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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 12.04.2002
Aktenzeichen: 10 U 1122/00
Rechtsgebiete: BGB, HGB, ZPO, BB-Mantelvertrag, AVB-Ausfuhrkredit


Vorschriften:

BGB § 291
BGB § 387
BGB § 389
BGB §§ 362 ff
BGB § 367 Abs. 1
HGB § 352
ZPO § 91 a
ZPO § 286
ZPO § 711 n.F.
ZPO § 4 Abs. 1
ZPO § 543 n.F.
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 709 S. 2
BB-Mantelvertrag § 5 Nr. 2
AVB-Ausfuhrkredit § 5
AVB-Ausfuhrkredit § 8 Nr. 2
AVB-Ausfuhrkredit § 8 Ziffer 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 10 U 1122/00

Verkündet am 12. April 2002

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Binz und die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz

auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 11. Zivilkammer - 1. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Mainz vom 30. Juni 2000 teilweise abgeändert wie folgt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 160,87 € (= 314,64 DM) nebst 5 % Zinsen p.a. seit 2.7.1999 zu zahlen.

Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Klägerin 17, 4 % und die Beklagte 82,6 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 12,9 % und die Beklagte 87,1 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche aus einer Ausfuhrkreditversicherung. Die Klägerin beansprucht restliche Prämie. Mittels Primäraufrechnung und im Übrigen widerklagend begehrt die Beklagte Leistungen wegen eines Versicherungsfalles.

Die Beklagte war im Jahre 1980 durch Vertragsübernahme als neue Versicherungsnehmerin in das von ihrer Rechtsvorgängerin geschlossene Versicherungsverhältnis eingetreten (Versicherungsschein mit Nachträgen, Besondere Bedingungen zum Mantelvertrag und AVB-Ausfuhrkredit im Anlagenheft Anlage K 1 bis K 3).

Am 17.2.1992 hatte sie beim Landgericht Stuttgart gegen ihre in Frankreich ansässige Kundin Firma R..... L...... S... (im Folgenden: Schuldnerin), die vorübergehend mit einer Versicherungssumme bis zu 200.000,00 DM in den Versicherungsschutz einbezogen war, ein rechtskräftiges Versäumnisurteil über 771.684,99 FF nebst 11 % Zinsen ab 17.9.1992 wegen Kaufpreisforderungen aus versicherter Zeit (Bl. 205 - 212 d.A.) sowie einen Kostenfestsetzungsbeschluss über 6.070,05 DM nebst 4 % Zinsen ab 21.1.1993 erwirkt. Die Schuldnerin leistete in der Folgezeit bis zur Konkurseröffnung am 16.2.1996 Teilzahlungen in Höhe von insgesamt 590.000,00 FF. Das Konkursgericht Toulouse hat mit Beschluss vom 24.2.1997 (Anlage B 3) die Beklagte mit der angemeldeten Restforderung von insgesamt 474.541,58 FF zum Konkursverfahren zugelassen. Bei der Berechnung dieses Betrages sind die Teilzahlungen der Schuldnerin zunächst auf Kosten und Zinsen und lediglich mit dem jeweils verbleibenden Restbetrag auf die Hauptforderung angerechnet worden.

Gegenüber der Klägerin hatte die Beklagte - wie erstmals in der Berufungsinstanz unter Beifügung von Geschäftsunterlagen vorgetragen worden ist - seit Februar 1992 ihre noch offenen Forderungen gegen die Schuldnerin gemeldet (Bl. 231 - 233) und als Belege Kontoauszüge ihres Debitorenkontos für die Schuldnerin eingereicht mit einer dort dokumentierten anderen Verbuchung der Teilzahlungen (Bl. 234 - 239).

Wegen des Forderungsausfalles der Beklagten hat die Klägerin mit Schreiben vom 6.8.1997, dessen Zugang streitig ist und das sie Anfang Dezember 1997 nochmals an die Beklagte abgeschickt hat, eine Entschädigung von 8.764,85 DM abgerechnet (Anlage B 4), diesen Betrag aber nicht ausgezahlt.

Die Beklagte kündigte am 24.11.1997 das Versicherungsverhältnis mit Wirkung zum 28.2.1998 (Anlage K 4), ohne die restliche Prämie für das letzte Versicherungsjahr (1.3.1997 - 28.2.1998) in Höhe von 29.959,80 DM bezahlt zu haben.

Die Klägerin hat ursprünglich Zahlung der noch offenen Prämienforderung von 29.959,80 DM nebst Zinsen beansprucht und - nach übereinstimmender Erledigungserklärung in Höhe des Teilbetrages von 8.764,85 DM (Bl. 79) - zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 21.194,95 DM nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und widerklagend

die Klägerin zu verurteilen, an sie 140.305,71 DM nebst 8 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen:

Wegen des Forderungsausfalles bei der Schuldnerin entsprechend dem im Konkursverfahren zugelassenen Restbetrag stehe ihr eine bedingungsgemäße Versicherungsleistung von insgesamt 170.265,51 DM zu (= 474.541,58 FF zum Umrechnungskurs von 0,3588 DM per 28.12.1999).

Mit einem Teilbetrag von 29.959,80 DM hat sie gegen die (ursprüngliche) Klageforderung aufgerechnet, nach der Teilerledigungserklärung hat sie die Aufrechnung nur noch in Höhe von 21.194,95 DM aufrechterhalten. Mit dem überschießenden Restbetrag von 140.305,71 DM hat sie die Widerklageforderung begründet.

Die Klägerin hat einen über den - bereits erledigten - Betrag von 8.764,85 DM hinausgehenden Anspruch auf Versicherungsleistungen bestritten, die Einrede der Verjährung erhoben, und im Übrigen beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 21.194,95 DM nebst Zinsen verurteilt und die Widerklage abgewiesen mit der Begründung, ein über den (erledigten) Betrag von 8.764,85 DM hinausgehender Gegenanspruch der Beklagten bestehe nicht. Die Klägerin sei gemäß § 8 Ziffer 2 AVB-Ausfuhrkredit - abweichend von § 367 Abs. 1 BGB - berechtigt gewesen, alle Teilzahlungen der Schuldnerin in zeitlicher Reihenfolge ausschließlich auf die Hauptforderungen anzurechnen mit der Folge, dass nur die - bereits erledigte - Versicherungsleistung von 8.764,85 DM geschuldet gewesen sei.

Wegen der Einzelheiten, auch wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen, wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (Bl. 82 - 91).

Mit der hiergegen eingelegten Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Entscheidung des Landgerichts, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

Beide Parteien wiederholen, vertiefen und ergänzen ihr früheres Vorbringen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und nach ihren erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen sowie der Klägerin die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen (ab Bl. 95 ff) sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 7.12.2001 (Bl. 157 - 159) und vom 15.3.2002 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat nur teilweise Erfolg.

Das angefochtene Urteil ist danach in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu Gunsten der Beklagten abzuändern (Klage, Kostenpunkt).

1.

Zur Klage

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Klage nur in Höhe von 314,64 DM begründet, denn der als solcher nicht bestrittene Anspruch der Klägerin auf rückständige Prämie (ursprünglich: 29.959,80 DM; nach Teilerledigung: 21.194,95 DM) ist durch Aufrechnung der Beklagten mit einem Gegenanspruch aus Versicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 29.645,16 DM - unter Einschluss des erledigten Teilbetrages von 8.764,85 DM - erloschen, §§ 387, 389 BGB.

Der Klägerin steht somit lediglich noch ein restlicher Prämienanspruch in Höhe von 314,64 DM zu (29.959,80 DM - 29.645,16 DM).

a)

Wie bereits in der mündlichen Verhandlung erörtert, hat das ergänzende Parteivorbringen in der Berufungsinstanz nach Erlass des Hinweisbeschlusses vom 11.1.2002 (Bl. 164 - 170 d.A.) zu einer geänderten Tatsachengrundlage hinsichtlich der Höhe des Forderungsausfalles im Zeitpunkt der Konkurseröffnung geführt. Aufgrund dieses geänderten Sachverhaltes kann der Senat zu Gunsten der Beklagten nur noch einen bedingungsgemäßen Anspruch auf Versicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 29.645,16 DM (unter Einschluss des bereits erledigten Teilbetrages) feststellen.

Wegen der veränderten Tatsachengrundlage kommt es auch nicht mehr auf die bis dahin unter den Parteien streitig gewesene Auslegung des § 8 Nr. 2 AVB-Ausfuhrkredit und die dahingehenden Erwägungen in dem angefochtenen Urteil sowie in dem Hinweisbeschluss des Senates an. Die Auslegung der nur im Innenverhältnis der Parteien des Versicherungsvertrages maßgebenden Versicherungsbedingung des § 8 Nr. 2 AVB-Ausfuhrkredit und deren Bedeutung zu den im Außenverhältnis - d.h.: Versicherungsnehmer zu Kunden - maßgebenden Vorschriften der §§ 362 ff BGB wäre nur dann entscheidungserheblich geworden, wenn die zeitnah geführte laufende Debitorenbuchhaltung der Beklagten in Bezug auf die offenen Forderungen gegen die Schuldnerin spiegelbildlich ihrer späteren Forderungsanmeldung im Konkursverfahren (mit Verrechnung der jeweiligen Teilzahlungen nach § 367 Abs. 1 BGB) entsprochen hätte. Das ist indessen nicht der Fall.

In dem laufenden Debitorenkonto sind - anders als bei der späteren Forderungsanmeldung im Konkursverfahren - keine laufenden Zinsansprüche gegen die Schuldnerin verbucht. Die Beklagte hat die jeweiligen Teilzahlungen der Schuldnerin vielmehr zeitnah sowie unter Berücksichtigung des im Zeitpunkt der Teilzahlung gültigen Umrechnungskurses ausschließlich mit Tilgungswirkung auf die jeweils dort ausgewiesene restliche Hauptforderung verbucht (Bl. 234 - 239). Darüber hinaus hat die Beklagte in dem Debitorenkonto Gegenforderungen der Schuldnerin in Höhe von 44.058,54 DM sowie eine Umbuchung zu Gunsten der Schuldnerin in Höhe von 23.707,89 DM verbucht und auf dieser Grundlage entsprechende - unstreitige - Saldenmitteilungen gegenüber der Klägerin in den Jahren 1992, 1993 und 1996 abgegeben (Bl. 231 - 233 d.A.). Zinsen sind erstmals per 31.12.1996 in Höhe von 79.760,29 DM verbucht worden, wie sich aus dem Vorbringen der Beklagten nach Schluss der mündlichen Verhandlung ergibt (Bl. 257).

Aus dem unstreitigen Inhalt der Handelsbücher wie den Saldenmitteilungen ergibt sich ein von der Beklagten nicht mehr ausgeräumter Widerspruch im vorliegenden Verfahren:

Der Inhalt der Handelsbücher ist im Zusammenhang mit den sonstigen Prozessergebnissen frei zu würdigen, § 286 ZPO. Ordnungsgemäß geführte Handelsbücher können eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der einzelnen Einträge und für das Nichtbestehen auszuweisender, aber nicht ausgewiesener Vorgänge begründen. Sie liefern allerdings keinen Beweis des ersten Anscheins in dem Sinne, dass zur Erschütterung ihrer Glaubwürdigkeit bestimmte widersprechende Tatsachen bewiesen werden müssten (vgl. BGH, MDR 1955, 92/93; Baumbach-Duden-Hopt, HGB, 30. Auflage, § 238 Rdn. 3).

Soweit die Beklagte in dem Debitorenkonto laufende Zinsforderungen gegen die Schuldnerin überhaupt nicht verbucht hat, kann dieser Umstand dafür sprechen, dass die Beklagte im damaligen Zeitpunkt möglicherweise auf Zinsforderungen gegen die Schuldnerin verzichtet oder sie entsprechende Zinsforderungen gestundet hat und alle Teilzahlungen vereinbarungsgemäß zunächst auf die Hauptforderung verbucht werden sollten und erst danach eine Abrechnung über die rückständigen Zinsforderungen erfolgen sollte. Soweit die Beklagte in dem laufenden Debitorenkonto die Teilzahlungen der Schuldnerin ausschließlich auf die dort ausgewiesene Hauptforderung verbucht hat, kann diese Verrechnung tatsächlich dem damaligen Vertragswillen der Beklagten und Schuldnerin entsprochen haben. Entsprechendes gilt für die sonstigen Buchungen zu Gunsten der Schuldnerin.

Die für die Höhe ihres Gegenanspruches darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat den hinsichtlich der noch offenen Forderung bestehenden Widerspruch zwischen ihren zeitnah geführten Handelsbüchern und ihrer späteren Forderungsanmeldung im Konkursverfahren nicht ausräumen können. Dieser Umstand geht daher - wie in der mündlichen Verhandlung ebenfalls erörtert - aus prozessualen Gründen (§ 138 ZPO) zu Lasten der Beklagten mit der Folge, dass der Senat zu Gunsten der Beklagten nur von dem geringsten Restsaldo (Forderungsausfall) in Höhe von 37.056,45 DM ausgehen kann (Bl. 220 d.A.).

b)

Auf der Grundlage eines Restsaldos von 37.056,45 DM und der unstreitig vereinbarten Selbstbeteiligung von 20 % ergibt sich damit, wie die Klägerin auf S. 8 ihres Schriftsatzes vom 25.2.2000 zutreffend ermittelt hat (Bl. 220) eine aufrechenbare Entschädigungsleistung von insgesamt 29.645,16 DM.

Die unstreitige Prämienforderung der Klägerin hat ursprünglich 29.959,80 DM betragen. Nach Abzug der Aufrechnungsforderung von insgesamt 29.645,16 DM verbleibt damit zu Gunsten der Klägerin nur noch eine restliche Klageforderung von 314,64 DM.

c)

Soweit die Klägerin auf anderer Berechnungsgrundlage - ausgehend von dem ursprünglich per 25.8.1993 gemeldeten offenen Saldo in Höhe von 209.217,73 DM (Bl. 232 d.A.) - eine verbleibende höhere Klageforderung von 7.688,82 DM berücksichtigt haben möchte (Bl. 220), kann der Senat sich dieser Ansicht nicht anschließen.

Wie ebenfalls in der mündlichen Verhandlung erörtert, hat die Klägerin bei diesem alternativen Rechenwerk einen unzulässigen Abzug für "Limitüberschreitung" in Höhe von 9.217,73 DM vorgenommen (209.217,73 DM - 200.000,00 DM Versicherungssumme). Die Klägerin stützt sich hierbei zu Unrecht auf die Regelung über das Nachrücken von Forderungen in § 5 Besondere Bedingungen zum Mantelvertrag:

Gegenstand des vorliegenden Forderungsausfalles sind nämlich ausschließlich "Altforderungen" der Beklagten gegen die Schuldnerin, die bereits in der Zeit vor Aufhebung des Versicherungsschutzes entstanden waren, daher als solche versicherungsfähig gewesen sind und bei aufrechterhaltener Versicherung durch "Nachrücken" an dem Versicherungsschutz noch teilhaben konnten. Die Regelung des § 5 Nr. 2 BB-Mantelvertrag wirkt sich aus der maßgebenden Sicht des Versicherungsnehmers (BGHZ 123, 83/85) und nach dem Verständnis des Senates dem gegenüber nur auf "Neuforderungen" aus, die der Versicherungsnehmer - bei aufrechterhaltener Versicherung im Übrigen - nach Aufhebung des Versicherungsschutzes gegen die betreffende Kundin zukünftig erwirbt. Für dieses Verständnis spricht, dass sich das Ausschlussrecht des Warenkreditversicherers nach § 5 AVB-Ausfuhrkredit nur auf "künftige Lieferungen an diesen Kunden" auswirken soll. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer entnimmt daraus aber, dass zurückliegende Lieferungen aus der Zeit vor dem Ausschluss weiterhin im seitherigen Umfang am Versicherungsschutz teilhaben und insoweit auch ein "Nachrücken" möglich bleibt. Nur deshalb entrichtet der Versicherungsnehmer auch weiterhin die wegen des "Altbestandes" geschuldete anteilige Versicherungsprämie. Die Beklagte hat das Bedingungswerk der Klägerin im Übrigen nicht anders verstanden, wie aus ihrem Schreiben vom 25.8.1993 entnommen werden kann (Bl. 232 d.A.).

Auf Grundlage der berichtigten alternativen Berechnung (ohne Abzug für Limitüberschreitung) ergibt sich derselbe Restbetrag wie oben unter b):

Offene gemeldete Forderung: 209.217,73 DM abzüglich Teilzahlungen (Bl. 219): 172.161,28 DM Zwischensumme: 37.056,45 DM abzüglich 20 % Selbstbeteiligung: 7.411,29 DM Entschädigungsleistung: 29.645,16 DM zu verrechnende Prämie: 29.959,80 DM Restbetrag zu Gunsten Klägerin (Klageforderung): 314,64 DM.

Dieser Betrag entspricht 160,87 €.

d)

Der Zinsanspruch auf die verbleibende Klageforderung seit Rechtshängigkeit (Zustellung des Mahnbescheides: 2.7.1999) ergibt sich aus §§ 291 BGB, 352 HGB.

2.

Zur Widerklage

Im Ergebnis mit Recht hat das Landgericht die Widerklage abgewiesen, denn aus den unter Ziffer 1 dargelegten Gründen steht der Beklagten gegen die Klägerin nur eine Entschädigung von insgesamt 29.645,16 DM zu.

Dieser Gegenanspruch ist durch vorrangige Aufrechnung der Beklagten gegen die weitergehende Klageforderung jedoch erloschen. Die Widerklage ist folglich unbegründet.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Streitwerte in beiden Rechtszügen (erster Rechtszug ursprünglich: 170.265,51 DM; zweiter Rechtszug: 161.500,66 DM). In Höhe des von der Beklagten wirksam aufgerechneten Gegenanspruches - unter Einschluss des erledigten Teilbetrages (§ 91 a Abs. 1 ZPO) - ist die Klägerin unterlegen. Bereits vor Rechtshängigkeit hat sich die Beklagte mit Schreiben vom 22.7.1998 (Bl. 124) wegen ihrer Gegenforderung auf ein "Zurückbehaltungsrecht" gegen die Prämienforderung berufen. Dieser Einwand ist als Aufrechnungserklärung auszulegen, denn mit der Leistungsverweigerung gegenüber einer gleichartigen Schuld hat die Beklagte hinreichend deutlich ihren Aufrechnungswillen erkennbar gemacht (Palandt, BGB, 61. Auflage, § 388 Rdn. 1).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 ZPO n.F..

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf insgesamt 82.573,98 € (= 161.500,66 DM) festgesetzt:

Restliche Klage: 10.836,81 € (= 21.194,95 DM); Widerklage: 71.737,17 € (= 140.305,71 DM).

Die Berufungsangriffe gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts zu § 91 a ZPO haben den Streitwert nicht erhöht, § 4 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision liegen keine Gründe vor, § 543 ZPO n.F..

Gründe für eine Wiedereröffnung der Verhandlung liegen nicht vor (§ 156 ZPO); die Sache ist im letzten Verhandlungstermin vollständig erörtert worden.

Ende der Entscheidung

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