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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 18.06.1998
Aktenzeichen: 10 U 125/98
Rechtsgebiete: BB-BUZ, ZPO


Vorschriften:

BB-BUZ § 1 (1)
BB-BUZ § 2 (1)
BB-BUZ § 2 (2)
ZPO § 286
ZPO § 398
1. Bei der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung muß der Verlust der Fähigkeit den Beruf bzw. eine vergleichbare Tätigkeit auszuüben während der Vertragsdauer eingetreten sein. War der Versicherte bereits vor Abschluß der Versicherung nicht mehr fähig in seinem zuletzt konkret ausgeübten Beruf tätig zu sein, kann die Feststellung nicht getroffen werden, der Versicherte habe die Fähigkeit zur Berufsausübung erst während der Vertragsdauer verloren(in Anknüpfung an BGH Urteil vom 27.1.1993 - IV ZR 309/91 - VersR 1993, 469, 470).

2. Beschränkt sich die konkrete Tätigkeit eines aufsichtsführenden Gastronomen in seiner Präsenz und Repräsentation sowie der Organisation leichter Bürotätigkeit, so vermag das Vorhandensein einer Ellenbogenerkrankung, welche ihn beim Zapfen von Getränken und Arbeiten an der Theke hindert, keine Berufsunfähigkeit begründen.

3. Die Durchführung bzw. Wiederholung einer Beweisaufnahme ist nicht geboten, wenn die Angaben des beweisbelasteten Versicherungsnehmers zur Art seiner konkreten Tätigkeit wechselnd und widersprüchlich sind und der jeweiligen Prozeßsituation angepaßt werden.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES Urteil

10 U 125/98

verkündet am: 18. Juni 1998

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Werner und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Binz und Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 28. Mai 1999

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 12. Dezember 1997 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 14.000,--DM abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines als Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts (§ 244 Abs.2 Satz 1 AO 1997) erbracht werden.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte aus Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen (BUZ)in Anspruch.

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten seit 1979 bzw. 1984 zwei Kapitallebensversicherungen (Versicherungsschein-Nummern 6. und 61.) mit Laufzeit bis 1.4.2000. Mit Schreiben vom 21.8.1992 beantragte er die Einbeziehung von Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen. Der Kläger teilte der Beklagten vor Antragstellung mit, daß er in dem Zeitraum vom 4.11.1990 bis 31.07.1992 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Der Kläger litt an einer beidseitigen Epicondylitis radialis humeri (Ellenbogenerkrankung). Er gab an, die Erkrankung sei im Juli 1992 ausgeheilt und legte, nachdem die Beklagte den Abschluß der Einbeziehung der Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen in die Lebensversicherungsverträge unter Ausschluß von Ellenbogenerkrankungen erwogen hatte, eine Bescheinigung des behandelnden Arztes vom 14.10.1992 vor, in der die Epicondylitis als geheilt bezeichnet wurde. Ferner teilte er der Beklagten mit, daß er als Gastronom lediglich aufsichtsführend tätig sei. Daraufhin wurde zum 1.11.1992 die Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen in die bestehenden Verträge einbezogen. Ein Risikoausschluß für bestimmte Erkrankungen erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 23.06.1995 zeigte der Kläger der Beklagten an, ab dem 22.5.1995 aufgrund einer seit März 1993 erneut aufgetretenen chronischen Epicondylitis radialis humeri berufsunfähig zu sein. In dem von der Beklagten daraufhin zugesandten Fragebogen (Anlage K 8) gab er an, "vor Eintritt der jetzigen gesundheitlichen Beschwerden" als Hauptaufgaben das Zapfen an ca. 9 Zapfsäulen, Schleppen von Fässern und Getränkekisten, Putzen des Lokals, des Tresens und der Toiletten, Bedienen, Küchenarbeiten ..." ausgeführt zu haben. Später erklärte er mit Schreiben vom 19.5.1995 (Anlage K 9), die entsprechende Frage mißverstanden und die Beantwortung auf den Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens seiner Erkrankung im Jahr 1990 bezogen zu haben.

Die Beklagte erklärte am 29.9.1995 die Anfechtung der Versicherungsverträge wegen arglistiger Täuschung.

Der Kläger hat vorgetragen,

zum Zeitpunkt der Antragstellung sei seine Erkrankung tatsächlich ausgeheilt gewesen. Er sei in dem Zeitraum von August 1992 bis Anfang März 1993 lediglich als "aufsichtsführender" Gastronom in seiner Gaststätte tätig gewesen. Er habe sich im wesentlichen mit organisatorischen, leitenden und kontrollierenden Tätigkeiten in dem Restaurant beschäftigt, die Planung, Organisation und Durchführung von Werbeaktionen sowie Auftritte von Künstlern und Sportlern in dem Restaurant getätigt sowie die innerbetriebliche Logistik und die Kontrolle der Gastronomie-Räumlichkeiten vorgenommen sowie sich mit der Buchhaltung und den personellen Angelegenheiten befaßt. Dies sei jedoch nicht in dem Sinne eines "Kontrollorgans" geschehen, sondern vielmehr in dem Sinne, daß er bei Bedarf im Rahmen seiner Aufsichtstätigkeit mitgeholfen habe, also seinen Bediensteten zur Hand gegangen sei und sie praktisch angeleitet habe, und zwar sowohl im Bereich der Einrichtung der Gasträume als auch im Hinblick auf das Bedienen der Gäste und des gesamten Lager- und Logistikbereiches. Diese Tätigkeiten könne er seit der Wiedererkrankung im März 1993 nicht mehr in dem erforderlichen Maße ausüben. Er sei nunmehr daran gehindert, einfachste Handgriffe in seinem Betrieb vorzumachen oder auszuführen. Er könne lediglich organisatorische Tätigkeiten sowie Repräsentations- und einfache Bürotätigkeiten vornehmen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Nr. 6. für den Zeitraum vom 01.06.1995 bis 31.03.1997 eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 38.107,08 DM nebst jeweils 10 % Zinsen aus 1.732,14 DM seit dem 01.06.1995 sowie jeweils aus 5.196,42 DM seit dem 01.07.1995, 01.10.1995, 01.01.1996, 01.04.1996, 01.07.1996, 01.10.1996, 01.01.1997 und 01.04.1997 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn aus der Lebens- und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Nr. 6. für den Zeitraum vom 01.06.1995 bis 31.03.1997 eine Beitragsrückerstattung in Höhe von 11.097,90 DM nebst jeweils 10 % Zinsen aus 504,45 DM seit dem 01.06.1995, 01.07.1995, 01.10.1995, 01.01.1996, 01.04.1996, 01.07.1996, 01.10.1996, 01.01.1997 und 01.04.1997 zu zahlen,

3. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, ihm ab dem 01.04.1997, längstens bis zum Ablauf der Versicherungszeit, sofern nicht der Grad der Berufsunfähigkeit zuvor unter 50 % sinke oder der Versicherte zuvor versterbe, aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Nr. 6. eine jährliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 20.785,68 DM, zahlbar vierteljährlich im voraus, zu zah1en und ihm ab dem 01.04.1997, längstens bis zum Ablauf der Versicherungszeit, sofern nicht der Grad der Berufsunfähigkeit zuvor unter 50 % sinke oder der Versicherte vorher versterbe, in der Lebensversicherung Nr. 6. beitragsfrei zu stellen;

4. den Beklagten zu verurteilen, an ihn aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Nr. 61. für den Zeitraum vom 01.06.1995 bis 31.03.1997 eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 23.156,32 DM nebst jeweils 10 % Zinsen aus 1.052,56 DM seit dem 01.06.1995 sowie aus jeweils 3.157,68 DM seit dem 01.07.1995, 01.10.1995, 01.01.1996, 01.04.1996, 01.07.1996, 01.10.1996, 01.01.1997 und 01.04.1997 zu zahlen,

5. den Beklagten zu verurteilen, an ihn aus der Lebens- und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Nr. 61. für den Zeitraum vorn 01.06.1995 bis 31.03.1997 eine Beitragsrückerstattung in Höhe von 7.795,70 DM nebst jeweils 10 % Zinsen aus 354,35 DM seit dem 01.06.1995, 01.07.1995, 01.10.1995, 01.01.1996, 01.04.1996, 01.07.1996, 01.10.1996, 01.01.1997 und 01.04.1997 zu zahlen,

6. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, ihm ab dem 01.04.1997, längstens bis zum Ablauf der Versicherungszeit, soweit nicht der Grad der Berufsunfähigkeit unter 50 % sinke oder der Versicherte zuvor versterbe, aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Nr. 61. eine jährliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 12.630,72 DM, zahlbar vierteljährlich im voraus, zu zahlen und ihn ab dem 01.04.1997, längstens bis zum Ablauf der Versicherungszeit, sofern nicht der Grad der Berufsunfähigkeit zuvor unter 50 % sinke oder der Versicherte zuvor versterbe, in der Lebensversicherung Nr. 61. beitragsfrei zu stellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

die Ellenbogenerkrankung des Klägers habe ununterbrochen seit 1990 bestanden. Der Kläger habe fälschlich bei Antragstellung behauptet, die Ellenbogenerkrankung sei ausgeheilt und er sei nicht arbeitsunfähig. Des weiteren habe er fälschlich angegeben, er sei lediglich aufsichtsführend tätig, obwohl er tatsächlich die in dem Fragebogen genannten Arbeiten im Zeitpunkt der Antragstellung und in der Folgezeit ausgeübt habe. Der Kläger sei des weiteren durchaus in der Lage, aufsichtsführend und leitend tätig zu sein.

Das Landgericht hat nach Beweiserhebung und Vernehmung der Zeugin S die Klage abgewiesen. Die Kammer hat offengelassen, ob eine wirksame Anfechtung der Versicherungsverträge erfolgt ist. Dem Kläger stehe nämlich ein Anspruch auf Versicherungsleistungen schon deswegen nicht zu, weil er nicht den Nachweis erbracht habe, daß er berufsunfähig erkrankt sei. Die Kammer habe sich nicht davon überzeugen können, daß der Kläger im Zeitraum August 1992 bis März 1993 den Beruf des aufsichtsführenden Gastronomen in der von ihm dargestellten konkreten Ausprägung wahrgenommen habe. Seine Aufgabe habe sich auf das Repräsentieren und Organisieren beschränkt. Diese Tätigkeit könne er auch weiterhin ausüben.

Der Kläger hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Er wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens insbesondere gegen die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung.

Der Kläger trägt vor,

die Zeugin S sei bei der Beschreibung seiner, des Klägers, Tätigkeit mißverstanden worden. Im Rahmen der Fragestellung sei nur sehr pauschal differenziert worden zwischen dem "Zeitraum vor der Erkrankung" einerseits und dem "Zeitraum nach der Erkrankung" andererseits. Das Landgericht habe nicht genügend herausgearbeitet, ob, wann und für welchen Zeitraum er neben den rein organisatorischen Dingen auch noch mit geringwertigen handwerklichen Arbeiten befaßt gewesen sei. Er sei seit Herbst 1992 als aufsichtsführender Gastronom im wesentlichen mit organisatorischen, leitenden und kontrollierenden Tätigkeiten in seinem Restaurant "Schinderhannes" beschäftigt gewesen. Zu seinen Aufgaben hätten Planung, Organisation und Durchführung von Werbeaktionen sowie Auftritten von Künstlern und Sportlern in seinem Restaurant gehört. Daneben habe der den Einkauf für den Gastronomiebetrieb erledigt. Dabei sei er allerdings von der Zeugin S tatkräftig unterstützt worden. Zu seinen Tätigkeiten habe die Bestandsaufnahme, Bestellung, Kontrolle der Lieferungen und Einlagerungen gehört. Darüber hinaus sei er für die Küchen- und Tresenorganisation sowie die Kontrolle der Gastronomieräumlichkeiten zuständig gewesen. Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten seien von ihm koordiniert und kontrolliert von. Er habe sich ferner mit den Leitungsaufgaben, insbesondere Buchhaltung und den personellen Angelegenheiten befaßt. Während des Geschäftsbetriebes sei er nahezu ständig anwesend gewesen, um Anweisungen zu erteilen, Anleitungen zu geben und Hilfestellung zu leisten. Er habe sich praktisch überall und dort eingeschaltet, wo es im Betriebsablauf, insbesondere in Spitzenzeiten zu Schwierigkeiten gekommen sei. Dies habe konkret bedeutet, daß er bei den Gästen abkassiert, leere Gläser weg- oder verlassene Tische abgeräumt und die Tische für neue Gäste wieder hergerichtet habe, wenn das sonstige Personal aus- bzw. überlastet gewesen sei. In Spitzenzeiten habe er sich stets mit handwerklichen Tätigkeiten befaßt, die im normalen Betriebsablauf dem Personal oblegen hätten. Diese handwerklichen Tätigkeiten könne er nach Wiederausbruch seiner Erkrankung nicht mehr ausüben. Das Landgericht habe zu Unrecht die Auffassung vertreten, daß er vorher nur organisatorische Tätigkeiten ausgeübt habe, die er auch nach seiner erneuten Erkrankung noch ausüben könne. Der Kläger hat für seine handwerklichen Tätigkeiten Beweis durch nochmalige Vernehmung der Zeugin S und Vernehmung der Zeugin H angeboten.

In seinem Versicherungsantrag seien die in den Jahren 1990 bis 1992 aufgetretenen gesundheitlichen Probleme wahrheitsgemäß geschildert worden. Er habe auf Empfehlung der Beklagten in seinem Versicherungsantrag den Zusatz aufsichtsführender Gastronom eingefügt, nachdem die Beklagte zuvor in Erwägung gezogen habe, einen Risikoausschluß bzw. Risikozuschlag für die Erkrankung Epicondylitis vorzunehmen. Der Abschluß von Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen hätte keinen Sinn gemacht, wenn bereits bei Antragstellung festgestanden hätte, daß eine Berufsunfähigkeit wegen seiner aufsichtsführenden Tätigkeit nicht hätte eintreten können.

Der Kläger beantragt nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den Schlußanträgen in der mündlichen Verhandlung vom 31.07.1997 zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

das Landgericht habe zu Recht die Klage abgewiesen. Das Berufungsvorbringen enthalte bereits keinen selbständigen Berufungsgrund und beschränke sich unzulässiger Weise auf eine pauschale Bezugnahme des erstinstanzlichen Vorbringens mit Beweisangeboten. Der Kläger wende sich im übrigen ohne Erfolg gegen die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung. Der Kläger habe nicht bewiesen, daß er aufgrund der von ihm behaupteten Erkrankung im März 1993 berufsunfähig geworden sei. Es sei nicht ersichtlich, welche Fragen die Zeugin teilweise mißverstanden habe und welche Antworten mißverständlich vom Gericht verstanden und dann falsch protokolliert worden seien. Die vom Landgericht getroffene Tatsachenfeststellungen und rechtliche Schlußfolgerungen seien nicht fehlerhaft. Entgegen der Auffassung der Berufung habe die Zeugin S eindeutig ausgesagt, daß der Kläger seit 1992 nichts mehr an körperlicher Arbeit in der Gaststätte getan habe. Die erneute Vernehmung der Zeugin S sei nicht geboten und der Beweisantrag auf Vernehmung der Zeugin H nicht hinreichend substantiiert. Im übrigen sei der Vortrag des Klägers zu seiner Tätigkeit im Gastronomiebetrieb ab 1990 mit Nichtwissen zu bestreiten. Ferner bleibe der Vortrag zur Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung aufrechterhalten. Der Kläger sei durchgehend erkrankt gewesen und habe Versicherungsschutz unter Beifügung eines Attestes von Prof. Dr. M vom 14.12.1992 nur dadurch erreicht, daß er seinen Beruf als eine aufsichtsführende Tätigkeit dargestellt habe. Sein Vortrag, er hätte in einem Telefongespräch einer Mitarbeiterin der Beklagten (Frau B) das Gegenteil geschildert, sei falsch.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil mitsamt den dort in Bezug genommenen Unterlagen Bezug genommen, ferner auf die in beiden Rechtszügen zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Der Senat schließt sich den Ausführungen des Landgerichts an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug.

1) Dem Kläger stehen keine Ansprüche aus den abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen zu. Vollständige bzw. teilweise (mindestens 50 prozentige) Berufsunfähigkeit im Sinne von § 2 (1) und (2) der zum Vertragsgegenstand gemachten "Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung "(BUZ) i.V.m. § 1 (1) des Anhangs zu diesen Bedingungen liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Im Rahmen der Ermittlung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit ist grundsätzlich die letzte konkrete Berufsausübung des Versicherten maßgebend ist, so wie sie in gesunden Tagen ausgestaltet war, d.h., solange seine Leistungsfähigkeit noch nicht beeinträchtigt war (BGH Urteil vom 22.9.1993 - IV ZR 203/92 - VersR 1993, 1470, 1471). Dies gilt allerdings mit der Maßgabe, daß der Verlust der Fähigkeit den Beruf bzw. eine vergleichbare Tätigkeit auszuüben, erst während der Vertragsdauer eingetreten sein darf (§ 1 (1) BB-BUZ). War der Versicherte bereits vor Vertragsabschluß nicht mehr fähig in seinem konkret ausgeübten Beruf tätig zu sein, kann die Feststellung nicht getroffen werden, daß der Versicherte die Fähigkeit zur Berufsausübung erst während der Vertragsdauer verloren hat (BGH Urteil vom 27.1.1993 - IV ZR 309/91 - VersR 1993, 469, 470). Zutreffend führt das Landgericht aus, daß es dem Versicherungsnehmer obliegt, nachzuweisen, daß die entsprechende Berufsunfähigkeit zu einem Zeitpunkt eingetreten sei, für den bereits Versicherungsschutz vorgelegen habe. Die Kammer hat indes offen gelassen, ob aufgrund der von dem Kläger vorgetragenen Erkrankung eine Berufsunfähigkeit erst nach Abschluß der Versicherung eingetreten ist oder eine solche bereits vorher vorgelegen hat. Denn der Kläger habe nicht bewiesen, daß er im März 1993, dem von ihm angegebenen Zeitpunkt seiner "erneuten" Erkrankung überhaupt bedingungsgemäß berufsunfähig geworden sei. Ausgehend von dem im Versicherungsantrag angegebenen Beruf "aufsichtsführender Gastronom" konnte sich das Landgericht nicht davon überzeugen, daß der Kläger im Zeitraum August 1992 bis März 1993 den Beruf des "aufsichtsführenden Gastronomen" in der von ihm angeführten konkreten Ausprägung wahrgenommen hat. Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, daß die Zeugin S nicht bestätigt habe, daß der Kläger vor März 1993 über organisatorische und einfache Bürotätigkeiten hinaus dem Personal im Rahmen seiner Aufsicht mitgeholfen, insbesondere ihm zur Hand gegangen zu sein sowie es praktisch angeleitet zu haben. Nach Angaben der Zeugin sei der Kläger bereits seit 1992 ohne Unterbrechung nicht mehr im Sinne einer tätigen Mithilfe in dem Betrieb aktiv geworden. Er sei lediglich Kontrollorgan gewesen, habe Gäste begrüßt und Plätze zugewiesen. Der Kläger habe seit 1992 keine körperliche Arbeiten, wie beispielsweise das Bestücken der Theke oder die Anbringung von Dekorationen oder das gelegentliche Bedienen von Gästen erbracht. Die Zeugin habe ferner bekundet, daß ihm weder die Buchführung noch die Kassenführung, Bestellungen, Einkäufe und das Anlernen der Mitarbeiter oblegen habe. Das vom Kläger betriebene Bierlokal sei nachmittags mit einer Aushilfskraft und abends mit einer fest angestellten Kraft und einer Aushilfskraft ausgekommen. Größere Organisationsarbeiten, etwa auch im Rahmen der Logistik, seien nach den Angaben der Zeugin von dem Kläger bereits seit 1992 nicht mehr erbracht worden, was angesichts der von der Zeugin geschilderten Größe der Gastwirtschaft auch nachvollziehbar sei.

a) Aufgrund der Bekundungen der Zeugin S ist das Landgericht in nachvollziehbarer Weise zur Überzeugung gelangt, daß der Kläger weitergehende Tätigkeiten als das Repräsentieren und Organisieren durch einfachste Bürotätigkeiten für den Zeitraum Herbst 1992 bis März 1993 nicht erbracht hat. Das Landgericht schlußfolgerte, daß der Kläger zur Verrichtung der vorgenannten Tätigkeiten des Repräsentierens und Organisierens mittels einfacher Bürotätigkeit nach wie vor fähig sei. Der Kläger sei trotz seiner (erneuten) Erkrankung weiterhin in der Lage, den von ihm zuletzt ausgeübten Beruf in seiner konkreten Ausprägung weiterzuführen, so daß von einer nach Vertragsschluß eingetretenen Berufsunfähigkeit keine Rede sei.

b) Der Senat schließt der vom Landgericht vorgenommenen Bewertung des Beweisergebnisses in eigener Würdigung an (§ 286 ZPO). Das Berufungsvorbringen gibt zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung. Die Berufung hat durch beantragte erneute Vernehmung der Zeugin S und erstmalige Vernehmung der Zeugin H unter Beweis gestellt, daß der Kläger in Spitzenzeiten bei den Gästen abkassiert, leere Gläser weg- oder verlassene Tische abgeräumt und die Tische für neue Gäste wieder hergerichtet habe, wenn das sonstige Personal aus- bzw. überlastet gewesen sei. Diese handwerkliche Tätigkeit könne der Kläger nunmehr nicht mehr ausführen.

Der Senat hatte keine Veranlassung den Beweisangeboten der Berufung nachzugehen. Im Hinblick auf die in erster Instanz ausführliche Vernehmung der Zeugin S erachtet der Senat eine erneute Vernehmung dieser Zeugin, die in bezug auf die vom Kläger vorgenommenen Tätigkeiten eine eindeutige Aussage gemacht hat, für nicht geboten (§ 398 ZPO). Eine Vernehmung der Zeugin H ist im Hinblick auf widersprüchliche Angaben des Klägers im Verlaufe des Rechtsstreits und der vorgerichtlichen Korrespondenz der Parteien ebenfalls nicht angezeigt. Nachdem der Kläger auf Seite 3 des ihm übermittelten Fragebogens zunächst angeben hatte, vor Eintritt der jetzigen gesundheitlichen Beschwerden an einem gewöhnlichen Arbeitstag durchschnittlich täglich 15 Stunden u.a. an 9 Zapfsäulen gearbeitet, Fässer und Getränkekisten geschleppt, das Lokal, Tresen und Toiletten geputzt, bedient und Küchenarbeiten verrichtet, darüber hinaus u.a. weitere 5 Stunden für Organisation, Buchführung und Kassenberichte aufgewendet zu haben, ergibt sich aus seinem an die Beklagte gerichtetem Schreiben vom 19.9.1995, daß er diese Tätigkeiten nur bis 1990 ausgeübt haben will (Anlage K 9). Auf Seite 2 dieses Schreibens heißt es, daß vor Eintritt der jetzigen gesundheitlichen Beschwerden am 3.3.1993 "wahrheitsgemäß nur aufsichtsführende Tätigkeiten" ausgeübt worden seien. Für alle anfallenden Arbeiten habe er eine fest angestellte Geschäftsführerin gehabt, die wiederum auf pauschal zu versteuernde Aushilfen zurückgegriffen habe. Der Kläger stellte nochmals ausdrücklich dar, daß er die im Fragebogen aufgeführten Arbeiten teilweise zum Zeitpunkt 1990, nicht aber in dem hier fraglichen Zeitraum Herbst 1992 bis März 1993 ausgeübt habe. Das Berufungsvorbringen Seite 5 (GA 152) steht mit dieser Schilderung in Widerspruch, so daß davon auszugehen, daß der Kläger seinen jeweiligen Vortrag der Prozeßsituation anpaßt.

2) Ungeachtet dessen, selbst wenn der Kläger entgegen den Bekundungen der in erster Instanz vernommenen Zeugin und Geschäftsführerin des Lokals in Spitzenzeiten vereinzelt mithelfen würde, ergäbe sich noch nicht, daß der Kläger mindestens zu 50 % in seiner Tätigkeit als aufsichtsführender (gelegentlich mithelfender) Gastronom beeinträchtigt wäre. Denn das Schwergewicht seiner Tätigkeit besteht weiterhin in der Präsenz und Repräsentation sowie im Organisieren einfacher Bürotätigkeit. Diese Tätigkeiten kann er trotz seiner Ellenbogenerkrankung weiterhin ausführen.

Es mag auch dahin stehen, ob der im Versicherungsantrag aufgenommene Zusatz "aufsichtsführender Gastronom" auf Anraten der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau B, erfolgte (GA 153) oder er diese Angabe unaufgefordert im Zusammenhang mit der Vorlage des Attestes von Prof. Dr. M selbst gemacht hat, um den Versicherungsabschluß ohne Risikoausschluß und/oder Risikozuschlag für Ellenbogenerkrankungen zu erreichen. Denn maßgebend ist die tatsächliche konkrete Ausgestaltung seiner Tätigkeit als "Gastronom". Diese zeichnete sich in dem Zeitraum August 1992 bis März 1993 nicht dadurch aus, daß der Kläger handwerkliche Tätigkeiten errichten mußte, die infolge der Ellenbogenerkrankung nicht mehr möglich waren.

Die Berufung hatte aus den dargelegten Gründen keinen Erfolg. Ob die Verträge wegen arglistiger Täuschung über den tatsächlichen Gesundheitszustand des Klägers wirksam angefochten wurden, mag dahinstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Streitwert wird unter Berücksichtigung der Senatsrechtsprechung (u.a. Beschlüsse vom 26.09.1996 10 U 109/96 und 28.4.1993 - 10 W 201/93 -, vgl. auch BGH NJW-RR 1992, 608) auf 177.681.32 DM festgesetzt:...

Die Beschwer des Klägers beträgt 177.681,32 DM.

Ende der Entscheidung

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