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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 29.09.2000
Aktenzeichen: 10 U 1667/99
Rechtsgebiete: BB-BUZ


Vorschriften:

BB-BUZ § 7
Durch Abgabe eines prozessualen Teilanerkenntnisses begibt sich der Versicherer nicht seines Rechts, ein Nachprüfungsverfahren nach § 7 BB-BUZ durchzuführen.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES Urteil - abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO -

10 U 1667/99

verkündet am: 29. September 2000

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Werner und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Binz und Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 8. September 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 5. Oktober 1999 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das vorbezeichnete Teilanerkenntnis- und Schlussurteil teilweise dahingehend abgeändert, dass die Kosten des Berufungsverfahrens 10 U 454/97 in vollem Umfange der Beklagten auferlegt werden.

Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in Anspruch.

Der Kläger, der seit August 1981 bei der Air Police in S. (Flugplatz) als Leiter der Einsatzstelle (Angestellter) beschäftigt war, befand sich wegen Arterienverschluss, Bluthochdruck, Kopfschmerz, Muskelschwäche und Gehbehinderung ab 21.4.1993 in ärztlicher Behandlung. In der Zeit vom 23.02. bis 23.03.1994 hielt er sich stationär in einer Rehabilitationsklinik auf. Er teilte der Beklagten am 22.2.1994 mit, dass er seit dem Zeitpunkt seiner ärztlichen Behandlung arbeitsunfähig und berufsunfähig sei. Er könne keine Tätigkeiten ausüben, die mit Streß verbunden seien.

Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung von 10.090,80 DM in Anspruch genommen. Mit Urteil des Landgerichts vom 25.2.1997 (GA 189) ist die Klage abgewiesen worden. Auf die Berufung des Klägers hat der Senat durch Urteil vom 27.3.1998 (GA 242) die Entscheidung des Landgerichts insoweit, als darin laufende monatliche Zahlungsansprüche des Klägers für die Zeit ab Februar 1994 abgewiesen worden sind, aufgehoben und an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.

Mit Schriftsatz vom 29.4.1998 (GA 257 ff.) hat der Kläger seinen Antrag erweitert und vorgetragen, ab Oktober 1996 von der BfA eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu beziehen. Die Beklagte zahlte daraufhin an den Kläger für die Zeit von Oktober 1996 bis August 1998 nach Maßgabe ihres Vorbringens im Schriftsatz vom 25.8.1998 (GA 278) insgesamt 12.955,12 DM sowie in der Zeit von September bis Dezember 1998 monatlich 471,49 DM (Rente) und weitere 110,60 DM (Beitragsrückerstattung). Ab Januar 1999 wurden aufgrund einer weiteren Erhöhung der Rente 493 DM monatlich gezahlt.

Nachdem die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 17.8.1999 (GA 340) den Rechtsstreit in Höhe der von der Beklagten erbrachten Zahlungen übereinstimmt teilweise für erledigt haben, haben die Parteien darüber gestritten, ob der Kläger in der Zeit von Februar 1994 bis September 1996 berufsunfähig war.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 28.590,60 DM nebst 4 % Zinsen aus jeweils 560,60 DM ab 2.2.1994 und ab dem 2. eines jeden folgenden Monats,

2. ab Mai 1998 bis Februar 2005 monatlich im voraus 450,-- DM nebst 4 % Zinsen ab dem 2.5.1998 und ab dem 2. eines jeden folgenden Monats, und

3. ab Mai 1998 bis zur endgültigen Entscheidung über die Leistungspflicht der Beklagten aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung monatlich 110,60 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat den Klageantrag zu 2) ab dem 1.9.1998 unter Verwahrung gegen die Kostenlast mit der Maßgabe anerkannt, dass der Beklagten ein Nachprüfungsrecht nach § 7 BB-BUZ (GA 341ff) zustehe.

Das Landgericht hat daraufhin mit Teilurteil vom 7.9.1999 die Beklagte verurteilt, an den Kläger für die Zeit von Februar 1994 bis September 1996 insgesamt 17.939,20 DM nebst 4 % Zinsen aus jeweils 560,60 DM ab dem 2. eines jeden Monats, erstmals ab 2.2.1994 zu zahlen. Gegen dieses Teilurteil hat die Beklagte Berufung eingelegt (10 U 1541/99). Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf das Senatsurteil vom heutigen Tag verwiesen.

Die Parteien haben vor dem Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 21.9.1999 (GA 361) in der Hauptsache auch bezüglich des Monats September 1999 und der Beitragsbefreiung (Klageantrag zu 3) den Rechtsstreit insgesamt für erledigt erklärt.

Der Kläger hat daraufhin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab Oktober 1999 bis Februar 2005 monatlich im voraus 439,84 DM zu zahlen. Dieser Antrag ist von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 21.9.1999 (GA 361) mit der Maßgabe anerkannt worden, dass ihr ein Nachprüfungsrecht nach § 7 BB-BUZ zustehe.

Das Landgericht hat daraufhin mit Teilanerkenntnis- und Schlussurteil vom 5. Oktober 1999 die Beklagte weiter verurteilt, an den Kläger für die Zeit ab Oktober 1999 bis Februar 2005 monatlich 493,84 DM zu zahlen.

Die Beklagte wendet sich mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung gegen das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil vom 5.10.1999, soweit die Klage ohne Vorbehalt eines Nachprüfungsrechts nach § 7 BB-BUZ abgewiesen worden ist. Der Kläger begehrt mit seiner unselbständigen Anschlussberufung, dass der Beklagten die Gesamtverfahrenskosten auferlegt werden.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

1) Das Landgericht hat zu Recht die Beklagte verurteilt, an den Kläger für die Zeit ab Oktober 1999 bis Februar 2005 monatlich im voraus eine Berufsunfähigkeitsrente von 493,84 DM zu zahlen. Die Höhe der derzeit zu zahlenden Rente steht zwischen den Parteien außer Streit. Der Aufnahme eines Nachprüfungsvorbehalts gemäß § 7 BB-BUZ im Tenor der Entscheidung bedurfte es entgegen der Auffassung der Berufung nicht. Der Senat schließt sich den Ausführungen des Landgerichts an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug, § 543 Abs. 1 ZPO.

a) Die Beklagte ist aufgrund ihres Anerkenntnisses des Klageantrages zu 2) nicht gehindert, das Nachprüfungsverfahren gemäß § 7 BB-BUZ durchzuführen, soweit sie der Auffassung ist, dass sich Änderungen bezüglich des Fortbestehens des Grads der Berufsunfähigkeit ergeben haben. Sinn und Zweck der Regelung ist es, den Versicherten, dessen Anspruch der Versicherer anerkannt hat, davor zu schützen, dass der Versicherer plötzlich seine Leistungen einstellt, weil er -- zu Recht oder Unrecht -- der Meinung ist, der Versicherte sei nicht mehr berufsunfähig. Dem Versicherten wird deshalb ein gewisser "Bestandschutz" gesichert (BGH Urteil vom 16.12.1987 -- VersR 1988, 281). Der Versicherer bleibt an sein Anerkenntnis solange gebunden, bis er mit Erfolg das Verfahren nach § 7 BB-BUZ durchgeführt hat (BGH Urteil vom 5.10.1983 -- IV a ZR 11/82 -- VersR 1984, 51; 1987, 808). Der Versicherer soll sich nicht durch einseitige Erklärung von seiner in § 7 BB-BUZ festgelegten Selbstbindung nach Abgabe eines Leistungsanerkenntnisses befreien können (BGH VersR 1988, 281). Es ist Sache des Versicherers gemäß § 5 BB-BUZ in seinem Leistungsanerkenntnis klarzustellen, ob, in welchem Umfang und von welchem Zeitpunkt ab er seine Leistung anerkennen will. Bei der Nachprüfung der Berufsunfähigkeit kann der Versicherte nur dann noch auf einen Vergleichsberuf verwiesen werden, wenn sich der Grad der Berufsunfähigkeit seit dem Anerkenntnis gebessert hat (OLG Karlsruhe Urteil vom 16.8.19990 -- 12 U 84/89 -- r+s 1992, 321). Das Nachprüfungsverfahren eröffnet nicht die Möglichkeit, die Verweisbarkeit auf einen Vergleichsberuf wegen später hinzukommender Kenntnisse und Fähigkeiten erneut zu prüfen (OLG Köln Urteil vom 13.12.1990 -- 5 U 126/90). Durch Abgabe eines prozessualen Teilanerkenntnisses im Verlaufe des Rechtsstreits, hat sich die Beklagte nicht ihres Rechts begeben, im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen, ein Nachprüfungsverfahren nach § 7 BB-BUZ durchzuführen.

b) Entgegen der Auffassung der Berufung liegt bezüglich des zuletzt gestellten Klageantrages hinsichtlich der Rentenzahlungen für die Zeit ab Oktober 1999 bis Februar 2005 von monatlich 493,84 DM kein "sofortiges" Anerkenntnis vor. Die Berufungserwiderung weist zutreffend daraufhin, dass der Kläger bereits mit Schriftsatz vom 26.8.1997 (GA 223) mitgeteilt habe, dass ihm ab 1.10.1996 eine Erwerbsunfähigkeitsrente von der BfA gewährt worden sei. Der Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 4.3.1998 (GA 230, 238) und später nochmals vollständig (GA259) vorgelegt. Die Beklagte hat erst mit Schriftsatz vom 26.8.1998, nach Erlass eines weiteren Auflagen- und Beweisbeschlusses vom 3.8.1998, den Klageantrag zu Ziffer 2) anerkannt. Im übrigen kann -- von Ausnahmefällen abgesehen -- nicht von einem sofortigen Anerkenntnis gesprochen werden, wenn vor Abgabe des Anerkenntnisses bereits eine umfangreiche Beweisaufnahme stattgefunden hat, hier darüber hinaus bereits ein das landgerichtliche Urteil vom 25.2.1997 teilweise aufhebendes Urteil des Senats vom 27.3.1998 (GA 242) ergangen ist.

Die Berufung hatte aus den dargelegten Gründen keinen Erfolg.

III.

Die Anschlussberufung hat demgegenüber Erfolg. Die gemischte Kostenentscheidung des Landgerichts nach Teilerledigungserklärung im Teilanerkenntnis- und Schlussurteil ist nicht nachvollziehbar, soweit es die Kosten des Berufungsverfahrens 10 U 454/97 betrifft. Im Endergebnis hat dem Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente ab Februar 1994 zugestanden, so dass die Kosten des ursprünglichen Berufungsverfahrens und auch des erneuten Berufungsverfahrens von der Beklagten zu tragen sind. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Verfahrens erster Instanz ist nicht zu beanstanden, weil eine Teilklagerücknahme hinsichtlich der geltend gemachten Renten- und Beitragsbefreiung für den Zeitraum Mai 1993 bis Januar 1994 erfolgt ist (§§ 269 Abs. 3 i.V.m. § 91, 91 a ZPO).

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 20.741,28 DM (493,84 DM x 12 x 3,5 § 9 ZPO). Er entspricht der Beschwer der Beklagten.

Ende der Entscheidung

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