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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 22.06.2007
Aktenzeichen: 10 U 1650/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 494 a
Nach Ergehen einer Anordnung nach § 494 a ZPO begründet bereits diese ein Feststellungsinteresse für eine Feststellungsklage dahin, dass ein Minderungsrecht besteht oder bestanden hat oder wirksam mit Schadensersatzanforderung gegen eine Werklohnforderung aufgerechnet worden ist, soweit Raum für eine Leistungsklage nicht gegeben ist.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 10 U 1650/06

Verkündet am 22. Juni 2007

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenzund die Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juni 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 2. November 2006 wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass den Klägern ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund festgestellter Mängelbeseitigungskosten von 4.500 DM = 2.300,81 € und ein Minderungsrecht in Höhe von 7.715,81 DM = 3.945,03 € zusteht.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Kläger beauftragten die Beklagte mit der Durchführung von Zimmererarbeiten an ihrem Wohnhaus. Nachdem die Kläger Mängel geltend gemacht und die dritte Abschlagsrechnung der Beklagten nicht bezahlt hatten, leiteten die Kläger gegen die Beklagte ein selbständiges Beweisverfahren bei dem Landgericht Koblenz ein (4 OH 30/97). In diesem stellte der gerichtlich beauftragte Sachverständige das Vorliegen verschiedener Mängel, deren Beseitigung etwa 4.500 DM verursacht, fest; ein weiterer Sachverständiger ermittelte zusätzlich einen Wertminderungsbetrag wegen des Dachüberstandes in Höhe von 7.715,81 DM.

Nachdem das selbständige Beweisverfahren im Jahre 1998 beendet war, beantragte die Beklagte mit Schriftsatz vom 9. August 2005 in dem selbständigen Beweisverfahren die Anordnung der Klageerhebung in der Hauptsache. Die Kläger beantragten die Zurückweisung dieses Antrags; in der Begründung führten sie unter anderem aus, dass die Aufrechnung ihrer Ansprüche mit der Restwerklohnforderung der Beklagten wiederholt werde.

Mit Beschluss vom 6. Oktober 2005 wurde den Klägern in dem selbständigen Beweisverfahren 4 OH 30/97 LG Koblenz aufgegeben, binnen einer Frist von zwei Monaten Klage gegen die jetzige Beklagte zu erheben. Daraufhin haben die Kläger mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2005 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie beantragt haben,

1. es wird festgestellt, dass den Klägern ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund festgestellter Mängelbeseitigungskosten von 4.500 DM = 2.300,81 € zusteht,

2. es wird festgestellt, dass den Klägern ein Minderungsrecht zumindest in Höhe von 7.715,81 DM = 3.945,03 € zusteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat insbesondere die Auffassung vertreten, durch die von den Klägern erklärte Aufrechnung seien die Forderungen, deren Feststellung die Kläger nunmehr begehrten, erloschen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Kläger tatsächlich in dem selbständigen Beweisverfahren gegenüber der geltend gemachten Restwerklohnforderung der Beklagten die Aufrechnung mit ihnen zustehenden Mängelbeseitigungs- bzw. Minderungsansprüchen erklärt hätten, wodurch eine Feststellung der durch die Aufrechnung erloschenen Ansprüche nicht möglich sei.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der sie geltend machen, zur Vermeidung einer nachteiligen Kostenfolge in dem selbständigen Beweisverfahren zur Erhebung der vorliegenden Klage gezwungen gewesen zu sein. Die Aufrechnungserklärung sei ins Leere gegangen, da mit einem Minderungsrecht nicht aufgerechnet werden könne und das Zurückbehaltungsrecht wegen Mangelbeseitigungskosten noch immer bestehe, da mangels Nachfristsetzung und Ablehnungsandrohung kein Schadensersatzanspruch begründet worden sei.

Die Kläger beantragen,

in Abänderung des Urteils des Landgerichts Koblenz festzustellen, dass den Klägern ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund festgestellter Mangelbeseitigungskosten von 4.500 DM = 2.300,81 € zusteht und dass den Klägern ein Minderungsrecht zusteht in Höhe von 7.715,81 DM = 3.945,03 €.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und den Klägern die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 4 OH 30/97 LG Koblenz aufzuerlegen.

Sie macht geltend, durch die von den Klägern erklärte Aufrechnung bestehe für die Kläger kein Feststellungsinteresse mehr.

Wegen des weiteren Vorbringens zum Sach- und Streitstand wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger ist begründet und führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und antragsgemäßen Feststellung des Bestehens der von den Klägern geltend gemachten Rechte.

Nach § 494 a ZPO hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat, wenn ein Rechtsstreit nicht anhängig ist. Nachdem die Beklagte einen dahingehenden Antrag gestellt hatte, war das Landgericht gehalten, den Klägern eine Frist zur Klageerhebung zu setzen. Dem sind die Kläger mit der vorliegenden Klage nachgekommen.

Der vorliegenden Klage fehlt nicht etwa das Feststellungsinteresse, weil durch die von den Klägern im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens erklärte Aufrechnung die auf Mängeln der Werkleistung der Beklagten basierenden Rechte der Kläger erloschen wären. Selbst wenn die erklärte Aufrechnung die Rechte der Kläger zum Erlöschen gebracht hätte (§ 389 BGB), hätten die Kläger ein schützenswertes Interesse an der Feststellung gehabt, dass ihnen diese Rechte zugestanden hatten, da sie nur so der nachteiligen Kostenfolge des § 494 a Abs. 2 ZPO entgehen konnten. Für den Fall, dass - wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil - die von den Klägern erklärte Aufrechnung als wirksam angesehen wird, hätte ein Beschluss nach § 494 a Abs. 1 ZPO nicht ergehen dürfen (vgl. Zöller-Herget, Zivilprozessordnung, 26. Aufl., § 494 a, Rdnr. 2 m.w.N.). Da der die Anordnung nach § 494 a Abs. 1 ZPO aussprechende Beschluss nicht mit einem Rechtsmittel anfechtbar ist (vgl. Zöller-Herget, a.a.0., Rdnr. 3 mit Rechtsprechungsnachweisen), verbleibt dem Antragsteller eines selbständigen Beweisverfahrens in dem Falle, dass er seinerseits keinen Leistungstitel erwirken will, sondern sich nur auf das Bestehen von Gegenrechten gegenüber einem Werklohnanspruch beruft, nur die Möglichkeit der Klage auf Feststellung, dass ihm diese Ansprüche zustehen oder - im Falle ihres durch Aufrechnung eingetretenen Erlöschens - zugestanden haben.

Die Kläger haben vorliegend einen Anspruch auf die Feststellung, dass ihnen die von den Sachverständigen in dem selbständigen Beweisverfahren festgestellten Ansprüche auf Minderung des Restwerklohnanspruchs der Beklagten und auf Mangelbeseitigung zustehen. Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass den Klägern diese Ansprüche in der geltend gemachten Höhe zugestanden haben, sie beruft sich insoweit lediglich auf das Erlöschen durch die von den Klägern erklärte Aufrechnung. Dieser Einwand geht indes fehl, da das Minderungsrecht als solches einer Aufrechnung nicht zugänglich ist, sondern als Gestaltungsrecht lediglich durch seine Ausübung erlischt und die Vergütungsforderung dann zugleich herabsetzt. Da mangels einer Nachfristsetzung und Ablehnungsandrohung seitens der Kläger kein Schadensersatzanspruch für diese nach §§ 634, 635 BGB a.F. entstanden ist, ging auch die von den Klägern erklärte Aufrechnung hinsichtlich ihrer Ansprüche wegen noch durchzuführender Mängelbeseitigung ins Leere.

Die auf Feststellung des Bestehens der aus der mangelhaften Werkleistung resultierenden Ansprüche der Kläger gegen die Beklagte gerichtete Klage ist mithin begründet. Die Klage wäre auch dann begründet, wenn die von den Klägern geltend gemachten Mängelrechte durch die von ihnen erklärte Aufrechnung erloschen wären, da für diesen Fall die klägerischen Feststellungsanträge dahin auszulegen wären, dass die Kläger die Feststellung begehren, dass ihnen diese Rechte zugestanden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.996,67 € (80 % der geltend gemachten Mängelrechte) festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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