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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 08.11.2002
Aktenzeichen: 10 U 1779/01
Rechtsgebiete: AVB Warenkredit M 1998, AGBG


Vorschriften:

AVB Warenkredit M 1998 § 3 Nr. 2
AVB Warenkredit M 1998 § 6 Nr. 1 a
AVB Warenkredit M 1998 § 6 Nr. 1 b
AVB Warenkredit M 1998 § 6 Nr. 1 c
AVB Warenkredit M 1998 § 6 Nr. 1 d
AVB Warenkredit M 1998 § 6 Nr. 1 e
AVB Warenkredit M 1998 § 12 Nr. 4
AGBG § 3 a.F.
AGBG § 9
Tritt mit der Eröffnung des Konkursverfahrens des Versicherungsnehmers eine automatische Beendigung des Warenkreditversicherungsvertrages ein und werden nachträglich eintretende Versicherungsfälle, hier Zahlungsunfähigkeit eines Kunden nach Ablauf von 90 Tagen nach Rechnungsdatum, vom Versicherungsschutz ausgenommen, obgleich für den Vertragszeitraum noch Prämien gezahlt wurden, stellt dies noch keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar. Für eine derartige Regelung besteht aus Sicht des Versicherers deshalb ein zwingendes Interesse, weil bei sich anbahnender Zahlungsunfähigkeit des Versicherungsnehmers die große Gefahr besteht, dass mit unzuverlässigen Kunden weitere Geschäfte betrieben werden und dadurch sich das Versicherungsrisiko über Gebühr erhöht.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 10 U 1779/01

Verkündet am 8. November 2002

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, den Richter am Oberlandeagericht Dr. Reinert und den Richter am Landgericht Dr. Janoschek auf die mündliche Verhandlung vom 30. August 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 25. Oktober 2001 werden zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten als Bürgen in Anspruch.

Die Klägerin schloss mit der Firma B GmbH am 25.04.1997 einen Factoring- Vertrag. Unter anderem war in diesem unter Ziffer 6 der Delkrederefall geregelt. Dort heißt es:

"6.1. Der Kunde übernimmt das Risiko dafür, dass der Abnehmer nicht in der Lage oder willens ist, die gekaufte Förderung zu bezahlen.

6.2. Die Zahlungsunfähigkeit des Abnehmers wird vermutet, wenn der Abnehmer nicht innerhalb von 90 Tagen nach Fälligkeit der Rechnung bezahlt. In diesem Falte verkauft die M Factoring GmbH die Rechnung an den Kunden zurück".

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Factoring-Vertrag (GA 11 ff.) verwiesen. Ebenfalls Vertragsbestandteil wurden die "Zusätzlichen Geschäftsbedingungen für Factoring" der Klägerin (GA 18 ff.). Ziffer 3 dieses Bedingungswerks enthält folgende Regelung:

"3.1. Bei Eintritt des Gewährleistungsfalles (Ziff. 5 des Factoringvertrages) hat der Kunde die MF durch Zahlung eines entsprechenden Betrages so zu stellen, wie sie bei vollständiger Zahlung des Abnehmers auf die abgetretene Forderung stehen würde.

3.2. Behauptet der Abnehmer gegenüber der MF, nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein, so unterrichtet die MF den Kunden hierüber unter Angabe der vom Abnehmer angeführten Einwendungen oder Einreden. Der Kunde erhält so Gelegenheit, das Zahlungshindernis zu beseitigen bzw. die Forderung zurückzukaufen."

Als Kaufpreis war der Betrag der angekauften Forderung abzüglich einer Factoring-Gebühr in Höhe von 2,7 % und eines Diskontbetrages von 9,5 % Zinsen für den Zeitraum von Auszahlung des Kaufpreisanteils bis zur Begleichung der Forderung oder dem Eintritt des Delkrederefalls vereinbart. Zur Absicherung der zuletzt genannten Beträge behielt die Klägerin 10 % des Kaufpreises ein.

Die Beklagten waren Gesellschafter und Geschäftsführer der B GmbH. Am 01.04.1999 wurde das Insolvenzverfahren über diese eröffnet. Kurz nach Abschluss des Factoring-Vertrages hatten die Beklagten persönlich die unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft u.a. auch für die Zahlungsfähigkeit bei rückzubelastenden Rechnungen" der B GmbH übernommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Bürgschaftsvertrages wird auf die Bürgschaftsurkunde vom 09.05.1997 (GA 23 ff.) verwiesen. Die B GmbH hatte bei der G Credit Versicherungs-AG gegen Verluste durch Zahlungsunfähigkeit ihrer Kunden eine Warenkreditversicherung abgeschlossen. Durch diese wurden, bei einem Selbstbehalt von 30 %, 70 % der uneinbringlichen Forderungen abgedeckt. Diesem Warenkreditversicherungsvertrag lagen die AVB Warenkredit M 1998 (GA 82 ff.) zugrunde.

Im Folgenden kaufte die Klägerin u.a. auch die Forderungen aus den Rechnungen der B GmbH gegen die Kunden G D GmbH, S W GmbH, W und A. Die Rechnungsbeträge konnten nicht vollständig von den Kunden erlangt werden, so dass insgesamt ein offener Betrag in Höhe von 113.927,44 DM verblieb (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die offene Postenliste verwiesen, GA 25). Hinsichtlich der Firma G wurde insoweit ein gerichtlicher Vergleich in Höhe von 105.000,00 DM geschlossen, über das Vermögen dieser Firma wurde am 01.06.2000 das Insolvenzverfahren eröffnet. Ein ausdrücklicher Rückkauf dieser Forderungen durch die B GmbH erfolgte nicht, auch wurden diese Forderungen nicht der Warenkreditversicherung angezeigt. Die B GmbH war jedoch noch Anfang Januar 1999 in der Lage, die rückzubelastenden Rechnungen der D GmbH, S und W GmbH zu begleichen.

Nachdem die Klägerin zunächst lediglich Klage gegen den Beklagten zu 1) in Höhe von 38.927,44 DM erhoben hat, hat sie diese mit am 27.02.2001 eingegangenen Schriftsatz erweitert. Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 113.927,44 DM nebst 9,5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit Zug-um-Zug gegen Rückabtretung der Forderungen zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben vorgetragen

die Klägerin habe die Anmeldung der streitgegenständlichen Forderungen im Insolvenzverfahren gegen die B, GmbH unterlassen. Dort wäre sie mit einer Quote von 20 % befriedigt worden.

Das Landgericht hat die Beklagten verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 63.159,32 DM zu zahlen, der Beklagte zu 1) nebst 9,5 % Zinsen aus 4.459,94 DM seit 12.07.2000 und aus weiteren 58.699,38 DM seit 12.03.2001, der Beklagte zu 2. nebst 9,5 % Zinsen aus 63.159,32 DM seit 06.04.2001, Zug-um-Zug gegen Abtretung der Forderungen gegen die Firma G Tiefbaugesellschaft mbH aus der Rechnungs-Nr. 1 vom 06.01.1999, der Firma W Bauunternehmung aus der Rechnungs-Nr. 2653 vom 16.11.1998 und gegen die Arbeitsgemeinschaft K S Los IV aus Rechnungs-Nr. 2658 vom 19.11.1998. Im übrigen ist die Klage abgewiesen worden.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt: Hinsichtlich der Rechnungen der Firmen W und A ergebe sich ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 4.459,94 DM. Bezüglich der Rechnung G hat die Kammer einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 58.699,38 DM mit der Begründung bejaht, die Beklagten könnten sich hinsichtlich dieser Rechnung nicht darauf berufen, dass die Warenkreditversicherung 70 % der uneinbringlichen Forderung bezahlt hätte, da der Versicherungsvertrag bei Eintritt des Versicherungsfalles bereits beendet gewesen sei.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihren form- und fristgerecht eingelegten Berufungen. Der Beklagte zu 1) trägt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens vor: Bei der Forderungsabrechnung hätte das Landgericht jeweils nur den tatsächlich von. der Klägerin ausgezahlten Betrag abzüglich der Kundenzahlungen zugrunde legen dürfen. Hinsichtlich der zugesprochenen Positionen habe das Landgericht zu Unrecht jeweils eine Factoring-Gebühr von 2,7 % des Rechnungsbetrags sowie einen Diskontbetrag von 9,5 % Zinsen berücksichtigt. Darüber hinaus habe es in bezug auf die Rechnung G zu Unrecht angenommen, dass die Warenkreditversicherung nicht gezahlt hätte.

Der Beklagte zu 2) meint, er könne nicht in Anspruch genommen werden, weil der Bürgschaftsfall nicht eingetreten sei. Voraussetzung für den Eintritt des Bürgschaftsfalles sei das Bestehen durch Bürgschaft gesicherter Forderungen gegenüber der B GmbH. Solche Forderungen hätten jedoch nicht bestanden. Obgleich hier ein unechter Factoringvertrag vorliege, der Factoringkunde das Risiko des Forderungsausfalls trage, sei im Hinblick auf Ziffer 3.2. der "Zusätzlichen Geschäftsbedingungen für Factoring" davon auszugehen, dass bei uneinbringlichen Forderungen diese nicht direkt an Factoringkunden (B GmbH) zurückfielen. Der B GmbH hätte erst die Gelegenheit gegeben werden müssen, das Zahlungshindernis ihres Abnehmers zu beseitigen. Da die Klägerin die B GmbH über Zahlungshindernisse nicht informiert habe, sei ein Rückkauf der Forderungen durch die B GmbH nicht erfolgt, die Klägerin mithin weiterhin Inhaberin der Forderungen gegenüber den Abnehmern der B GmbH, so dass kein Zahlungsanspruch" gegenüber der B GmbH bestanden habe und deshalb der Bürgschaftsfall nicht eingetreten sei. Hinsichtlich der Rechnung G sei entgegen der Auffassung des Landgerichts davon auszugehen, dass der Versicherungsfall in der Warenkreditversicherung eingetreten sei. Der Versicherungsvertrag habe nicht infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geendet. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die B GmbH die Versicherungsbeiträge für den gesamten Zeitraum von August 1998 bis einschließlich Juli 1999 geleistet habe (letztes unstreitig). Auch spreche der Wortlaut des § 12 Ziffer 4 AVB Warenkredit M 1998 eindeutig gegen eine automatische Beendigung des Versicherungsvertrages. Die G Versicherungs-AG habe von ihrem Recht, den Warenkreditversicherungsvertrag wegen Zahlungsunfähigkeit der B GmbH zu kündigen, keinen Gebrauch gemacht. Zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls, Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Firma G habe der Versicherungsvertrag mit der G Versicherungs-AG fortbestanden. Die Klägerin habe es versäumt, den Forderungsausfall dem Warenkreditversicherer anzuzeigen. Die Klägerin habe es selbst verschuldet, dass die G Versicherung die offene Restforderung von 76.324,55 DM nicht ausgeglichen habe. Im Hinblick auf die 45-tägige Inkassofrist gemäß Ziffer 13 des Versicherungsscheins hätte die Uneinbringlichkeit der Restforderung in Höhe von 79.035,07 DM gegen die Fa. G bis zum 2.3.1999 (fällig am 15.1.1999) der G Versicherungs-AG gemeldet werden müssen. Die G Versicherungs-AG hätte 70 % der noch offenen Restforderung an die Klägerin gezahlt.

Die Beklagten beantragen,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt vor,

das Landgericht habe zu Recht der Klage in dem tenorierten Umfange entsprochen. Die Verpflichtung der B GmbH habe sich nicht nur auf die rückbelasteten Forderungen erstreckt, sondern auch auf die, Zinsen und die Factoringgebühren. Bezüglich der Rechnung G sei unschädlich, dass die Forderung nicht dem Warenkreditversicherer angezeigt worden sei, da zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls das Vertragsverhältnis mit diesem wegen der Insolvenz der B GmbH bereits beendet gewesen sei. Die Regelung in § 12 Ziffer 4 AVB Warenkredit M 1998 verstoße auch nicht gegen das § 9 AGBGB.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen sind nicht begründet.

1) Das Landgericht hat zu Recht die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 63.159,32 DM nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Abtretung der Forderungen gegen die Firma G Tiefbaugesellschaft mbH aus der Rechnungs-Nr. 1 vom 6.1.1999, der Firma W Bauunternehmung aus der Rechnungs-Nr. 2653 vom 16.11.1998 und gegen die Arbeitsgemeinschaft K Los IV aus Rechnungs-Nr. 2658 vom 19.11.1998 verurteilt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug. Das Berufungsvorbringen gibt zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten gemäß §§ 765, 767 BGB a.F. ein Anspruch aus Bürgschaft zu. Die Beklagten haben sich gemäß Ziffer 3 des Bürgschaftsvertrages vom 09.05.1997 selbstschuldnerisch und unbegrenzt für Rückforderungsansprüche der Klägerin gegenüber der B GmbH im Falle deren Zahlungsunfähigkeit verbürgt (Anlage K 2, GA 23). Der Bürgschaftsvertrag ist nicht wegen Verstoßes gegen das seinerzeit gültige Verbraucherkreditgesetz unwirksam, denn die Bürgschaft stellt keinen Kreditvertrag dar (BGH NJW 1998, 1939). Eine entsprechende Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes ist hier jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil der durch die Bürgschaftsverpflichtung gesicherte Kredit für eine gewerbliche berufliche Tätigkeit bestimmt war (Palandt, BGB, 60. Auflage, VerbrKrG 1, Rn. 11).

Der Klägerin stand gegenüber der B GmbH hinsichtlich verschiedener Forderungen ein Rückzahlungsanspruch zu. Hinsichtlich der Rechnungen D S und W GmbH hat das Landgericht rechtskräftig die Klage abgewiesen. Die Parteien streiten im Berufungsverfahren nur noch darüber, ob bezüglich der Rechnungen W und A K S sowie G ein Bürgschaftsanspruch gegenüber den Beklagten als Geschäftsführer der B GmbH (Hauptschuldnerin) besteht.

Hinsichtlich der Rechnungen W A und G ist der Delkrederefall gemäß Ziffer 6.1 und 6.2 des (unechten) Facoringvertrages vom 25.4.1997 (Anlage K 1, GA 11) eingetreten. Damit ist ein Rückzahlungsanspruch gegen die B GmbH zunächst entstanden, der aber wegen des am 1.04.1999 eröffneten Insolvenzverfahrens der Hauptschuldnerin nicht mehr zu realisieren war.

a) Rechnungen W und A K S Los IV

Die Rechnungen W und A K S; Los IV datieren vom 16.11. und 19.11.1998. Der Delkrederefall ist demnach Mitte Februar 1999, d.h. 90 Tage nach Rechnungslegung, eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt war die B GmbH nach dem eigenen Vortrag der Beklagten bereits zahlungsunfähig.

Bis dahin hatten die Kunden, also die Drittschuldner, in Höhe von 3.447,91 DM beziehungsweise 5.677,10 DM die Rechnung noch nicht gezahlt (vgl. offene Postenliste, GA 25). Der Klägerin steht daher insoweit ein Rückzahlungsanspruch gegen die B GmbH und somit auch gegen die Beklagten als Bürgen dem Grunde nach zu. Dieser besteht jedoch lediglich in Höhe von insgesamt 4.459,94 DM, wie sich aus nachfolgender Berechnung ergibt:

Die Berechnung des Rückzahlungsanspruches im Delkrederefall ist im Factoringvertrag nicht ausdrücklich geregelt. Ziffer 3.2. der "Zusätzlichen Geschäftsbedingungen für Factoring" findet keine Anwendung, da diese Regelung nur den Gewährleistungsfall betrifft. Im Factoring-Vertrag ausdrücklich geregelt ist lediglich die Höhe des Kaufpreises und der Kaufpreiseinbehalt. Anhand dieser Maßgabe ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung der Rückzahlungsanspruch zu berechnen. Das unechte Factoring ist als darlehensweise Kapitalüberlassung anzusehen, bei der neben dem Kapitalbetrag noch der entsprechende Darlehenszins zu zahlen ist Auszugehen ist daher von der Abschlagszahlung und nicht vom vollen Rechnungsbetrag. Der Rückzahlungsanspruch setzt sich demnach zusammen aus dem Kaufpreisvorschuss zuzüglich der Factoring-Gebühr von 2,7 % des Rechnungsbetrages und zuzüglich des Diskontbetrages in Höhe von 9,5 % Zinsen für die Zeit von der Auszahlung bis zur Begleichung der Forderung durch den Abnehmer oder den Eintritt des Delkrederefalls.

Für die Rechnung Weber ergibt sich somit ein Betrag von 3.103,12 DM als geleistete Abschlagszahlung (3.447,91 DM x 90 %) zuzüglich der Factoring-Gebühr von 93,10 DM (3.447,91 DM x 2,7 %) zuzüglich des Diskontbetrages in Höhe von 9,5 % Zinsen für 90 Tage (3.103,12 DM x 9,5 % für 90 Tage bei 365 Tagen), also 72,69 DM, mithin insgesamt einen Betrag von 3.268,91 DM. Die Zahlungen hat der Kunde insoweit nicht geleistet.

Hinsichtlich der Rechnung Arge ergibt sich eine Abschlagszahlung in Höhe von 58.438,33 DM (64.031,47 DM x 90 %), eine Factoring-Gebühr in Höhe von 1.753,15 DM (64.931,47 DM x 2,7 %) und ein Diskontbetrag von 1.368,90 DM (58.438,33 DM x 9,5 % für 90 Tage bei 365 Tagen), mithin insgesamt 61.560,38 DM. Davon sind die von dem Kunden an die Klägerin gezahlten 59.254,37 DM abzuziehen. Somit ergibt sich ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 2.306,01 DM.

Hinsichtlich beider Rechnungen besteht somit ein Gesamtanspruch in Höhe von 5.574,92 DM.

Diese Beträge konnte die Klägerin auch nicht gegenüber der Warenkreditversicherung geltend machen. Die unstreitig unterlassene Meldung an die Warenkreditversicherung hatte keine Auswirkungen. Diese Forderungsausfälle waren nämlich keine Verluste durch Zahlungsunfähigkeit, der in der Versicherung eingeschlossenen Kunden. Vielmehr ergibt sich aus den insoweit vorgelegten Schreiben der Firmen Weber (GA 51) und der Arge (GA 52), dass insoweit Rechnungskürzungen im Hinblick auf Streitigkeiten hinsichtlich des Vertragsumfanges oder Gewährleistungsansprüchen erfolgten. Diese Form der Uneinbringlichkeit der Forderung fällt jedoch nicht unter den Schutzzweck des Warenkreditversicherungsvertrages.

Die Klägerin muss sich den Rückforderungsanspruch in Höhe von 5.574,92 DM jedoch um 20 % kürzen lassen. Die Klägerin hätte nämlich die noch offenen Restforderungen als Rückzahlungsansprüche gegen die B GmbH in dem diesbezüglichen Insolvenzverfahren anmelden müssen, da diese Möglichkeit nunmehr den Beklagten als Bürgen nicht mehr gegeben ist und sie insoweit keinen Rückgriff mehr bei der B GmbH nehmen können. Eine Anmeldung dieser Forderungen im Insolvenzverfahren war auch möglich, da beim hier vorliegenden unechten Factoring dem Factor nur ein Absonderungsrecht im Sinne der Insolvenzordnung zusteht. Ist demnach sowohl der Klient als auch der Debitor zahlungsunfähig, so kann der Factor gemäß § 52 Insolvenzordnung seine Rückgriffsforderung gegen den Klienten in dessen Insolvenzverfahren in voller Höhe anmelden, und für den Betrag verhältnismäßige Befriedigung verlangen, mit welchem er beim Debitor ausfällt. Vorliegend ist eine solche Anmeldung nicht erfolgt. Die Schreiben vom 03.03.1999 und vom 13.04.1999 (GA 96 und 97) genügen insoweit nicht den Anforderungen des § 174 Insolvenzordnung. Die Quote an sich in Höhe von 20 % ist von der Klägerin nicht bestritten worden. Auch wird dieser Punkt im Berufungsverfahren nicht angegriffen. Somit ist diese Quote in Abzug zu bringen, mithin verbleibt hinsichtlich dieser Rechnungen ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 4.459,94 DM (5.574,92 DM x 80 %).

aa) Die Berufung des Beklagten zu 1) (BB 3, GA 158) wendet sich ohne Erfolg dagegen, dass das Landgericht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung neben dem ausgezahlten Kapital noch eine Factoringgebühr von 2,7 % des Rechnungsbetrages und für die zeitweise Kapitalnutzung von 90 Tagen einen Diskontbetrag von 9,5 % Zinsen in Ansatz bringt, obgleich der Factoringkunde nur eine Abschlagszahlung erhalten habe. Die Argumentation des Beklagten zu 1) lässt unberücksichtigt, dass durch den Ankauf der später notleidend gewordenen Forderung ein Verwaltungsaufwand und ein Zinsschaden durch die darlehensweise Kapitelnutzung des Abschlagsbetrages für 90 Tage entstanden ist, der von der B GmbH abzugelten war, da sich ein Risiko verwirklicht hat, dass sie nach Ziffer 6 des Factoring-Vertrages für den Delkredefall übernommen hat. Die Kontrollüberlegung zeigt, dass ohne Ansatz der Factoringgebühr auf den Rechnungsbetrag und des Diskontbetrages die Klägerin auf Rückzahlung des Abschlagsbetrages beschränkt wäre, einen wirtschaftlichen Nachteil aber dadurch hätte, das sie zeitweise mit eigenem Kostenaufwand für Verwaltung und Überwachung des Rechnungsvorganges den Abschlagsbetrag vorfinanziert hätte.

bb) Die Berufung des Beklagten zu 2) ist der Auffassung, ein Bürgschaftsanspruch bestehe bereits deshalb nicht, weil der Klägerin kein Zahlungsanspruch gegenüber der Hauptschuldnerin, der B GmbH, zugestanden habe. Denn diese sei weiterhin Inhaberin der Forderungen gegen die Abnehmer der B GmbH gewesen. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Abnehmers sei nicht von einem automatischen Rückfall der Forderung auszugehen, vielmehr müsse der Factoringkunde, sprich die B GmbH, die Forderung zurückkaufen. Gegen einen automatischen Rückfall der Forderung spreche die in Ziffer 3.2 der "Zusätzlichen Geschäftsbedingungen für Factoring" geregelte Mitteilungspflicht über Zahlungshindernisse. Der Factoringkunde habe die Wahl gehabt, die Zahlungshindernisse zu beseitigen oder die Forderung zurückzukaufen.

Der Senat vermag sich dieser Auffassung nicht auszuschließen. Zunächst ist davon auszugehen, dass gemäß Ziffer 6.2 des Factoringvertrages im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Abnehmers von einem automatischen Rückfall der Forderung auf den Factoringkunden auszugehen ist, ohne dass es noch eines formalen Rückübertragungsaktes bedarf. Es handelt sich bei der Übertragung bzw. Abtretung der Forderung gegen die Abnehmer um eine Abtretung unter auflösender Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 2 BGB a.F. Dies wird von der Berufung des Beklagten zu 2) (BB 3, 6A 166) dem Grunde nach ebenso gesehen. Ziffer 3,2 der "Zusätzlichen Geschäftsbedingungen für Factoring" sieht hingegen für die Gewährleistungsfälle seinem Wortlaut nach ein Wahlrecht des Factoringkunden vor, wenn ein Zahlungshindernis entsteht. Er kann das Zahlungshindernis beseitigen oder die Forderung zurückkaufen. Beseitigt er das Zahlungshindernis nicht, bleibt es auch hier beim automatischen Rückfall der Forderung, wie in den Fällen der Zahlungsunfähigkeit im Sinne von Ziffer 6.2. des Factoring-Vertrages, ohne dass es noch eines gesonderten Rückübertragungsaktes bedarf. Es macht aus der Sicht der Klägerin letztlich keinen sachlichen Unterschied, ob die Zahlung daran scheitert, dass der Abnehmer zahlungsunfähig wird oder Zahlungshindernisse aufgrund berechtigter oder nicht berechtigter Gewährleistungseinreden oder -Einwendungen bestehen. Es wäre sowohl in den Fällen der Ziffer 3.2 der "Zusätzlichen Geschäftsbedingungen für Factoring" als auch in den Fällen der Ziffer 6.2 des Factoringvertrages letzlich reine Förmelei, von den Vertragsparteien zu verlangen, dass im Falle der Nichtbeseitigung eines Zahlungshindernisses im Gewährleistungsfall bzw. bei Zahlungsunfähigkeit ein gesonderter Vertrag hinsichtlich des Rückkaufs der Forderung erfolgt.

b) Rechnung G

Es besteht ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 58.699,38 DM. Dieser ergibt sich aus einem gezahlten Abschlagsbetrag von 98.131,57 DM ( 109.035,07 DM x 90 %), einer Factoring-Gebühr von 2.943,95 DM (109.035,07 x 2,7%), einem Diskontbetrag in Höhe von 9,5 % Zinsen für 90 Tage, von 2.298,70 DM (98.131,57 DM x 9,5 % für 90 Tage bei 365 Tagen), abzüglich vom Kunden gezahlter 30.000,00 DM und abzüglich des soeben aufgezeigten Abschlages von 20 % hinsichtlich der zu erreichenden Befriedigung im Insolvenzverfahren der Firma B GmbH.

Die Beklagten können sich hinsichtlich dieser Rechnung auch nicht darauf berufen, dass die Warenkreditversicherung 70 % der uneinbringlichen Forderungen bezahlt hatte, da der Versicherungsvertrag zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt bereits erloschen war. Das Erlöschen des Versicherungsvertrages ergibt sich diesbezüglich aus § 12 Nr. 4 Satz 2 i.V.m. § 6 Nr. 1 a) AVB Warenkredit M 1999 (Anlage K 9 GA 82). § 12 Nr. 4 Satz 1 AVB Warenkredit M 1998 bestimmt, dass der Versicherer die Möglichkeit hat, den Versicherungsvertrag mit sofortiger Wirkung aufzuheben. § 12 Nr. 4 Satz 2 bestimmt jedoch ausdrücklich, dass der Versicherungsvertrag in dem Zeitpunkt erlischt, in welchem beim Versicherungsnehmer ein Fall des § 6 Nr. 1 a) bis d) AVB vorliegt. Nach § 6 Ziffer 1 a) liegt der Versicherungsfall u.a. bei Konkurseröffnung vor. In diesem Fall bedarf es keiner Aufhebung des Warenkreditversicherungsvertrages durch den Versicherer.

Vorliegend wurde am 01.04.1999 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B GmbH eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt ist der Versicherungsvertrag erloschen, damit zugleich gemäß § 3 Nr. 2 AVB der Versicherungsschutz für alle versicherten Forderungen, soweit nicht der Versicherungsfall eingetreten ist. Für diesen Zeitpunkt konnten hinsichtlich der Firma G auch noch keine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend gemacht werden. Die Rechnung G datiert vom 6.1.1999; die 90-Tage-Frist gemäß § 6 Nr. 1 lit. e AVB als allein zu dieser Zeit in Betracht kommender Versicherungsfall war nicht vor dem 7.4.1999 verstrichen, d.h. nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen B GmbH. Zwar enthält Ziffer 13. des Versicherungsscheins hinsichtlich des integrierten Inkassos eine 45-tägige Inkassofrist, binnen derer diese Forderung der Versicherung hätte gemeldet werden müssen. Die Verletzung dieser Meldepflicht wirkt sich vorliegend jedoch nicht aus, da sich der Eintritt des Versicherungsfalls allein nach §§ 12 Nr. 4 Satz 2 i.V.m. § 6 Ziffer 1 a) AVB Warenkredit M 1998 bestimmt und es auf die Regelungen im Zusammenhang mit der Inkassofrist (§ 7 Nr. 6 AVB) insoweit nicht ankommt.

Entgegen der Auffassung der Berufung des Beklagten zu 1) verstößt diese Regelung auch nicht gegen §§ 9 und 3 AGBG a.F. Die Berufung sieht bei Versicherungsverträgen auf unbestimmte Zeit eine unangemessene Benachteiligung, des Versicherungsnehmers darin, dass bei Beendigung des Versicherungsvertrages bei Konkurseröffnung der Versicherungsnehmer seinen Versicherungsschutz gerade in einer Situation verliert, in der er besonders auf ihn angewiesen ist. Hinzu komme, dass die Versicherungsprämie noch Ober das Vertragsende hinaus (bis Juli 1999) bezahlt würden sei.

Der Senat vermag eine unangemessene Benachteiligung der Versicherungsnehmerin des Warenkreditversicherers nicht darin zu sehen, dass mit der Eröffnung des Konkursverfahrens eine automatische Beendigung des Warenkreditversicherungsvertrages statuiert wird und später eintretende Versicherungsfälle, wie hier Zahlungsfähigkeit eines Kunden nach Ablauf von 90 Tagen nach Rechnungsdatum (7.4.1999 Stichtag 1.4.1999) vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, obgleich für den Vertragszeitraum noch Prämien gezahlt wurden. Die Problematik liegt hier wohl weniger in der mit Konkurseröffnung zwingend verbundenen Beendigung des Warenkreditversicherungsvertrages, als mit dem Ausschluss des Versicherungsschutzes für bis zu diesem Zeitpunkt noch versicherte Forderungen, bei denen der Versicherungsfall erst nach dem Stichtag eintritt. Für eine derartige Regelung besteht aus Sicht des Versicherers jedoch deshalb ein zwingendes Interesse, weil bei sich anbahnender Zahlungsunfähigkeit des Versicherungsnehmers die große Gefahr besteht, dass mit unzuverlässigen Kunden weitere Geschäfte geschlossen werden und dadurch sich das Versicherungsrisiko über Gebühr erhöht. Die Regelung stellt deshalb keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungskunden dar.

Letztlich kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob die Regelung des § 12 Nr. 4 i.V.m. § 6 Nr. 1 a) AVB Warenkredit M 1998 mit §§ 9 und 3 AGBG a.F. zu vereinbaren ist. Denn nach Ziffer des 5 des Factoring-Vertrages hatte die B GmbH als Factoringkunde für den rechtlichen Bestand der gekauften Forderung einzustehen, insbesondere dafür, dass die Forderung frei von Einwendungen und Einreden und nicht mit Rechten Dritter belastet war. Es war der Klägerin nicht zumutbar, mit dem Warenkreditversicherer in eine rechtliche Auseinandersetzung darüber einzutreten, üb das Bedingungswerk der AVB Warenkredit M 1998 mit dem AGBG im Einklang zu bringen ist. Die Klägerin musste damit rechnen, dass die G Versicherung den Versicherungsfall unter Hinweis auf die Vertragsbeendigung mit der B GmbH zum 1.4.1999 nicht mehr regulieren würde.

2) Die Berufung war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 100 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 63.159,32DM festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 Abs. 1 ZPO n.F.

Ende der Entscheidung

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