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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 06.11.2008
Aktenzeichen: 10 U 11/08 (1)
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1
BGB § 280
BGB § 653
Keine Eigenhaftung eines Wohnmobilherstellers für Inhalt einer Kfz-Versicherung (Kasko-Deckung), für die er im Rahmen einer an seine Kunden ausgegebenen "Service-Card" unter Benennung einer Service-Tochtergesellschaft als Vermittlerin wirbt (Kunde stellt nach Unfall fest, dass er entgegen seinen Erwartungen im Rahmen der vermittelten Police keine Kasko-Deckung hat).
Gründe:

Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 22. Dezember 2008. Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das landgerichtliche Urteil entspricht der Rechtslage und enthält keine Fehler. Die getroffenen Feststellungen sind vollständig und rechtfertigen keine andere Entscheidung. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von der Rechnung in Höhe von 8.487,65 € aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Zutreffend ist das Landgericht aufgrund der von ihm umfassend gewürdigten Umstände des vorliegenden Falles davon ausgegangen, dass insbesondere eine Haftung aus dem Gesichtspunkt der Sachwalterhaftung nicht in Betracht kommt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug, die er sich vollumfänglich zu Eigen macht. Die Berufung erinnert hiergegen ohne Erfolg, dass die vom Landgericht vorgenommene Würdigung unzutreffend und unvollständig sei.

Der Kläger verkennt, dass eine Sachwalterhaftung nur unter engen und besonderen Voraussetzungen in Betracht kommt. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist eine Eigenhaftung des Vertreters nur dann in Erwägung zu ziehen, wenn dieser entweder ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Vertragsschluss hatte oder wenn er ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und hierdurch die Vertragsverhandlungen maßgeblich beeinflusst hat (vgl. BGHZ 88, 67, 68 ff; BGH NJW 1990, 1907, 1908 m. w. N.). Zutreffend hat das Landgericht darauf abgestellt, dass vorliegend ein eigenes wirtschaftliches Interesse im vorgenannten Sinne auch vom Kläger selbst nicht behauptet wird. Eine besondere persönliche Vertrauensstellung liegt - worauf das Landgericht zu Recht hingewiesen hat - nur dann vor, wenn der Vertreter eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Vertrags übernommen hat, sei es aufgrund ausdrücklicher Erklärung während der Verhandlungen, sei es aufgrund seiner Stellung als Sachwalter. Eine besondere persönliche Vertrauensstellung der Beklagten erscheint unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ausgeschlossen. Diese würde voraussetzen, dass die Beklagte dem Kläger eine zusätzliche, gerade von ihr persönlich ausgehende Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung der von ihr unstreitig beworbenen Versicherungsangebote geboten hat oder die Beklagte in zurechenbarer Weise dem Kläger den Eindruck vermittelt hat, sie werde persönlich mit ihrer Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts selbst dann gewährleisten, wenn sich das vom Kläger in den eigentlichen Vertragspartner gesetzte Vertrauen als nicht gerechtfertigt erweist. Unter Zugrundelegung dieser strengen Maßstäbe ist im vorliegenden Fall eine sachbezogene, das heißt Person und Eignung der Beklagten betreffende Inanspruchnahme "besonderen persönlichen Vertrauens" nicht gegeben. Der Kläger wusste, dass es sich bei der Beklagten um einen Konzern handelt, der sich in erster Linie mit der Veräußerung von Wohnmobilen befasst. Auch wenn die Beklagte darüber hinaus einen auf die Halter solcher Wohnmobile abgestimmten Rundum-Service anbietet, konnte dem Kläger nicht verborgen bleiben, dass die Abwicklung und Betreuung eines Versicherungsvertragsverhältnisses gerade nicht zu den eigenen vertraglichen Leistungsverpflichtungen der Beklagten zählte. Auch wenn die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 17. Januar 2002 bei Übersendung der von der Beklagten entwickelten A. B. Card auf die weiteren Vorteile im Zusammenhang mit dem Erwerb der A. B. Card hinwies, lässt sich aus dieser Werbung keine weiterreichende Erklärung dergestalt entnehmen, dass die Beklagte eine über die normale Werbemaßnahme hinausgehende zusätzliche Gewähr für die Seriosität und Erfüllung dieses von ihr beworbenen Versicherungsverhältnisses übernehmen wollte. Insbesondere kann aus diesem Schreiben keine selbständige Garantiezusage oder eine Zusicherung für die Erfüllung der beworbenen Leistungen Dritter gesehen werden. Der im weiteren Verlauf des Versicherungsvertragsverhältnisses geführte Schriftwechsel erfolgte ausschließlich über die A. B. Card V.-Service GmbH und über die C. Zweigniederlassung D. Wenn der Kläger dabei die Vorstellung hatte, dass es sich bei der A. B. Card V.-Service GmbH um eine rechtliche Untereinheit der Beklagten handelt, ist dies eine in seiner Sphäre begründete Vorstellung, die es jedenfalls nicht rechtfertigt, eine Haftung der Beklagten, die ein eigenes wirtschaftliches Interesse unstreitig nicht verfolgt hat, anzunehmen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte lediglich in Prospekten im Zusammenhang mit der von ihr entwickelten A. B. Card für den Abschluss von Versicherungen geworben hat. Für die Beklagte ist aber zu keinem Zeitpunkt erkennbar gewesen, ob der Empfänger ausgelöst durch die Werbung im Zusammenhang mit der A. B. Card tatsächlich den Entschluss gefasst hat, die Versicherung wie beworben abzuschließen. Für die Annahme einer Haftung aus dem Gesichtspunkt der Sachwalterhaftung ist nämlich entscheidend darauf abzustellen, ob die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des Verkehrsbedürfnisses den Rückschluss zulassen, dass beide Teile nach dem objektiven Inhalt ihrer Erklärungen die Verhandlungen zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten gemacht haben. Dies lässt sich weder aus dem Schreiben vom 17. Januar 2002 noch aus dem undatierten Schreiben der Beklagten - Anlage K6 - entnehmen. Das Schreiben vom 17. Januar 2002 enthält entgegen der Auslegung des Klägers lediglich eine Aufstellung der mit der A. B. Card verbundenen zusätzlichen Leistungsoptionen, ohne dass die Beklagte jedoch für die im Einzelnen beworbenen Vorteile eine eigene vertragliche Haftung übernehmen wollte. Insbesondere enthält das Schreiben kein Versprechen dahingehend, die jeweiligen Geschäftspartner der im Einzelnen beworbenen Leistungen im Hinblick auf ihre Seriosität und auf die Erfüllung der von diesen angebotenen Leistungen zu überprüfen. Aus dem Wortlaut des Schreibens ergibt sich, dass sich das Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten ausschließlich auf die A. B. Card bezog. Die damit verbundenen weiteren Vorteile sollten nicht Teil der vertraglichen Leistungsverpflichtung zwischen der Beklagten und dem Kläger sein, sondern konnten jeweils mit den weiteren Geschäftspartnern aufgrund eigener vertraglicher Beziehungen abgerufen werden. In diesem Zusammenhang ist auch das Schreiben vom 22. Februar 2002 zu sehen. Als Geschäftspartner tritt hier nicht die Beklagte, sondern die A. B. Card V.-Service mit Sitz in D. auf. Aus dem Wortlaut des Schreibens kann entnommen werden, dass diese Firma A. B. Card V.-Service als Vollmachtsträger des Versicherers die gesamte Abwicklung und Betreuung übernimmt. Angesichts dieses klaren Wortlauts ist nicht nur für einen Juristen, sondern auch für einen Verbraucher offensichtlich, dass nicht die Beklagte, sondern die nicht mit ihr identische A. B. Card V.-Service mit der Abwicklung betraut ist. Welche Vorstellung der Kläger angesichts dieses eindeutigen Wortlautes hat, kann dahingestellt bleiben, da sich aus diesem Schreiben jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beklagte ein besonderes persönliches Vertrauen in die Seriosität und Erfüllung des Geschäfts übernommen hat. Auch aus der Anlage K 6 lässt sich - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - keine eigene Garantieübernahme der Beklagten begründen. Die Beklagte war Vertragspartner des Klägers im Zusammenhang mit der Ausgabe der A. B. Card. So lässt es sich auch erklären, dass die Beklagte im Interesse ihrer Kunden die unstreitig aufgetretenen Schwierigkeiten klären wollte. Dies stellt jedoch nach Ansicht des Senats lediglich eine Kulanz- oder Serviceleistung dar. Keinesfalls lässt der Inhalt des Schreibens den rechtlich weitreichenden Schluss zu, dass die Beklagte eine selbständige Garantie für die Erfüllung des zwischen ihrem A. B. Card-Kunden und einem Dritten bestehenden Vertrages übernehmen wollte. Im Ergebnis lässt sich weder aus dem Inhalt der streitgegenständlichen Schreiben noch aus den Gesamtumständen eine eigene vertragliche Haftung in Form einer Sachwalterhaftung der Beklagten entnehmen. Auch wenn es der Beklagten nach Ansicht des Klägers oblegen hat, die Kunden für die in das Leistungspaket der A. B. Card inkludierten Versicherungsvertragsverhältnisse zu akquirieren, kann dies eine Haftung der Beklagten als Sachwalterin nicht begründen, da es dem Kläger unbenommen war, den Versicherungsantrag anzunehmen oder eben nicht. Der Abschluss des Versicherungsvertrages hing damit nicht wesentlich von der Entscheidung der Beklagten ab. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der von dem Kläger zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig ( OLG Braunschweig, Urteil vom 4.Dezember 2003, Az: 8U 3/02 ). Weitergehende Ansprüche insbesondere aus einem Maklervertrag sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat entgegen der Ansicht des Klägers nicht als Versicherungsmaklerin gehandelt, denn Vertragsinhalt war lediglich die Zurverfügungstellung der A. B. Card. Eine vertragliche Leistungspflicht der Beklagten, dem Kläger eine Kfz-Versicherung zu vermitteln, bestand nicht, so dass sich auch keine vertraglichen Ansprüche aus den §§ 653, 280 BGB ergeben können. Der Senat nimmt in Aussicht, den Streitwert auf 8.487,65 € festzusetzen.

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