeldsache

wegen Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes

hier: Rechtsbeschwerde des Betroffenen

hat der 1. Strafsenat - Senat für Bußgeldsachen - des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Richter am Oberlandesgericht Summa als Einzelrichter am 19. April 2001 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Betroffenen, seine Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Andernach vom 18. Januar 2001 zuzulassen, wird als unbegründet verworfen.

Die Rechtsbeschwerde gilt damit als zurückgenommen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Betroffenen zur Last.

Gründe:

I.

Mit Bußgeldbescheid vom 29. Mai 2000 legte die Kreisverwaltung Mayen-Koblenz dem Betroffenen zur Last, am 29. Februar 2000 als Führer eines Lastkraftwagens den nach § 4 Abs. 3 StVO vorgeschriebenen Sicherheitsabstand unterschritten zu haben, und verhängte ein Bußgeld in Höhe von 100 DM.

Dagegen legte der Betroffene form- und fristgerecht Einspruch ein. Er räumte den vorgeworfenen Verkehrsverstoß ein, vertrat aber die Auffassung, bei Erlass des Bußgeldbescheides sei die dreimonatige Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 1. Alt. StVG bereits abgelaufen gewesen.

Mit Urteil vom 18. Januar 2001 hat das Amtsgericht Andernach den Betroffenen wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 4 Abs. 3 StVO zu einer Geldbuße von 100 DM verurteilt und zur Frage der Verjährung ausgeführt: Die Verfolgungsverjährung sei durch eine am 14. April 2000 angeordnete Anhörung des Betroffenen unterbrochen worden. Diese Anordnung sei in der in den Akten befindlichen Verfahrensübersicht (Historie) dokumentiert und mit einem Handzeichen des Anordnenden versehen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Rechtsbeschwerde, deren Zulassung er beantragt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und vertritt - unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt vom 15. August 1980 (VRS Bd. 60, 213) die Auffassung, eine Anordnung vom 14. April 2000 sei den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen, weil sich darin kein Ausdruck des Anhörungsbogens befinde.

II.

Der Zulassungsantrag ist als unbegründet zu verwerfen.

Ist gegen den Betroffenen eine Geldbuße von nicht mehr als 200 DM festgesetzt worden, kommt die Zulassung der Rechtsbeschwerde nur wegen Versagung des rechtlichen Gehörs oder zur Fortbildung des materiellen Rechts in Betracht (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG wird von dem Betroffenen nicht geltend gemacht. Einer Richtung gebenden Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zu einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage bedarf es vorliegend nicht.

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG wird die Verjährung durch die Anordnung der Bekanntgabe an den Betroffenen, dass gegen ihn ermittelt wird, unterbrochen.

Bereits mit Beschluss vom 24. August 1972 hat der Bundesgerichtshof (BGHSt 25, 6) zu dem enger gefassten Vorläufer dieser Vorschrift - in Anlehnung an von Rechtsprechung und Lehre entwickelte Grundsätze zu den Verjährungsvorschriften des StGB - entschieden, schon eine interne Handlung der Bußgeldbehörde, die geeignet und bestimmt sei, das Verfahren zu fördern, habe verjährungsunterbrechende Wirkung. Diese Handlung brauche, um wirksam zu werden, nicht nach außen in Erscheinung treten oder zur Kenntnis des Beschuldigten (Betroffenen) gelangen. Der Gesetzgeber hat diese Rechtsauffassung mit der seit dem 1. Januar 1975 geltenden Fassung des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG dadurch bestätigt, dass er neben der Bekanntgabe von der Einleitung des Ermittlungsverfahrens ausdrücklich auch die entsprechende behördeninterne Anordnung, d.h. die Anordnung der Übersendung eines Anhörungsbogens, in den Katalog der Unterbrechungshandlungen aufgenommen hat (siehe auch BGHSt 25, 344, 346; OLG Stuttgart NZV 98, 214).

Die von dem Betroffenen angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt betraf einen anders gelagerten Sachverhalt (siehe auch OLG Frankfurt VRS Bd. 50, 220). Es ging um die Frage, ob und gegebenenfalls wann eine Anordnung im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG vorliegt, wenn sich die Tätigkeit des Sachbearbeiters der Bußgeldstelle darauf beschränkt, eine Ordnungswidrigkeitenanzeige zu erstellen und an ein Rechenzentrum weiterzuleiten, wo dann mit der Eingabe der Anzeige ein vollautomatischer Verfahrensablauf einsetzt, zu dem auch die automatische Fertigung des Anhörungsbogens gehört. Für diesen Fall hatte das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden, der Ausdruck des Anhörungsbogens stehe der Anordnung gleich; entscheidend für die Verjährungsunterbrechung sei das Datum des Ausdrucks. Mit Beschluss vom 31. März 1981 (VRS Bd. 61, 373) hat es klargestellt, dass dies allerdings nicht gilt, wenn eine einzelfallbezogene Anhörungsverfügung vorliegt, die aktenkundig und mit der Unterschrift oder dem Handzeichen des Anordnenden versehen sein muss (siehe auch OLG Köln VRS Bd. 66, 362; VRS Bd. 72, 208). In einem solchen Fall ist das in den Akten dokumentierte Datum der Verfügung maßgeblich für die Verjährungsunterbrechung.

Nebenentscheidungen: §§ 46 Abs. 1, 80 Abs. 4 Satz 4 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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