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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 29.06.2001
Aktenzeichen: 10 U 1073/99
Rechtsgebiete: BB-BUZ


Vorschriften:

BB-BUZ § 1 (1)
BB-BUZ § 2 (1), (2)
Berufsunfähigkeitszusatzversicherung

Einem mitarbeitender Betriebsinhaber -- hier selbständiger Masseur und Chiropraktiker -- ist eine Umorganisation seines Massagebetriebs dann nicht zumutbar, wenn es sich um einen Kleinbetrieb (4 Therapeuten, davon 2 Vollzeitkräfte und 2 Vorpraktikanten) handelt. Es würde wirtschaftlich keinen Sinn machen, dem Versicherungsnehmer aufzuerlegen, einen weiteren Therapeuten zu beschäftigen, da dies mit Mehrausgaben des Betriebs verbunden wäre, ohne dass durch andere Arbeiten (Büro- und organisatorische Arbeiten) diese Mehrausgaben wieder ausgeglichen werden könnten (in Anknüpfung an BGH NJW-RR 1994, 153 = VersR 1994, 205; OLG Koblenz NVersZ 2001, 212; OLG Karlsruhe r+s 1995, 34).


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet Am 29. Juni 2001

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juni 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 10. Juni 1999 wie folgt abgeändert und neu gefasst:

1) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.241,76 DM nebst 4 % Zinsen aus jeweils 1.640,11 DM seit dem 01.12.1995, 01.01.1996, 01.02.1996, 01.03.1996, 01.04.1996, 01.05.1996, 01.06.1996, 01.07.1996, 01.08.1996, 01.09.1996, 01.10.1996, 01.11.1996, 01.12.1996, 01.01.1997, 01.02.1997 und 01.03.1997 zu zahlen.

2) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Rahmen der zwischen dem Kläger und ihr unter der Vers.-Nr. ... bestehenden Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung auch ab dem 01.04.1997,

a) den Kläger von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen voll zu befreien,

b) an den Kläger monatlich im voraus, also am 01. eines jeden Monats, eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von derzeit 1.034,-- DM zu zahlen, solange der Grad der Berufsunfähigkeit des Klägers mindestens 50% beträgt.

3) Die Beklagte hat die Kosten des ersten Rechtszuges und des Berufungsverfahrens zu tragen.

4) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des Betrages in Höhe von 60.000 DM abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines als Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts (§ 244 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) erbracht werden.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte aus Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) in Anspruch.

Der im Jahre 1949 geborene Kläger ist von Beruf Masseur und Chiropraktiker. Er führte bis zum Jahre 1995 eine Praxis für physikalische Therapie und Sportphysiotherapie. Mit der Beklagten hat er eine Lebensversicherung mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ) abgeschlossen. Er macht Ansprüche aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit der Begründung geltend, er sei spätestens seit 01.12.1995 zumindest 50% berufsunfähig.

Der Kläger hat vorgetragen,

bereits das Versorgungsamt T. habe durch Bescheid vom 04.12.1995 festgestellt, dass bei ihm ab Oktober 1993 ein Behinderungsgrad von zumindest 50% vorliege. In der Folgezeit habe sich sein gesundheitlicher Zustand derart verschlechtert, dass er nicht mehr in der Lage gewesen sei, seine Praxis weiterzuführen. Zwischenzeitlich seien bei ihm folgende gesundheitlichen Dauerschäden festgestellt worden:

1. Funktionsbeeinträchtigung der Halswirbelsäule bei einer Bewegungseinschränkung nach links mit einer 20 prozentigen MdE,

2. Funktionsunfähigkeit der Lendenwirbelsäule verbunden mit Sensibilitätsstörungen der Brustwirbelsegmente D 10 und D 11 bei einer MdE von mindestens 40%,

3. nachhaltige Quetschung der Gelenkkapsel und der Weichteile des linken Handgelenkes, weshalb eine Außenbewegung des linken Handgelenkes nicht mehr möglich sei, was eine 55 % prozentige MdE bewirke,

4. Schockzustand mit nachfolgendem psychosomatischen Beschwerdebild bei einer 30 % prozentigen MdE.

5. Beschwerden hinsichtlich des Bronchialsystems mit einer 20 % prozentigen MdE.

Vor der Veräußerung seiner Praxis Anfang 1995 habe er vier Therapeuten beschäftigt, von denen zwei als Vollzeitangestellte tätig gewesen seien. In seiner Praxis seien außerdem zwei Angestellte beschäftigt gewesen, die die Terminabsprachen vorgenommen hätten. Vor Aufgabe der Praxis habe er beabsichtigt, als Referent bei Fortbildungsveranstaltungen tätig zu sein. Aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes habe er seine wissenschaftliche, forschende und lehrende Tätigkeit aufgegeben, da er nicht mehr in der Lage sei, Vorträge zu halten und praktische Übungen vorzunehmen. Seine berufliche Tätigkeit sei vom Berufsbild des Masseurs und des medizinischen Bademeisters geprägt, verbunden mit einer Zusatzausbildung zum Sportphysiotherapeuten und Chiropraktiker. Die Ausübung dieser Tätigkeiten sei personenbezogen, wobei der Einsatz von Körperkraft sowohl bei der Befunderhebung als auch bei der Durchführung der Therapie bzw. Behandlung erforderlich sei. Aufgrund der erheblichen gesundheitlichen Dauerschädigungen sei er nicht mehr in der Lage, mit erheblichem körperlichen Krafteinsatz seine berufliche Tätigkeit auszuüben. Da es bei seiner Tätigkeit in der Praxis auf die persönliche handwerkliche Berufsausübung ankomme, sei es ihm auch nicht möglich gewesen, seinen Betrieb derart umzustrukturieren, dass er aufsichtsführende Aufgaben übernehme und andere Tätigkeiten delegiere. Denn 90 % seiner Tätigkeit habe aus Massagen bestanden, wobei bei einem 8 Stundentag bis zu 32 Massagebehandlungen vorgenommen worden seien. Das Stehen an der Massagebank in vorgebeugter Körperhaltung sei ihm aufgrund des ausgedehnten Schädigungs- und Erkrankungsbildes nicht mehr möglich. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nicht nur orthopädische Erkrankungen vorhanden seien, sondern auch Beschwerden und Gesundheitsbeeinträchtigungen auf neurologischem und psychiatrischem Gebiet sowie auf dem Gebiet der Lungen- und Bronchialheilkunde.

Der Kläger verlangt aus dem mit der Beklagten bestehenden Versicherungsvertrag die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente sowie die Befreiung von der Beitragspflicht für die Hauptversicherung. Wegen der Höhe dieser Ansprüche wird auf die Klageschrift (Seite 8) verwiesen.

Der Kläger hat beantragt,

1) die Beklagte zu verurteilen, an ihn 26.241,76 DM nebst 4% Zinsen aus jeweils 1.640,11 DM seitdem 01.12.1995, 01.01.1996, 01.02.1996, 01.03.1996, 01.04.1996, 01.05.1996, 01.06.1996, 01.07.1996, 01.08.1996, 01.09.1996, 01.10.1996, 01.11.1996, 01.12.1996, 01.01.1997, 01.02.1997 und 01.03.1997 zu zahlen,

2) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Rahmen des zwischen dem Kläger und ihr unter der Vers-Nr. ... bestehenden Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung auch ab dem 01.04.1997,

a) den Kläger von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung auf die eingeschlossenen Zusatzversicherungen voll zu befreien,

b) an den Kläger im voraus, also am 01. eines jeden Monats, eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von derzeit 1.034,-- DM zu zahlen, solange der Grad der Berufsunfähigkeit des Klägers mindestens 50% beträgt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

eine 50 prozentige Berufsunfähigkeit des Klägers liege nicht vor. Aus den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen sei eine derart schwerwiegende Beeinträchtigung der Berufsfähigkeit des Klägers nicht ersichtlich. Der Kläger habe im übrigen bislang nicht ausreichend dargetan, dass die Praxis nicht durch eine Umorganisation hätte weitergeführt werden können. Dem Kläger sei es trotz der vorhandenen Beschwerden und Erkrankungen etwa ohne weiteres möglich, Befunde zu erheben und Bürotätigkeiten auszuüben. Die Praxis des Klägers sei nach seinen eigenen Angaben ein Sport-Service-Center mit Bewegungsbad, Sauna und Sonnenbank. Die hierzu erforderlichen Tätigkeiten könne der Kläger ohne Einschränkung weiterhin ausüben. Dasselbe gelte für die Tätigkeiten des Klägers hinsichtlich der Fortbildungsveranstaltungen sowie der wissenschaftlichen Tätigkeiten.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme und Einholung der Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. H. und Prof. Dr. Sch die Klage abgewiesen. Danach bestehe aus orthopädischer Sicht allenfalls eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit von 20 %. Ob die vom Kläger bei der Untersuchung (Funktionsprüfung) geäußerte Schmerzhaftigkeit des linken Handgelenkes objektivierbar sei, könne dahingestellt bleiben. Denn nach den gutachtlichen Feststellungen sei offen geblieben, ob Ausmaß und Intensität der Schmerzen so groß seien, dass die linke Hand des Klägers für Tätigkeiten als Masseur nicht mehr eingesetzt werden könne. Der Kläger habe auch nicht den ihm obliegenden Beweis geführt, dass der linke Arm krankheitsbedingt auf Dauer nicht mehr gebrauchsfähig sei. Der Sachverständige Prof. Dr. Sch. habe hierzu im einzelnen dargetan, dass die während der Untersuchung vom Kläger angegebenen Beschwerden vorübergehender Natur seien und bei entsprechender Behandlung abheilten. Der Kläger habe solche Beschwerden in der Klageschrift im übrigen selbst nicht als Dauerschäden angeführt. Auch bei den früheren Befunderhebungen durch den Sachverständigen Prof. Dr. H. seien krankheitsbedingte Veränderungen des linken Armes nicht erwähnt. Die berufsbezogene Tätigkeit des Klägers als Masseur und Chiropraktiker sei schließlich auch nicht durch etwaige Krankheiten auf psychischem Gebiet und auf dem Gebiet der Bronchialheilkunde wesentlich eingeschränkt. Der Kläger trage selbst vor, dass sein Beruf -- auch in der Praxis -- zu 90% personenbezogene, kraftentfaltende Tätigkeiten erfordere, so dass eine Beeinträchtigung der Berufsunfähigkeit maßgeblich durch orthopädische Funktionsstörungen bestimmt werde. Es sei zudem weder medizinisch belegt noch substantiiert dargetan, dass Beschwerden und Erkrankungen auf internistischem oder psychischem Gebiet die Berufsausübung des Klägers dauernd beeinträchtigten. Der Kläger habe nach alledem nicht den ihm obliegenden Nachweis führen können, dass in seinem Beruf als Masseur und Chiropraktiker krankheitsbedingt eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50% vorliege.

Der Kläger hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Er wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens insbesondere gegen die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung. Der Kläger stützt sich dabei insbesondere auf ein Gutachten von Dr. W., wonach aus orthopädischer Sicht nicht nur eine Berufsunfähigkeit von 20 %, sondern eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 % vorliege. Des weiteren macht der Kläger nunmehr Beschwerden und Erkrankungen geltend, die auf internistischem Fachgebiet liegen (Vergrößerung der Leber und Milz, chronische Gicht, Fibromyalgie, Bronchialbeschwerden u.a).

Der Kläger beantragt nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils vom 10.06.1999 nach den Klageanträgen 1. Instanz (GA 2, 285) gegen die Beklagte zu erkennen.

Die Beklagte beantragt.

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

der Kläger sei nicht berufsunfähig. Der Kläger habe im übrigen die Berufsunfähigkeit (etwaige Beeinträchtigung der Hand durch körperliche Auseinandersetzung mit der Polizei) durch eine vorsätzliche Ausführung eines Vergehens verursacht. Es liege auch diesbezüglich eine Obliegenheitsverletzung vor. Der Kläger habe nicht ausreichend dargetan und durch Vorlage des Kaufvertrags bewiesen, dass er zum 1.02.1995 aus dem Berufsleben ausgeschieden sei. Außerdem könne er eine dem Beruf des Masseurs und Chiropraktikers vergleichbare Tätigkeit annehmen, wie etwa den Beruf des Heilpraktikers. Soweit sich der Kläger wegen seiner orthopädischen Beschwerden auf die Auffassung von Dr. W stütze, hebe sich dieser mit seinen manual-medizinischen Ansätzen deutlich von schulmedizinischen Erkenntnissen der Orthopädie ab. Die Feststellungen auf dem Gebiet lungenfachärztlicher Tätigkeit (Bronchialbeschwerden) und der Neurologie und Psychiatrie (Sensibilitätsstörungen und Depression) seien so geringfügig, dass sie vernachlässigt werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf das angefochtene Urteil mitsamt den dort in Bezug genommenen Unterlagen, Gutachten, Arztberichten, ferner auf die in beiden Rechtszügen zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

1) Vollständige bzw. teilweise (mindestens 50 prozentige) Berufsunfähigkeit im Sinne von § 2 Nr. 1 und 2 i.V.m. § 1 Nr. 1 der zum Vertragsgegenstand gemachten "Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung "(BB-BUZ) liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Im Rahmen der Ermittlung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit ist grundsätzlich die letzte konkrete Berufsausübung des Versicherten maßgebend ist, so wie sie in gesunden Tagen ausgestaltet war, d. h., solange seine Leistungsfähigkeit noch nicht beeinträchtigt war (BGH Urteil vom 22.9.1993 -- IV ZR 203/92 -- VersR 1993, 1470, 1471). Dies gilt allerdings mit der Maßgabe, dass der Verlust der Fähigkeit, den Beruf bzw. eine vergleichbare Tätigkeit auszuüben, erst während der Vertragsdauer eingetreten sein darf (§1 (1) BB-BUZ). War der Versicherte bereits vor Vertragsabschluß nicht mehr fähig in seinem konkret ausgeübten Beruf tätig zu sein, kann die Feststellung nicht getroffen werden, dass der Versicherte die Fähigkeit zur Berufsausübung erst während der Vertragsdauer verloren hat (BGH Urteil vom 27.1.1993 -- IV ZR 309/91 -- VersR 1993, 469, 470).

a) Das Landgericht hat den Sachverständigen Prof. Dr. Sch. mit der Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens beauftragt. Der im erstinstanzlichen Verfahren tätig gewordene Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 03.02.1999 die Krankenunterlagen und Vorgutachten eingehend dargestellt und gewürdigt. Aufgrund der persönlichen Untersuchung des Klägers führte er zu den Erkrankungen und Beschwerden auf orthopädischem Gebiet aus, die Untersuchung der Halswirbelsäule zeige eine Einschränkung der Rotation, insbesondere nach links, sowie eine Einschränkung der Linksneigung. Röntgenologisch bestehe im Bereich der Halswirbelsäule indes keine über das übliche Maß hinausgehende degenerative Veränderung. Der rechte Arm sei klinisch unauffällig. Der linke Arm werde an den Körper angelehnt bei Beugestellung im Ellbogengelenk von 50 Grad, wobei meist die rechte Hand den linken Unterarm bzw. das linke Handgelenk umfasse und festhalte. Die linke Schulter werde aktiv nur minimal bewegt, die Passivprüfung erfolge gegen muskulären Widerstand, Schmerzäußerungen und Ausweichbewegungen des Patienten. Äußerlich sei das linke Schultergelenk unauffällig. Das linke Ellbogengelenk werde starr in einer Beugestellung von 50 Grad gehalten, jeder Versuch der passiven Beugung und Streckung werde vom Patienten mit erheblicher Schmerzäußerung begleitet. Röntgenologisch bestehe ein kleiner Olecranonsporn sowie eine kleine Verkalkung im Bereich der Trizeps-Sehne. Wesentliche degenerative Veränderungen seien nicht feststellbar. Auch die Funktionsprüfung des linken Handgelenkes werde von Schmerzäußerungen begleitet, wobei der Bewegungsumfang etwa die Hälfte des rechten Handgelenkes betrage. Röntgenologisch sei das linke Handgelenk allerdings unauffällig. Bei Beckengeradstand zeige das Wirbelsäulenlot eine leichte Abweichung nach rechts (1 cm) bei verstärkter Brustkyphose und betonter Lendenlordose. Die mitgebrachten Röntgenaufnahmen stellten eine minimale Stufenbildung am lumbosakralen Übergang im Sinne einer leichten Ventraldislokration L5 gegen S1 dar. Auf der Grundlage dieser Befunderhebungen stellte der Sachverständige zusammenfassend folgende Diagnose:

1. Spondylosis L5/S1 ohne nachweisbare Instabilitätszeichen,

2. Halswirbelsäulen-Syndrom mit Funktionsbeeinträchtigung.

3. Sensibilitätsstörungen der Finger I bis III links bei Verdacht auf Carpaltunnelsyndrom.

4. Schwellung des linken Ellbogengelenks mit Bewegungseinschränkung im linken Schulter-, Ellbogen und Handgelenk.

Der Sachverständige Prof. Dr. Sch. führte sodann in seiner zusammenfassenden Beurteilung zur Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des Klägers aus, die spezielle Tätigkeit des Klägers als Masseur und Chiropraktiker sei durch die Wirbelsäulenveränderung um 20% eingeschränkt. Es handelt sich dabei um eine Spondylose L5/S1 ohne klinische und röntgenologische Instabilitätszeichen. Weiterhin stellt der Sachverständige fest, dass der Kläger die völlige Gebrauchsunfähigkeit des linken Armes demonstriert habe, was sich darin gezeigt habe, dass er sich die Strümpfe habe anziehen und die Schuhe habe binden lassen. Im Hinblick darauf sei "derzeit" die Ausübung einer Tätigkeit des Klägers als Masseur und Chiropraktiker nicht möglich. Bei den Veränderungen des linken Armes handele es sich allerdings nicht um einen Dauerzustand. Die Gebrauchsunfähigkeit des linken Armes beruhe auf einem Reizzustand bzw. lokalentzündlichen Veränderungen im Bereich des Ellbogengelenkes und des proximalen Unterarmes, die auf eine entsprechende Behandlung wieder abklingen würden. Im Hinblick auf diese Entzündungen könne zur Berufsunfähigkeit nicht abschließend Stellung genommen werden, zumal nicht ersichtlich sei, zu welchem Zeitpunkt die Schwellung des Ellbogengelenkes und die entzündliche Hautreaktion aufgetreten seien. Es lasse sich lediglich feststellen, dass bei der letzten Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. H in Mainz am 10.02.1998 die Schwellungen und Entzündungen des linken Armes nicht vorhanden gewesen seien.

Auf orthopädischem Gebiet hat der Sachverständige Prof. Dr. S. nach eingehender Untersuchung aufgrund der Wirbelsäulenveränderung eine Erwerbsminderung von 20% feststellen können. Hinsichtlich des linken Handgelenkes hat er röntgenologische und arthrotische Veränderungen verneint.

b) Die Berufung greift das Urteil des Landgerichts ohne Erfolg an, soweit sich der Kläger gegen die orthopädische Bewertung seines Gesundheitszustandes durch Prof. Dr. Sch wendet. Denn diese Einschätzung des erstinstanzlich tätig gewordenen Sachverständigen wurde durch die Beweisaufnahme vor dem Senat bestätigt. Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 12. Mai 2000 ergänzend Beweis darüber erhoben, ob der Kläger seit Anfang 1995 infolge Krankheit und Unfallverletzungen dauernd außer Stande ist, die körperlichen Tätigkeiten eines Masseurs und Chiropraktikers auszuüben und zumindest zu 50 % aufgrund der von ihm behaupteten orthopädischen Beschwerden, einer schmerzhaften Bewegungseinschränkungen im linken Handgelenk, einer Vergrößerung von Leber und Milz mit chronischer Gicht, einer Fibromyalgie, psychischen und psychosomatischen Beeinträchtigungen und einer Bronchitis berufsunfähig ist. Darüber hinaus ist Beweis darüber erhoben worden, ob der Kläger unfallbedingt am 23.2.1999 eine Verletzung des Nervus gutanius dorsalis pedis, einem Ast des Nervus peroneus superficialis am rechten Fußspann, erlitten hat.

c) Bezüglich der Beweisfragen ist ein (fachorthopädisches) Zusammenhangsgutachten eingeholt werden, das die anderen (auf dem internistischen Fachgebiet liegenden) Beschwerdebilder in die Beurteilung einzubeziehen hatte. Der für die fachorthopädische Begutachtung zuständige Gutachter Dr. L. sollte eigenständig die weitere Begutachtung auf anderen Fachgebieten veranlassen und unter Berücksichtigung der Einzelbewertung eines etwaigen Grades der Berufsunfähigkeit eine Gesamtbewertung vornehmen, ggf. angeben, ab wann eine zumindest 50 prozentige Berufsunfähigkeit vorliegt. Die Begutachtung sollte aufgrund eigener neuer Untersuchung erfolgen unter Berücksichtigung der bereits vorliegenden Gutachten, ärztlichen Atteste etc.

d) Bezüglich der Tätigkeitsbeschreibung des Klägers als selbständiger Masseur und Chiropraktiker ist auf die Angaben des Klägers in der Sitzung vom 15.9.1997 (GA 115-118 in Verbindung mit den Angaben im Fragebogen (Anlage B 1 GA 51-54) Bezug genommen worden; d. h. körperliche Tätigkeiten 9 Stunden, kaufmännische Arbeiten 2 Stunden, wissenschaftliche Tätigkeiten 2 Stunden; 90 % der praktischen Tätigkeit bestehend aus Massagen, bis zu 32 täglich. Der Sachverständige hatte dabei zugrunde zu legen, dass das Tätigkeitsbild eines Masseurs durch Stehen an der Massagebank in vorgebeugter Körperhaltung mit erheblichen körperlichen Krafteinsatz bestimmt wird.

2) Aufgrund der Gutachten des Sachverständigen Dr. med. L., Oberarzt für fachorthopädische und unfallchirurgische Fragen, und des fachinternistischen Gutachtens von Dr. med. K. (beide BG-Unfallklinik Frankfurt a.M.) steht zur Überzeugung des Senats fest (§ 286 ZPO), dass der Kläger seit Anfang 1995 aufgrund seiner internistischen und unfallchirurgisch-orthopädischen Funktionsstörungen und Behinderungen teilweise im Sinne der Versicherungsbedingungen berufsunfähig ist, wobei sich die teilweise Berufsunfähigkeit des Klägers nur aufgrund des Zusammentretens orthopädischer und internistischer Beschwerden ergibt. Was das unfallchirurgische-orthopädische Fachgebiet betrifft, liegt eine Beeinträchtigung des Klägers vor, die deutlich unterhalb der für die teilweise Berufsunfähigkeit maßgeblichen Schwelle von 50 % liegt. Der Sachverständige Dr. med. L. hat hierzu in seinem Gutachten ausgeführt, dass der Kläger seit Anfang 1995 infolge Krankheit und nachgewiesenen Unfallverletzungen dauernd außerstande ist, die Tätigkeit eines Masseurs oder Chiropraktikers auszuüben. Er sei aufgrund seiner internistischen und unfallchirurgisch-orthopädischen Funktionsstörungen und Behinderungen zu 60 % berufsunfähig. Dabei gelangte allerdings der Sachverständige Dr. med. L. in Übereinstimmung mit dem Vorgutachter Prof. Dr. Sch. und den bisherigen Gutachten der Orth. Unfallklinik Mainz zu dem Ergebnis, dass auf orthopädisch-unfallchirurgischem Fachgebiet die Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit nur mit 20 % anzusetzen sei. Die von Dr. med. W. bewertete "Minderung der Erwerbsfähigkeit" von 40 % alleine auf Wirbelsäulenbeschwerden beruhend, sei viel zu hoch eingeschätzt, weil keine neurologischen Ausfälle an den unteren Extremitäten von klinisch funktioneller Relevanz bestünden. Der Sachverständige Dr. med. L. führte aus, dass bei dem Kläger unter Berücksichtigung der vom Sachverständigen erneut durchgeführten Untersuchungen davon auszugehen sei, dass Verspannungen der Rückenmuskulatur vorhanden seien, die als chronische Funktionsstörung der rechtsseitigen Lendenwirbelsäulenmuskulatur schon vorgefunden worden sei. Insgesamt seien die Wirbelsäulenbeschwerden und die festgestellten Funktionsstörungen als nicht erheblich anzusehen, da lediglich eine leichte Einschränkung der Messstrecke nach Schober gefunden worden sei und insbesondere der deutlich eingeschränkte Fingerbodenabstand erheblich von der Mitarbeit des Untersuchenden abhänge. Im Langsitz sei dementsprechend nur eine leichte Einschränkung bezogen auf das Lebensalter des Versicherten festzustellen. Es sei von einem chronifizierten Lumbalsyndrom auf dem Boden einer Spondylolisthese L 5/S 1 auszugehen. Die korrekte Anwendung der chiropraktischen Handgriffe begünstige keine Schädigung der Lendenwirbelsäule über den anlagenbedingten Befund hinaus. Es sei von einer Distorsion, einer schmerzhaften Verdrehung der Lendenwirbelsäule auszugehen, die allein deshalb schmerzhaft war, da es zu einer bewegungsinduzierten Fehlsteuerung der Muskulatur gekommen sei. Der Sachverständige führte indes aus, dass im Hinblick auf die Funktionsbefunde der Halswirbelsäule festzustellen sei, dass sich die hier dargebotene Bewegungseinschränkung nicht nachvollziehen lasse. Eine leichte Einschränkung der Rotation führe nicht zu einer Beeinträchtigung. Darüber hinaus ergäben sich auch im Hinblick auf die muskulären Situationen keine Auffälligkeiten. Schweres Heben und Tragen sei bei der Berufstätigkeit des Masseurs und Chiropraktikers nicht erforderlich. Bewegungen der Brustwirbelsäule und kräftigere Handgriffe könnten bei technisch korrekter technischer Anwendung nicht zu einer vermehrten Wirbelsäulenbelastung führen. Problematischer bewertete der Sachverständige die Beurteilung der Veränderungen an der linken Hand mit einer chronischen Sehnenscheidenentzündung. Dabei konstatierte der Sachverständige, dass sich an der linken Hand schonungsbedingt eine Bewegungseinschränkung und auch eine dadurch begründete leichte Schmerzhaftigkeit bei Bewegungen im Rahmen der endgradigen Bewegungsausmaße finde. Eine strukturelle Schädigung des Handgelenkes, arthrotische Veränderungen oder rheumatisch entzündliche Veränderungen ließen sich aber nicht objektivieren. Allenfalls könne eine entzündliche Veränderung der Langfingerstrecksehnenfächer angenommen werden. Der Sachverständige verwies darauf, dass der Kalksalzgehalt der linken Hand unauffällig sei. Der Sachverständige legte sich darauf fest, dass zwar eine Umfangsvermehrung der linken Hand vorliege, eine so erhebliche Belastungsschwäche, wie sie während der Untersuchung vorgeführt werde, lasse sich aber aus dem objektivierbaren Untersuchungsbefund eindeutig ausschließen. Am rechten Handgelenk stellte der Sachverständige keine krankhaften Befunde fest. Die Sensibilitätsstörungen am rechten Fuß nach dem neuerlichen Unfall aus 1999 bewerte der Sachverständige nicht als gewichtig, weil nur die oberflächlichen Hautnerven des rechten Fußes betroffen seien. Hinsichtlich der Fibromyalgieerkrankung führte der Sachverständige aus, dass es sich um ein nicht eindeutiges definiertes Krankheitsbild handele, sondern vielmehr um eine diffuse Schmerzsymptomatik, die anhand verschiedener lokaler Druckschmerzpunkte definiert werde.

3) Der Sachverständige Dr. med. L. hatte indes die mögliche Beeinträchtigung der Berufsfähigkeit auf internistischem Fachgebiet miteinzubeziehen. Dr. med. K. gelangte in seinem fachinternistischen Gutachten zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger chronisch rückfällige Gelenkbeschwerden zu verzeichnen seien, die mit einer Gichterkrankung zum Teil erklärt werden könnten. Darüber hinaus bestünden seit Jahren Zeichen einer chronischen Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten renalen Retention, was schon als schwerwiegende Nierenerkrankung aufgefasst werden müsse. Die Ursachen dieser Nierenerkrankung seien letztendlich nicht völlig geklärt, was im Hinblick auf die zur Beurteilung vorgelegte Frage unerheblich sei. Bedeutsam sei offenbar ein schlecht eingestellter bzw. noch unbehandelter arterieller Hypertonus und eine beginnende hyperintensive Herzkrankheit mit manifester Durchblutungsstörung des Herzens. Weiterhin sei eine Fettstoffwechselstörung nachgewiesen. Der Sachverständige Dr. med. K. gelangte zu dem Ergebnis, dass die internistischen Diagnosen eine dauernde Berufsunfähigkeit von 50 % rechtfertigten. Dr. med. K. schlussfolgerte, dass aufgrund der Aktenlage davon auszugehen sei, dass bereits Anfang 1995 chronische Organschädigungen vorgelegen hätten. Der Sachverständige verwies dabei auf die erhöhten kardiovaskulären Risikofaktoren, wie nicht eingestellter arterieller Hypertonus, nicht behandelte Störung der oralen Glucosetoleranz/latenter Typ II-Diabetes mellitus und die exzessive Fettstoffwechselstörung. Dr. med. K. gelangte eindeutig zu dem Ergebnis, dass von einer bereits 1995 bestehenden hypertensiven Herzerkrankung auszugehen sei. Gegenwärtig sei auch eine ischämische Herzerkrankung nicht mehr auszuschließen. Komplizierend komme eine über die Jahre sich verschlechternde Niereninsuffizienz bei vermutlich mulitfaktorieller Ätiologie hinzu, so dass sich ohne adäquate Behandlung ein Circulus vitiosus einstelle. Insgesamt bestünde bei dem Kläger ein deutlich erhöhtes Risiko, Gefäßkomplikationen zu erleiden, wie z. B. Myokardinfarkt, ischämischer apoplektischer Insult, eine hypertensive cerebrale Blutung, eine generalisierte Angiosklerose, eine Herzinsuffizienz oder eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz. Der Sachverständige Dr. med. K. gelangte zu der Erkenntnis, dass die schwere körperliche Tätigkeit mit starker Kraftanstrengung (32 Massagen täglich) und statisch dynamischer Kraftanstrengungen während der Ausübungen der Chiropraktik womöglich bei Fortführung seines Berufes über das Jahr 1995 hinaus zu einer weiteren Verschlechterung der jetzt bestehenden Gesundheitsstörungen geführt hätte. Darüber hinaus sei anzunehmen, dass durch den täglichen körperlichen Krafteinsatz das bestehende chronische fibromyalgische Schmerzsyndrom zu einem noch stärkerem Analgetikaabusus geführt hätte, mit konsekutiver weiterer Verschlechterung der bereits bestehenden, fortgeschrittenen Nephropathie. Der Sachverständige machte schließlich deutlich, dass das Krankheitsbild auch durch einen auffällig psychopathologischen Befund, welcher maßgeblich die Krankheitsintensität beeinflusse, beeinträchtigt werde. Denn bereits seit 1995 seien psychosomatische Beschwerden bei depressiven Verstimmungen existent. Unter Einbeziehung dieser Erkenntnisse hat der Sachverständige Dr. med. L. im Rahmen seines Zusammenhangsgutachtens den Grad der teilweise Berufsunfähigkeit auf insgesamt 60 % festgesetzt.

a) Beide Sachverständigen sind auf Antrag der Parteien vor dem Senat zur Erläuterung ihrer Gutachten gehört worden (§§ 397, 402 ZPO). Sie haben insbesondere erläutert, wie sie aufgrund der vorhandenen Krankheitsbefunde und Risikofaktoren zu der Bewertung der Einzelansätze und der Gesamtbeurteilung kamen. Die Ärzte stimmten darin überein, dass die Gesamtbewertung des Grades der Berufsunfähigkeit sich nicht im Sinne einer mathematischen Ableitung der Einzelansätze bestimmen lässt, sondern vielmehr ein wertendes Gesamturteil vorzunehmen ist. Dabei stellte Dr. K. nochmals dar, dass er aus internistischer Sicht eine Berufsunfähigkeit des Klägers von 50 %, Dr. L. aus orthopädischer Sicht eine von 20 % annehme. Dr. L. führte sodann aus, dass sich aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung ein Grad von 60 % Berufsunfähigkeit ergebe. Beide Gutachter haben auf den Senat einen sehr fachkundigen Eindruck vermittelt. Der Senat hat keinen Anlass, an den von Sachkunde getragenen Ausführungen der Sachverständigen zu zweifeln. Sachliche Einwände gegen die Begutachtung durch die Sachverständigen sind von den Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung nicht mehr erhoben worden.

4) Der Senat ist der Auffassung, dass dem Kläger auch eine betriebliche Umorganisation seines Massagebetriebs nicht möglich und zumutbar war (vgl. BGH NJW-RR 1996, 1304 = VersR 1996, 1090 (1092 r.Sp.). Der Kläger war als mitarbeitender Betriebsinhaber in dem Massagebetrieb und Sport-Service-Center tätig. Ein mitarbeitender Betriebsinhaber hat vorzutragen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass die Tätigkeitsfelder, in denen er mit seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung in seinem Betrieb noch arbeiten kann, ihm keine Betätigungsmöglichkeiten belassen, die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließen. Zu seiner Vortrags- und Beweislast gehört auch, dass ihm eine zumutbare Betriebsumorganisation keine von ihm gesundheitlich noch zu bewältigenden Betätigungsmöglichkeiten eröffnen könnte, die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließen würden (BGH Urteil vom 3.11.1993 -- IV ZR 185/92 -- VersR 1994, 205 = NJW-RR 1994, 153; Senatsurteil vom 10.11.2000, NVersZ 2001, 212, 213; OLG Karlsruhe Urteil vom 18.2.1994 -- 12 U 249/92 -- r+s 1995, 34). Der Kläger hat im Fragebogen (Anlage B 1 GA 51-54) und insbesondere hierzu in der Sitzung vom 15.9.1997 vor dem Landgericht (GA 115-118) seine betriebliche Situation vor der Veräußerung seines Betriebs an seinen Sohn dezidiert dargelegt. Es handelte sich bei dem Massagebetrieb des Klägers um einen Kleinbetrieb mit 4 Therapeuten und 2 Vorpraktikanten, wovon allerdings nur 2 Therapeuten als Vollzeitangestellte tätig waren. Aus der Tätigkeitsbeschreibung des Klägers, die die Sachverständigen ausweislich des Beweisbeschlusses vom 12. Mai 2000 zugrunde zu legen hatten, ergibt sich, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers in der praktischen Arbeit lag. Das Berufsbild des Klägers war maßgeblich durch seine eigene Massage- und chiropraktische Arbeit geprägt. Büroarbeiten waren nur in einem geringen Umfange erforderlich. Bei diesem Zuschnitt des Betriebs ist eine Umorganisation des mitarbeitenden Betriebsinhabers nicht derart möglich, dass er sich auf Büro- und organisatorische Arbeiten beschränkt und die von ihm bisher ausgeführten praktischen Arbeiten auf andere Mitarbeiter verlagert. Es würde auch wirtschaftlich keinen Sinn machen, dem Kläger aufzuerlegen, einen weiteren Therapeuten zu beschäftigen, da dies mit Mehrausgaben des Betriebs verbunden wäre, ohne dass der Kläger durch andere Arbeiten (Büro- und organisatorische Arbeiten) diese Mehrausgaben wieder ausgleichen könnte (vgl. auch OLG Karlsruhe r+s 1995, 34). Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger aufgrund seiner von den Sachverständigen festgestellten Beschwerden und Erkrankungen eine andere dem Masseurberuf vergleichbare Tätigkeit, wie etwa die eines Heilpraktikers, ausüben könnte. Bei der vom Kläger geschilderten wissenschaftlichen Tätigkeit handelt es sich deshalb nicht um eine dem bisherigen Beruf vergleichbare Tätigkeit, weil diese nur in einem geringfügigen Ausmaße vorgenommen wurde und wirtschaftlich unbedeutend war.

5) Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente und einen Anspruch auf Befreiung von der Beitragspflicht. Für den Zeitraum vom 1.12.1995 bis März 1997 beträgt der monatliche Beitrag 606,11 DM. Für einen Zeitraum von 16 Monaten ergibt sich ein Betrag von 9.697,76 DM an Rückständen. Die monatliche Rente für die Berufsunfähigkeit beträgt 1.034,-- DM, bei 16 Monaten insgesamt 16.544 DM. Der Zahlungsbetrag für rückständige Beträge beläuft sich auf 26.241,76 DM nebst gestaffelten Zinsen, wie tenoriert.

Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet. Der Kläger hat ab 1.4.1997 einen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Rente von 1.034,-- DM unter Befreiung von der Beitragspflicht.

Die Berufung hatte aus den dargelegten Gründen Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert wird unter Berücksichtigung der Senatsrechtsprechung (u. a. Beschlüsse vom 26.09.1996 10 U 109/96 und 28.4.1993 -- 10 W 201/93 --, vgl. auch BGH NJW-RR 1992, 608) auf 81.349,45 DM festgesetzt:

Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Rückstände der Rente und geleisteten Beiträge bis Klageeinreichung 26.241,76 DM jährliche Berufsunfähigkeitsrente, Feststellungsantrag 1034,-- DM x 12 x 3,5 Jahre x 80 % (§ 9 ZPO) = 34.742,40 DM sowie jährliche Beitragsfreiheit für Zeitraum nach Klageeinreichung. Feststellungsantrag 606,11 DM x 12 x 3,5 x 80 % = 20.365,29 DM

Die Beschwer der Beklagten beträgt 81.349,45 DM.

Ende der Entscheidung

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