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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 11.08.2000
Aktenzeichen: 10 U 1393/98
Rechtsgebiete: VVG, AstB 87, ZPO


Vorschriften:

VVG § 1
AstB 87 § 1 ff.
ZPO § 286
ZPO § 286 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Sturm- und Hagelversicherung, §§ 1 VVG i.V.m. §§ 1ff. der Allgemeinen Bedingungen für die Sturmversicherung, AstB 87 i.V.m. der Deklaration, Sonderbedingungen und Klauseln für die Feuer-, Leitungswasser- und Sturmversicherung von Geschäfts- und landwirtschaftlichen Gebäuden SV 0315/08, E Schäden durch Hagel Kl. 6106

Ein Anspruch aus der Sturm- und Hagelversicherung besteht nicht, wenn der Versicherungsnehmer nicht den Nachweis erbringen kann, dass Schäden an einem aus Asbestzement-Wellplatten bestehenden Dach nicht durch das Hagelereignis selbst verursacht worden sind, vielmehr zur Überzeugung des Gerichts lediglich ein Allmählichkeitsschaden vorliegt.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES Urteil

10 U 1393/98

verkündet am: 11 August 2000

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Werner und die Richter am Oberlandesgericht Weiss und Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juli 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 19. November 1996 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens und des durchgeführten Revisionsverfahrens -- BGH IV ZR 206/97 -- zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 48.000,-- DM abwenden, falls nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Sicherheitsleistung kann auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines als Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts (§ 244 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) erbracht werden.

Tatbestand:

Der Kläger unterhält bei den Beklagten für das Stallgebäude seines landwirtschaftlichen Anwesens in R. eine Sturm- und Hagelversicherung (Versicherungsbedingungen: GA 194; Katasterauszug mit Luftbildaufnahme des versicherten Gebäudes: GA 185 bis 186). Er nimmt die Beklagten auf Entschädigungsleistungen in Anspruch mit der Behauptung, bei einem am 5. Juli 1994 über der Gemeinde R. niedergegangenen Sturm- und Hagelunwetter sei die ca. 1.370 qm große Dachfläche des Stallgebäudes durch Hageleinwirkung beschädigt worden. In der schriftlichen Schadensanzeige vom 06.07.1994, die bei den Beklagen per Fax am 27.09.1994 eingegangen war, gab der Kläger unter anderem an: "Nach heftigen Sturm- und Hagelschlag waren Teile von Dach und Glas beschädigt" (GA 23/24). Der Schadenanzeige war ein Kostenvoranschlag der Dachdeckerei Norbert B. (Bruder des Klägers) vom 18.09.1994 für die Neueindeckung des gesamten Daches in Höhe von 140.905,59 DM beigefügt (GA 23 bis 26). Im Auftrag der Beklagten besichtigte danach der Sachverständige Wolfgang G. am 29.09.1994 das Anwesen des Klägers. Der Sachverständige gelangte zu dem Ergebnis, daß ein Sturm- und Hagelschaden an dem Dach des Stallgebäudes nicht festzustellen sei. Die Beklagten lehnten daraufhin mit Schreiben vom 17.10.1994 (GA 32) und 01.12.1994 (GA 33 bis 34) eine Regulierung mangels Versicherungsfalles ab.

Der Kläger hat behauptet,

ebenso wie sein benachbartes (anderweitig versichertes) Wohngebäude und sein damals im Hof abgestellter PKW sei bei dem Unwetter vom 05.07.1994 auch das Dach des streitgegenständlichen Stallgebäudes durch Sturm und Hagel beschädigt worden. Der Hagel habe in den dort aufgebrachten Eternit-Wellplatten vor allem deren Oberflächenbeschichtung (Streuschicht) bis auf die Grundscherben freigelegt und damit die Wellplatten in ihrer Substanz vollständig beschädigt. Zur Schadensbehebung seien die im Kostenvoranschlag vom 18.09.1994 unter Position 1 bis 7 angegebenen Leistungen im Gesamtwert von 134.211,78 DM erforderlich.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an ihn 134.211,78 DM nebst 4 % Zinsen seit 24.03.1995 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben einen Sturm- und Hagelschaden bestritten. Nach den vor Ort getroffenen Feststellungen ihres Sachverständigen G. seien keinerlei Einschläge oder Durchschläge an den Wellplatten zu erkennen gewesen. Zwar seien an dem aufgrund seines Alters moosbewachsenen Dach stellenweise Einschlagspuren von Hagel an dem Moosbewuchs selbst feststellbar gewesen. Die eigentliche Bausubstanz unter dem Moosbelag weise aber keinerlei sturm- oder hagelbedingten Schäden auf. Das gesamte Dach und der Attikabereich wiesen insgesamt einen sehr schlechten baulichen Zustand auf. Dieser Zustand sei aber keinesfalls auf Sturm- oder Hageleinwirkung zurückzuführen, sondern auf mangelhafte Instandhaltung.

Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens (GA 107ff.) die Klage abgewiesen, weil ein Versicherungsfall nicht bewiesen sei. Die von dem Sachverständigen Harald H. im einzelnen festgestellten Schäden an dem Dach des Stallgebäudes seien nicht auf das Sturm- und Hagelunwetter vom 05.07.1994 zurückzuführen. Gründe für die Einholung eines Obergutachtens bestünden nicht. Der erstmals in der letzten mündlichen Verhandlung gestellte Antrag auf mündliche Erläuterung des schriftlichen Gutachtens vom 08.07.1996 zu der Frage, warum der Sachverständige eine chemische Untersuchung der Eternitplatten für nicht notwendig erachtet habe, sei verspätet (§ 296 Abs. 2 ZPO) und im übrigen unerheblich.

Mit seiner hiergegen eingelegten Berufung hat der Kläger seinen Klageantrag weiter verfolgt. Er hat die Auffassung vertreten, das vom Landgericht eingeholte gerichtliche Gutachten sei ungenügend. Er hat im ersten Berufungsrechtszug insbesondere gerügt, dass seinem Antrag auf Einholung eines Obergutachtens und seinem Hilfsantrag auf mündliche Erläuterung des Sachverständigengutachtens nicht stattgegeben worden sei.

Der Kläger hat im ersten Berufungsrechtszug beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, an ihn 134.211,78 DM nebst 4 % Zinsen seit 24.03.1995 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten hielten das angefochtene Urteil für zutreffend und haben im übrigen ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt, vertieft und ergänzt.

Der Senat hat mit Urteil vom 1. August 1997 die Berufung des Klägers gegen das angefochtene Urteil zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidung mit Urteil vom 15. Juli 1998 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Senat hat daraufhin zur weiteren Sachaufklärung den Sachbearbeiter der Fa. E. (Hersteller der Wellplatte) Franz W. als sachverständigen Zeugen vernommen und den Sachverständigen Harald H. zur Erläuterung seines Gutachtens geladen. Im Anschluss hieran hat der Senat eine Begutachtung der Wellplatten durch eine Materialprüfungsanstalt angeordnet. Mit der Erstellung des Gutachtens ist Dipl.-Ing. Horst R., I-Institut in Koblenz, u. a. beauftragt worden. Auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. R. (GA 390 bis 424) und das Sitzungsprotokoll vom 26. März 1999 wird Bezug genommen.

Die Parteien haben ihre im früheren Berufungsverfahren gestellten Anträge wiederholt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil mitsamt den dort in Bezug genommenen Unterlagen und Gutachten Bezug genommen, ferner auf die in beiden Rechtszügen zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

1) Der Senat hat sich in seinem vom Bundesgerichtshof aufgehobenen Urteil vom 1. August 1997 mit den Erkenntnissen des Gutachtens des Sachverständigen Handwerk befaßt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil Bezug, soweit sich nicht ergänzende Aspekte aufgrund der weiteren Beweisaufnahme ergeben haben. Auch die vom Bundesgerichtshof aufgegebene Sachaufklärung vermochte den Senat nicht davon zu überzeugen, dass die vom Kläger behaupteten Schäden an der ca. 1370 qm großen Dachfläche des Stallgebäudes durch das Sturm- und Hagelereignis vom 5.7.1994 entstanden sind. Ansprüche aus der Sturm- und Hagelversicherung (§ 1 VVG i.V.m. §§ 1ff. der Allgemeinen Bedingungen für die Sturmversicherung, AstB 87 i.V.m. der Deklaration, Sonderbedingungen und Klauseln für die Feuer-, Leitungswasser- und Sturmversicherung von Geschäfts- und landwirtschaftlichen Gebäuden SV 0315/08, E Schäden durch Hagel Kl. 6101) bestehen nicht.

a) Nach § 286 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr gehalten wird. Für die Überzeugungsbildung nach § 286 ZPO ist maßgebend ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der letzten Zweifeln Schweigen gebietet, ohne diese völlig auszuschließen (vgl. BGHZ 53, 245, 255f.; 100, 214; BGH, Urt. Vom 27. Mai 1982 -- III ZR 201/80 -- NJW 1982, 2874, 2875; BGH Urt. v. 14. Januar 1993 -- IX ZR 238/91 -- BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Beweismaß 1 Grenzen der Beweisanforderungen; Prölss/Kollhosser, VVG Kommentar, 26. Aufl. 1998, § 49 Rn. 14). Es muss keine absolute Sicherheit bestehen, dass sich der Schaden so zugetragen, wie vom Kläger behauptet.

b) Der Kläger hat zur Stützung seiner Behauptung über einen am 5. Juli 1994 eingetretenen Hagelschaden eine Stellungnahme der Eternit AG, des Herstellers der Wellplatten, vorgelegt. In ihr wird -- nach Untersuchung einer vom Kläger zur Verfügung gestellten Dachplatte -- festgestellt, dass auf der einer Seite der Welle die Streuschicht (eine pulverförmige Farbbeschichtung) "offensichtlich durch mechanische Einwirkung völlig abgetragen" sei. Das bedeute, dass vermutlich durch einen Hagelschauer, der aus einer Richtung auf die Wellen eingewirkt habe, eine Wellenflanke bis auf die Grundscherben freigelegt worden sei. Der BGH hat diesbezüglich beanstandet, dass sich das Gutachten des Sachverständigen H. und der Senat bei seiner Würdigung dieses Gutachtens mit dem durch die sachkundige Äußerung des Herstellers der Wellplatten näher substantiierten Vortrag zu Art und Entstehung des Schadens nicht (ausreichend) befasst habe. Aus dem Gutachten des Sachverständigen H. könne nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnommen werden, dass sich der Sachverständige mit der Frage einer mechanischen Einwirkung auf die Streuschicht der Wellplatten und einem dadurch ausgelösten Schaden näher -- d. h. mit einer darauf bezogenen Untersuchung der Wellplatten -- auseinandergesetzt habe. Die Ausführungen des Sachverständigen beschränkten sich nur auf eine äußerliche Betrachtung der Wellplatten.

c) Hierzu hat der Sachverständige H. im Rahmen der Erläuterung seines Gutachtens vor dem Senat ausgeführt, dass er das Schreiben der Fa. E. bei seiner Begutachtung sehr wohl einbezogen habe. Er könne die dort vorgenommene Einschätzung hinsichtlich der Ursache der Abtragungen der Streuschicht nicht teilen. Die Fa. E. bzw. der Zeuge W., Verfasser des vorbezeichneten Schreibens, seien mit den Gegebenheiten in der Eifel offensichtlich nicht vertraut.

aa) Der Zeuge W. hat in der Beweisaufnahme vor dem Senat die Abtragungen der Streuschicht auf der vom Kläger zur Verfügung gestellten Wellplatte damit zu erklären versucht, dass Hagel nicht senkrecht, sondern in einem bestimmten Winkel auf eine Seite der Wellflanke treffe. So sei erklärlich, dass die eine Seite der Wellflanke keine, die andere Seite indes deutliche Abtragungen bis auf die Grundscherben zeige. Die glatte Abtragung auf der Wellflanke sei durch unterschiedliche Hagelkorngrößen zu erklären. Es müsse nicht unbedingt sein, dass Hagelkörner Löcher in die Eternitflächen schlügen. Seine Vermutung, dass die Abtragung der Schicht zeitnah zu dem behaupteten Hagelschauer stehen könnte, beruhe darauf, dass an der überprüften und abgetragenen Seite der Wellflanke, noch keine Bemoosung festzustellen gewesen sei. Hätte die Beschädigung oder die Abtragung zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt stattgefunden, wäre mit der Ansiedelung von Moos zu rechnen gewesen.

bb) Der Sachverständige H., der bei der Vernehmung des Zeugen W. zugegen war, ist dieser Schlussfolgerung des Zeugen entschieden entgegengetreten und hat demgegenüber für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass sich bei der Abtragung der Streuschicht um einen ganz normalen Vorgang handele. In der Eifel, jedenfalls in der Gegend wo sich das streitgegenständliche Anwesen befinde, komme das Wetter zu 80% aus Richtung Westen. Demnach finde bei den Flanken, die der westlichen Seite zugewandt seien, eine ganz natürliche Abtragung statt. Diese Flanken seien in der Regel blank und ohne Bewuchs, weil ein etwaig beginnender Bewuchs sofort wieder abgespült werde. An den anderen Seiten finde durch natürliche Einflüsse auch ein Abtrag statt. Der Sachverständige H. hat diese Erkenntnisse dem Senat anhand eines Ausschnitts einer Wellplatte anschaulich und überzeugend vermittelt. Der Sachverständige machte nochmals deutlich, dass sich aus dem Vergleich der zum Zeitpunkt der Begutachtung ca. 20 Jahren alten Dachfläche mit der ca. 8 Jahren alten Dachfläche des Anbaus ergebe, dass aufgrund der ungleichen Verwitterung die in die Hauptwetterrichtung Westen zeigende Wellflanke hell bis weiß, während die gegenüberliegende Seite grau und mit Moos bzw. Flechten behaftet sei. Die Dachflächen jüngeren Datums zeigten zwar gewisse Farbabtragungen, jedoch keine auf Hagel oder Abplatzungen zurückzuführenden Schläge oder Abplatzungen. Der Sachverständige H. verwies ferner auf den Umstand, dass einzelne Dachflächen mit lichtdurchlässigen Skobalitplatten bestückt gewesen seien, bei denen trotz einer gewissen Flexibilität aufgrund von Hagelschäden Risse entstehen könnten. Bei einem Hagelschaden wäre zu erwarten gewesen, dass sich dort Risse zeigten, was indes nicht der Fall gewesen sei.

Die Ausführungen des Sachverständigen Handwerk erschienen dem Senat überzeugender als die des Mitarbeiters der Fa. E., des Zeugen W..

d) Der Sachverständige und der Zeuge W., stimmten im übrigen überein, dass das Fehlen der Farbbeschichtung grundsätzlich zu keiner Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Wellplatte führe. Der Zeuge W. bezeichnete die Abtragung der Streuschicht als eine Beschleunigung des natürlichen Abtragungsvorgangs. Der Sachverständige H. verwies darauf, dass in früheren Zeiten eine Farbbeschichtung dieser Wellplatten noch nicht üblich gewesen sei und dennoch Funktionsfähigkeit bestanden habe. Der Sachverständige hat abschließend und für den Senat sehr überzeugend dargelegt, dass ihm aufgrund seiner 20jährigen Erfahrung als Dachdeckermeister diese Welldächer hinreichend bekannt seien. Das Stalldach des Klägers weise ganz normale Abnutzungserscheinungen auf, wie sie überall in dieser Gegend anzutreffen seien. Die begutachtete Dachfläche habe keine Hagelabplatzungen aufgewiesen.

2) Der Senat hat schließlich zur Beweisfrage, ob infolge des Unwetters vom 5.7.1994 die aus Asbestzementwellplatte bestehende Dachfläche des Stallgebäudes derart beschädigt worden sei, dass durch Hageleinwirkung die Oberflächenbeschichtung sowie die Streuschicht der Wellplatte abgetragen worden sei, so dass dies zur Freilegung der Wellflanken bis auf die Grundscherben geführt habe, weiteren Beweis durch Materialprüfung -- bei vorausgegangener Materialprobe durch den Sachverständigen vor Ort -- angeordnet. Mit der Erstellung des Gutachtens ist Dipl.-Ing. Horst R., I-Institut in K., u. a. beauftragt worden.

a) Der Sachverständige Dipl.-Ing. R. stellte in seinem schriftlichen Gutachten fest, dass die schwarze Oberflächenbeschichtung mit zahlreichen negativen Erscheinungsbildern und/oder Schadensbildern in Form von Rissbildungen, Rissmarkierungen sowie Enthaftungen und/oder Abplatzungen bzw. Fehlstellen behaftet gewesen sei, so dass hellgraue bis weiße Oberflächen hier partiell den Eigenfarbton des Mineralsubstrats aufzeigten. Die Untersuchung im Prüflabor habe erhebliche Fehlstellen erkennen lassen, die bis auf die Oberfläche des Mineralsubstrats reichten. Der Sachverständige gelangte aufgrund einer lichtmikroskopischen Untersuchung zu dem Ergebnis, dass mit Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit diese negativen Erscheinungsbilder in Form von Enthaftungen, Fehlstellen und Abplatzungen auf mechanische Einflüsse und äußere Einwirkungen auf die Dachflächen zurückzuführen seien, wie dies etwa durch die Beanspruchung der Wellplatten durch Hagelschlag der Fall sein könne. Er führte jedoch weiter aus, dass die infolge von Enthaftungen, Fehlstellen und Abplatzungen der schwarzen Oberflächenbeschichtung partiell freiliegende Oberfläche der Asbestzement-Wellplatten von unterschiedlicher Beschaffenheit sei. Dies könne ein Beleg dafür sein, dass derartige negative Erscheinungsbilder bzw. Schadensbilder unabhängig voneinander und zu verschiedenen Zeitpunkten entstanden seien.

Andererseits verwies der Sachverständige darauf, dass seit dem Sturm- und Hagelunwetter vom 5.7.1994 ca. 5 Jahre vergangen seien. Während dieser Zeit seien die streitgegenständlichen Dachflächen der vorherrschenden Bewitterung ausgesetzt gewesen, so dass sich infolge des Hagelschlags auf den partiell freigelegten Oberflächen Moos- und Algenwuchs haben einstellen können, der auch auf schadensfreien Oberflächen der Asbestzement-Wellplatten vorhanden sei. Der Sachverständige gelangte abschließend zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Untersuchungen im Prüflabor und Technikum nicht ausgeschlossen werden könne, dass die gefundenen negativen Erscheinungsbilder und/oder Schadensbilder in Form von Rissbildungen und Rissmarkierungen sowie Enthaftungen, Fehlstellen und Abplatzungen der schwarzen Oberflächenbeschichtung durch ein einheitliches und zeitgleiches Ereignis wie das Sturmunwetter vom 5.7.1994 einhergehend mit Hagelschlag ursächlich hervorgerufen worden seien.

b) Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen für Materialprüfung vermochte der Senat unter Berücksichtigung der Beweisanforderungen des § 286 ZPO nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass die Schäden auf ein einheitliches Schadensereignis vom 5.7.1994 zurückzuführen sind. Dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Schadenszustand in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Unwetterereignis vom 5.7.1994 steht, stellt nicht einen für das praktischen Leben brauchbaren Grad an Gewissheit dar, der den Senat von der Richtigkeit der Behauptung des Klägers überzeugen könnte. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist der Senat vielmehr davon überzeugt, daß es im Laufe der Zeit infolge der Witterung zu Einwirkungen auf die Oberflächenbeschichtung der Wellplatten gekommen ist und lediglich ein Allmählichkeitsschaden vorliegt. Dafür spricht, dass die infolge von Enthaftungen, Fehlstellen und Abplatzungen der schwarzen Oberflächenbeschichtung partiell freiliegende Oberfläche der Asbestzementwellplatten von unterschiedlicher Beschaffenheit war und auch der Zustand der Dachflächen des im Jahre 1996 ca. 20 Jahren alten Ursprungdaches und des damals ca. 8 Jahren alten Anbaus einen unterschiedlichen Verwitterungszustand zeigte.

c) Für die Annahme eines Hagelschadens spricht auch nicht der Beweis des ersten Anscheins, der sich daraus ergeben könnte, dass in dem für einen anderen Versicherer erstellten Schadensgutachten des Sachverständigen Georg K. vom 5.10.1994 (GA 197 bis 213) zeitnah zum Unwetterereignis vom 5.7.1994 Sturm- und Hagelschäden in Teilbereichen der Dacheindeckung des benachbarten Wohnhauses festgestellt und reguliert worden sind. Der Senat hat in seinem aufgehobenen Urteil vom 1.8.1997 bereits darauf hingewiesen, dass das Schadensbild am Dach des Wohnhauses (Endstellen der einzelnen Plattsegmente sowie in den Stoßbereichen Abplatzungen) nicht ansatzweise mit den vorliegend behaupteten Schäden an der Dachfläche des Stallgebäudes übereinstimmt. Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen R., wonach nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Schäden an der Dacheindeckung des Stalldaches auf ein einheitliches und zeitgleiches Ereignis wie das Sturmwetter vom 5.7.1994 zurückzuführen sind, kann hier nicht von der Annahme eines typischen Geschehensablaufs ausgegangen werden, der nach der Erfahrung des Lebens auf einen Ursachenzusammenhang zwischen Sturm-/Hagelereignis und Freilegung der Oberflächenbeschichtung hinweist.

3) Der Senat hat in verfahrensrechtlicher Hinsicht eine mündliche Anhörung des Sachverständigen R. von amts wegen (§ 411 Abs. 3 ZPO) für nicht geboten erachtet, da keine Anhaltspunkte dafür vorhanden waren, dass der Sachverständige zum Ursachenzusammenhang hätte weitere Erkenntnisse vermitteln können. Das zeitlich später erstellte Gutachten des Sachverständigen R. steht auch nicht in Widerspruch zum Gutachten des Sachverständigen H., so daß aus Sicht des Senats kein weiterer Aufklärungsbedarf bestanden hat. Die Parteien haben, auch nach Erörterung der Sache in der mündlichen Verhandlung, eine Anhörung des Sachverständigen R. nicht beantragt.

Die Berufung hatte aus den dargelegten Gründen keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren und die Beschwer des Klägers werden auf 134.211,78 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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