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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 25.04.2008
Aktenzeichen: 10 U 1330/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 139
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 286 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
Zum Begehren von Schadensersatz für Feuchtigkeitsschäden an einem gekauften Haus kann der Kläger sich zu bezifferten Mangelbeseitigungskosten auf eingeholte Angebote von Fachfirmen beziehen und hierzu Sachverstsändigenbeweis für deren Richtigkeit antreten. Hält das Gericht eine weitere Konkretisierung für erforderlich, muss es darauf hinweisen.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 10 U 1330/07

Verkündet am 25. April 2008

in dem Rechtsstreit Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und die Richterin am Landgericht Dr. Walper

auf die mündliche Verhandlung vom 4. April 2008 für Recht erkannt: Tenor: Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 21. September 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Gründe: I. Der Kläger begehrt von dem Beklagten Schadensersatz aufgrund eines Grundstückskaufvertrages wegen Mangelhaftigkeit des Kaufobjekts. Der Kläger erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 29.12.2003 vom Beklagten das Wohnhaus A.-Straße 32 in B., das er Anfang 2004 bezog. Im Rahmen der Besichtigung wurde der Kläger auf eine bestehende Feuchtigkeit in einem Kellerraum hingewiesen, die auf einem in der Vergangenheit erfolgten Überlaufen des Kanals beruhen sollte. Insoweit erfolgte eine Kaufpreisreduzierung. Nach Beginn der Sanierungsarbeiten monierte der Kläger weitere Feuchtigkeitsschäden sowie unsachgemäße Sanierungsversuche. Der Beklagte beteiligte sich teilweise an den Sanierungsarbeiten, lehnte jedoch eine Kostenübernahme ab. Neben weiteren Feuchtigkeitsschäden machte der Kläger außerdem Schadensersatz geltend im Hinblick auf behauptete Mängel im Heizöltankraum und wegen einer behaupteten Baugenehmigungswidrigkeit zweier Garagen und eines Terrassenanbaus. Der Kläger hat vorgetragen: Im Hinblick auf die weiteren Feuchtigkeitsschäden sei vereinbart worden, dass der Beklagte 50% der erforderlichen Sanierungskosten übernehmen würde. An dem Objekt seien erhebliche Feuchtigkeitsschäden auch in den anderen Kellerräumen vorhanden, die verschwiegen worden seien, so dass der Beklagte aufgrund dieser Mängel zum Schadensersatz verpflichtet sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte die entsprechenden Mängel arglistig verschwiegen habe, da er den Kläger über die Ursachen nicht entsprechend aufgeklärt habe, wozu er verpflichtet gewesen sei. Im Übrigen habe der Beklagte eine entsprechende Garantieerklärung abgegeben. Bezüglich der Höhe der geltend gemachten Mängelbeseitigungskosten sei er berechtigt, seinem Anspruch eine fiktive, unter Beweis durch Sachverständigengutachten gestellte Schadensberechnung zugrunde zu legen. Dabei seien entsprechend einem Angebot der Firma C. vom 12.4.2004 die dort genannten Leistungen für die Herbeiführung einer ordnungsgemäßen Sanierung notwendig, was einen Betrag von 22.897,06 € netto ergebe. Außerdem seien im Hinblick auf die Feuchtigkeitssanierungen im Kellerbereich weitere Arbeiten erforderlich gemäß einem Angebot der Firma C. vom 21.11.2006 mit einem Betrag von 28.090,49 €. Schließlich habe der Beklagte die Kosten für die Tätigkeit des Sachverständigen D. in Höhe von 980,49 € zu ersetzen. Darüber hinaus stünden ihm Schadensersatzansprüche aufgrund Mängel im Heizöltankraum in Höhe von 2.872,79 € sowie im Hinblick auf eine Baugenehmigungswidrigkeit in Höhe von 1.967,69 € zu. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 52.308,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.5.2006 zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat zu dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch im Hinblick auf die Feuchtigkeitsschäden vorgetragen, er habe den Kläger vor Kauf auf ein erfolgtes Überlaufen des Kanals hingewiesen. Der unstreitig erfolgte Hinweis auf das Vorliegen von Feuchtigkeit sei ausreichend gewesen. Weiterhin sei der behauptete Schaden nicht schlüssig dargetan. Insbesondere fehle hier ausreichender und nachvollziehbarer Vortrag zur Höhe der hier geltend gemachten Schadensersatzforderung. Im Übrigen hat sich der Beklagte auch gegen die Schadensersatzansprüche im Hinblick auf den Heizöltankraum und die behauptete Baugenehmigungswidrigkeit gewandt. Das Landgericht hat durch Teilurteil die Klage in Höhe von 47.468,04 € wegen der behaupteten Feuchtigkeitsschäden abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe im Hinblick auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aufgrund von behaupteten Feuchtigkeitsschäden keinen substantiierten und nachvollziehbaren Sachverhalt vorgetragen. Der klägerische Vortrag erschöpfe sich insoweit in der Behauptung notwendiger Maßnahmen gemäß den Kostenangeboten der Firma C.. Auf der Grundlage dieses Vortrags sei es für das Gericht nicht nachvollziehbar, welche Leistungen konkret zur Beseitigung welcher konkreten Mängel erforderlich sein sollten. Die Kammer sei auch nicht gehalten gewesen, gemäß § 139 ZPO auf die fehlende Substantiierung des klägerischen Vortrags hinzuweisen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Wegen aller weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der landgerichtlichen Entscheidungsgründe wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen. Der Kläger rügt,

das Teilurteil sei unzulässig. Soweit das Landgericht ausführe, es sei anhand des Vortrags des Klägers nicht nachvollziehbar, welche Maßnahmen jeweils zur Beseitigung welcher Mängel erforderlich seien, so sei diese Begründung nur dann tragfähig, wenn überhaupt mehrere Mängel gerügt seien. Sein Vortrag, aus welchem sich ergeben habe, dass die aus dem Sachverständigengutachten sich ergebenden Leistungen zur Beseitigung eines einzigen Mangels erforderlich gewesen seien, sei nicht gewürdigt worden. Aus der Begründung des Landgerichts sei nicht ersichtlich, an welchen konkreten Punkten es eine fehlende Schlüssigkeit des klägerischen Vortrages "festmache". Es sei nicht einmal ansatzweise präzisiert, inwieweit der klägerische Vortrag nicht ausreiche. Das erstinstanzliche Gericht habe rechtsfehlerhaft nicht beachtet, dass eine Klage bereits dann als schlüssig anzusehen sei, wenn die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen den Klageantrag rechtfertigen. Weiterhin habe das Landgericht nicht beachtet, dass eine fiktive Berechnung eines Schadensersatzanspruchs bei sämtlichen Sachbeschädigungen zulässig sei. Fehlerhaft sei auch ein Hinweis gemäß § 139 ZPO nicht erteilt worden. Bei entsprechendem Hinweis hätte er im Einzelnen dargelegt, welche Maßnahmen schrittweise durchgeführt worden seien, um die Kellerräume, die der Beklagte als "wohnlich ausgebaut" deklariert habe, nutzbar machen zu können. Der Kläger beantragt, 1. den Beklagten unter Aufhebung des angefochtenen Teilurteils zu verurteilen, an den Kläger 47.468,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.5.2006 zu zahlen, 2. hilfsweise das Teilurteil aufzuheben und die Sache zur Entscheidung an das Landgericht Koblenz zurückzuverweisen. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er hält das angefochtene Teilurteil für zulässig und auch in der Sache richtig. Weiterhin rügt er neuen Vortrag des Klägers als verspätet.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung ist begründet. Das Rechtsmittel des Klägers hat einen zumindest vorläufigen Erfolg. Der Hauptantrag des Klägers ist derzeit noch nicht entscheidungsreif. Auf seinen Hilfsantrag ist gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO das angefochtene Teilurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Das Verfahren des Landgerichts leidet an einem wesentlichen Mangel. Der erstinstanzliche Richter hat den Vortrag des Klägers nicht hinreichend zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Die Nichtberücksichtigung tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens stellt wegen der Verletzung des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und speziell der umfassenden Berücksichtigungspflicht gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO grundsätzlich einen Verfahrensmangel im Sinn von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO dar (Rimmelspacher in Münchner Kommentar, ZPO, 3. Aufl. § 538 Rdn. 32).In der Behandlung des Vortrags des Klägers als unschlüssig und unsubstantiiert liegt eine offensichtlich sachwidrige und damit objektiv willkürliche Würdigung, die verfahrensfehlerhaft war. Der Kläger hatte bereits in der Klageschrift eingehend dargelegt, welche Feuchtigkeitsschäden im Keller festgestellt wurden, welches Ausmaß sie hatten und wie sie zuvor verborgen waren. Bezüglich der erforderlichen Sanierungsarbeiten hatte er die gutachterliche Stellungnahme des Ingenieur- und Sachverständigenbüros D. vorgelegt und hinsichtlich der Höhe der Kosten die Kostenvoranschläge eines Fachunternehmens. Hinreichend Beweis sowohl zum Grund als auch zur Höhe der Forderung hatte der Kläger ebenfalls angeboten. Warum dieser Sachvortrag zur schlüssigen Begründung der Klageforderung nicht ausreichen soll, erschließt sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nicht. Insbesondere war die vom Landgericht vermisste Aufteilung, welche Leistungen konkret zur Beseitigung welcher konkreter Mängel nötig sein sollten, für eine Schlüssigkeit der Klage vorliegend nicht erforderlich. Der Kläger hat insoweit nur einen Mangel, nämlich umfassende Feuchtigkeit im Kellergeschoss, gerügt. Zu dessen Beseitigung waren nach dem Vortrag des Klägers alle Arbeiten erforderlich, die sich aus dem Gutachten D. sowie aus den vorgelegten Kostenvoranschlägen der Firma C. ergaben. Bei dieser Sachlage war es verfahrensfehlerhaft, die Klage als unschlüssig und unsubstantiiert abzuweisen, ohne den Kläger darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung des Gerichts eine größere Präzisierung des Sachvortrags erforderlich sei, und ohne ihm hierzu Gelegenheit zu geben (vgl. Gummer/Heßler in Zöller ZPO, 26. Aufl. § 538 Rdn. 20). Das angefochtene Urteil ist damit aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. Eine Fortführung des Verfahrens durch den Senat ist nicht angezeigt, da eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme durchzuführen sein wird. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO n. F. nicht gegeben sind. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 47.468,04 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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