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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 26.03.2009
Aktenzeichen: 10 U 1163/08 (1)
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 529 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
Bei "Überlagerung" von Vorschäden durch einen versicherten Kaskoschaden trägt der Versicherungsnehmer die volle Beweislast für die Abgrenzung des Neuschadens. Er hat dafür zu sorgen, dass entsprechende zuverlässige Feststellungen ermöglicht werden und trägt das Risiko der Nichterweislichkeit einer zur Regulierung tauglichen Schadensabgrenzung.
Gründe:

Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 11. Mai 2009. Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg: Das landgerichtliche Urteil entspricht der Rechtslage und enthält keine Fehler. Die getroffenen Feststellungen sind vollständig und rechtfertigen keine andere Entscheidung: Das Landgericht hat aufgrund des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nach umfangreicher Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Unter berufungsrechtlichen Gesichtspunkten ist die landgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden. Die Klageabweisung wird von den umfassend und sorgfältig getroffenen Tatsachenfeststellungen der ersten Instanz getragen, die gemäß § 529 Abs. 1 ZPO auch der Entscheidung des Berufungsgerichts zugrunde zu legen sind. Nach neuerem Berufungsrecht ist das Berufungsgericht grundsätzlich nicht mehr vollumfängliche zweite Tatsacheninstanz. Vielmehr ist hinsichtlich der erstinstanzlich, auch aufgrund einer Beweiserhebung, getroffenen Feststellungen die Überprüfung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich darauf beschränkt, ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Landgericht umfassend Beweis erhoben. Eine weitere Beweisaufnahme zur Frage der vorhandenen Vorschäden war weder im Verfahren vor dem Landgericht erforderlich noch ist eine solche im Berufungsverfahren geboten. Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass sich vorliegend der genaue Schadensumfang, den das Fahrzeug des Klägers bei dem behaupteten Unfall vom 27. Januar 2006 erlitten hat, nicht feststellen lässt und deshalb insbesondere der zur Schadensbeseitigung erforderliche Betrag nicht ermittelbar ist. Unstreitig wies das Fahrzeug des Klägers bedingt durch zwei Unfälle am 1. November 2003 und am 1. November 2004 erhebliche Vorschäden auf, die den auch jetzt betroffenen linken Seitenbereich des PKW betrafen. Nachdem die Beklagte sowohl den Unfallhergang als auch den Umfang und das Ausmaß des infolge des behaupteten Unfalls verursachten Schadens bestritten hat, obliegt es nunmehr dem Kläger als Geschädigtem, nicht nur den äußeren Tatbestand der Rechtsgutverletzung - also insbesondere die Verursachung der etwa festzustellenden Sachschäden durch die Kollision des Fahrzeugs zu beweisen -, sondern auch das Ausmaß des unfallbedingten Schadens darzulegen und zu beweisen. Insofern ist es erforderlich, dass der Kläger - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - bei unstreitiger Teilüberdeckung zwischen Vorschäden mit Schwerpunkt seitlich links und streitgegenständlichem Schadensbild, ebenfalls mit Schwerpunkt seitlich links, substantiiert den Verlauf der zu den Vorschäden führenden Unfälle und die hierdurch jeweils eingetretenen Schäden konkret und im Einzelnen benennt und insbesondere auch den Reparaturweg und -umfang des vorgeschädigten Fahrzeugs hinreichend deutlich darlegt.

Diesen Anforderungen ist der Kläger nicht gerecht geworden.

Denn er hat weder dargelegt, wann die Reparatur erfolgt sein soll, noch hat er im Einzelnen dargelegt, in welchem Umfang die Reparatur erfolgt ist. Auch hat der Kläger trotz ausdrücklichen Hinweises in der Sitzung und Zusage seinerseits, die entsprechenden Reparaturrechnung vorzulegen, für keinen der Vorschäden eine detaillierte Reparaturrechnung vorlegen können, aus der heraus ersichtlich geworden wäre, welche Reparaturarbeiten im Einzelnen mit welchen Ersatzteilen zur Beseitigung der konkreten unfallbedingten Vorschäden durchgeführt worden sind. So lässt sich der Rechnung W. Nr. 418 vom 18. Dezember 2003 zwar entnehmen, welche Arbeiten durchgeführt worden sind, nicht jedoch, ob diese Arbeiten tatsächlich den durch den Unfall am 1. November 2003 eingetretenen Schaden vollumfänglich beseitigt haben. Da der Kläger nicht dargelegt hat, welchen Umfang die durch den Unfall eingetretenen Schäden hatten, besagt die Rechnung nichts darüber, ob die durchgeführten Arbeiten den Schaden vollumfänglich beseitigt haben. Zweifel sind auch deshalb angezeigt, da die Rechnung einen Betrag von 1775,54 Euro aufweist, der Schaden jedoch fiktiv mit 3000 Euro abgerechnet worden ist. Hinsichtlich des Schadensfalles vom 1. November 2004 hat der Kläger lediglich eine Rechnung bezogen auf Lackierarbeiten zu den Akten gereicht und im Übrigen darauf hingewiesen, dass er die Reparatur in Eigenregie durchgeführt hat. Auch wenn er diese Behauptung unter Beweis gestellt hat, musste das Landgericht diesbezüglich keinen Beweis erheben, da es dem Kläger auch hier oblegen hätte, konkret und im Einzelnen detailliert vorzutragen, welche Schäden durch das Unfallereignis am 1. November 2004 eingetreten sind und inwieweit diese durch welche konkreten Arbeiten und durch den Einsatz welcher Ersatzteile beseitigt worden sind. Die pauschale und unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung, die Vorschäden seien ordnungsgemäß repariert worden, reicht dazu keineswegs aus. Insoweit hat das Landgericht zutreffend in seinem Urteil darauf hingewiesen, dass der diesbezügliche Klägervortrag nur unzureichend ist und deshalb von einer weiteren Beweisaufnahme Abstand genommen wird. Auch eine Bezugnahme - wie hier - auf einen Kostenvoranschlag der Firma A. und B. vom 6. November 2004 ist nicht ausreichend. Denn aus dem Kostenvoranschlag lässt sich nicht entnehmen, ob der durch den Unfall eingetretene Vorschadensfall tatsächlich sach- und fachgerecht behoben worden ist. Im Übrigen führt auch der Hinweis des Klägers, bereits der durch die Beklagte eingeschaltete Sachverständige habe in seiner Kalkulation festgehalten, dass für ihn keinerlei Vorschäden erkennbar gewesen seien, zu keinem anderen Ergebnis.

Diese Feststellung des Sachverständigen beinhaltet lediglich, dass äußerlich erkennbare Vorschäden nicht vorhanden gewesen sind, lässt jedoch keinen Rückschluss darauf zu, dass eine fachgerechte Reparatur aller Vorschäden erfolgt ist. Eine in jeder Hinsicht fachgerecht erledigte Reparatur lässt sich dieser Feststellung nicht entnehmen, insbesondere, da es nicht Aufgabenstellung des Sachverständigen gewesen ist, mögliche Vorschäden fachgutachterlich zu prüfen, sondern den durch den behaupteten Unfall eingetretenen Schaden und die zur Beseitigung dieser Schäden erforderlichen Reparaturkosten zu schätzen. Da der Kläger einen Anspruch aus seiner Vollkaskoversicherung nur auf Ersatz derjenigen Reparaturkosten hat, die notwendig sind, um sein Fahrzeug wieder in den Zustand versetzen zu lassen, den es vor dem schädigenden Ereignis vom 27. Januar 2006 hatte, und sich dieser Zustand aber infolge des fehlenden konkreten Vortrags zu den einzelnen Vorschäden und zu den Maßnahmen ihrer Beseitigung nicht feststellen lässt, hat das Landgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der mit der Berufung geltend gemachte Einwand des Klägers, dies stelle eine Überraschungsentscheidung dar, da das Landgericht in der Sitzung angekündigt habe, ein Sachverständigengutachten einzuholen, ist insofern unerheblich. Welche Beweise erforderlich sind, bestimmt das Gericht nach seinem freien Ermessen, ohne an Beweisanträge gebunden zu sein. Im vorliegenden Verfahren hat das Landgericht nach seinem Ermessen und im Ergebnis zu Recht von einer weiteren Beweisaufnahme abgesehen, nachdem der Kläger trotz ausdrücklichen Hinweises des Gerichts und Zusage seinerseits, entsprechende Reparaturrechnungen vorzulegen, die Art und Umfang der Vorschäden und deren Beseitigung belegen, solche nicht zu den Akten gereicht hatte. Es bedürfte insofern keines erneuten ausdrücklichen Hinweises des Gerichts, dass es nunmehr von einer weiteren Beweisaufnahme absieht. In der Begründung seines Urteils hat das Landgericht sodann dargelegt, warum es die ursprünglich angenommene Beweiserheblichkeit nicht mehr für gegeben hielt. Da der Kläger auch in der Berufungsinstanz seinen Vortrag nicht weiter konkretisiert hat, ist nicht ersichtlich, inwieweit das Landgericht weiteren Vortrag hätte berücksichtigen müssen. Der Senat nimmt in Aussicht, den Streitwert auf 6.675,45 € festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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