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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 03.03.2000
Aktenzeichen: 10 U 1096/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 652
BGB § 654
1. Wer als Finanz-/Vermögensberater für die Vermittlung der Finanzierung des Kaufs zweier Immobilien eine Provisionsvereinbarung mit dem Kunden trifft, kann für die bloße Vermittlung der Objekte keine Maklergebühr verlangen, wenn es zwar zum Abschluß des Kaufvertrages kommt, die Finanzierung letztlich aber anderweitig erfolgt.

2. Ein Anspruch auf Maklerprovision - wegen unechter Verflechtung - besteht nicht, wenn der "Makler" als Stellvertreter der Gegenseite über den Abschluß des von ihm vermittelten Kaufvertrages entschieden hat. Eine unechte Verflechtung liegt vor, wenn angesichts eines institutionalisierten Interessenkonflikts der "Makler" aufgrund seiner Vertragsbindungen zu einem Unternehmen verpflichtet ist, dessen Interessen zum Nachteil des Auftraggebers wahrzunehmen.

3. Von einer solchen Situation ist auszugehen, wenn der "Makler" nicht als neutraler Mittler zwischen den Interessen der Vertragsparteien handelte, weil er ausschließlich für die Verkäuferseite die Verhandlungen über den Kaufpreis geführt und den Notartermin als vollmachtloser Vertreter für diese wahrgenommen hat(im Anschluß an BGH Urteile vom 22.3.1978 - IV ZR 175/76 - WM 1978, 711; vom 24.4.1985 - IVa ZR 211/83 - NJW 1985, 2473; vom 23.11.1973 - IV ZR 34/73 - NJW 1974, 137; vom 1.4.1992 - IV ZR 154/91 - NJW 1992, 2818; vom 11.11.1999 - III ZR 160/98 - VersR 2000, 182, 183).


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

- abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO -

Geschäftsnummer: 10 U 1096/99

Verkündet am 3. März 2000

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Werner und die Richter am Oberlandesgericht Weiss und Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 10. Juni 1999 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung eines Vermittlungs- bzw. Beraterhonorars in Anspruch.

Gemäß notariellem Kaufvertrag vom 20.3.1998 kauften die Beklagten von der Firma C Grundbesitzanlagen-Gesellschaft mbh & CO KG, W zwei Immobilien in B zu einem Kaufpreis von 272.000 DM und 244.700 DM. In dem Notartermin war die Verkäuferin durch den Geschäftsführer der Klägerin, D S, als vollmachtlosen Vertreter vertreten. Die Geschäftsanbahnung erfolgte zuvor ausschließlich über die Klägerin. Die Verkäuferin trat gegenüber den Beklagten nicht in Erscheinung. Die Klägerin gerierte sich gegenüber den Beklagten als Finanzierungsberater und unterbreitete diesen am 18.3.1998 einen Finanzierungsvorschlag, der eine Maklercourtage vorsah. In einem weiteren Schreiben vom 28. April 1998 heißt es, das Vermittlungshonorar von 3% plus MWSt. werde spätestens bei Darlehensvertragsunterzeichnung, per Scheck, fällig. Die Beklagten haben schließlich die Finanzierung der Objekte nicht über die Klägerin vorgenommen.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 20.3.1998 ein "Beraterhonorar" in Höhe von 9.408,15 DM und 8.442,15 DM in Rechnung gestellt. Sie ist der Auffassung, daß ungeachtet dessen, daß es nicht zu einer Finanzierung des Objektes unter ihrer Vermittlung gekommen sei, jedenfalls für die Vermittlung der Objekte eine Maklergebühr zu zahlen sei. Denn sie sei als selbständige Maklergesellschaft tätig geworden und auch als solche aufgetreten.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, es sei bereits nicht erkennbar, ob die Klägerin einen Anspruch aus einem Beratervertrag für die Vermittlung einer Finanzierung (Vermögensberatung) oder einem Maklervertrag geltend mache. Die Klage sei deshalb bereits nicht schlüssig, im übrigen bestehe ein Anspruch auf Maklerprovision bereits deshalb nicht, weil zwischen der Klägerin und der Verkäuferin eine unechte Verflechtung bestehe. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

II.

Die Berufung ist nicht begründet.

Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Senat schließt sich den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug, § 543 Abs.1 ZPO. Das Berufungsvorbringen gibt zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.

1) Das Landgericht ist frei von Rechtsfehlern zu dem Ergebnis gelangt, daß die Klage im Hinblick auf den widersprüchlichen Vortrag der Klägerin, was sie eigentlich geltend machen wolle, unschlüssig sei. Die Klägerin hat bezugnehmend auf ihre Schreiben vom 20.3.1998 ein Beraterhonorar geltend gemacht. In ihrem Schreiben vom 28.4.1999 heißt es, daß das Vermittlungshonorar von 3 % plus MWSt. spätestens bei Darlehensvertragsunterzeichnung, per Scheck, fällig werde. Das Schreiben schließt ab mit Ihr Finanzierungsberater D S. Im Rahmen des von der Klägerin für die Beklagten erstellten Finanzierungsvorschlags, datiert auf den 20.3.1998 (Anlage zum Schriftsatz vom 5.2.1999, dort Seite 3) findet sich zwar die Aufnahme einer Maklercourtage von 3,45 %, jedoch im Zusammenhang mit einer Kosten- und Darlehensbedarfsberechnung.

Daß eine Maklercourtage bereits für die Vermittlung der Objekte zu zahlen sei, läßt sich den schriftlichen Urkunden nicht entnehmen. Unstreitig ist es zwischen den Parteien nicht zu einer Finanzierungsvermittlung gekommen, so daß kein Vermittlungshonorar für diese Dienstleistung besteht. Soweit die Klägerin sich nunmehr eines Maklerhonorars ausschließlich für die Vermittlung der Objekte berühmt, hat sie nicht substantiiert dargelegt, daß sie als Maklerin in Erscheinung getreten und zumindest stillschweigend mit den Beklagten einen Maklervertrag abgeschlossen hat. Der unterbreitete Sachverhalt läßt auch die Schlußfolgerung zu, daß die Klägerin als Vertreterin der Verkäuferin mit dem Verkauf von Objekten befaßt war und für diese warb. Im Hinblick auf den widersprüchlichen Vortrag der Klägerin war den Beweisangeboten, Vernehmung der Zeugen H, G, ggf. Sch, nicht nachzugehen. Im übrigen war das Beweiserbieten der Klägerin aus den nachfolgenden Gründen nicht erheblich.

2) Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, daß ungeachtet dessen selbst beim Vorliegen eines Maklervertrages ein Anspruch auf Maklerprovision deshalb nicht gegeben wäre, weil in jedem Fall zwischen der Klägerin und der Verkäuferin eine unechte Verflechtung bestünde. Gemäß § 652 BGB steht dem Makler für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß eines Vertrages oder für die Vermittlung eines Vertrages ein Maklerlohn zu, wenn der Vertrag infolge des Nachweises oder der Vermittlung des Maklers zustande gekommen ist. Der Provisionsanspruch setzt voraus, daß der Auftraggeber des Maklers mit einem Dritten den Vertrag abgeschlossen hat. Ist der Makler selbst Partner des abgeschlossenen Vertrages (sog. Selbsteintritt des Maklers) liegen die Voraussetzungen nicht vor (BGH Urteile vom 12.5.1971 - IV ZR 82/70 - NJW 1971, 1839; vom 25.5.1973 - IV ZR 16/72 - NJW 1973, 1649; vom 17.5.1974 - IV ZR 4/73 - WM 1974, 783; vom 1.4.1992 - IV ZR 154/91 - MDR 1992, 562; vgl. auch OLG Koblenz Urteil vom 22.1.1999 - 10 U 1334/97 - NJW-RR 1999, 1000; Staudinger/Reuter, BGB Komm., 13. Auflage 1995, §§ 652, 653 Rn. 128; Schwerdtner, Maklerrecht, 1987, Rn. 220; Glaser/Warncke, Das Maklerrecht in der Praxis, 7. Auflage 1982, Rn.439; RGRK/Dehner, BGB Komm., 12. Auflage 1978, § 652 Rn. 10).

a) Dem Selbsteintritt des Maklers gleichzusetzen ist der Abschluß des Auftraggebers mit einer Vertragspartei, die mit dem Makler wirtschaftlich identisch ist (BGH Urteile vom 12.5.1971 und 25.5.1973, aaO; vom 13.3.1974 - IV ZR 53/73 - NJW 1974, 1130; vom 23.10.1980 - IVa ZR 45/80 - NJW 1981, 277). Es genügt für den Ausschluß des Maklerlohnes, wenn der Makler bei dem nachgewiesenen oder vermittelten Geschäft auf selten des Vertragsgegners des Auftraggebers in einem erheblichen Maße mitbeteiligt war (BGH Urteile vom 12.5.1971 und 25.5.1973, aaO; vom 17.5.1974 - IV ZR 4/73 - WM 1974, 783). Daß Makler und Vertragspartner des Auftraggebers selbständige Rechtssubjekte sind, die miteinander Verträge abschließen können, ist nicht entscheidend (BGH Urteile vom 12.5.1971, aaO, S. 1839 (1840). Auf die formelle gesellschaftsrechtliche Gestaltung kommt es nicht an (BGH Urteile vom 24.4.1985 - IVa ZR 211/83 - NJW 1985, 2473). Von einer wirtschaftlichen Identität ist auszugehen, wenn Makler und Vertragspartner des Auftraggebers nicht mehr die Fähigkeit zur selbständigen und unabhängigen Willensbildung haben (BGH Urteil vom 24. April 1985, aaO). Der BGH hat abgesehen von den Fällen des wechselseitigen wirtschaftlichen Beherrschungsverhältnisses zwischen Makler und Vertragspartner des Auftraggebers (BGH Urteile vom 12.5.1971, aaO; vom 8.10.1975 - IV ZR 13/75 - WM 1975, 1208; vom 24.4.1985 - IVa ZR 211/83 - NJW 1985, 2473; vom 23.10.1980 - IVa ZR 45/80 - NJW 1981, 277 (278); vgl. auch Thode, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Maklerrecht des BGB, WM Sonderbeilage Nr. 6/1989, S. 15 f.) die Fähigkeit zur selbständigen Willensbildung auch dann verneint, wenn der Makler gleichzeitig als Stellvertreter der Gegenseite über den Abschluß des von ihm vermittelten Hauptvertrages entschieden hat (BGH Urteile vom 22.3.1978 - IV ZR 175/76 - WM 1978, 711; vom 24.4.1985 - IVa ZR 211/83 - NJW 1985, 2473). Dies betrifft allgemein sowohl die Fälle der rechtsgeschäftlichen als auch der gesetzlichen Vertretung. So ist anerkannt, daß ein Geschäftsführer einer GmbH bei den von dieser Gesellschaft geschlossenen Verträgen über den Verkauf von Grundstücken für den Käufer keine Maklerdienste leisten kann (Urteile vom 8.10.1975 - IV ZR 13/75 - WM 1975, 1208; vom 16.4.1975 - IV ZR 21/74 - NJW 1975, 1215; vom 24.4.1985 - IV a ZR 211/83 - NJW 1985, 2473). Auch für den Handelsvertreter gilt, daß er für den geworbenen Kunden nicht zugleich als Makler tätig werden und für das vermittelte Geschäft Provision verlangen kann (BGH Urteile vom 23.11.1973 - IV ZR 34/73 - NJW 1974, 137; vom 24.4.1985 - IV a ZR 211/83 - NJW 1985, 2473; vom 1.4.1992 - IV ZR 154/91 - NJW 1992, 2818 (2819) = MDR 1992, 562). Die jüngere Rechtsprechung des BGH stellt darauf ab, ob ein institutionalisierter, d.h. losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalls bestehender Interessenkonflikt gegeben ist (BGK Urteil 1.4.1992 - IV ZR 154/91 - NJW 1992, 2818 (2819 f.); BGHZ 112, 240 (242). Ein solcher liegt vor, wenn der Makler" aufgrund seiner Vertragsbindungen zu einem Unternehmen verpflichtet ist, dessen Interessen zum Nachteil des Auftraggebers/Kunden wahrzunehmen (BGH Urteil 1.4.1992, aaO).

b) Unter Berücksichtigung dieser Kriterien wäre bei Annahme eines Maklervertrages von einer unechten Verflechtung zwischen der Klägerin und der Verkäuferin der Objekte auszugehen. Die Klägerin ist nicht als neutraler Mittler zwischen der Verkäuferin und den Beklagten aufgetreten. Vielmehr stand die Klägerin im Lager der Verkäuferin. Die Geschäftsanbahnung erfolgte auf Initiative der Klägerin, nicht der Beklagten. Die Beklagten sind nicht an die Klägerin mit dem Anliegen herangetreten, Objekte zu erwerben. Vielmehr war es die Klägerin, die sich an die Beklagten wandten und ein Prospekt über die Objekte überreichte und auf die Abschreibungsmöglichkeiten hinwies. Die Beklagten hatten zu der Verkäuferin der Objekte keine Kontakte. Für diese trat ausschließlich die Klägerin in Erscheinung. Verhandlungen über den Kaufpreis führte ausschließlich die Klägerin. Selbst der Notartermin wurde von der Klägerin, wenn auch als vollmachtlose Vertreterin, für die Verkäuferin wahrgenommen. Insbesondere bei divergierenden Interessen zwischen der tatsächlich nicht in Erscheinung tretenden Verkäuferin und den Beklagten bestand aufgrund der Vertreterstellung der Klägerin die Gefahr, daß diese die Interessen der Verkäuferin wahrnehmen würde. Dies alles paßt jedenfalls nicht zu dem gesetzlichen Leitbild des unparteiischen, neutralen und ehrlichen" Maklers, der Mittler zwischen den divergierenden Interessen von Verkäufer und Käufer sein soll (vgl. auch BGH Urteile vom 22.4.1964 - VIII ZR 225/62 - NJW 1964, 1467 (1468 f.); vom 26.3.1998 - III ZR 206/97 - VersR 1998, 715 (716) = NJW-RR 1998, 992 (993); vom 11.11.1999 - III ZR 160/98 - VersR 2000, 182 (183). Ob die Klägerin Handelsvertreterin oder Vertrauensmaklerin für die Verkäuferin war, kann deshalb offen bleiben, ebenso ob und inwieweit die Klägerin in die Vertriebsorganisation der Verkäuferin eingebunden war. Unentschieden kann ferner bleiben, ob darüber hinaus ein Verbot der illoyalen Doppelmaklertätigkeit im Sinne von § 654 BGB vorliegt, weil die Klägerin die Beklagten nicht darüber aufgeklärt hat, daß sie, jedenfalls von ihrem rechtlichen Standpunkt aus, nicht als Vertreterin, sondern als Vertrauensmaklerin für die Verkäuferin handelte (vgl. hierzu BGH Urteil vom 11.11.1999, aaO).

Die Berufung war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert der Berufung beträgt 17.850,30 DM, welcher der Beschwer der Klägerin entspricht.

Ende der Entscheidung

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