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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 23.08.2002
Aktenzeichen: 10 U 1787/01
Rechtsgebiete: VGB 88


Vorschriften:

VGB 88 § 21 Nr. 1 Abs. 1
VGB 88 § 4 Nr. 1 b)
VGB 88 § 6 Nr. 1 a
Der Versicherer wird leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer zwar einen infolge einer Verstopfung einer Abwasserleitung versicherten Leitungswasserschaden erlitten hat, anschließend einen weiteren nicht versicherten Überschwemmungsschaden - von außen durch den Lichtschacht eindringendes Niederschlagswasser - dem versicherten Leitungswasserschaden in arglistiger Weise unterzuschieben versucht.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

- abgekürzt gem. § 543 Abs. 1 ZPO a.F. -

Geschäftsnummer: 10 U 1787/01

Verkündet am 23. August 2002

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

1) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 16. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.

2) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Entschädigung aus Wohngebäudeversicherung in Anspruch.

Der Kläger unterhält seit 4.5.1996 für sein Anwesen in S eine Wohngebäudeversicherung (VGB 88). Am 18. April 1997 kam es zu einem Leitungswasserschaden infolge einer Verstopfung der Haupt- und Abwasserleitung durch Bauschutt. Am 17./18.5.1997 herrschte über S ein heftiges Unwetter. Bedingt dadurch und durch das Fehlen eines Regenfallrohres trat eine Überflutung des Gartengeländes ein. Als der Kläger und seine Ehefrau das Kellerfenster des Lichtschachtes öffneten, gelangte angeschwemmtes Erdreich in den Kellerraum und führte zu Verschmutzungen der Kellerwand. Der Kläger teilte im Frühjahr 1997 den Leitungswasserschaden der Beklagten mit und legte Rechnungen bezüglich der Beseitigung der Verstopfung der Abwasserleitung (Kosten 385,83 DM) und der technischen Trocknung des Kellers (Kosten 4.105,50 DM) vor. Am 11. Juni 1997 legte er der Beklagten Angebote eines Bau- und Möbelschreinerbetriebs vor, wo darauf hingewiesen wurde, dass alle Fensterbänke im Keller durch Wasser verzogen und aufgequollen seien (Kosten 271,40 DM), ferner ein Angebot eines Malermeisterbetriebs, wonach der Keller mit einem Kostenaufwand von 8.319,01 DM Instandzusetzen sei. Er verwies darauf, dass das Wasser aus den Bodenabläufen in der Garage und dem Heizungskeller ausgetreten sei und durch den Anschluss der Trocknungsgeräte in den ersten Tagen das unter dem Estrich liegende Wasser an den Wänden, teilweise bis zu 30 cm, hochgespritzt sei. Dass infolge des Unwetters vom 17./18.5.1997 Erde durch den Lichtschacht in den Kellerraum gelangte, verschwieg der Kläger. Die Beklagte verweigerte im Hinblick darauf, dass es sich nach Feststellungen ihres Sachverständigen eindeutig um durch Witterungsniederschläge bedingte Überschwemmungsschäden handele, die Regulierung des Schadens. Der Kläger habe versucht, den zweiten Schaden dem Leitungswasserschaden unterzuschieben, so dass der Verwirkungstatbestand des § 21 Nr. 1 VGB 88 erfüllt sei. Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen, weil der Kläger arglistig den zweiten Wasserschaden, der versicherungsrechtlich nicht abgedeckt sei, verschwiegen habe. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass der Schaden vom 17./18.5.1997 nur einen geringen Teil der versicherten Sache betroffen habe. Hiergegen wendet sich die Berufung. Der Kläger hat erstinstanzlich die Beklagte auf Zahlung von 13.246,79 DM in Anspruch genommen. Die Berufung erstrebt nur noch eine Verurteilung auf Zahlung von 6.546,79 DM.

II.

Die Berufung ist nicht begründet.

1) Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug. Das Berufungsvorbringen gibt zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.

a) Die Beklagte ist gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 VGB 88 leistungsfrei geworden. Denn der Kläger hat versucht, die Beklagte arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für den Grund oder für die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind. Zwar steht aufgrund der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass es am 18.4.1997 in der Tat zu einer Verstopfung eines Schmutzwasserrohres kam und dadurch Schmutzwasser in die Kellerräume des Anwesens gelangte. Dies ergibt sich eindeutig aus den glaubhaften und von der Berufungserwiderung nicht mehr bezweifelten Bekundungen der Zeugen P und H. Der Zeuge P hat bestätigt, dass die Grundleitung mit Bauschutt und Fäkalien zugesetzt war. Er sei vom Architekten H beauftragt worden, die Verstopfung zu beheben. Mittels eines Hochdruck-Spülwagens sei die Verstopfung beseitigt worden. Der Zeuge H hat bekundet, dass er am 21.4.1997 bemerkt habe, dass nach Betätigen der Wasserspülung Wasser aus den Bodeneinläufen ausgetreten sei. Auch der Sachverständige F hat nach Erstellung seines Gutachtens vom 31.7.1997 nicht mehr in Abrede gestellt, dass es neben dem maßgeblichen Überschwemmungsschaden durch Niederschlagswasser auch zu Wasserschäden infolge der Verstopfung des Schmutzwasserrohres gekommen sein könne. Letztere Schäden, die wertmäßig 6.546,79 DM ausmachen, sind nach § 4 Nr. 1 b) i.V.m. § 6 Nr. 1 a) VGB 88 an sich versichert. Hinsichtlich der Berechnung und der Abgrenzung der Schäden wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

b) Gleichwohl kann der Kläger diesen Betrag nicht von der Beklagten ersetzt verlangen, weil er die Beklagte, wie das Landgericht zutreffend ausführt, arglistig über Tatsachen getäuscht hat, die für Grund und Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind. Aufgrund der Feststellungen der Beweisaufnahme steht fest, dass ein Teilbetrag von 6.700,-- DM nicht dem Schadensereignis vom 18.4.1997 zuzurechnen ist, sondern im Zusammenhang mit dem Unwetterereignis vom 17./18.5.1997 steht. Der Kläger hat versucht, hierdurch entstandene, nicht versicherte Schäden dem versicherten Leitungswasserschaden unterzuschieben. Schäden, die durch Witterungsniederschläge entstehen, sind gemäß § 9 Nr. 4 b VGB 88 nicht versichert. Der Kläger hat mit an die Beklagte gerichtetem Schreiben vom 19.6.1997 (K 5 GA 50) Kostenvoranschläge für notwendige Malerarbeiten, Instandsetzung der angeblich durch Wärme und hohe Luftfeuchtigkeit verzogenen Fensterbänke überreicht. Diese Schäden sind indes überhaupt nicht (Fensterbänke) bzw. nicht überwiegend (Malerarbeiten) dem Schadensereignis vom 18.4.1997 zuzuordnen. Vielmehr waren diese Arbeiten deshalb erforderlich, weil aufgrund des Unwetters am Pfingstwochende 1997 mit Erdreich verschmutztes Wasser über den Lichtschacht in den Kellerraum gelangt ist und zu erheblichen Schäden geführt hat. Der Kläger selbst hat dieses Ereignis der Beklagten, ausweislich seines Schreibens vom 19.6.1997, nicht angezeigt, sondern vielmehr in Täuschungsabsicht versucht, den nicht versicherten Überschwemmungsschaden dem versicherten Leitungswasserschaden unterzuschieben. Erstmalig nachdem das Gutachten des Sachverständigen F vom 31.7.1997 mit Hinweis auf einen Überschwemmungsschaden vorgelegen hatte, räumte der Kläger durch Schreiben seines damaligen Rechtsanwalts vom 26.9.1997 (GA 47) ein, dass es am 17./18.5.1997 zu einem Schaden im Kellerbereich durch von außen eindringendes Niederschlagswasser gekommen sei.

Der Senat hatte keine Veranlassung, gemäß § 448 ZPO den Kläger als Partei zu der bestrittenen Behauptung zu vernehmen, dass er den Mitarbeiter des Sachverständigenbüros Förster darauf hingewiesen habe, dass die Schäden im Bereich Lichtschacht/Fenster nicht dem Schadensereignis zuzurechnen seien, dieser Umstand in dem Gutachten jedoch keine Erwähnung gefunden habe. Diese Behauptung steht in Widerspruch zu seinem an die Beklagte gerichtetem Schreiben vom 19.6.1997 (GA 50). Auch liegen die formellen Voraussetzungen für eine Parteivernehmung nicht vor.

Die Berufung war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.546,79 DM (3.347,32 €) festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 ZPO n.F..

Ende der Entscheidung

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