Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 07.11.2001
Aktenzeichen: 1 U 1532/00
Rechtsgebiete: BGB, StGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 138
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 398
BGB § 781
BGB § 291
StGB § 203
ZPO § 543 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 108
Die Abtretung einer Werklohnforderung eines Zahnlabors unter Weitergabe/Mitteilung des Patientennames ist nicht gemäß §§ 134, 138 BGB, § 203 StGB nichtig und verstößt auch nicht gegen datenschutzrechtliche Vorschriften.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 1 U 1532/00

Verkündet am 7. November 2001

in dem Rechtsstreit

wegen Erstattung von Zahnlaborkosten.

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Krämer, die Richterin am Oberlandesgericht Semmelrogge und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Itzel auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 1. September 2000 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 218.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Parteien können die Sicherheit auch durch eine schriftliche, selbstschuldnerische, unbefristete und unwiderrufliche Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland erbringen.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine zahntechnische Abrechnungsstelle, macht gegen den beklagten Zahnarzt einen Anspruch für erbrachte Zahnlaborleistungen aus abgetretenem Recht geltend.

Die Firma D GmbH - Werkstätte für Zahntechnik - erbrachte für den Beklagten umfangreiche zahntechnische Leistungen, die in der Regel monatlich abgerechnet wurden. Ende 1999 standen folgende Rechnungen der D GmbH offen:

1. Rechnung 2/98 vom 28.02.1998 über 24.885,33 DM 2. Rechnung 3/98 vom 31.03.1998 über 32.425,58 DM 3. Rechnung 4/98 vom 30.04.1998 über 25.690,62 DM 4. Rechnung 5/98 vom 31.05.1998 über 35.874,17 DM 5. Rechnung 3/99 vom 31.03.1999 über 27.914,45 DM 6. Rechnung 10/99 vom 31.10.1999 über 26.376,43 DM 7. Rechnung 11/99 vom 30.11.1999 über 26.727,55 DM 8. Rechnung 12/99 vom 30.12.1998 über 18.614,23 DM

Der Vergütungsanspruch belief sich Ende 1999/Anfang 2000 auf insgesamt 218.508,36 DM.

Wegen des erheblichen Zahlungsrückstandes wandte sich der Beklagte mit Schreiben vom 20. Dezember 1999 an den Geschäftsführer der D GmbH. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:

"Saldenaufstellung per 20.12.1999

Sehr geehrter Herr,

nach meinen Unterlagen (Bankbelege und Buchführung) stehen derzeit folgende Monatsrechnungen zur Zahlung offen:

02 1998 24.885,33 03 1998 32.425,58 04 1998 25.690,62 05 1998 35.889,79 Summe 1998 118.891,32

03 1999 27.875,93 10 1999 26.792,25 11 1999 26.727,55 Summe 1999 81.395,73

Gesamt 1998/1999 200.287,05"

Im Frühjahr 2000 zahlte der Beklagte Teilbeträge in Höhe von 12.313,47 DM und 18.614,23 DM (Betrag der Rechnung 12/99 vom 30. Dezember 1999).

Der Inhaber der Klägerin hat mit dem Geschäftsführer der D GmbH mit Datum vom 7./19. Juli 2000 eine - erneute - Abtretungsvereinbarung unterzeichnet (Bl. 62, 63 d. A.).

Die Klägerin hat vorgetragen:

Sie sei nach wirksamer Abtretung Inhaberin der geltend gemachten Forderungen für Zahnlaborleistungen.

Ein Vergleich über die streitgegenständlichen Forderungen sei nicht zustande gekommen; der Beklagte habe diese Forderungen auch anerkannt.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 187.580,66 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28. März 2000 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen:

Er habe sich mit der Firma D GmbH im August 1999 dahingehend verglichen, dass auf die bestehenden Forderungen lediglich 40.000,-- DM gezahlt werden sollten.

Das Landgericht hat die Klage in vollem Umfang zugesprochen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Abtretung der Forderung wirksam vorgenommen und diese der Höhe nach von dem Beklagten anerkannt worden sei. Zu einem Abschluss eines Vergleiches über die streitgegenständliche Forderung sei es zwischen den Parteien nicht gekommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten.

Unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen beruft er sich vor allem auf die Nichtigkeit der Abtretung wegen Gesetzesverstoßes und weist - hilfsweise - erneut auf den geschlossenen Vergleich hin.

Er beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,

hilfsweise,

den Beklagten zur Zahlung an die Firma D labor GmbH zu verurteilen.

Die Klägerin trägt vor allem weiter zu der hier zulässigen Abtretung der bei der D GmbH entstandenen Forderungen an sie vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze mit den weiter zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 2 bis 5, Bl. 83 - 86 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat ihn zu Recht zur Zahlung verurteilt.

Der Klägerin steht die Forderung aus erbrachten Werkleistungen nach Abtretung gegen den Beklagten in Höhe von 187.580,66 DM nebst Zinsen zu, §§ 631 Abs. 1, 398, 781, 291 BGB. Die Abtretung ist wirksam und der Beklagte hat den Forderungsbetrag anerkannt. Eine vergleichsweise Einigung über einen reduzierten Zahlbetrag liegt nicht vor.

Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat hinsichtlich der Abtretung der Forderung, des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses des Beklagten sowie des Nichtvorliegens eines Vergleichsschlusses auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (S. 5 bis 8, Bl. 86 - 89 d. A.); diese macht er sich zu eigen, § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Beklagten ist lediglich noch auszuführen:

1. Die Abtretung der Werklohnforderung der D GmbH gegen den Beklagten an die Klägerin mit entsprechender Weitergabe von Patientendaten (lt. vorgelegter Rechnungen lediglich der Name) erfüllt nicht den Tatbestand des § 203 StGB und führt mithin nicht zur Nichtigkeit der Abrede nach §§ 134, 138 BGB. Der Fall der Abtretung einer Werklohnforderung eines Zahnlabors ist nicht mit dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall zur Nichtigkeit der Abtretung ärztlicher oder zahnärztlicher Honorarforderungen an gewerbliche Verrechnungsstellen ohne Zustimmung der Patienten vergleichbar (vgl. vor allem BGHZ 115, S. 123 ff). Das Zahnlabor, dessen Inhaber und Geschäftsführer kommen als Täter des Sonderdelikts des § 203 StGB nicht in Frage (s. Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 203 Rdnr. 64); damit verstieß die Weitergabe personenbezogener Daten durch das Zahnlabor an die Klägerin nicht gegen einen Straftatbestand und der Beklagte kann sich mithin nicht auf eine Nichtigkeit der Abtretung berufen (so auch OLG Hamm, OLGR 1994, S. 169 f).

2. Auch liegt im Ergebnis kein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen vor. Nach dem hier einschlägigen Bundesdatenschutzgesetz (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG) geht der Senat zunächst - wohl in Übereinstimmung mit den Parteien - davon aus, dass die Datenweitergabe durch den Zahnarzt (Beklagten) an das Zahnlabor (D GmbH) von der Einwilligung der Patienten (§ 4 a BDSG) gedeckt war. Weiterhin war ohne jeden Zweifel auch für die Patienten des Beklagten erkennbar und von ihnen anzunehmen, dass diese personenbezogenen Daten (Name) - im erforderlichen Umfang - zu Abrechnungszwecken weiteren Dritten zur Verfügung gestellt werden. Damit ist auch diese weitere Weitergabe personenbezogener Daten im Rahmen der Abtretung der werkvertraglichen Forderungen an die Klägerin von der ursprünglichen Einwilligung der Patienten gegenüber dem Beklagten gedeckt. Weiterhin handelte die Klägerin durch Vorlage der Rechnungen (mit den geschwärzten Patientennamen) im vorliegenden gerichtlichen Verfahren zur Durchsetzung von vertraglichen Ansprüchen (Substantiierung des Klagevorbringens) und damit im berechtigten Interesse.

Diese Weitergabe personenbezogener Daten war damit nicht unzulässig, verstieß nicht gegen datenschutzrechtliche Vorschriften und führt so auch nicht zur Nichtigkeit der mit der Weitergabe verbundenen Abtretung der Werkforderung (vgl. auch OLG Hamm, a. a. O.).

3. Da auch weitere - vom Beklagten geltend gemachte - Rechtsverstöße durch diese Abtretung (bezüglich Rechtsberatungsgesetz - vgl. OLG Hamm, a. a. O.) nicht vorliegen, ist die Klägerin nach wirksamer Abtretung der Forderung gegen den Beklagten berechtigt, von diesem den mit Schreiben vom 20. Dezember 1999 (Bl. 25 d. A.) anerkannten Betrag in Höhe der Klageforderung (unter Berücksichtigung geleisteter Zahlungen) zu verlangen.

Der im Berufungsverfahren hilfsweise aufrecht erhaltene Einwand des geschlossenen Vergleichs vom August 1999 greift aus den Gründen des angefochtenen Urteils hinsichtlich des zeitlich später gegebenen deklaratorischen Schuldanerkenntnisses mit Schreiben vom 20. Dezember 1999 nicht durch. Weiterhin ergibt sich aus dem vom Beklagten mit Schriftsatz vom 10. April 2001 vorgelegten Protokoll der Gläubigerversammlung vom 20. September 2000 (Bl. 128 ff. d.A.), dass die D GmbH nicht in dem vom Beklagten behaupteten Umfang vergleichsbereit war und ist. Der gesamte Vortrag des Beklagten spricht gegen eine einvernehmliche, vergleichsweise Regulierung der Werklohnforderungen der D GmbH im August 1999 und auch danach.

Nach allem hat das Landgericht den Beklagten zu Recht zur Zahlung von 187.580,66 DM nebst Prozesszinsen verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung hat keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 187.580 DM festgesetzt; in dieser Höhe ist der Beklagte durch dieses Urteil beschwert.

Ende der Entscheidung

Zurück