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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 19.11.2001
Aktenzeichen: 1 Ws 1427/01
Rechtsgebiete: StPO, UvollzO


Vorschriften:

StPO § 119 III
UvollzO § 38 I
UvollzO § 39
Die Benutzung der Fernsprechleitungen einer Justizvollzugsanstalt durch Häftlinge darf nicht zur Regel werden, sondern muss die durch ein berechtigtes individuelles Interesse des Untersuchungsgefangenen begründete Ausnahme bleiben.

Die lange Dauer der Untersuchungshaft allein begründet noch kein solches besonderes berechtigtes Interesse.


Geschäftsnummer: 1 Ws 1427/01

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

Beschluss

In der Strafsache

gegen

wegen schwerer Brandstiftung

hier: Beschwerde gegen die Versagung von regelmäßigen Telefonaten in der Untersuchungshaft

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht von Tzschoppe, den Richter am Oberlandesgericht Summa und die Richterin am Oberlandesgericht Hardt

am 19. November 2001 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 2. Strafkammer des Landgerichts Mainz vom 14. September 2001 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer befindet sich in vorliegender Sache seit dem 25. November 2000 ununterbrochen in Untersuchungshaft. Durch nicht rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Mainz vom 14. Mai 2001 ist er wegen versuchter schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Das Verfahren ist zur Zeit in der Berufungsinstanz bei der 2. Strafkammer des Landgerichts Mainz anhängig.

Mit Schreiben vom 6. September 2001 (Bl. 6 a d.A.) hat der Angeklagte beantragt, ihm zu gestatten, wöchentlich 10-minütige Telefongespräche mit seinen Eltern bzw. Geschwistern zu führen.

Nach Einholung einer schriftlichen Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Mainz (Bl. 5 d.A.) hat der Vorsitzende der 2. Strafkammer des Landgerichts Mainz den Antrag mit Beschluss vom 14. September 2001 abgelehnt (Bl. 4 d.A.).

Der dagegen durch Schriftsatz des Verteidigers Rechtsanwalt K. vom 22. September 2001 eingelegten Beschwerde (Bl. 7 f d.A.) hat der Strafkammervorsitzende nicht abgeholfen (Bl. 16 d.A.).

II.

Das Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Gemäß § 119 Abs. 3 StPO dürfen Untersuchungsgefangenen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Untersuchungshaft und die Ordnung in der Justizvollzugsanstalt erfordern. Dabei ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass ein Untersuchungsgefangener noch nicht rechtskräftig verurteilt ist und deshalb nur unvermeidlichen Beschränkungen unterworfen werden darf (BVerfG NJW 76, 1311). Hieran gemessen erweist sich die Ablehnung des Antrags des Beschwerdeführers als rechtmäßig.

Die Wahrung der Sicherheit und Ordnung einer Justizvollzugsanstalt führt zu unvermeidbaren Beschränkungen der persönlichen Freiheit. Telefongespräche von Untersuchungsgefangenen mit Personen außerhalb der Haftanstalt stellen wegen des damit verbundenen organisatorischen Aufwandes - sie müssen gemäß § 38 Abs. 1 S. 3 UVollzO mitgehört werden - regelmäßig einen erheblichen Eingriff in den üblichen Ablauf des Vollzugsdienstes dar. Sie können deshalb grundsätzlich nur im Einzelfall ge-stattet werden. Voraussetzung ist stets, dass hierfür ein besonderes berechtigtes Interesse des Untersuchungsgefangenen besteht (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. Beschluss vom 3. Mai 2000 - 1 Ws 249/01 -; OLG Frankfurt StV 82, 476 m.w.N.). Die Benutzung der Fernsprechleitungen einer Justizvollzugsanstalt durch Häftlinge darf nicht zur Regel werden, sondern muss die durch ein berechtigtes individuelles Interesse des Untersuchungsgefangenen begründete Ausnahme bleiben.

Die lange Dauer der Untersuchungshaft allein begründet noch kein besonderes berechtigtes Interesse. Auch der sich über längere Zeit in Untersuchungshaft befindliche Gefangene kann durch Briefe, Pakete und Besuche von Angehörigen regelmäßig ausreichend Kontakt zur Außenwelt halten. Ein besonderes berechtigtes Interesse kann deshalb nur bei Hinzutreten weiterer Besonderheiten, wie z.B. fehlenden Besuchskontakten wegen großer räumlicher Entfernung oder der Erforderlichkeit, dringende Familienangelegenheiten zu besprechen, angenommen werden (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Stuttgart StV 95, 260). Solche Gründe hat der Angeklagte nicht dargetan.

Kosten: § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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