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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 24.04.2006
Aktenzeichen: 10 U 171/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114 Satz 1
Zur "Insolvenzfestigkeit" einer Direktversicherung auch des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH mit Mehrheitsbeteiligung.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 10 U 171/06

in der Prozesskostenhilfesache

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und die Richterin am Landgericht Dr. Beckmann

am 24. April 2006

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Berufung wird abgelehnt.

Gründe:

Der Antrag des Klägers war abzulehnen, da der beabsichtigten Rechtsverfolgung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg fehlt (§ 114 Satz 1 ZPO).

Die vom Kläger in Aussicht genommene Berufung gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz verfolgt weiterhin inhaltlich - bei unterstellter korrekter Antragstellung in der Berufungsinstanz (die auf Feststellung der Erledigung in der Hauptsache lauten müsste !) - den erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch auf Auskehrung des Rückkaufswertes aus der zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten im Jahr 1998 abgeschlossenen Lebensversicherung zugunsten des Mehrheitsgeschäftsführergesellschafters der Gemeinschuldnerin, Herrn S... M..., zur Insolvenzmasse.

Das Landgericht hatte diesen Anspruch jedoch zu Recht und mit der zutreffenden Begründung abgelehnt. Der Senat macht sich diese Begründung zu Eigen und nimmt insoweit Bezug auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils.

Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass die in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. Januar 2004 (IV ZR 30/04) dargestellten grundsätzlichen Erwägungen zur Frage der Insolvenzfestigkeit einer eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsberechtigung aus einer im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge abgeschlossenen Lebensversicherung/Direktversicherung bei gleichzeitigem Nichtvorliegen der Unverfallbarkeit nach arbeitsrechtlichen Bestimmungen auf den vorliegenden Fall Anwendung finden.

Das Landgericht ist mit zutreffender Begründung vom Vorliegen einer so genannten "eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsberechtigung" des Versicherten ausgegangen, die lediglich unter dem Vorbehalt des Rückfalls der Gestaltungsrechte an den Versicherungsnehmer für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens des Bezugsberechtigten aus dem Betrieb stand. Die in diesem Zusammenhang vom Kläger vorgetragenen Argumente, mit denen er eine Widerruflichkeit konstruieren will, gehen fehl. Die Ausgangslage ergibt sich klar und eindeutig aus den vorgelegten Unterlagen. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die überzeugenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil.

Der Bundesgerichtshof hat in der zitierten Entscheidung ausgeführt, dass der Zweck des Vorbehaltes, der regelmäßig der Motivation des Arbeitnehmers zur Betriebstreue diene, den Fall der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Gründen der Insolvenz gerade nicht umfasse und der Vorbehalt mit Betriebseinstellung in der Insolvenz mangels künftiger Realisierbarkeit entfalle, mit der Folge, dass die Bezugsberechtigung uneingeschränkt dem Vermögen des Versicherten angehöre. Im Falle des nach wie vor möglichen Widerrufes des Versicherungsvertrages durch den Versicherungsnehmer erstarkt die Bezugsberechtigung zum Anspruch auf Auskehrung des Rückkaufswertes. Dieser fällt daher nicht mehr in die Insolvenzmasse, wie die Klägerin behauptet.

Aus dem vorliegenden, unstreitigen Sachverhalt ergeben sich keinerlei Gesichtspunkte, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würden.

Insbesondere dringt die beabsichtigte Berufung nicht mit dem Argument durch, die oben dargelegten Grundsätze seien schon deshalb vorliegend nicht anwendbar, weil es sich bei dem Bezugsberechtigten - abweichend von dem dem Bundesgerichtshof vorliegenden Fall - nicht um einen normalen Arbeitnehmer, sondern vielmehr um den Mehrheitsgeschäftsführergesellschafter der Gemeinschuldnerin handele. Dieser habe eine dominierende Stellung, auch im Zusammenhang mit der Insolvenz, und bei Bejahung der Insolvenzfestigkeit des streitigen Anspruches werde das Gläubigerinteresse unangemessen benachteiligt, indem man zulasse, dass die Masse manipulativ geschmälert würde.

Für eine derartige prinzipielle Gläubigergefährdung sieht der Senat vorliegend keine Anhaltspunkte:

Die streitgegenständliche Versicherung wurde 1998, also mehrere Jahre vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen. Der Vorbehalt macht auch bei einem Geschäftsführer mit Mehrheitsbeteiligung Sinn, da auch er seine Anteile veräußern und aus der Firma ausscheiden kann. Der Rückkaufswert beläuft sich derzeit auf rund 5.500,- €, mithin einen Betrag, der schon für sich genommen gegen eine bewusste, substantielle Schmälerung der Masse spricht. Es sind keinerlei konkrete Umstände dargetan oder ersichtlich, die den Schluss nahe legen, dass der bezugsberechtigte Geschäftsführer hier anders zu behandeln sei als ein Arbeitnehmer. Die Geschäftsführergesellschafter-Versicherung wurde im Rahmen der üblichen Absicherung eines angestellten Geschäftsführers zu Konditionen abgeschlossen, die als durchaus üblich zu bezeichnen sind. Der Umstand, dass der Versicherte 99 % der Anteile an der Firma innehatte, spricht nicht per se gegen ein schutzwürdiges Interesse an einer betrieblichen Altersvorsorge. Ebenso wenig überzeugt in diesem Zusammenhang auch die pauschale Auffassung, dass der Mehrheitsgeschäftsführergesellschafter die Insolvenz in der Regel maßgeblich mitverschuldet habe und sich somit durch die aussonderungsberechtigte Bezugsberechtigung unredlich Vorteile verschaffe. Zum einen kann die Insolvenz eines Unternehmens ganz unterschiedliche, durchaus auch marktbedingte Ursachen haben, zum anderen ist im konkreten Fall nicht vorgetragen, dass es sich hier so verhalten hat.

Schließlich greift auch der Rekurs auf die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zur unterschiedlichen Behandlung der Zahlung von Insolvenzausfallgeldern hier nicht: dieser Fragestellung liegen andere insolvenzimmanente Erwägungen zugrunde, als sie vorliegend anzustellen sind.

Zusammenfassend ist festzuhalten:

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat unter keinem Gesichtspunkt Aussicht auf Erfolg, so dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen war.

Ende der Entscheidung

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