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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 03.04.2002
Aktenzeichen: 1 U 481/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 254
BGB § 249
BGB § 252
ZPO § 287
ZPO § 91
ZPO § 92
ZPO § 711
ZPO § 108
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 543 Abs. 2

Entscheidung wurde am 17.07.2002 korrigiert: Leitsatz hinzugefügt
Der Weinabfüller ist verpflichtet, den Wein vor dem Abfüllen zu verkosten, wenn er diesen längere Zeit selbst eingelagert hat oder Anzeichen für einen nicht (mehr) verkehrsfähigen Wein vorliegen.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 1 U 481/01

Verkündet am 3.04.2002

in dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes u. a.

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Krämer, die Richterin am Oberlandesgericht Semmelrogge und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Itzel

auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 14. Februar 2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Mainz abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14.638,44 € (28.630,29 DM) nebst 6,5 % Zinsen aus diesem Betrag für die Zeit vom 29.05.1999 bis zum 30. Juni 1999 und 5 % Zinsen aus diesem Betrag für die Zeit ab dem 1. Juli 1999 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Widerklage des Beklagten wird abgewiesen.

Im Übrigen werden die Berufungen des Klägers und des Beklagten zurückgewiesen.

Von den Kosten des gesamten Rechtsstreits haben der Kläger 1/5 und der Beklagte 4/5 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 22.000 € abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.300 € abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Parteien können die Sicherheit auch durch schriftliche, selbstschuldnerische, unwiderrufliche und unbefristete Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland erbringen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz nach der Abfüllung verdorbenen Weins; der Beklagte begehrt widerklagend Vergütung für das Abfüllen verschiedener Weinlieferungen.

Der Beklagte, Winzer und Inhaber eines Abfüllbetriebs, hatte bereits mehrfach für den Kläger Wein abgefüllt, wobei er auch gelegentlich Teilmengen einlagerte und diese erst später abfüllte.

Am 24. September 1998 lieferte der Kläger 27.905 l französischen Landwein der Rebsorte Merlot an den Beklagten und beauftragte ihn, diesen Wein in Flaschen abzufüllen. Der Beklagte füllte sofort eine Teilpartie von 5.153 Liter-Flaschen ab, die der Kläger an einen Abnehmer verkaufte und die unbeanstandet blieb. Den Rest lagerte er in seinem Betrieb ein.

Am 26. Oktober 1998 füllte der Beklagte die Restpartie von 22.752 l ab und stellte dies dem Kläger unter dem selben Datum mit 10.168.39 DM in Rechnung. Das notwendige Material (Flaschen, Verschlüsse, Verpackungsmaterial u.a.) beschaffte der Kläger Den Wem dieser zweiten Teilpartie beanstandete der Abnehmer des Klägers wegen Essiggeschmacks, der bereits in den Fässern des Beklagten im Rahmen der Lagerung entstanden war. Der Wein ist nicht mehr verkehrsfähig. Der Kläger ließ diese Teilpartie dann durch eine Spedition abholen und einlagern.

Der Kläger forderte mit anwaltlichem Schreiben vom 10. Mai 1999 unter Fristsetzung bis zum 28. Mai 1999 den Beklagten zum Ausgleich des von ihm geltend gemachten Schadens auf, wobei er zwei Rechnungen des Beklagten für weitere Abfüllarbeiten in Höhe von insgesamt 9.801,91 DM in Abzug brachte.

Der Kläger hat vorgetragen:

Der Wein habe sich während der Einlagerung bei dem Beklagten mit Essigsäurebakterien infiziert, da die Lagerung unsachgemäß erfolgt sei. Nach den getroffenen Absprachen hätte der Beklagte die gesamte Lieferung sofort vollständig abfüllen müssen. Hätte der Beklagte pflichtgemäß vor dem Abfüllen den Wein verkostet, wäre ihm als Fachmann der Essigstich aufgefallen und die weiteren Kosten für das Abfüllen, das eingesetzte Material (Flaschen u. a.) und die Speditionskosten wären vermieden worden. Durch das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten sei ihm ein Schaden in Höhe von insgesamt 41.488,59 DM (51.290,50 DM abzgl. unstreitiger 9.801,91 DM) entstanden.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 41.488,59 DM nebst 6,5 % Zinsen hieraus seit dem 29. Mai 1999 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat er beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 19.970,30 DM nebst 8 % Zinsen hieraus seit dem 18. Oktober 1999 zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen:

Der von dem Kläger gelieferte Wein sei von vornherein nicht lagerfähig gewesen; der Kläger habe auch keine Anweisungen für eine ordnungsgemäße Behandlung des Weins gegeben. Für den Essigstich des Weins sei er nicht verantwortlich.

Er habe neben den unstreitigen Ansprüchen auf Zahlung seine Rechnungen für weitere Abfüllarbeiten in Höhe von 9.801,91 DM auch einen Anspruch auf Vergütung für die Abfüllung vom 26. Oktober 1998 in Höhe von 10.168,39 DM gegen den Kläger.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme unter Berücksichtigung eines hälftigen Mitverschuldens des Klägers an dem "Umschlagen" des Weins den Beklagten zu Schadensersatz wegen positiver Forderungsverletzung in Höhe von 21.327,25 DM verurteilt, wobei die zwischen den Parteien unstreitigen beiden Rechnungen in Höhe von insgesamt 9.801,91 DM bereits in Abzug gebracht wurden. Auf die Widerklage hat das Landgericht den Kläger zur Zahlung des hälftigen Rechnungsbetrages für das Abfüllen des essigstichigen Weins verurteilt.

Gegen dieses Urteil richten sich die selbständigen Berufungen beider Parteien, mit denen sie jeweils ihr erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgen.

Der Kläger begründet seine Berufung im Wesentlichen unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen damit, dass der Beklagte allein verantwortlich für die Lagerung und das Abfüllen gewesen sei. Der Beklagte sei vor allem auch zum Verkosten vor Durchführung der Abfüllung verpflichtet gewesen. Der bei ihm eingetretene Schaden sei ausschließlich durch das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten eingetreten.

Ein Anspruch auf Zahlungen wegen des Abfüllens des essigstichigen Weins stehe dem Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und unter voller Abweisung der Widerklage den Beklagten zu verurteilen, an ihn insgesamt 41.488,59 DM nebst 6,5% Jahreszinsen hieraus seit dem 29. Mai 1999 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen,

sowie,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen und den Kläger auf die Widerklage zu verurteilen, an ihn weitere 14.886,10 DM nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 18. Oktober 1999 zu zahlen.

Der Beklagte begründet seine Berufung unter Intensivierung seines bisherigen Vorbringens vor allem damit, dass für die Lagerfähigkeit des angelieferten Weins ausschließlich der Kläger verantwortlich sei. Es sei auch üblich im Verhältnis der Parteien gewesen, dass öfter nur Teilfüllungen vorgenommen und der restliche Wein eingelagert worden sei. Zu einem Verkosten des Weins sei er als Abfüller unter keinem Gesichtspunkt verpflichtet gewesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Er begründet dies vor allem mit dessen alleiniger Verantwortung für die Lagerung und das Abfüllen von verkehrsfähigem Wein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze mit den weiter zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Seite 3 bis 5; Bl. 124 und 126 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils. Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

I. Der Beklagte ist dem Kläger schadensersatzpflichtig wegen Verletzung von Nebenpflichten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Abfüllungsvertrag hinsichtlich der am 26. Oktober 1998 abgefüllten französischen Landwein-Teilmenge.

Zwischen den Parteien liegt unstreitig ein modifizierter Abfüllvertrag vor, der auch die Einlagerung von Teilmengen im Betrieb des Beklagten beinhaltete. Dies ergibt sich aus dem insoweit übereinstimmenden Parteivortrag, wobei der Senat das unstrittig gebliebene Schreiben des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers an diesen vom 14. Dezember 1998 (Bl. 196 f. d. A.) mit berücksichtigt hat. Ist nun der Beklagte nach den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen für die Einlagerung und damit auch für den Erhalt des Weins (Teilmengen) verantwortlich, dann hatte er diesen auf seine Lagerfähigkeit, Haltbarkeit zu untersuchen, gegebenenfalls den Kläger über erforderliche Maßnahmen zu informieren, zu deren Durchführung diesen ihn aufzufordern und die Teilmenge jeweils ordnungsgemäß - qualitätswahrend - zu lagern.

Da der Wein, gelagert in den Fässern des Beklagten, vor der Abfüllung essigstichig wurde (unstreitig nach dem Schriftsatz des Beklagten vom 25. November 1999, S. 4; Bl. 44 d. A.), ist dieser für den Schaden verantwortlich und dem Kläger ersatzpflichtig.

Dem Kläger ist allerdings ein hälftiges Mitverschulden anzulasten, weil dieser - unstreitig - den angelieferten Wein verkostet hat, erforderliche - möglicherweise auch chemische - Untersuchungen hinsichtlich der Haltbarkeit und eine entsprechende Behandlung des Weins nicht angeordnet oder vorgenommen hat. Insoweit trifft ihn am "Umschlagen" des offensichtlich nicht für mehrere Wochen einlagerungsfähigen Weins ein hälftiges Mitverschulden, § 254 BGB, § 287 ZPO.

Der Schaden für diesen verdorbenen Wein (Teilmenge) beläuft sich auf 29.008,80 DM (Teil-Weinmenge) sowie auf weitere 12.177,81 DM (entgangener Gewinn), wovon der Beklagte die Hälfte zu ersetzen hat, mithin einen Betrag in Höhe von 20.593,31 DM.

Den Gewinn schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO i. V. m. §§ 249, 252 BGB auf den oben genannten Betrag, wobei er die nicht substantiiert und konkret bestrittene Abrechnung, Kalkulation des Klägers zugrunde gelegt hat. Dieser Gewinn liegt auch innerhalb der dem Senat aus sonstigen Verfahren bekannten üblichen Gewinnspanne.

II. Für den weiteren, durch das Abfüllen des essigstichigen, nicht mehr verkehrsfähigen Weins ist der Beklagte allein verantwortlich. Ihn trifft auf der Grundlage der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen und der tatsächlichen Ausführung der Abfüllverträge zwischen den Parteien (vertragliche Übung) mit dem Einlagern von Teilmengen und dem zum Teil wochenlang nach der Anlieferung liegendem Abfüllen eine Nebenpflicht aus diesem atypischen Abfüllvertrag dahingehend, dass er vor dem zeitlich versetzten Abfüllen jeweils den Wein zu verkosten, zu probieren hat, damit verhindert wird, dass - wie im vorliegenden Fall geschehen - nicht verkehrsfähiger Wein abgefüllt und damit nicht unerheblicher weiterer und vermeidbarer Schaden angerichtet wird. Am Entstehen dieses - zusätzlichen - Schadens durch das Abfüllen des essigstichigen Weins trifft den Kläger kein Mitverschulden; hätte der Beklagte seinen vertraglichen Nebenpflichten entsprechend diesen Wein vor dem Abfüllen verkostet, wären die nachfolgend aufgelisteten Schadenspositionen nicht entstanden. Er ist dem Kläger mithin ersatzpflichtig für das von diesem angelieferte und eingesetzte Material (Flaschen, Verschlüsse usw. mit Teilbeträgen von 1.489,81, 5.437,43 DM), für die nutzlos angefallenen Speditionskosten in Höhe von 832,35 DM sowie Einlagerungskosten in Höhe von 2.344,00 DM. Zusätzlich ist er ersatzpflichtig für die Beseitigungskosten des essigstichigen Weins, die sich auf 7.735,00 DM (§ 287 ZPO) belaufen. Insgesamt ist demnach dem Kläger ein von dem Beklagten zu ersetzender Schaden in Höhe von insgesamt 17.838,89 DM durch das pflichtwidrige Abfüllen des essigstichigen Weins entstanden.

Die zwischen den Parteien erheblich umstrittene Pflicht des Beklagten zum Verkosten des eingelagerten Weins vor dem Abfüllen ergibt sich für den Senat hier unter Berücksichtigung der besonderen vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien (intensive vertragliche Beziehungen, absprachegemäßes Einlagern von Teilmengen des angelieferten Weins über mehrere Wochen, Abfüllen dieses Weins auch noch Wochen nach der Anlieferung) aus nachfolgenden Überlegungen, wobei auch wegen der vorliegenden Besonderheiten des hier zu entscheidenden Einzelfalls die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung dieser Rechtsfrage (Umfang der vertraglichen Pflichten) nicht geeignet und damit nicht erforderlich ist. Nach einhelliger Auffassung sind die Parteien eines Vertrags verpflichtet, im Zusammenwirken die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen und Erfüllungshindernisse zu beseitigen. Sie haben sich bei der Abwicklung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass weder Personen, Eigentum noch sonstige Rechtsgüter des anderen Teils verletzt werden (BGH NJW 1983, S. 2813 f.; Palandt-Heinrichs, 61. Aufl., § 242 Rn. 32, 35 f.). Diese Pflichten bezwecken in erster Linie den Schutz der Rechtsgüterspähre der Gegenpartei (Erhaltungs- und Integritätsinteresse). Es ist heute auch nahezu einhellig anerkannt, dass innerhalb eines jeden Vertragsverhältnisses jeder Teil verpflichtet ist, auch die Vermögensinteressen des anderen Teils im Rahmen des Zumutbaren vor Schäden zu schützen (vgl. MK-Roth, § 242 Rn. 187 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall gilt nun, dass der Wein (Teilmenge) dem Beklagten anvertraut worden war und diese Teilmenge dann erst Wochen nach Anlieferung abgefüllt werden sollte. Bei dieser besonderen Vertragskonstellation kann völlig offen bleiben, ob bei einem regelmäßigen Abfüllvertrag (Lohnabfüllung) besondere vertragliche Nebenpflichten hinsichtlich der Qualitätswahrung des Weins zu fordern sind. Im hier zu entscheidenden Einzelfall ergeben sich Besonderheiten aus der Einlagerung und zeitlichen Verzögerung der Abfüllung. Durch das Abfüllen des essigstichigen Weins ist dem Kläger weiterer ganz erheblicher Vermögensschaden entstanden (siehe obige Schadensaufstellung). Dieser wäre durch ein völlig zumutbares, weder kosten- noch zeitaufwendiges Verkosten des abzufüllenden Weins vermeidbar gewesen und zur Überzeugung des Senats auch vermieden worden, da der Beklagte als Winzer über entsprechende Weinkenntnisse verfügt. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass er nach eigenem Vortrag andere zu verfüllende Weine des Klägers früher verkostet hat und jeweils ein Qualitätsurteil abgab. Es war von dem Beklagten mithin aufgrund der besonderen Vertragsverhältnisse und der vertraglichen Übung in der Vergangenheit zu fordern, im Rahmen vertragliche Nebenpflichten (Schutzpflichten) den Wochen nach Anlieferung abzufüllenden, bis dahin bei ihm gelagerten Wein zu verkosten, um sinnlose Aufwendungen des Klägers für das Abfüllen und damit einen Vermögensschaden bei ihm zu vermeiden.

Dieses Ergebnis für den vorliegenden besonderen Fall einer atypischen Abfüllvertragsgestaltung wird auch noch dadurch gestützt, dass in allen Fällen eines arbeitsteiligen vertraglichen Vorgehens (z. B. im Werkvertragsrecht) der Grundsatz gilt, dass der spätere Bearbeiter einer Sache, hier der Beklagte, sich nicht "blind" auf die Güte, Ordnungsgemäßheit des vorbearbeiteten Stoffs (hier die Teilmenge des Weins) verlassen darf. Den nachfolgend bearbeitenden Unternehmer trifft stets im gewissen Umfang, im Rahmen der Zumutbarkeit eine Prüfungs- und Hinweispflicht (vgl. z.B. § 4 Nr. 3 VOB/B). Insoweit stellt der Senat auch entgegen der Auffassung des Beklagten keine überzogenen Anforderungen an den "Abfüller", sondern er bewegt sich durchaus im Rahmen des auch in sonstigen Lebensbereichen Üblichen, wobei der Senat nochmals und abschließend darauf hinweist, dass der hier vorliegende Fall sich entscheidend in vertraglicher Gestaltung und Übung von dem üblichen Fall der reinen Lohnabfüllung unterscheidet.

III. Nach allem ist der Beklagte dem Kläger zum Ersatz des Schadens an Wein und des entgangenen Gewinns hälftig, d. h. in Höhe von insgesamt 20.593,31 DM ersatzpflichtig. Hinzu kommt der volle Ersatz für den Schaden, der durch das Abfüllen des essigstichigen Weins entstanden ist, so dass sich ein Gesamtschadenseratzbetrag in Höhe von 38.432,20 DM zu Gunsten des Klägers ergibt.

Nach seinen eigenen Berechnungen muss er sich für das unstreitig erfolgreiche Abfüllen anderer, vorheriger Weinlieferungen insgesamt 9.801,91 DM anrechnen, abziehen lassen, so dass sich ein Gesamtschadensersatzbetrag in Höhe von 28.630,29 DM ergibt.

Nach der unbestritten gebliebenen Zinsbescheinigung vom 10. April 2001 (Bl. 183 d. A.) stehen dem Kläger die geltend gemachten Zinsen in Höhe von 6,5 % p. a. lediglich für die Zeit vom 29. Mai 1999 bis zum 30.06.1999 zu, da dieser Zinssatz zum 1. Juli 1999 von der M...........bank reduziert wurde.

IV. Die widerklagend geltend gemachten Ansprüche aus Abfüllarbeiten stehen dem Beklagten gegen den Kläger nicht zu. Der unstreitig bestehende Anspruch für Abfüllarbeiten in Höhe von insgesamt 9.801,91 DM ist durch Aufrechnung erloschen(s.o. III.). Aus den Abfüllarbeiten für den essigstichigen Wein steht dem Kläger kein Anspruch zu.

Mithin ist das angefochtene Urteil hinsichtlich der teilweise zugesprochenen Widerklage abzuändern und diese (Widerklage) insgesamt abzuweisen.

V. Nach allem ist das angefochtene Urteil wie geschehen abzuändern und der Beklagte zu Schadensersatz in Höhe von 28.630,29 DM (14.638,44 €) nebst Zinsen an den Kläger zu verurteilen. Weitergehende Ansprüche stehen weder dem Kläger noch dem Beklagten (Widerklage) zu.

Die Revision gegen dieses Urteil ist nicht zuzulassen, da diese Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient, § 543 Abs. 2 ZPO. Es handelt sich um eine Entscheidung in einem Einzelfall mit einer besonderen Sach- und Rechtslage.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 91, 92, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 31.423 € festgesetzt. Der Beklagte ist durch dieses Urteil in Höhe von 24.849 €, der Kläger in Höhe von 6.574 € beschwert.



Ende der Entscheidung

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