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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 08.01.2003
Aktenzeichen: 1 U 636/02
Rechtsgebiete: HOAI, BGB, ZPO


Vorschriften:

HOAI § 4
HOAI § 4 Abs. 2
HOAI § 4 Abs. 4
BGB § 154 Abs. 2
BGB § 242
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 533
ZPO § 533 Nr. 2
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Koblenz IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 1 U 636/02

Verkündet am 8. Januar 2003

in dem Rechtsstreit

wegen Vergütung von Ingenieurleistungen.

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Itzel und die Richterinnen am Oberlandesgericht Becht und Semmelrogge auf die mündliche Verhandlung vom 27. November 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 5. April 2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Ingenieurhonorar geltend. Er erbrachte für die Beklagte Ingenieurleistungen für den Neubau der L............ 2.., Westumgehung H......... (Trog- und Tunnelbauwerk und Lärmschutzwand). Am 20.4.1998 gab der Kläger für die zu erbringenden Leistungen ein Angebot in Höhe von 115.000 DM netto gegenüber der Beklagten ab (Bl. 20 GA), das er zu einem späteren Zeitpunkt auf 92.000 DM netto reduzierte. Die Parteien streiten darüber, welche Unterlagen dem Kläger vor Erstellung des Angebots zur Verfügung standen. Der Kalkulation des Klägers lag dessen handschriftliche Berechnung vom 17.4.1998, erläutert durch Bemerkungen vom 25.6.2002 (Bl. 115 GA) zugrunde. Am 24./27.7.1998 erhielt der Kläger von der Beklagten die in Bl. 9 GA, Ziffern 2-7 genannten Unterlagen. Zwischen den Parteien bestand Einverständnis, dass der Ingenieurvertrag schriftlich abgeschlossen werden sollte. Dies geschah durch Vertrag vom 24.8.1998, in dem ein Pauschalhonorar von netto 92.000 DM zuzüglich eines Nettopauschalbetrages von 3.000 DM für zusätzlich zu liefernde Ausführungszeichnungen vereinbart wurde. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Regelung wird auf Bl. 8/9 GA Bezug genommen. Die Beklagte hatte weitere Angebote bei anderen Planern eingeholt, die teilweise mit einer niedrigeren Angebotssumme schlossen als das Angebot des Klägers. Sie stellte die Leistungen des Klägers in ihr Angebot gegenüber dem Straßenverkehrsamt B.. K....... mit einem Festbetrag ein.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Angebotsauszug Bl. 158 GA Bezug genommen. Die Beklagte erhielt von dem Straßenverkehrsamt den Gesamtauftrag zur Durchführung der Bauleistungen. Auf der Grundlage der Vereinbarungen im Vertrag vom 24.8.1998 erstellte der Kläger in der Zeit vom 4.12.1998 bis zum 22.10.1999 vier Teilrechnungen (Bl. 44-47 GA), die jeweils bezahlt wurden. Insgesamt zahlte die Beklagte auf die Honorarforderung des Klägers 110.200 DM (Bl. 114 GA).

Der Klage liegt eine fünfte Teilrechnung des Klägers vom 30.6.2000 (Bl. 59/60 GA) zugrunde, in der auf der Grundlage von Mindestsätzen der HOAI abgerechnet wird.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Honorarvereinbarung sei wegen eines Verstoßes gegen die Mindestsätze nach § 4 HOAI unwirksam. Die Leistungen seien der Honorarzone III zuzuordnen. Die anrechenbaren Baukosten beliefen sich auf 9 Mio. DM Bei der Erstellung des Angebots hatten ihm lediglich ein Übersichtsplan des Straßen- und Verkehrsamtes B.. K...... und die Seiten 30-35 und 39 der Baubeschreibung zur Verfügung gestanden. Die Beklagte habe ihn dann zur nochmaligen Reduzierung des Angebots aufgefordert. Die Berufung auf die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung sei nicht rechtsmissbräuchlich, denn der Beklagten seien die Regelungen der HOAI bekannt. Ihm, dem Kläger, sei etwa im November 1999 bewusst geworden, dass er sich bei den anrechenbaren Kosten verschätzt haben müsse. Das Bauwerk sei in Wirklichkeit viel großer als zum Zeitpunkt der Abgabe des Honorarangebotes. Zudem seien die übergebenen Unterlagen und Informationen unzureichend gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 203.665,26 DM (104.132,39 EUR) nebst 13 % Zinsen seit dem 15. Juli 2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, dem Kläger sei im Rahmen der Angebotserstellung das Leistungsverzeichnis zugesandt worden. Außerdem seien ihm die für die Preisermittlung notwendigen Unterlagen, Plane und Zeichnungen übergeben worden. Der Kläger habe die Unterlagen nochmals bei der Beklagten eingesehen. Die Reduzierung des Angebots auf 92.000 DM sei ohne ihre Veranlassung erfolgt. Lediglich das Straßenverkehrsamt als Bauherr verfüge über umfassende Kenntnisse über die anzurechnenden Kosten. Die von dem Kläger vorgelegte fünfte Teilrechnung sei nicht prüfbar. Die dem Kläger vorgelegten Unterlagen spiegelten genau die Baumaßnahme wieder, die schließlich ausgeführt worden sei. Der Kläger sei an die Honorarvereinbarung gebunden. Sie, die Beklagte, könne Mehrkosten nicht an den Bauherrn weitergeben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es könne dahinstehen, ob durch die Honorarvereinbarung die Mindestsätze der HOAI unterschritten würden. In diesem Fall wäre die Geltendmachung eines weiteren Honoraranspruchs treuwidrig, weil der Kläger sich widersprüchlich verhalten wurde. Die Beklagte habe berechtigt auf die Einhaltung der Honorarvereinbarung vertraut und sich in dieser Weise eingerichtet. Die Voraussetzungen für eine Nachforderung gegenüber dem Bauherrn lagen nicht vor. Wenn der Kläger weitere Unterlagen zur Erstellung des Angebots benötigt hätte, hatte er diese von der Beklagten anfordern müssen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Er stützt die Klageforderung nunmehr auf eine am 27.6.2002 erstellte Schlussrechnung (Bl. 113/114 GA), die der Beklagten zugestellt worden ist. Der Kläger nimmt Bezug auf sein erstinstanzliches Vorbringen und behauptet, bereits vor dem 24.8.1998 sei ein mündlicher Ingenieurvertrag abgeschlossen worden. Er habe die anrechenbaren Kosten nur überschlägig schätzen können. Das Bauvorhaben sei größer dimensioniert als zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe erkennbar gewesen sei. Unerheblich sei, ob der Beklagten bei Entgegennahme des Angebots bekannt gewesen sei, dass die Mindestsätze der HOAI unterschritten seien. Die Beklagte kenne aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung den Mindestsatzcharakter der HOAI und sei deshalb nicht schutzwürdig. Der von der Beklagten gegenüber dem Bauherrn angesetzte Generalunternehmerzuschlag von fast 40 % sei ungewöhnlich hoch. Es sei nicht auszuschließen, dass der Beklagten eine Preisanpassung durch Eventualpositionen möglich sei. Insoweit beantragt der Kläger, der Beklagten aufzugeben, die vollständigen Vertragsunterlagen vorzulegen. Hilfsweise stütze der Kläger die Klage weiterhin auf die Teilrechnung vom 30.6.2000.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bad Kreuz nach vom 5. April 2002 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 114.557,28 EUR (= 224.055,39 DM) nebst 13 % Zinsen p. a. aus 104.132,39 EUR vom 15. Juli 2000 bis zur Zustellung des Schriftsatzes vom 3. Juli 2002 sowie aus 114.557,28 EUR ab Zustellung des Schriftsatzes vom 3. Juli 2002, zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie widerspricht einer Klageerweiterung und nimmt im Übrigen Bezug auf ihr Vorbringen in erster Instanz. In dem schriftlichen Vertrag vom 24.8.1998 seien erstmals alle Einzelheiten des Vertrages fixiert worden. Zuvor sei der Kläger lediglich benachrichtigt worden, dass er den Auftrag erhalten werde. Im Übrigen spreche für den Abschluss des Vertrages am 24.8.1998 die Vermutung des § 154 Abs. 2 BGB. Sie, die Beklagte, habe darauf vertrauen können, dass das Angebot des Klägers der HOAI entspreche. Die Richtigkeit der vorgelegten Schlussrechnung werde bestritten.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von Ingenieurhonorar zu Recht abgewiesen.

Für die Entscheidung über die Berufung kann dahinstehen, ob der Übergang zu der Schlussrechnung in der Berufungsinstanz eine zulässige Klageänderung darstellt. Mit der Erstellung der Schlussrechnung wird ein neuer Lebenssachverhalt in den Rechtsstreit eingeführt, der als Änderung des Streitgegenstands und damit als Klageänderung zu werten ist (BGH, BauR 1999, 267 ff; Locher/Koeble/Frik, HOAI, 8. Aufl., Rn. 64 zu § 8). Eine Klageänderung in der Berufungsinstanz ist unter den Voraussetzungen des § 533 ZPO zulässig. Zwar bestehen an der Sachdienlichkeit der Klageänderung keine Bedenken, weil der bisherige Streitstoff verwertet und abschließend entschieden werden kann.

Fraglich ist jedoch ob die Schlussrechnung vom 27.6.2002 als neue Tatsache im Sinne der §§ 533 Nr. 2, 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO berücksichtigt werden kann. In Betracht kommt lediglich eine Zulassung aufgrund des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Danach sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel zuzulassen, wenn sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf eine Nachlässigkeit der Partei beruht. Stellt man darauf ab, dass die Schlussrechnung erst während des Berufungsverfahrens gefertigt wurde, also als neue Tatsache erst nach Abschluss der ersten Instanz entstanden ist, bestehen hinsichtlich der Zulässigkeit keine Bedenken (Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., Rn. 17 zu § 531 ZPO; Musielak-Ball, ZPO, 3. Aufl., Rn. 19 zu § 531 ZPO). Stellt man dagegen auf die tatsächliche Möglichkeit zur Erstellung der Schlussrechnung ab, fehlt ein Vortrag des Klägers zum Zeitpunkt des Abschlusses der Arbeiten und zur Frage, wann er zur Erstellung der Schlussrechnung in der Lage war.

Die Zulässigkeit der Klageänderung kann aber letztlich dahinstehen, weil die Klage in jedem Fall unbegründet ist. Die Parteien haben bei Auftragserteilung eine schriftliche Honorarvereinbarung abgeschlossen. Es kann dahinstehen, ob diese Vereinbarung wegen einer Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI unwirksam ist, denn der Kläger könnte sich auf eine Unwirksamkeit nach § 242 BGB nicht berufen.

Die schriftliche Honorarvereinbarung erfolgte bei Auftragserteilung am 24.8.1998. Die Bezugnahme auf "den bereits mündlich erteilten Auftrag" in der schriftlichen Vereinbarung ändert hieran nichts, denn zwischen den Parteien bestand Einigkeit, dass eine schriftliche Vereinbarung erfolgen sollte. Nach § 154 Abs. 2 BGB ist in diesem Fall der Vertrag im Zweifel nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist. Die vollständige Willenseinigung der Parteien genügt zum Vertragsschluss in der Regel nicht (Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Aufl., Rn. 4 zu § 154 BGB). Aus diesem Grund spielt es auch keine Rolle, dass die Beklagte bereits vor dem 24.8.1998 Planungsleistungen erbracht hat. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass gerade bei Architekten- und Ingenieurverträgen häufig in der Akquisitionsphase vor dem Vertragsabschluss bereits mit der Planung begonnen wird (Hesse/Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 5. Aufl., Rn. 28 zu § 4).

Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Vereinbarung der Schriftform entgegen § 154 Abs. 2 BGB lediglich der Beweiserleichterung dienen sollte. Er ist der Behauptung der Beklagten, nicht alle in der Vereinbarung vom 24.8.1998 niedergelegten Einzelheiten seien bereits vorher verabredet worden, nicht entgegengetreten. Zudem hat er erstinstanzlich den Vertrag vom 24.8.1998 selbst als Grundlage seiner Vergütungsforderung bezeichnet. Schließlich ist davon auszugehen, dass die Parteien eines Ingenieurvertrages im Zweifel die gesetzliche Form des § 4 HOAI einhalten wollen, also die schriftliche Niederlegung als Wirksamkeitserfordernis betrachten (Locher/Koeble/Frik, a.a.O., Rn. 42 zu § 4). Eine schriftliche Vereinbarung nur zu Beweiszwecken wäre dann anzunehmen, wenn erst zeitlich nach dem mündlichen Abschluss des Vertrages ein Schriftformerfordernis vereinbart wird (BGH NJW 1994, 2026; Soergel-Wolf, BGB, 13. Aufl., Rn. 117 zu § 154; Münchener Kommentar-Kramer, BGB, 4. Aufl.,Rn. 17 zu § 154). Eine solche nachträgliche Vereinbarung der Schriftform behauptet der Kläger jedoch nicht.

Es kann dahinstehen, ob durch die Honorarvereinbarung die Mindestsätze nach der HOAI unterschritten worden sind. Gesichtspunkte, die einen Ausnahmefall im Sinne des § 4 Abs. 2 HOAI begründen und damit eine Unterschreitung der Mindestsätze erlauben, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Eine unzulässige Unterschreitung der Mindestsätze führte deshalb zur Unwirksamkeit der vereinbarten Honorarhöhe mit der Folge, dass gemäß § 4 Abs. 4 HOAI die Mindestsätze verlangt werden können.

Eine Berufung des Klägers auf Mindestsätze, die die im Vertrag vom 24.8.1998 vereinbarte Vergütung übersteigen, widerspricht jedoch den Grundsätzen von Treu und Glauben. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1997, 2329 ff; 2331) dann der Fall, wenn der Auftragnehmer sich durch die Geltendmachung der Mindestsätze widersprüchlich verhält und der Auftraggeber berechtigterweise auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung vertraut und sich darauf in einer Weise eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages nicht zugemutet werden kann. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung entschieden, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug und macht sich diese zu eigen.

Ergänzend ist lediglich auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen:

Das widersprüchliche Verhalten des Klägers ergibt sich vorliegend bereits daraus, dass er vier Teilrechnungen auf der Grundlage der Honorarvereinbarungen erstellt hat und erst nach ca. 1 1/2 Jahren seine Abrechnungsweise in der Rechnung vom 30.6.2000 geändert hat. Die Beklagte hat berechtigt darauf vertraut, dass der Kläger sich an die Honorarvereinbarung vom 24.8.1998 gebunden fühlt. Ein berechtigtes Vertrauen des Auftraggebers auf die Einhaltung der Honorarvereinbarung kann im Einzelfall sogar dann bestehen, wenn er die Unterschreitung der Mindestsätze kennt (OLG Köln OLGR 2002, 190; OLG Nürnberg IBR 2001, 495).

Die Beklagte durfte vorliegend jedenfalls auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung vertrauen, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ihr eine Unterschreitung der Mindestsätze bekannt war. Unerheblich ist, ob die Beklagte wegen der Mitarbeit von Ingenieuren generell über den Mindestpreischarakter der HOAI informiert war. Nach seinem eigenen Vortrag hat der mit der Abrechnung nach der HOAI vertraute Kläger nicht bewusst ein Angebot unterhalb der Mindestsätze abgegeben, sondern sich bei der Errechnung der Angebotssumme verschätzt. Dies ergibt sich aus der Erläuterung des Klägers zu seiner schriftlichen Berechnung (Bl. 115 GA), in der er einen eigenen Ablesefehler erwähnt und darauf hinweist, dass er die geschätzten Kosten pro laufenden Meter wegen fehlender Erfahrung viel zu gering angesetzt habe. Der Beklagten war dieser Irrtum des Klägers nicht bekannt. Sie durfte sich darauf verlassen, dass der sachkundige Kläger das Honorar zutreffend aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen ermittelt hatte. Dies gilt auch deshalb, weil der Beklagten weitere Angebote vorlagen, die die Angebotssumme des Klägers nicht erreichten.

Soweit der Kläger geltend macht, aufgrund der übergebenen Unterlagen sei eine zutreffende Ermittlung der anrechenbaren Kosten nicht möglich gewesen, wäre es seine Sache gewesen, bei der Beklagten weitere Unterlagen nachzufordern. Im Übrigen ist zwischen den Parteien unstreitig, dass dem Kläger jedenfalls bei Abschluss des schriftlichen Vertrages vom 24.8.1998 alle Unterlagen zur Verfügung standen.

Die Beklagte hat sich schließlich derart auf die Wirksamkeit der Vereinbarung eingerichtet, dass ihr die Zahlung der von dem Kläger behaupteten Mindestsätze nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann. Sie hat, wie sich aus dem Auszug ihres Angebots an den Bauherrn (Bl. 158 GA) ergibt, die Leistungen des Klägers mit Fixbeträgen angeboten. Die Beklagte hat keine Möglichkeit, eine Mehrbelastung durch den Kläger an den Bauherrn weiterzugeben. Die Tatsache, dass sie auf das Angebot des Klägers einen Aufschlag von nahezu 40 % vorgenommen hat, rechtfertigt schon deshalb keine andere Beurteilung, weil die Klageforderung das Angebot der Beklagten an den Bauherrn bei weitem übersteigt. Der Beklagten ist es auch nicht zuzumuten, den kalkulierten Gewinn an den Kläger weiterzugeben.

Es besteht keine Veranlassung, der Beklagten aufzugeben, das vollständige Angebot vorzulegen, um nachzuweisen, dass eine Änderung der Vergütung nicht über Eventualpositionen möglich ist. Die Leistungen der Beklagten sind auf dem Angebotsauszug Bl. 158 GA vollständig erfasst. Eventualpositionen zu anderen Positionen des Leistungsverzeichnisses spielen für die Entscheidung des Rechtsstreits keine Rolle.

Die Beklagte kann von ihrem Auftraggeber auch nicht deshalb eine Erhöhung der Vergütung verlangen, weil sich der Umfang der zu erbringenden Leistungen erhöht hat. Die pauschale Behauptung des Klägers, das Bauvorhaben sei größer dimensioniert als zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe zu erkennen gewesen sei, ist zu allgemein gehalten und damit nicht ausreichend substantiiert. Eine Beweiserhebung liefe auf eine Ausforschung hinaus.

Einer Bindung der Beklagten an ihr eigenes Angebot an den Bauherrn steht schließlich nicht entgegen, dass nach dem Vortrag des Klägers auch in diesem Angebot die Mindestsätze der HOAI unterschritten sind. Die HOAI ist nämlich auf solche Verträge nicht anwendbar, die neben Architekten- und Ingenieurleistungen andersartige Leistungen, z.B. Bauleistungen, enthalten (BGH BauR 1997, 677; Locher/Koeble/Frik, a.a.O., Rn. 13 zu § 1 HOAI). Das ist vorliegend bei dem Vertrag der Beklagten mit dem Bauherrn der Fall.

Da die Beklagte ausweislich der vom Kläger vorgelegten Schlussrechnung den nach der Vereinbarung vom 24 8 1998 geschuldeten Betrag vollständig beglichen hat, besteht kein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines weiteren Honorars.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die in § 543 Abs. 2 ZPO genannten Grunde nicht vorliegen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 114.557,28 EUR festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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