Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 09.08.2001
Aktenzeichen: 1 W 456/01
Rechtsgebiete: ZPO, StPO


Vorschriften:

ZPO § 511a Abs. 1 S. 1
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 567 Abs. 3
ZPO § 568 Abs. 2
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 127 Abs. 4
StPO § 170 Abs. 2 S. 1
StPO § 170 Abs. 2 S. 2
StPO § 170 Abs. 2

Entscheidung wurde am 16.11.2001 korrigiert: Leitsatz eingefügt
Die Beschwerde im Prozeßkostenhilfebewilligungsverfahren ist auf den Rechtszug in der Hauptsache beschränkt. Hierdurch sollen und werden sachlich widersprüchliche Entscheidungen des Erst- und des Beschwerdegerichts verhindert (werden).
Oberlandesgericht Koblenz Beschluss

Aktenzeichen: 1 W 456/01

In dem Rechtsstreit

wegen Amtspflichtverletzung hier: Beschwerde gegen einen Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Krämer, die Richterin am Oberlandesgericht Semmelrogge und die Richterin am Landgericht Zeitler-Hetger

am 9. August 2001

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 7. Juni 2001 wird als unzulässig verworfen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenpflichtig.

Die außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig, da die Beschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren auf den Rechtszug in der Hauptsache beschränkt ist (überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur; vgl. OLG Frankfurt am Main, FamRZ 1996, 746; OLG Frankfurt am Main, OLG-Report Frankfurt 1999, 54; OLG Hamburg, OLG-Report Hamburg 1997, 359; Stein-Jonas, ZPO, § 127 Rn.17 mit zahlreichen Nachweisen) und vorliegend die auf Zahlung von 1.364,74 DM gerichtete Klage die Berufungssumme des § 511a Abs.1 S.1 ZPO nicht erreicht, mithin ein darüber ergehendes Urteil nicht mit der Berufung angreifbar wäre.

Zwar findet nach dem Wortlaut des § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO gegen die die beantragte Prozesskostenhilfe verweigernde Entscheidung des Erstgerichts die Beschwerde statt. Die Beschränkung der Prozesskostenhilfebeschwerde auf den Rechtszug in der Hauptsache ergibt sich jedoch aus dem allgemeinen Regelungszusammenhang des Rechtsmittelverfahrens. Denn das Gesetz ermöglicht nicht in allen Fällen die sachliche Überprüfung der Entscheidung des Erstgerichts im Rechtsmittelwege. So ist teilweise ein Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Entscheidungen generell ausgeschlossen (z.B. durch § 127a Abs. 2 S. 1 ZPO), teilweise von einer Mindestbeschwer abhängig (§§ 511a Abs. 1, 567 Abs. 2 ZPO). Hieraus hat die herrschende Meinung gefolgert, dass in derartigen Fällen erst recht die Nebenentscheidungen nicht angegriffen werden können, also auch nicht das als Nebenverfahren ausgestaltete Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren. Der Gesetzgeber hat durch das Gesetz zur Vereinfachung der Rechtspflege vom 17. Dezember 1990 durch Einfügung des § 567 Abs. 3 ZPO und Neufassung des § 568 Abs. 2 ZPO den Kreis der beschwerdefähigen Entscheidungen weiter eingeschränkt und weitgehend auf den Rechtszug in der Hauptsache begrenzt. Diese Neuregelung verfolgte ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl. Bundestags-Drucksache 11/3621, Seite 25) das Ziel, die Verfahren durch Konzentration auf den Rechtszug der Hauptsache zu beschleunigen und die Rechtsmittelgerichte zu entlasten. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber trotz der gleichzeitigen Neufassung des § 127 Abs. 2 ZPO insoweit keine ausdrückliche Anpassung der Prozesskostenhilfebeschwerde auf den Rechtsmittelzug der Hauptsache vorgenommen hat, kann jedoch nicht geschlossen werden, der Gesetzgeber habe die Beschwerde gegen Nebenentscheidungen in diesem Rechtsbereich uneingeschränkt zulassen wollen. Vielmehr schließt sich der Senat der Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (MDR 1991, 895f) und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (FamRz 1996, 746f) an, wonach der Gesetzgeber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs angesichts der herrschenden Meinung zu dieser Frage für eine ausdrückliche Regelung offenbar keine Notwendigkeit gesehen hat und die Eröffnung der Beschwerde in derartigen Fällen dem Willen des Gesetzgebers, so wie er im Rechtspflegevereinfachungsgesetz zum Ausdruck kommt, zuwiderliefe.

Für diese Ansicht spricht auch, dass durch die Nichtzulassung der Beschwerde einander widersprechende Entscheidungen des Erst- und des Beschwerdegerichts verhindert werden sollen. Denn bei Zulassung der Beschwerde könnte das Beschwerdegericht im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens zum Beispiel eine Erfolgsaussicht der Klage bejahen, das daran nicht gebundene Erstgericht indes in dem abschließenden Urteil die Klage dennoch wegen nicht hinreichendem Erfolg abweisen, was wegen des Nichterreichens der Berufungssumme für den Kläger dann nicht mehr mit Rechtsmitteln angreifbar wäre.

Ausnahmsweise sind Entscheidungen in Nebenverfahren indes auch trotz des beschränkten Hauptsacherechtszuges zuzulassen, wenn eine Verletzung von Grundrechten, etwa das Recht auf Gehör oder das Recht auf den gesetzlichen Richter, oder eine greifbare grobe Gesetzeswidrigkeit vorliegt (vgl. OLG Frankfurt am Main, FamRZ 1996, 746/747 mit Rechtsprechungshinweisen). Eine solche Ausnahme von der Unanfechtbarkeit kommt aber nur dann in Betracht, wenn eine Entscheidung dieser Art oder dieses Inhalts nicht von diesem Gericht ergehen durfte. Die Annahme einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit muss auf wirkliche Ausnahmefälle beschränkt bleiben, in denen es darum geht, eine Entscheidung zu beseitigen, die mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder rechtlichen Grundlage entbehrt und dem Gesetz inhaltlich fremd ist (vgl. BGH NJW 1990, 840; BGH NJW 1993, 135).

An einem derartigen schwerwiegenden Verstoß leidet die angegriffene Entscheidung jedoch nicht. Der Senat ist zwar der Auffassung, dass vorliegend von einer schuldhaften Amtspflichtverletzung der Staatsanwaltschaft Mainz durch die zunächst unterlassene Mitteilung von der Verfahrenseinstellung an den Kläger auszugehen ist, da der Staatsanwalt -wie sich aus dem Umstand der Verfahrenseinstellung gemäß § 170 Abs. 2 S. 1 StPO ergibt- von einem Abschluss der Ermittlungen ausgegangen ist und daher kein Grund für ein Unterlassen der sodann in § 170 Abs. 2 S. 2 StPO vorgesehenen Mitteilung an den Beschuldigten gegeben war. Indes fehlt der insoweit anderen rechtlichen Beurteilung durch das Landgericht Koblenz nicht jede rechtliche Grundlage, da sich aus § 170 Abs. 2 StPO nicht ergibt, innerhalb welchen Zeitraums die vorgeschriebene Mitteilung an den Beschuldigten zu erfolgen hat und diese -vorliegend den geltend gemachten Amtshaftungsanspruch begründende- Frage der Würdigung durch das jeweils erkennende Gericht vorbehalten ist.

Mithin war die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Die Entscheidung über die Nichterstattung der außergerichtlichen Kosten beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.



Ende der Entscheidung

Zurück