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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 16.12.2003
Aktenzeichen: 1 Ws 567/03
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 83
StVollzG § 115 III
1. Ein Transportgefangener kann effektiven Rechtsschutz gegen Maßnahmen einer Schubzentrale regelmäßig nur im Wege des Fortsetzungsfeststellungsantrages erlangen.

2. Es ist nicht zu beanstanden, wenn in der als Schubzentrale fungierenden JVA Rohrbach der Kontrollaufwand hinsichtlich der von Transportgefangenen mitgebrachten Sachen dadurch auf ein vernünftiges Maß begrenzt wird, dass Elektrorasierer, Seifendosen, Rasierwasserflaschen u.s.w. eben nicht mit hohem Personal- und Zeitaufwand Stück für Stück untersucht, sondern bis zum Weitertransport gemäß § 83 Abs. 2 StVollzG verwahrt werden, und der Gefangene statt dessen Körperpflegeartikel aus Anstaltsbeständen erhält.


Geschäftsnummer: 1 Ws 567/03

In der Strafvollzugssache

wegen Betruges hier: Sicherheitsmaßnahmen bei Transportgefangenen in der Justizvollzugsanstalt Rohrbach

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht von Tzschoppe und die Richter am Oberlandesgericht Völpel und Summa

am 16. Dezember 2003 beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Gefangenen wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Mainz vom 15. Juli 2003 aufgehoben.

Der Antrag des Gefangenen auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der in der Justizvollzugsanstalt Rohrbach für Transportgefangene geltenden Regelung bezüglich mitgeführter Körperpflegeartikel wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

Der Geschäftswert wird auf 250 € festgesetzt.

Gründe:

Der Beschwerdeführer, der im Frühjahr 2003 in der Justizvollzugsanstalt Wittlich einsaß, sollte Anfang Mai 2003 vorübergehend in die Justizvollzugsanstalt Frankenthal verschubt und Ende des Monats nach Wittlich zurückgebracht werden. Beide Male sollte der Transport über die als Schubzentrale fungierende Justizvollzugsanstalt Rohrbach führen.

Wie der Beschwerdeführer aufgrund eigener Erfahrungen aus Dezember 2002 wusste, ist es Transportgefangenen während ihres bis zu 6-tägigen Zwischenaufenthalts in der Justizvollzugsanstalt Rohrbach aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt, ihre eigenen, meist im Handgepäck mitgeführten Körperpflegeartikel zu benutzen. Diese werden vielmehr bis zum Weitertransport verwahrt. Stattdessen erhält der Gefangene Einwegzahnbürsten, Zahncreme, Seife usw. aus Anstaltsbeständen.

Mit Schreiben an die (nach § 110 StVollzG zuständige) Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Mainz vom 27. April 2003 beantragte der Beschwerdeführer, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung zu gestatten, während der beiden Zwischenaufenthalte in der Justizvollzugsanstalt Rohrbach in der Zeitspanne vom 8. bis 21. Mai 2003 seine mitgebrachten Körperpflegeartikel zu benutzen, sowie festzustellen, dass die dem entgegenstehende Regelung rechtswidrig ist.

Mit Beschluss vom 7. Mai 2003 wies die Strafvollstreckungskammer den Eilantrag zurück. Auf Anfrage des Gerichts vom 8. Mai 2003 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er den Feststellungsantrag aufrechterhalte. Dies wiederholte er mit Schreiben vom 12. Juni 2003. Daraufhin hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 15. Juli 2003 seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung für erledigt erklärt und ohne nähere Darlegung ausgeführt, es bestehe kein Interesse an der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahme.

Hiergegen wendet sich der Strafgefangene mit der Rechtsbeschwerde.

Das Rechtmittel ist zulässig, weil es geboten ist, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu § 115 Abs. 3 StVollzG zu ermöglichen.

Im Ergebnis hat das Rechtmittel allerdings keinen Erfolg.

Zwar ist der angefochtene Beschluss aufzuheben, weil die Strafvollstreckungskammer verkannt hat, dass ein Transportgefangener effektiven Rechtsschutz gegen Maßnahmen einer Schubzentrale nur im Wege des Fortsetzungsfeststellungsantrages erlangen kann. Es liegt in der Natur der Sache, dass eine Entscheidung über einen Antrag nach §§ 109, 113 StVollzG in aller Regel nicht während des kurzen Zwischenaufenthalts ergehen wird.

Die beanstandete Sicherheitsmaßnahme ist aber - was der Senat gemäß § 119 Abs. 4 S. 2 StVollzG wegen Spruchreife selbst entscheiden kann - nicht rechtswidrig.

Der Gefangenentransport gehört zu den systemimmanenten Schwachstellen im Sicherheitskonzept einer jeden Justizvollzugsanstalt. Es muss durch geeignete Maßnahmen, insbesondere Kontrollen verhindert werden, dass verbotene Gegenstände wie Drogen und Kassiber rein- bzw. rausgeschmuggelt werden. In einer Schubzentrale kommt erschwerend hinzu, dass dort ein ständiges Kommen und Gehen herrscht. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn der Kontrollaufwand hinsichtlich der von Transportgefangenen mitgebrachten Sachen dadurch auf ein vernünftiges Maß begrenzt wird, dass Elektrorasierer, Seifendosen, Rasierwasserflaschen u.s.w. eben nicht mit hohem Personal- und Zeitaufwand Stück für Stück untersucht, sondern bis zum Weitertransport gemäß § 83 Abs. 2 StVollzG verwahrt werden, und der Gefangene statt dessen Körperpflegeartikel aus Anstaltsbeständen erhält. Der damit verbundene, von § 83 Abs. 1 StVollzG gedeckte Eingriff in Rechte des Gefangenen ist zeitlich eng begrenzt und stellt auch dann keine wesentliche, über den Freiheitsentzug hinausgehende Übelzufügung dar, wenn er kurzfristig nicht seine bevorzugte Markenrasiercreme benutzen darf. Im übrigen gehört die zeitweilige Benutzung von Einwegrasierern, Hotelseife u.ä. zu den "allgemeinen Lebensverhältnissen" im Sinne des § 3 StVollzG. Zu berücksichtigen ist auch, dass jede zusätzliche Kontrolle nicht nur eine Belastung für den Gefangenen darstellt, sondern Bedienstete bindet und davon abhält, ihren eigentlichen Aufgaben im Rahmen des Behandlungsvollzuges nachzukommen.

Eine unzureichende Ausstattung mit Körperpflegeartikeln im Einzelfall stellt die Rechtmäßigkeit der Regelung als solche nicht grundsätzlich in Frage. Im übrigen kann von einem Gefangenen, weil individueller Ge- und Verbrauch sehr unterschiedlich sein können, erwartet werden, dass er sich meldet, wenn z. B. Seife oder Zahncreme bei einem mehrtägigen Aufenthalt nicht mehr ausreichen. Wird ihm dann die Aushändigung einer am tatsächlichen Bedarf orientierten Menge verweigert, kann er sich gegen diese Maßnahme zur Wehr setzen. Gleiches gilt, wenn er ausnahmsweise, etwa wegen individueller Hautunverträglichkeit der Anstaltsseife, auf mitgebrachte Artikel unbedingt angewiesen ist. Darum geht es im vorliegenden Verfahren aber nicht.

Ende der Entscheidung

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