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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 15.02.2002
Aktenzeichen: 10 U 1004/01
Rechtsgebiete: AKB


Vorschriften:

AKB § 12 Nr. 1 I b)
Es ist nicht verfahrensfehlerhaft, wenn beim Nachweis des äußeren Bildes eines Diebstahls das Gericht das Aussageverhalten des maßgeblichen Zeugen (Ehemann der VN) und dessen emotionale Befindlichkeiten im Protokoll festhält, insbesondere wenn sich Widersprüche in der Darstellung des Geschehensablaufs ergeben und Zweifel hinsichtlich der Glaubwürdigkeit auf Grund verschiedener Verurteilungen wegen Eigentumsdelikten bestehen, die eine mehrjährige Haftstrafe begründeten.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 10 U 1004/01

Verkündet am 15. Februar 2002

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf die Mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 17. Mai 2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des Betrages in Höhe von 6.500 € abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Leistungen aus Kaskoversicherung wegen Diebstahls eines PKW's Opel Sintra 2,2 TD in Anspruch.

Mit Versicherungsvertrag vom 27.1.1999 schloss die Klägerin für o.g. Fahrzeug eine Diebstahlversicherung ab. Auf dem Antragsformular war eine Laufleistung, von 1.400 km und ein Fahrzeugwert von 55.000,-- DM angegeben. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen Reimport aus Italien. Das Fahrzeug war am 8.7.1998 in Italien erstmals zugelassen und von der Fa. E in Magdeburg nach Deutschland eingeführt worden. Danach wurde es von Frau M M, am 19.1.1999 zugelassen. Mit Rechnung vom 23.1.1999 hatte die Klägerin das Fahrzeug von dem Zeugen B M, bei einer angegebenen Laufleistung von 13.500 km zu einem Kaufpreis von 38.000,-- DM erworben. Das Fahrzeug verfügt über eine elektronische Wegfahrsperre. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen eines Ereignisses am 31.8. 1999, dessen Verlauf zwischen den Parteien streitig ist und im Rahmen dessen das Fahrzeug verschwand, auf den Wiederbeschaffungswert in Anspruch. An diesem Tag erstattete der Zeuge B Sch gegen 22.00 Uhr in einer Polizeistation in V, Niederlande, Strafanzeige wegen Diebstahls. Zur Erstattung eines TÜV-Schlüsselgutachtens vom 27.8.1999 wurden zwei Schlüssel, allerdings kein Car-Pass vorgelegt. Die Klägerin betreibt in W u. a. einen Schlüsseldienst. Ihr Ehemann, der Zeuge B Sch, ist wegen Eigentumsdelikten vorbestraft.

Die Klägerin hat vorgetragen,

ihr Fahrzeug sei am 31.8.1999 in V gestohlen worden. Der Zeuge B Sch sei an diesem Tag beruflich in Krefeld gewesen und habe am Haus des befreundeten Zeugen B M, sicherheitstechnische Anlagen installiert. Der Zeuge B M habe den Zeugen B Sch auf günstige Einkaufsmöglichkeiten für Markenkleidung in V hingewiesen. Deshalb sei der Zeuge B Sch nach V gefahren. Dort angekommen, habe der Zeuge das Fahrzeug in den Stadtteil H auf die Straße "Am Z" gefahren und es auf dem vor dem Supermarkt "Jan L" befindlichen Parkplatz abgestellt. Als er am Abend im Dunkeln zu dem Parkplatz zurückgekehrt sei, sei das Fahrzeug nicht mehr da gewesen. Zunächst habe der Zeuge sich mit den Örtlichkeiten vertraut gemacht und überprüft, ob er eventuell auf einen falschen Parkplatz zurückgekehrt sei. Danach habe er die am nahegelegenen Bahnhof befindliche Polizeidienststelle aufgesucht. Dort habe man dem Zeugen Sch erklärt, man sei für eine Diebstahlsanzeige nicht zuständig, und habe ihn an eine zuständige Dienststelle in der Nähe verwiesen. Daher habe er erst etwa eine Stunde später eine Anzeige gemacht. Der Zeuge B Sch arbeite im Familienbetrieb mit. Beim Kauf des Fahrzeuges habe sie, die Klägerin, keinen Car-Pass erhalten. Bei Vertragsabschluss sei eine Angabe der Kilometerlaufleistung von lediglich 1.400 km gegenüber dem Versicherungsvertreter nicht gemacht worden. Bei einer Laufleistung von 20.000 km sei ein Austauschmotor eingebaut worden. Daher habe das Fahrzeug im Entwendungszeitpunkt bei einem Kilometerstand von 30.000 km einen Wert von 45.000,-- DM gehabt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 45.000,-- DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 6.1.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet das von der Klägerin vorgetragene tatsächliche Geschehen am 31.8.1999 in V. Es sei dubios, dass der Zeuge B Sch vorprozessual angegeben habe, er habe die Strecke über V als Abkürzung von Krefeld nach W, gewählt, obgleich dies ein Umweg sei. Der Stadtteil H sei im Übrigen für seine Kriminalität bekannt. Es sei auch ungewöhnlich, dass der Zeuge B Sch zwischen dem Aufdecken des behaupteten Diebstahls und der Anzeigenerstattung in der Polizeistation eine Stunde benötigt habe. Aufgrund der Tatsache, dass ausweislich des TÜV-Schlüsselgutachtens ein Car-Pass fehle, mit dessen Hilfe Nachschlüssel gefertigt werden könnten, sei erwiesen, dass mittels eines gefertigten Nachschlüssels das Auto weggefahren worden sei. Da es über eine elektronische Wegfahrsperre verfüge, könne das Fahrzeug ohne einen passenden Schlüssel nicht weggefahren werden.

Bereits das Vorgeschehen zum Versicherungsabschluss sei zweifelhaft gewesen, da es sich bei dem Fahrzeug um einen Reimport aus Italien handele, der lediglich für einige Tage auf Frau M M zugelassen gewesen sei. Es sei unklar, welche Funktion der Zeuge B M während des Verkaufs des Fahrzeugs gehabt habe. Die Klägerin sei im übrigen eine Sozialhilfebetrügerin und der Zeuge B M sei wegen Vermögensdelikten vorbestraft.

Die Beklagte hat den Versicherungsvertrag mit Schriftsatz vom 9.5.2000 wegen arglistiger Täuschung angefochten.

Sie trägt hierzu vor, die Klägerin habe bei Vertragsabschluß lediglich als Strohfrau fungiert. Tatsächlich sei der Zeuge B Sch Halter und Eigentümer des Fahrzeugs geworden. Hierfür spreche auch, dass der Zeuge die von dem Zeugen B M ausgestellte Rechnung Über den Kaufvertrag unterschrieben habe. Sie sei auch über den Wert des Fahrzeuges getäuscht worden, da bei Vertragsabschluß am 27.01.1999 eine Laufleistung von 1.400 km angegeben worden sei, wobei bereits in der Rechnung vom 23.1.1999 eine Laufleistungsangabe von 13.500 km erfolgt sei. Die Beklagte trägt vor, im übrigen sei sie aufgrund falscher Angaben zum Schadensfall wegen einer Obliegenheitsverletzung von der Verpflichtung zur Leistung frei. Zunächst habe der Zeuge B Sch vorprozessual angegeben, er sei mit einem Taxi nach Hause gefahren, wobei er tatsächlich den Zeugen M über Handy angerufen und sich von diesem habe heimfahren lassen. Gegenüber dem Sachbearbeiter habe der Zeuge B Sch weiter angegeben, dass er eine kleine Pause in V gemacht habe, um in einem Schnellrestaurant zu essen. Die Beklagte bestreitet, dass das Fahrzeug im Verschwindenszeitpunkt einen Wert in Höhe von 45.000,-- DM gehabt habe. Sie sei nicht zur Leistung der Mehrwertsteuer verpflichtet, da der Zeuge B Sch als eigentlicher Versicherungsnehmer einen Schlüsseldienst in Luxemburg betreibe und daher vorsteuerabzugsberechtigt sei. Letztlich könne die Klägerin die vereinbarte Selbstbeteiligung von 300,-- DM nicht verlangen.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme und Vernehmung des Zeugen Sch die Klage mit der Begründung abgewiesen, das äußere Bild einer Fahrzeugentwendung am 31.8.1999 sei zur Überzeugung der Kammer nicht erwiesen. Es hat dem Ehemann der Klägerin nicht geglaubt, dass dieser das Fahrzeug in V abgestellt und nicht wieder aufgefunden habe. Dies beruht nach Angaben der Kammer zum einen auf widersprüchlichen Angaben des Zeugen zu den Motiven seiner Fahrt nach V und seines Aufenthalts dort, zum anderen aus seinem Aussageverhalten vor der Kammer.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie trägt unter Wiederholung und Vertiefung Ihres erstinstanzlichens Vorbringens und Beweiserbietens vor: Das Landgericht habe zu Unrecht Vorbehalte gegen den Ehemann der Klägerin wegen seiner verbüßten langjährigen Haftstrafe gehabt. Das Gebot der Sachlichkeit sei mehrmals verletzt worden: Die Kammer habe durch die Art ihrer Befragung zum Ausdruck gebracht, dass sie dem Zeugen Sch eine Beteiligung an dem Diebstahl unterstelle. Außerdem sei die Beweiswürdigung des Landgerichts zu beanstanden.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 44.700,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6.1.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

das Landgericht habe zu Recht die Klage abgewiesen, weil bereits das äußere Bild eines Diebstahls nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sei. Die Kammer habe zu Recht aufgrund des persönlichen Eindrucks des Ehemanns der Klägerin und der weiteren Umstände dem Zeugen nicht geglaubt. Im übrigen habe die Klägerin ihr Eigentum an dem Fahrzeug nicht nachgewiesen. Der vom Zeugen Sch geschilderte Geschehensablauf werde bestritten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

1) Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug. Das Berufungsvorbringen gibt für eine abweichende Beurteilung keine Veranlassung.

a) Behauptet der Versicherungsnehmer, sein PKW sei gestohlen worden, genügt er seiner Beweislast zunächst mit dem Nachweis eines Sachverhalts, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass die versicherte Sache in einer den Versicherungsbedingungen entsprechenden Weise entwendet wurde (BGH Urteil vom 27.4.1977 - IV ZR 79/76 - VersR 1977, 610; vom 19.5.1979 - IV ZR 78/77 - VersR 1978, 732 f.). Es reicht aus, wenn der Versicherungsnehmer Anzeichen beweist, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das äußere Bild eines versicherten Diebstahls ergeben (BGH Urteil vom 3.7.1991 - IV ZR 220/90 - VersR 1991,1047; vom 5.10.1983 - IV a ZR 19/82 - VersR 1984, 29; BGHZ 79, 54, 59 = VersR 81, 345, 346). Das für das äußere Bild eines Diebstahls erforderliche Mindestmaß an Tatsachen ist im allgemeinen dann gegeben, wenn der Versicherungsnehmer das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt hat, an dem er es später nicht mehr vorfindet (BGHZ 130, 1, 3 = NJW 1995, 2169; BGH Urteil vom 4.11.1998 - IV ZR 302/97 - NJW-RR 1999, 246). Diese Beweiserleichterung für den Versicherungsnehmer entfällt, wenn der Versicherer seinerseits darlegt und gegebenenfalls beweist, dass nicht nur hinreichende Wahrscheinlichkeits- oder Verdachtsmomente vorliegen, sondern eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für einen anderen Geschehensablauf besteht. Es müssen konkrete Tatsachen festgestellt werden, welche die Annahme einer Vortäuschung des Versicherungsfalls mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nahe legen, wobei ein Minus an Beweisanzeichen gegenüber dem üblichen Fall eines Indizienbeweises genügt, um das erforderliche Beweismaß zu erreichen (BGH Urteil vom 12.4.1989 - IV a ZR 83/88 - VersR 1989, 587; OLG Hamm Urteil vom 20.3.1992 - 20 U 289/91 - VersR 1993, 218, 219; Senatsurteile vom 1. Oktober 1999 - 10 U 1846/97 - OLGR 2000, 455; vom 21.9.2001 - 10 U 1669/00 - OLGR 2002, 6).

b) Das Landgericht hat ausgeführt, dass es bereits Zweifel daran habe, ob die Klägerin das äußere Bild einer Fahrzeugentwendung dargelegt habe. Hiergegen spreche, dass das Fahrzeug von dem Zeugen B Sch am 31.08.1999 kurz hinter der niederländischen Grenze in die Stadt V verbracht worden sein soll, wo es angeblich entwendet worden sei. Es sei offensichtlich, dass die Aufklärung eines sich im Ausland ereignenden Versicherungsfalles für die Versicherung Erschwernisse mit sich bringe. Die Aussage des Zeugen B Sch über die Vorgänge am 31.8.1999 sei nicht hinreichend glaubhaft. Auf die gerichtliche Frage, was sich an diesem Tag zugetragen habe, sei zunächst von ihm bestritten worden, an einem Diebstahl beteiligt gewesen zu sein. Er sei an diesem Tag nach Krefeld zu dem Zeugen M gefahren, um dort Absicherungsmaßnahmen an dessen Haus durchzuführen. Am Nachmittag, bzw. erst gegen Abend sei er nach V gefahren, zum einen, weil es dort günstige Einkaufsmöglichkeiten für Sportartikel, zum anderen, weil es dort günstige Einkaufsmöglichkeiten für indonesische Gewürze gebe. Hauptsächlich sei er allerdings dort hingefahren, um zu essen. Nachdem er das Fahrzeug auf dem Parkplatz des Supermarktes, der stark belebt gewesen sei, abgestellt habe, habe er eine 3 bis 3 1/2-stündige Stadttour gemacht. Er habe beim "Indonesier" gegessen und es habe ihm sehr gut geschmeckt. Als er bei Dunkelheit zum Parkplatz zurückgekehrt sei, sei der PkW fort gewesen. Nachdem er ein paar Straßen vorwärts und rückwärts gegangen sei, sei er schließlich zum Bahnhof gelaufen, die dort befindliche Polizeidienststelle sei allerdings geschlossen gewesen. Er sei dann an eine andere Polizeidienststelle verwiesen worden, in der er dann seine Anzeige gemacht habe. Er habe dabei einen Fußmarsch von etwa einer 3/4-Stunde zurückgelegt. Nachdem er seine polizeiliche Aussage gemacht habe, habe ihn der telefonisch herbeigerufene Zeuge B M dort abgeholt und ihn nach W gefahren. Er könne sich nicht mehr erinnern, ob er zu dieser Zeit von seiner Ehefrau getrennt gelebt oder mit ihr zusammen die Ehewohnung bewohnt habe. In W hätten damals sowohl seine Eltern, als auch seine Geschwister gewohnt. Er wisse allerdings nicht mehr, zu wem er gefahren worden sei. Immerhin habe er an diesem Tag 16 Stunden gearbeitet.

Diese Zeugenaussage sei in sich widersprüchlich. Als Grund für seine Fahrt nach V habe der Zeuge zum einen gün62stige Einkaufsmöglichkeiten für Sportartikel, zum anderen günstige Einkaufsmöglichkeiten für indonesische Gewürze angegeben. Nachdem der Zeuge ausgeführt habe, dass es in Holland anscheinend günstigere und frischere indonesische Gewürze gebe, weil dort viele Indonesier wohnten, habe er bekundet, hauptsächlich dort hingefahren zu sein, um essen. Dies, habe er dann auch beim Indonesier getan. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der Zeuge zunächst für ihn lediglich nebensächliche Gründe für seine Fahrt nach V angegeben und diese näher ausführt habe und erst danach den Hauptgrund des Essengehens nenne. Der Zeuge habe dann zwar bekundet, auch tatsächlich beim Indonesier gegessen zu haben. Er habe während 3 1/2 Stunden allerdings ansonsten lediglich eine Stadttour gemacht. Er habe weder angegeben, nach günstigen Sportartikeln gesucht, noch indonesische Gewürze gekauft zu haben. Als Begründung hierfür habe er angeführt, er habe keine Gewürze gefunden. Diese Begründung sei nicht überzeugend, da die Suche nach indonesischen Gewürzen zum einen ein Motiv der Fahrt nach V gewesen sei, zum anderen der Zeuge in einem indonesischen Restaurant gegessen haben wolle und in V angeblich viele Indonesier wohnten. Es hätte nahegelegen, sich den Weg zu Einkaufsmöglichkeiten für indonesische Gewürze in der Stadt zu erfragen, insbesondere weil der Zeuge in einem indonesischen Restaurant gegessen habe.

Die Zweifel der Kammer an dem Motiv des Zeugen B Sch, nach V zu fahren, würden durch die Tatsache verstärkt, dass er in Beantwortung des Schreibens der Beklagten vom 16.9.1999 nach dem Grund seines Aufenthaltes schriftlich angegeben habe, er habe den Weg über V zur Abkürzung des Weges nach W gewählt (Seite 5 der Anlagen zum Schriftsatz der Beklagtenseite vom 9. 5. 2000). Auch die Angaben des Zeugen zum weiteren Geschehensablauf, nachdem er die Anzeige bei den niederländischen Polizeibehörden erstattet habe, seien nicht glaubhaft. Ihm zufolge sei er von dem Zeugen B M von V nach W gefahren worden. Er wisse allerdings nicht mehr, ob er zu seiner Ehefrau, von der er möglicherweise bereits getrennt gelebt habe, oder zu seinen Eltern oder Geschwistern gefahren sei. Angesichts der Tatsache, dass nach den Angaben des Zeugen das von ihm benutzte Fahrzeug bei einem Besuch der Stadt V gestohlen worden und der Diebstahl des Fahrzeuges im Ausland ein aufreibendes Ereignis sei, sei es von maßgeblicher Bedeutung, welche nahestehende Person anschließend aufgesucht würden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge nach diesem Erlebnis nicht mehr wisse, ob "sein Zuhause" bei seiner Ehefrau in der Ehewohnung oder eventuell bei seinen Geschwistern oder Eltern gewesen sei. Hieran ändere auch nichts die Begründung des Zeugen, er habe an diesem Tag 16 Stunden gearbeitet, so dass ihm altes egal gewesen sei.

Die Zweifel der Kammer an der Glaubwürdigkeit des Zeugen würden schließlich durch seine Fluchtsymptome verstärkt. Der Zeuge sei teilweise nicht bereit gewesen, auf erstes Anfragen hin zu antworten. Bereits auf die Frage des Beklagtenvertreters im Rahmen der Angaben zur Person, in welchem Betrieb der Zeuge arbeite, habe er erklärt, er lasse dem Beklagtenvertreter dies schriftlich zukommen, er wisse ja, wie dieser drauf sei. Auch auf Nachfragen des Beklagtenvertreters, ob der Zeuge M bei dem Autokauf lediglich die beiden später dem TÜV überlassenen Schlüssel übergeben habe, habe der Zeuge den Kopf entnervt aufgestützt und zunächst nichts gesagt.

Es sei für den Zeugen auch kein Anlass ersichtlich gewesen, auf Frage des Gerichtes, ob er bei dem Autokauf nach einem Car-Pass gefragt habe, zu antworten, nein, man brauche einen solchen nicht, um einen Schlüssel nachzumachen. Anschließend habe der Zeuge eingehend erklärt, dass man hierfür lediglich ein Transpondergerät brauche. Aufgrund der Tendenz des Zeugen zur antizipierten Verteidigung habe die Kammer Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit. Bereits auf die allererste Frage nach den Geschehnissen am 31.8.1999 habe der Zeuge geantwortet:

"Wenn sie damit meinen, ob ich an einem Diebstahl beteiligt war, so bestreite ich dies."

Zu diesem Zeitpunkt sei weder von der Kammer noch von den Parteivertretern der Vorwurf einer Beteiligung an einem Diebstahl angesprochen worden. Für die Kammer sei die Aussage des Zeugen B Sch letztlich auch - wenn auch nicht ausschlaggebend - deshalb zu bezweifeln, weil der Zeuge nach eigenem Bekunden im Jahr 1984 einen Raub, mehrere Diebstähle und in den 90'ziger Jahren eine Reihe weiterer Eigentumsdelikte begangen habe, bezüglich derer er verurteilt worden sei. Aus all diesen Gründen habe die Klägerin den Nachweis von Tatsachen, die nach ihrem äußeren Bild mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Wegnahme des Fahrzeugs gegen den Willen des Versicherungsnehmers schließen lassen, nicht geführt.

2) Diese vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung greift die Berufung ohne Erfolg an. Sie meint, die Beklagte habe gegen den Zeugen Sch aufgrund dessen langjähriger Haftstrafe wegen Bankraubs eine Schmutzkampagne geführt und den Eindruck erweckt, als bilde dieser mit dem Zeugen M eine kriminelle Vereinigung. Mit diesen nicht gerechtfertigten Ehrverletzungen habe die Beklagte gegen das Sachlichkeitsgebot verstoßen. Das Landgericht habe dem nicht Einhalt geboten und sei in dieser besonderen prozessualen Situation seiner Verantwortung nicht gerecht geworden. Insbesondere habe es dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten Zwischenfragen erlaubt, die darauf zielten, die Situation zu emotionalisieren. Die Kammer habe ihre Vorbehalte gegenüber dem Zeugen dadurch bekräftigt, dass sie Gefühlsausbrüche des Zeugen wie "Der Zeuge wird aufgeregt und laut und erklärt (GA 49)" protokolliert habe. Hierdurch sei zu Tage getreten, dass die Kammer auf entsprechende Äußerungen gerade gewartet habe, um Material für eine gegen den Zeugen gerichtete Beweiswürdigung zu sammeln. Ob dies den Vorwurf der Rechtsbeugung gegenüber den Richtern der Kammer begründen soll, mag offen bleiben. Jedenfalls kann der Senat in dem Umstand, dass die Kammer die atmosphärische Situation während der Beweisaufnahme protokollarisch festzuhalten versucht, keine verfahrensfehlerhafte Vorgehensweise erkennen. Im Gegenteil: Die vom Landgericht vorgenommene Protokollierung des Ablaufs der Beweisaufnahme lässt Zweifel hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Zeugen aus Sicht des Berufungsgerichts nachvollziehbar erscheinen. Der Senat hat keine Veranlassung, dem Beweisantrag, Rechtsanwalt G hierzu zu vernehmen, nachzugehen. Das Beweismittel ist im übrigen ungeeignet, soweit innere Vorgänge des Zeugen Sch (Eindruck des Zeugen Sch über das Verhalten der Kammer) in das Wissen des Rechtsanwalts gestellt werden. Entsprechendes gilt für den Vorwurf, der Zeuge Sch; habe den Eindruck gehabt, die Kammer wolle ihm einen "Strick drehen" (BB 3) und habe ihm von vornherein eine Beteiligung am Diebstahl unterstellt. Der Senat sieht keine Veranlassung, den Zeugen zu den Vorgängen nochmals zu vernehmen und ihn zu beeiden.

Die Berufung meint, das Landgericht sei deshalb voreingenommen gegen den Zeugen gewesen, weil dieser auch wegen anderer Eigentumsdelikte verurteilt worden sei, und habe diese in seine Glaubwürdigkeitsüberlegungen einbezogen. Die Kammer habe dabei verkannt, dass der Zeuge auch nicht aktenkundige Straftaten eingeräumt habe. Dass das Landgericht die Eigentumsdelikte im Rahmen der Glaubwürdigkeit des Zeugen einbezogen hat, ist nicht zu beanstanden, insbesondere wenn sich Widersprüche in der Darstellung des Zeugen und im Aussageverhalten ergeben.

Die Berufung versucht vergebens, die Motivlage des Zeugen Sch hinsichtlich seines Aufenthalte in V zu erklären. Um einen Imbiss einzunehmen, bedarf es nicht der Fahrt von Krefeld nach V. Wenn der Zeuge vorgibt, er habe dort auch Markensportartikel und indonesische Gewürze Kaufen wollen, fragt sich, warum er dies nicht getan hat. Dass er trotz Marktbesuchs angeblich deshalb von dem Kauf von indonesischen Gewürzen abgesehen hat, weil er die ausländische Beschriftung nicht habe lesen können, ist nicht nachvollziehbar. Es ist bekannt, dass in den Niederlanden die deutsche Sprache weit verbreitet ist und beim Kauf indonesischer Gewürze kaum größere Sprachbarrieren zu überbrücken sind. Dass er keine geeignete Sportmarkenartikel gefunden haben will, mag, für sich allein betrachtet, denkbar sein. Die Angaben zum Motiv der Fahrt nach V stehen in Widerspruch zu den gegenüber dem Schadensregulierer gemachten Angaben (Anlage 5), er sei nach Arbeiten bei M zur Abkürzung des Weges nach W über V gefahren. Auch wenn der Vermerk handschriftlich vom Schadensregulierer stammen sollte, beruhen diese Angaben auf Angaben des Zeugen, der handschriftlich den Vermerk unterzeichnet hat. Es hätte nahe gelegen, die für ihn im Vordergrund stehenden Motive sofort zu offenbaren und nicht fälschlicherweise zu behaupten, er habe eine Abkürzung wählen wollen. Der Weg von Krefeld über V nach W stellt keine Abkürzung, sondern einen Umweg dar.

Dies ergibt sich im Übrigen auch aus den von der Klägerin selbst vorgelegten (Bl. 113, 120 ff. d.A.) - nicht vollständigen - Routenplänen, wenn man diese einheitlich auf die Benutzung von A 1/B 52 bezieht (anstelle von A 3/ A 48 bei der angeblichen Direktverbindung).

Schließlich lässt sich in der Tat schlechterdings nicht nachvollziehen, dass der Zeuge nach so einem einschneidenden Erlebnis nicht mehr wissen will, ob er von M zu seiner Ehefrau oder zu seinen Geschwistern oder Eltern nach W gefahren worden ist.

Die Berufung wendet sich schlussendlich ohne Erfolg gegen die Argumentation des Landgerichts, dass eine Aufklärung eines angeblich im Ausland eingetretenen Versicherungsfalles für die Versicherung Erschwernisse mit sich bringe, was nach Auffassung des Senats allenfalls hier indiziell gegen den Zeugen angeführt werden könnte. Die Berufung setzt dem entgegen, dass es für den Zeugen bei entsprechender Absicht ein Leichteres gewesen wäre, den PKW nach L zu verbringen. Denn W liege unmittelbar an der luxemburgischen Grenze. Die Berufung verkennt hierbei, dass die Kriminalitätsrate in Luxemburg, soweit es jedenfalls Kfz-Diebstähle betrifft, nach Einschätzung des Senats allgemein nicht zu vergleichen sein dürfte mit der von der Beklagten im Einzelnen beschriebenen Situation des vermeintlichen Tatorts in V/Niederlande. Ob das Fahrzeug tatsächlich mit einer wertvollen Werkzeugausrüstung ausgestattet war, für die nur eine Inventarversicherung in Luxemburg und Deutschland abgeschlossen war, wird nur in das Wissen des Zeugen Sch gestellt und ist bei der fehlenden Glaubwürdigkeit des Zeugen kein Entlastungsbeweis. Dass die Klägerin angeblich nach Verschwinden des PKW ein identisches Fahrzeug angeschafft hat, so dass ihr durch den für das neue Fahrzeug zu zahlenden Kaufpreis selbst unter Abzug der begehrten Versicherungsleistung noch ein erheblicher Schaden verblieben sei, ist losgelöst vom Einzelfall generell kein Entlastungsmotiv, da bei fingierten oder gestellten Diebstählen der Versicherungsnehmer am Verschwinden eines Fahrzeuges in der Regel partizipiert. Die wirtschaftliche Motivlage kann hierbei sehr unterschiedlich gestaltet sein. Das Landgericht hat auch nicht verfahrensfehlerhafter Weise es unterlassen, den Zeugen M zu vernehmen. Denn dieser kann zu dem Geschehen in V nichts sagen. Was der Zeuge Sch M zu den Motiven seiner Fahrt gesagt haben will, ist letztlich unerheblich. Denn dies muss nicht der Wahrheit entsprechen.

Die Klägerin hat durch den Zeugen Sch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das äußere, Bild eines Diebstahls darlegen können. Die Klägerin hat nicht das erforderliche Mindestmaß an Tatsachen vorgebracht, die darauf hindeuten, dass das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt worden ist, an dem es später nicht mehr vorgefunden wurde. Im übrigen hat die Beklagte durch ihren Vortrag auch ausreichend dargelegt, dass eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass hier nur ein Diebstahl vorgetäuscht wurde, so dass die Klägerin das erforderliche Beweismaß nicht erbracht hat.

Die Berufung war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 22.854,74 €. Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe nach § 543 ZPO n.F. nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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