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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 27.05.2004
Aktenzeichen: 10 U 1511/03
Rechtsgebiete: BB-BUZ, AGBG, BGB


Vorschriften:

BB-BUZ § 2 Ziffer 1
BB-BUZ § 2 Ziffer 2
BB-IZV Zusatzerklärung
AGBG a.F. § 9
BGB n.F. § 307 Abs. 2 Nr. 1
BGB n.F. § 307 Abs. 2 Nr. 2
BGB n.F. § 305 c
Die im Rahmen einer Berufsunfähigkeits-/Invaliditätszusatzversicherung in den besonderen Bedingungen für die Invaliditäts-Zusatzversicherung vereinbarte und an § 44 II S. 1 SGB VI a.F. angelehnte Klausel, wonach eine Invalidität dann vorliegt, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich länger als 6 Monate oder bereits 6 Monate außerstande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit zu erzielen (sog. EU-Klausel), verstößt nicht gegen das Transparenzgebot in §9 AGBG a.F. bzw. § 307 Abs. 2 Nr. 1, 305 c BGB n.F.

Die Formulierung "Erwerbsunfähigkeit in gewisser Regelmäßigkeit" oder "Erzielung von mehr als nur geringfügigen Einkünften durch Erwerbstätigkeit" ist durchaus bestimmbar. Der VN wird durch diese Klausel nicht unangemessen benachteiligt. Für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ist ersichtlich, dass diese Klausel nicht auf die Dienstunfähigkeit des Beamten bzw. Feuerwehrmanns abstellt (vgl. zur Problematik der Bindungswirkung an die Feststellungen der Dienstunfähigkeit durch Beurteilung des Dienstherrn auch OLG Nürnberg, r+s 2004, 160; KG Berlin r+s 2004, 162; VersOmbudsmann, s 2004, 163).


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

HINWEISBESCHLUSS (gem. § 522 Abs. 2 ZPO)

Geschäftsnummer: 10 U 1511/03

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert und den Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Reiff am 27. Mai 2004 einstimmig

beschlossen:

Tenor:

Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der Beklagten wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis 30. September 2004.

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Berufsunfähigkeits-(Invaliditäts-) Zusatzversicherung in Anspruch.

Der am 23.5.1951 geborene Kläger ist Beamter der Stadt T. und war als Hauptbrandmeister bei der städtischen Feuerwehr in T. eingesetzt. Am 26.4.2001 wurde er mit Wirkung zum 1.5.2001 wegen dauernder Dienstunfähigkeit nach §§ 56, 57 LBG Rheinland-Pfalz in den Ruhestand versetzt.

Der Kläger hatte mit Beginn 1.12.1983 eine Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall mit Unfallzusatzversicherung mit automatischer Erhöhung von Beitrag und Versicherungsschutz nach Vita-Indexplan (B) abgeschlossen. Ablauf der Versicherung ist der 1.12.2011 (Anlage 1, GA 14). Am 3.6.1986 beantragte der Kläger zusätzlich zu der bestehenden Kapitallebensversicherung den Einschluss einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Die Zusatzversicherung wurde mit Nachtrag vom 30.6.1986 policiert (Anlage 2, GA 23 ff).

Gemäß Mitteilung der Beklagten vom 9.10.2000 beläuft sich die jährliche Berufsunfähigkeitsrente ab 1.12.2000 auf 8.813,20 DM, der Monatsbeitrag auf 239,46 DM. Mit Wirkung ab 1.12.2001 hat sich die Berufsunfähigkeitsrente auf 8.965,--DM erhöht, der Monatsbeitrag beträgt 251,43 DM.

§ 2 der vereinbarten Besonderen Bedingungen für die Invaliditäts-Zusatzversicherungen definiert den Begriff der Invalidität wie folgt:

"1. Vollständige Invalidität liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich länger als 6 Monate oder bereits länger als 6 Monate außerstande ist, ihren Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

2. Teilweise Invalidität liegt vor, wenn die vorstehenden Voraussetzungen nur in einem bestimmten Grad erfüllt sind.

3. Scheidet die versicherte Person aus dem Berufsleben aus und werden später Leistungen wegen Invalidität beantragt, so kommt es bei der Anwendung der Ziffern 1 und 2 darauf an, dass die versicherte Person außerstande ist, eine Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht."

In einer Zusatzerklärung zum Nachtrag der Invaliditäts-Zusatzversicherung (Anlage 7) wird § 2 Ziffer 1 und 2 der Besonderen Bedingungen für die Invaliditäts-Zusatzversicherung durch folgende Definition der Invalidität ersetzt:

"Invalidität liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich länger als 6 Monate oder bereits 6 Monate außerstande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit zu erzielen".

Der Kläger hat vorgetragen, er sei Invalide im Sinne der vorstehenden Vertragsbedingungen und vollständig berufsunfähig. Die Beschwerden (auf deren Darstellung Seite 10 bis 12 GA wird Bezug genommen) ließen eine Erwerbstätigkeit des Klägers "in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr zu". Es handele sich um eine chronische Erkrankung mit rascher Verschlechterungstendenz. Im Leitstellendienst sei er in Notsituationen nicht mehr einsetzbar, da er an einem psychischen Erschöpfungssyndrom leide.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab 01.05.01 bis 01.12.11 eine jährliche Invaliditäts-(Berufsunfähigkeits-) Rente in Höhe von 4.506,12 Euro jährlich, zahlbar in vierteljährlichen Raten zu je 1.126,53 Euro, die rückständigen Beträge sofort zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Fälligkeit, die künftig fällig werdenden jeweils vierteljährlich im Voraus, zu zahlen.

2. festzustellen, dass der Kläger ab 01.05.01 von der Beitragspflicht zur Lebensversicherung Nr. 3400468 nebst eingeschlossener Invaliditäts- (Berufsunfähigkeits-)Zusatzversicherung freigestellt ist.

3. die Beklagte zu verurteilen, die von dem Kläger ab 01.05.01 gezahlten Versicherungsbeiträge jeweils mit 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem Tage der Beitragszahlung an den Kläger zurückzuzahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

der Kläger sei im Sinne der Vertragsbedingungen nicht Invalide. Er sei weiter in der Lage, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben. Der Kläger sei von Beruf Kfz-Mechaniker. Seit Mai 1970 sei er bei der Feuerwehr tätig gewesen und habe zuletzt als Hauptbrandmeister in Wechselschicht Leitstellendienst mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 42 Stunden verrichtet. In Notsituationen sei er auch im Außendienst tätig gewesen. Maßgeblich für die Versetzung des Klägers in den Ruhestand sei der Umstand gewesen, dass er der Stressbelastung in der Feuerleitstelle nicht mehr gewachsen gewesen sei. Entsprechend dem ärztlichen Befund von Dr. Sch. seien die Beschwerden des Klägers ausschließlich oder überwiegend durch ,,Mobbing am Arbeitsplatz" bedingt gewesen. Nach der Versetzung in den Ruhestand seien solche Beschwerden nicht mehr aufgetreten. Die orthopädischen bzw. ohrenfachärztlichen Erkrankungen des Klägers verhinderten nicht eine Tätigkeit im Innendienst, z.B. bei einem für die Feuerwehr "zuständigen Beschaffungsamt" oder einer ,,Werksfeuerwehr".

Das Landgericht hat die Beklagte nach Beweisaufnahme und Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. F. sowie eines psychiatrischen Gutachtens von Prof. Dr. K. nach Anhörung des letzteren antragsgemäß verurteilt.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Die Beklagte beantragt nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.

II.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht die Beklagte verurteilt, die Invaliditätsrente entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen an den Kläger zu zahlen. Der Kläger hat den Nachweis erbracht, dass er infolge Krankheit voraussichtlich auf Dauer außerstande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit zu erzielen.

1) Die in der Zusatzerklärung zum Nachtrag des Versicherungsscheins (GA 24) enthaltene Klausel verstößt allerdings entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen das Transparenzgebot des § 9 AGBG a.F. Der Kläger hat keine Berufsunfähigkeits- bzw. Invaliditätsversicherung mit einer sog. Beamten- oder Feuerwehrklausel abgeschlossen. Die Beklagte lehnte den Abschluss einer solchen Versicherung ab, weil sie damit einer Bindung an die Entscheidung des Dienstherrn entgehen wollte und die Sorge hatte, dass für die Entscheidung, einen Beamten in den Ruhestand zu versetzen, häufig außermedizinische Gründe maßgebend sind (vgl. Zur Problematik der Bindungswirkung an die Feststellungen der Dienstunfähigkeit durch Beurteilung des Dienstherrn OLG Nürnberg, Urteil vom 20.2.2003 - 8 U 1208/02 - r+s 2004, 160; KG Berlin Urteil vom 11.6.2002 - 6 U 193/01 - r+s 2004, 162; VersOmbudsmann, Entscheidung vom 31.1.2003 - 3290/02 L - r+s 2004, 163).

a) Soweit der Kläger argumentiert, er habe auf die Aussage des Versicherungsagenten Langenbein vertraut, dass er dann einen Anspruch auf Zahlung einer Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitsrente habe, wenn er seinen Beruf als Feuerwehrmann nicht mehr ausüben könne, es sei für den Eintritt des Versicherungsfalles die Dienstunfähigkeit für Feuerwehrmänner maßgebend, entspricht dieser Vortrag nicht den tatsächlichen Vereinbarungen, wie sie letztlich im Versicherungsschein policiert wurden. Zwar lässt sich dem zwischen Kläger, dem Versicherungsagenten L. und der Beklagten gewechselten Schriftverkehr entnehmen, dass der Kläger, allerdings eine geraume Zeit nach Policierung des Nachtrags der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung vom 30.6.1986, die Einbeziehung der Dienstunfähigkeit in den Versicherungsschutz wünschte (Schreiben des Agenten L. vom 15.12.1989, Anlage B 7, GA 69 und vom 3.4.1990, Anlage B 9, GA 71). Aus dem an den Kläger persönlich gerichteten Schreiben der Beklagten vom 11.1.1990 (Anlage B 8, GA 70) und dem an den Agenten adressierten Schreiben der Beklagten vom 19.4.1990 (Anlage B 11, GA 73) ergibt sich jedoch eindeutig, dass die Beklagte nicht bereit war, die Dienstunfähigkeit für Feuerwehrmänner über die Invaliditäts-Zusatzversicherung mitzuversichern. Der Kläger hat am 3.6.1986 persönlich in einer Zusatzerklärung betreffend den Nachtrag zur Invaliditäts-Zusatzversicherung die auf die Erwerbsunfähigkeit abstellende und § 2 Ziffer 1 und 2 der Besonderen Bedingungen für die Invaliditäts-Zusatzversicherungen ersetzende Klausel (sog. EU-Klausel) unterschrieben.

b) Diese letztlich zwischen den Parteien vereinbarte EU-Klausel ist begrifflich an die Formulierung des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit in der Sozialversicherung angelehnt und stellt anders als der Begriff der Berufsunfähigkeit in den Besonderen Bedingungen der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht auf den zuletzt ausgeübten konkreten Beruf oder eine andere Vergleichstätigkeit ab, die aufgrund der Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und der bisherigen Lebensstellung des Versicherungsnehmers entspricht. Die Klauselfassung entspricht weitgehend der Formulierung des § 44 II Satz 1 SGB VI a.F.. Auch wenn die Klausel inhaltlich erheblich von dem Regelungsgehalt des Begriffs der Invalidität des § 2 Ziffer 1 bzw. 2 der BB-BUZ bzw. hier der BB-IZV (Anlage 6, GA 29) abweicht, ist kein Verstoß gegen § 9 AGBG a.F. bzw. § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 305 c BGB n.F. ersichtlich. Die Frage, wann Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeit eintritt, ist hinreichend deutlich erkennbar. Die Formulierung "Erwerbsunfähigkeit in gewisser Regelmäßigkeit" oder "Erzielung von mehr als nur geringfügigen Einkünften durch Erwerbstätigkeit" ist durchaus bestimmbar. Eine unangemessene Benachteiligung des Kunden ist nicht ersichtlich. Auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer (BGHZ 106, 42, 49; Senat, VersR 2001, 1371) ist ersichtlich, dass hier nicht auf die Dienstunfähigkeit als Beamter oder gar als Feuerwehrmann abgestellt wird. Die Beklagte hat es nicht in der Hand, nach Gutdünken darüber zu befinden, ob der Versicherungsfall eingetreten ist oder nicht. Da die EU-Klausel an die Formulierung in der Sozialversicherung angelehnt ist, können auch die dort entwickelten Kriterien zur Bestimmung des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit herangezogen werden. Der Kläger hat selbst unter Bezugnahme auf § 43 II SGB II n.F. dargelegt, dass Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein, voll erwerbsgemindert sind (Schriftsatz vom 28.5.2002, S. 3, GA 123). Die Beklagte hat sich dieser Auffassung mit Schriftsatz vom 4.6.2002 (GA 127) angeschlossen und geht auch davon aus, dass unter der Voraussetzung, dass der Kläger einer dreistündigen Erwerbstätigkeit nicht nachgehen könne, "sicherlich" von einer Invalidität im Sinne der EU-Klausel ausgegangen werden könne. Das Landgericht hat deshalb folgerichtig in seinem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 10. Juni 2002 (GA 128) darauf abgestellt, ob der Kläger nicht mehr als drei Stunden einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann.

c) Auch lässt sich aus dem Verhältnis zwischen § 2 Ziffer 3 der BB-IZV, dessen Anwendung durch die Zusatzerklärung der EU-Klausel nicht ausgeschlossen ist, und der Formulierung in § 2 Ziffer 1 und 2 BB-IZV keine nach § 9 AGBG a.F. bzw. §§ 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 305 c BGB n.F. schädliche Unklarheit herleiten. Die § 2 Ziffer 1 und 2 BB-IZV ersetzende EU-Klausel steht nicht in Widerspruch zu der weiterbestehenden Regelung in § 2 Ziffer BB-IZV. Denn § 2 Ziffer 3 BB-IZV betrifft die Situation, dass der Versicherungsnehmer bereits bei Eintritt des Versicherungsfalles Berufsunfähigkeit aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist, z.B. freiwillig, ohne dass gesundheitliche Gründe hierfür maßgebend waren. Unerheblich ist auch, ob nach den beamtenrechtlichen Vorschriften die Erwerbsbezüge aus der Versicherung auf das beamtenrechtliche Ruhegehalt angerechnet werden.

2) Ausgehend von dem Ansatzpunkt, ob der Kläger in der Lage ist, eine Erwerbstätigkeit von mindestens 3 Stunden auf dem Allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen, hat die Beweisaufnahme vor dem Landgericht eindeutig ergeben, dass der Kläger hierzu nicht in der Lage ist. Die Erwerbsunfähigkeit des Klägers ist entgegen der Behauptung der Beklagten nicht ausschließlich auf "Mobbing am Arbeitsplatz" zurückzuführen. Der Kläger ist aufgrund seiner körperlichen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen auch nicht in der Lage, einer vergleichbaren Tätigkeit bei einer Werksfeuerwehr oder in einem industriellen Großbetrieb nachzugehen.

a) Eine bedingungsgemäße Invalidität bzw. Berufsunfähigkeit ergibt sich indes nicht bereits allein aus den orthopädischen Beschwerden, die den Kläger in seiner Berufsausübung als Feuerwehrmann beinträchtigen. Der Sachverständige Dr. F., Oberarzt an der Orthopädischen Universitätsklinik und Poliklinik des Saarlandes, hat in seinem Gutachten vom 1.11.2002 (GA 136 ff.) zwar ausgeführt, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, eine aktive Tätigkeit als Feuerwehrmann auszuüben. Der Sachverständige stützte sich dabei auf die ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und eine persönliche Untersuchung des Klägers. Der Sachverständige stellte jedoch auch fest, dass der Kläger "vollschichtig leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten" ausüben könne. Der Kläger könne aus orthopädischer Sicht die Stelle als Hauptbrandmeister in der Feuerwehrleitstelle bekleiden. Der Sachverständige machte allerdings die Einschränkung, dass bei seiner Bewertung ein beim Kläger gegebenes Schlafapnoe-Syndrom nicht berücksichtigt sei.

b) Aus dem ergänzend vom Landgericht eingeholten psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen Dr. K., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, ergibt sich schließlich, dass der Kläger unter Berücksichtigung seiner orthopädischen Beschwerden aus psychiatrischer Sicht nicht in der Lage ist, seine bisherige Tätigkeit oder eine andere, leichtere Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für wenigstens drei Stunden auszuüben. Der Sachverständige führte in seinem Gutachten aus, dass der Kläger, der über eine ganze Reihe von Jahren belastungsfähig und leistungsfähig gewesen sei, seit 1995 an mangelndem Selbstwertgefühl leide. Dies sei durch eine Versetzung in den Innendienst hervorgerufen worden. Der Kläger habe zwar versucht, dem durch eine verstärkte Gewissenhaftigkeit und Ordentlichkeit zu begegnen. Die Versetzung sei aber mit einer erhöhten subjektiven Verantwortung verbunden gewesen, die das Selbstwertgefühl belastet bzw. die Selbstunsicherheit erhöht habe. Letztlich habe dies zu verstärkten Kontrollmechanismen und einer erhöhten Gewissenhaftigkeit bis zu einer zwanghaften Ordentlichkeit geführt. Zu einer Dekompensation und depressiven Symptombildung manifester Art sei es dann nach einer spezifischen Belastungssituation bzw. einem Zwischenfall mit einer Gefährdung eines Kindes gekommen. Diese Situation habe zur Auslösung einer neurotisch-depressiven Symptombildung geführt, die seither persistiere. Arbeitsunfähigkeit sei dann schließlich im Dezember 1999 durch Beurteilung seines Hausarztes und aufgrund körperlicher Beschwerden eingetreten. Der Sachverständige stellte in seinem schriftlichen Gutachten fest, dass aus psychiatrischer Sicht eine prämorbide Persönlichkeitsstruktur eines Typus melancholicus festzustellen sei. Es sei derzeit eine neurotische, situative bzw. reaktive Depressivität zu verzeichnen. Der Sachverständige führte aus, dass aus der Darstellung der psychiatrischen Befundlage nicht hervorgehe, dass diese nicht mit Mobbing im Zusammenhang stehe.

Im Rahmen seiner mündlichen Anhörung vor der Kammer legte der Sachverständige dar, dass die Schlafapnoe für die jetzige psychiatrische Begutachtung des Klägers keine Rolle spiele. Die Vergesslichkeit bzw. Merkfähigkeitsschwäche sei verursacht worden durch die vorhandene Depression und komme nur als sekundäre Folge bei der Beurteilung in Betracht. Der Sachverständige Prof. Dr. K. betonte jedoch, dass aus orthopädischer Sicht durchaus ein Teilleistungsvermögen des Klägers vorhanden sei. Im Zusammenhang mit dem Krankheitsbild auf seinem Fachgebiet sei jedoch festzustellen, dass der Kläger nicht in der Lage sei, zumindest für drei Stunden täglich seine bisherige oder eine andere leichtere Tätigkeit auszuüben. Der Sachverständige hat, nachdem im Termin vor der Kammer die Zusatzerklärung bezüglich des Nachtrags zum Versicherungsschein (GA 24) vorgelesen wurde, eindeutig erklärt, dass unter Berücksichtigung dieses Tätigkeitsprofils der Kläger eine derartige Erwerbstätigkeit nicht ausüben könne. Der Sachverständige äußerte sich dahingehend, dass exakt diese Invalidität vorliege, wie sie in der ihm vorgelesenen Erklärung definiert sei.

Die von der Berufung gegen das Gutachten von Prof. Dr. K. vorgebrachten Argumente sind nicht überzeugend. Soweit die Berufung ausführt, der Sachverständige stütze sein Gutachten auf eine Exploration des Klägers vom 18.6.2003, es sei aber nicht nachvollziehbar, wie sich sein Beurteilungsergebnis auf die Vergangenheit übertragen lasse, verkennt die Berufung, dass sich der Gutachter in seinem Gutachten umfassend mit dem Beschwerdebild des Klägers, insbesondere ab 1995, befasst hat. Der Senat sieht auch keinen entscheidenden Widerspruch zu den Einschätzungen des Leitenden Medizinaldirektors beim Gesundheitsamt T., Dr. M., und des Nervenfacharztes Dr. Sch.. Dr. M. begründete die Versetzung des Klägers in den Ruhestand mit seiner psychischen Belastungssituation bei seiner Tätigkeit im Leitstellenbereich. Prof. Dr. K. sieht eine derartige Belastungssituation ebenfalls, bewertet diese aber im Zusammenhang mit einer reaktiven Depression. Dass Dr. Sch. eine dauernde Belastungsreaktion auf ein Mobbing am Arbeitsplatz zurückgeführt hat, schließt das Krankheitsbild einer Depression nicht aus. Prof. Dr. K. führt aus, dass die psychiatrische Befundlage nicht im Zusammenhang mit Mobbing stehe, selbstverständlich natürlich Mobbing geeignet sei, die Symptombildung zu verstärken.

Die Berufungserwiderung weist im Übrigen zu Recht darauf hin, dass die jetzt von der Berufung vorgebrachten Argumente bereits in erster Instanz hätten geltend gemacht werden können. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Bedenken gegen die fachliche Qualifikation des Gutachters, der Professor für Psychiatrie an der Universität Heidelberg ist. Es hat im Übrigen nicht nur eine momentbezogene Beurteilung des Klägers vorgelegen, sondern der Sachverständige hat Befundberichte aus den zurückliegenden Jahren in seine Beurteilung einbezogen, die sowohl eine Bewertung hinsichtlich Vergangenheit als auch für die Zukunft erlauben.

Der Senat beabsichtigt den Streitwert auf 23.370,65 € festzusetzen

(Rückstände Rente 375,51 € x 7 Monate = 2.628,57 €,

Rückstände Beiträge 122,43 € x 7 Monate =857,01 €,

Rente Zukunft 4.506,12 € x 3,5 , 9 ZPO = 15.771,42 €,

Beitrag Zukunft Feststellung 122,43 € x 42 x 80 % = 4.113,65 €).



Ende der Entscheidung

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