Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 21.09.2001
Aktenzeichen: 10 U 1669/00
Rechtsgebiete: AKB, VVG


Vorschriften:

AKB § 12 Nr. 1 I b)
AKB § 7 I Nr. 2 S. 3 u. V Nr. 4
VVG § 6 III S. 1
1. Zu den Beweiserleichterungen beim Nachweis des "äußeren Bildes" eines Diebstahls in der Teilkaskoversicherung (im Anschluss an BGHZ 130, 1, 3 = NJW 1995, 2169; BGH NJW-RR 1999, 246; Senatsurteil vom 1.10.1999 -- 10 U 1846/97 -- OLGR 2000, 455).

2. Eine zur Leistungsbefreiung des Versicherers führende schuldhafte Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers liegt nicht vor, wenn dieser die Frage nach der Anzahl der Fahrzeugschlüssel zutreffend beantwortet, allerdings einen anders aussehenden und von ihm fälschlicherweise als Handschuhfachschlüssel angesehenen Werkstattschlüssel nicht angegeben hat und der Versicherer nicht ausdrücklich nach dem Vorhandensein dieses Werkstattschlüssels gefragt hat.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 10 U 1669/00

Verkündet am 21. September 2001

In dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Binz und Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 7. September 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 19. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Teilkaskoversicherung für einen von ihr geleasten und nach ihren Angaben entwendeten PKW der Marke Mitsubishi Pajero, dessen Kaufpreis brutto 78.247,-- DM nebst 700,-- DM Überführungskosten betrug, in Anspruch. Die Klägerin und ihr Ehemann befanden sich ab 8.10.1998 in Ungarn (Galambok/Zakaros) in Urlaub.

Die Klägerin hat vorgetragen,

am 14.10.1998 gegen 11.00 Uhr habe sie gemeinsam mit ihrem Ehemann das nahegelegene Thermalbad aufgesucht. Ihr Ehemann habe sich vom Thermalbad aus zum Zahnarzt begeben. Sie sei gegen 15.00 Uhr allein zum Ferienhaus zurückgekehrt. Sie habe bemerkt, dass das Schloss zu der im Erdgeschoss gelegenen Ferienwohnung aufgebrochen worden und das Fahrzeug nicht mehr vorhanden gewesen sei. Der bzw. die Täter hätten in der Wohnung den Schlüsselbund entwendet, an dem sich ihr Fahrzeugschlüssel befunden habe. Des Weiteren seien das Mäppchen mit zwei weiteren Schlüsseln, einem schwarzen und dem grauen Werkstattschlüssel, wie sie später erfahren habe, entwendet worden. Diesen Schlüsselbund habe immer ihr Ehemann, der Zeuge B., benutzt.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr Versicherungsschutz auf der Grundlage des Kaskoversicherungsvertrages ... für das am 14.10.1998 entwendete Fahrzeug Marke Mitsubishi Pajero, ..., Fahrgestellnummer: ... zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

die Klägerin habe eine zur Leistungsfreiheit führende Obliegenheitsverletzung begangen, weil sie wahrheitswidrig die Frage nach der Anzahl der vorhandenen Fahrzeugschlüssel nicht richtig angegeben habe. Außerdem gehe sie davon aus, dass es sich entweder um einen vorgetäuschten Diebstahl oder um einen Auftragsdiebstahl handele. Der Vortrag der Klägerin ergebe keinen das äußere Bild eines Diebstahls lückenlos darlegenden Sachverhalt. Dies führe zu einer Beweislastumkehr. Die Klägerin habe diesen Beweis nicht erbracht. Dieser Verdacht gründe sich insbesondere darauf, dass sich die Klägerin und ihr Ehemann, der Zeuge B., im Zeitpunkt des Abschlusses des Leasingvertrages in sehr schlechten finanziellen Verhältnissen befunden hätten. So sei bezüglich der Klägerin eine Haftandrohung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am 31.1.1997 erfolgt. Auch bezüglich ihres Ehemannes habe eine solche vorgelegen. Außerdem sei unklar, aus welcher Quelle die Klägerin die Sonderzahlung für den Pkw erbracht habe. Es werde geargwöhnt, dass eine "Versicherungslösung" eine Entschuldung über die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung bringen sollte.

Im Wege der Replik hat die Klägerin vorgetragen, es sei ihr nicht bekannt gewesen, dass es sich um drei Fahrzeugschlüssel gehandelt habe, zumal einer dieser Schlüssel andersfarbig gewesen sei. Dies habe ihr Ehemann auch nicht gewusst. Dies hätten sie erst später, nämlich nach Eintritt des Versicherungsfalles, erfahren. Insgesamt habe sie 32.152,33 DM unter Berücksichtigung der Inzahlungnahme ihres früheren PKW's geleistet und würde keinen Vorteil dadurch erreichen, dass der Wagen gestohlen worden sei. Das Fahrzeug habe vielmehr im Eigentum der M Kreditbank GmbH gestanden, an die letztendlich die Versicherungsleistung fließen würde.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme und Vernehmung des Zeugen B. und Beiziehung der Akte der StA Darmstadt ... Js... der Klage entsprochen und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin Versicherungsschutz auf der Grundlage des Kaskoversicherungsvertrages für das entwendete Fahrzeug zu gewähren. Die Klägerin habe das äußere Bild eines Diebstahls zumindest mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die glaubhafte Aussage ihres Ehemanns B. dargelegt, wobei dahin gestellt bleiben könne, ob nicht bereits der Vollbeweis gelungen sei. Der Zeuge habe auf die Kammer einen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Die von der Beklagten und der Polizei dargelegten Widersprüche seien zum Teil nicht vorhanden oder ergäben sich aus Feinheiten der Formulierung. Demgegenüber habe die Beklagte nicht mit erheblicher Wahrscheinlichkeit darlegen können, dass der behauptete Diebstahl nur vorgetäuscht sei. Eine zur Leistungsfreiheit führende Obliegenheitsverletzung liege nicht vor. Angesichts dessen, dass der Werkzeugschlüssel eine andere Farbe gehabt habe, sei nicht ersichtlich gewesen, das es sich um einen dritten Fahrzeugschlüssel gehandelt habe.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Die Angaben der Klägerin und ihres Ehemanns, des Zeugen B., seien in sich widersprüchlich und nicht glaubhaft. Außerdem liege eine Obliegenheitsverletzung vor, weil die Klägerin auf die Frage, wie viele Fahrzeugschlüssel beim Kauf übergeben worden seien, wahrheitswidrig zwei, anstatt drei angegeben habe. Erst durch Rückfrage beim Hersteller habe sich herausgestellt, dass tatsächlich zwei Schlüssel übergeben worden seien. Im übrigen sei für die Schadensberechnung auf den Zeitwert und nicht auf den Neuwert abzustellen. Da das Fahrzeug im Eigentum der Leasinggesellschaft stehe, sei die Mehrwertsteuer herauszurechnen.

Die Beklagte beantragt nunmehr,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das angegriffene Urteil zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und Beweiserbietens vor, die Klägerin habe den Beweis des äußeren Bildes eines Diebstahls erbracht. Die Berufung ignoriere, dass die ungarische Polizei den Dieb des Fahrzeugs ermittelt habe. Die Darstellung des Geschehensablaufs sei weder widersprüchlich noch habe die Klägerin als Leasingnehmerin ein wirtschaftliches Interesse an der Vortäuschung eines Diebstahls. Es liege auch keine Obliegenheitsverletzung vor. In dem Fragebogen sei nach der Anzahl von Fahrzeugschlüsseln gefragt worden. Bei dem dritten (grauen) Schlüssel habe es sich jedoch nur um einen Werkzeugschlüssel gehandelt. Die Fragestellung im Fragebogen sei zumindest missverständlich. Der Zeuge B. habe geglaubt, der Werkzeugschlüssel sei nur für das Handschuhfach bestimmt, da es ansonsten keinen Sinn gemacht hätte, beide Schlüssel am Schlüsselbund zu belassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil mitsamt den dort in Bezug genommenen Unterlagen Bezug genommen, ferner auf die in beiden Rechtszügen zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

1) Das Landgericht hat zu Recht der Klage entsprochen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 543 Abs. 1 ZPO.

a) Behauptet der Versicherungsnehmer, sein PKW sei gestohlen worden, genügt er seiner Beweislast zunächst mit dem Nachweis eines Sachverhalts, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass die versicherte Sache in einer den Versicherungsbedingungen entsprechenden Weise entwendet wurde (BGH Urteil vom 27.4.1977 -- IV ZR 79/76 -- VersR 1977, 610; vom 19.5.1979 -- IV ZR 78/77 -- VersR 1978, 732f.) Es reicht aus, wenn der Versicherungsnehmer Anzeichen beweist, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das äußere Bild eines versicherten Diebstahls ergeben (BGH Urteil vom 3.7.1991 -- IV ZR 220/90 -- VersR 1991, 1047; vom 5.10.1983 -- IV a ZR 19/82 -- VersR 1984, 29; BGHZ 79, 54, 59 = VersR 81, 345, 346). Das für das äußere Bild eines Diebstahls erforderliche Mindestmaß an Tatsachen ist im allgemeinen dann gegeben, wenn der Versicherungsnehmer das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt hat, an dem er es später nicht mehr vorfindet (BGHZ 130,1, 3 = NJW 1995, 2169; BGH Urteil vom 4.11.1998 -- IV ZR 302/97 -NJW-RR 1999, 246). Diese Beweiserleichterung für den Versicherungsnehmer entfällt, wenn der Versicherer seinerseits darlegt und gegebenenfalls beweist, dass nicht nur hinreichende Wahrscheinlichkeits- oder Verdachtsmomente vorliegen, sondern eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für einen anderen Geschehensablauf besteht. Es müssen konkrete Tatsachen festgestellt werden, welche die Annahme einer Vortäuschung des Versicherungsfalls mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nahelegen, wobei ein Minus an Beweisanzeichen gegenüber dem üblichen Fall eines Indizienbeweises genügt, um das erforderliche Beweismaß zu erreichen (BGH Urteil vom 12.4.1989 -- IV a ZR 83/88 -- VersR 1989, 587; OLG Hamm Urteil vom 20.3.1992 -- 20 U 289/91 -- VersR 1993, 218, 219; Senatsurteil vom 1. Oktober 1999 -- 10 U 1846/97 -- OLGR 2000, 455).

b) Der Senat hat eine erneute Vernehmung des Zeugen Helmut B. vorgenommen und auch die Klägerin gemäß § 141 ZPO zum Geschehensablauf angehört. Aufgrund der Vernehmung des Zeugen B., zusätzlich abgerundet durch die Angaben seiner Ehefrau, ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass der PKW Pajero der Klägerin tatsächlich in Ungarn gestohlen worden ist und auch kein Auftragsdiebstahl vorliegt, wie die Berufung mutmaßt. Der Zeuge hat nachvollziehbar und für den Senat in jeglicher Hinsicht glaubhaft bekundet, dass das Fahrzeug am 14.10.1998 gegen 11.00 Uhr noch vor der Ferienwohnung gestanden habe, er sich anschließend mit seiner Ehefrau ins Thermalbad begeben und danach einen Zahnarzt aufgesucht habe. Er habe erstmals von dem Diebstahl des PKW Pajero erfahren, als seine Ehefrau gemeinsam mit der Polizei ihn beim Zahnarzt aufgesucht habe. Nach seiner zahnärztlichen Behandlung sei er schließlich zu Fuß zurück zu dem Ferienhaus gegangen und habe bemerkt, dass das Türschloss ausgebaut worden sei. Später habe er dann bei der Polizei eine Aussage gemacht, wobei es Schwierigkeiten beim Dolmetschen gegeben habe, worauf die vermeintlichen Widersprüche in der Schadensschilderung wohl zurückzuführen seien. Richtig sei zwar, dass die Angaben in seiner Aussage vor der Polizei in L. (GA 21 der Ermittlungsakte), wonach er mit seiner Ehefrau gemeinsam zum Ferienhaus zurückgekehrt und erst dann vom Aufbruch der Haustür Kenntnis erlangt habe, nicht richtig gewesen seien. Der Zeuge konnte sich den Widerspruch in der Sachdarstellung nicht erklären. Der Senat ist dennoch in Übereinstimmung mit dem Landgericht zur Überzeugung gelangt, dass der Zeuge nicht gelogen hat. Der Zeuge wirkte bei seiner Vernehmung etwas ungeordnet und fahrig in seiner Darstellung, vereinzelt wiederum auch lethargisch, so dass es durchaus sein kann, dass er aufgrund persönlicher Gegebenheiten nicht in der Lage war, den Geschehensablauf in der richtigen zeitlichen Abfolge verständlich zu vermitteln und schließlich das Vernehmungsprotokoll bei der Polizei in Lampertsheim unterschrieben hat, ohne darauf hinzuweisen, dass der Geschehensablauf inhaltliche Ungenauigkeiten beinhaltet. Die gesamte Darstellung über den Aufenthalt in Ungarn und das Kerngeschehen des Diebstahls wirkte jedoch für den Senat überzeugend. Auch zur Aussage seiner Ehefrau ergaben sich keine Widersprüche. Der Zeuge hat auch auf sehr eindringliche Vorhalte des Senats plausibel darlegen können, dass selbst aufgrund der angespannten finanziellen Lage die Finanzierung des PKW's Pajero über Leasingraten gesichert war. Zahlungsrückstände sind jedenfalls nicht aufgetreten. Gegen das von der Beklagten angeführte Motiv, die Klägerin und ihr Ehemann hätten sich im Hinblick auf die angespannte finanzielle Lage entschulden wollen, spricht, dass die Klägerin nach dem Diebstahl einen neuen PKW Pajero geleast hat. Demgegenüber ist der Beklagten nicht mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der Nachweis gelungen, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht war. Dagegen lässt sich anführen, dass ein Täter in Ungarn ermittelt und auch Anklage gegen ihn erhoben wurde. Für einen Auftragsdiebstahl, wie die Beklagte mutmaßt, sind überhaupt keine Anhaltspunkte vorhanden.

2) Die Beklagte ist auch nicht wegen Obliegenheitsverletzung der Klägerin leistungsfrei geworden (§ 7 I Nr. 2 S. 3 und V Nr. 4 AKB i.V.m. § 6 III S. 1 VVG). Leistungsfreiheit des Versicherers besteht, wenn der Versicherungsnehmer seine Obliegenheit verletzt hat, nach Eintritt des Versicherungsfalls alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestands und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann, es sei denn, dass die Obliegenheitsverletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich maßgeblich nach den vom Versicherer im Schadensanzeigeformular gestellten Fragen (Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl. (1998), § 7 AKB Rdnr. 13; Senatsurteil vom 12.3.1999 -- 10 U 419/98 -- NVersZ 1999, 273, 274). Zur Obliegenheit des Versicherungsnehmers gehört es, dass die in der Schadensanzeige gemachten Angaben wahrheitsgemäß und vollständig sind. Unter die Aufklärungspflicht fallen sämtliche Umstände, die zur Feststellung des Entschädigungsbetrags von Bedeutung sein können. Dies gilt vor allem bei Entwendungen von Kraftfahrzeugen, bei denen der Versicherer keine eigenen Erkenntnismöglichkeiten hat (Prölss/Martin, § 7 Rdnr. 43; Senatsurteile vom 15. Januar 1999 -- 10 U 1574/97 -- NVersZ 1999, 272 = VersR 1999, 1536; vom 26. Mai 2000 -- 10 U 1627/99 -- r+s 2001, 13).

Die Klägerin hat auf die Frage im Schadensanzeigeformular "Wieviele Fahrzeugschlüssel haben Sie beim Fahrzeugkauf erhalten?" mit "zwei" geantwortet. Der Klägerin kann hier zumindest keine vorsätzliche oder grob fahrlässige Falschbeantwortung der Frage vorgeworfen werden. Problematisch ist, ob überhaupt die Frage fehlerhaft beantwortet wurde. Denn die Klägerin hat in der Tat nur 2 Fahrzeugschlüssel und dazu noch einen Werkstattschlüssel erhalten, der zudem noch eine andere Farbe hatte. Nach dem Werkstattschlüssel hat die Beklagte ausdrücklich nicht gefragt. Aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers konnte die Frage durchaus so verstanden werden, dass nur nach den eigentlichen Fahrzeugschlüsseln, nicht aber nach dem Werkstattschlüssel gefragt ist. Gegen ein schuldhaftes Verhalten der Klägerin spricht schließlich, dass ein Fahrzeugschlüssel gemeinsam mit dem Werkstattschlüssel an einem Bund geführt wurde, was ein Indiz dafür ist, dass die Klägerin bzw. ihr Ehemann davon ausgegangen sind, das es sich bei dem Werkstattschlüssel um einen Schlüssel für das Handschuhfach gehandelt habe. Schließlich lässt sich für die Klägerin anführen, dass ihr Ehemann bei der Diebstahlsanzeige in Ungarn angegeben hatte, dass sich an einem Schlüsselbund der Zündschlüssel und der Schlüssel für das Handschuhfach (richtigerweise Werkstattschlüssel) befunden habe. Die Anzahl der vorhandenen Schlüssel, d. h. Fahrzeugschlüssel bzw. weiterer, versehentlich als Handschuhfach- anstatt Werkstattschlüssel bezeichneter Schlüssel, ist jedenfalls von vornherein korrekt angegeben worden.

Die Berufung war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 51.541,98,-- DM (GA 55 Nettokaufpreis, da Leasingfahrzeug 65.727,48 DM + 700,-- DM Überführung abzüglich 2.000,-- DM Selbstbeteiligung, mithin 64.427,48 DM x 80 %). Die Beschwer der Beklagten entspricht dem Streitwert des Berufungsverfahrens.

Ende der Entscheidung

Zurück