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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 15.10.2004
Aktenzeichen: 10 U 179/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB a.F. § 581 Abs. 2
BGB a.F. § 542
Eine fristlose Kündigung eines zeitlich befristeten Jagdpachtvertrages ist nur dann wirksam, wenn dem Pächter die Jagdausübung in dem verpachteten Bezirk ganz oder zu einem wesentlichen Teil unmöglich gemacht wird, insbesondere dann wenn das Revier entgegen der vertraglichen Vereinbarung nicht mehr als Hochwildrevier genutzt werden kann. Von einem Hochwildrevier ist auszugehen, wenn zumindest vereinzelt Hochwild vorkommt und zur Strecke gebracht wurde.

Wird durch Eingatterungsmaßnahmen, verringerte Rotwilddichte sowie durch erhöhte Abschüsse von Hochwild in Kerngebieten die Jagdausübung in einem Hochwildrandrevier beeinträchtigt, führt dies nicht notwendig zu einem Minderungsanspruch des Pachtzinses wegen erheblicher Beeinträchtigung des Jagsausübungsrechts.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ Urteil Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 10 U 179/03

Verkündet am 15. Oktober 2004

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts K. hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert und Prof. Dr. Reiff auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts T. vom 16. Januar 2003 teilweise abgeändert und der Kläger über die ausgeurteilten Beträge hinaus auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte weitere 13.517,28 € nebst 4 % Zinsen aus 6.758,64 € seit dem 5. April 1998 und aus 6.758,64 € seit dem 5. April 1999 zu zahlen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten darüber, ob ein Jagdpachtvertrag durch vom Kläger ausgesprochene fristlose Kündigung beendet ist.

Am 21.03./15.04.1988 hatten die Parteien einen bis 31.03.2000 laufenden Jagdpachtvertrag über das Jagdgebiet B. abgeschlossen (GA 11 ff der Akten). Im Pachtvertrag ist die Jagd als Hochwildrevier bezeichnet. Die bejagbare Fläche ist mit ca. 747,00 ha ausgewiesen. Nach dem Orkan Lothar 1990 wurde das angefallene Windwurfholz aufgearbeitet. Ab 1992 begann die Wiederaufforstung. Im Rahmen dieser Maßnahme wurden Flächen des Jagdreviers zum Schutz der Forstpflanzen vor Verbiss durch das Wild eingegattert. Diese Eingatterungsmaßnahmen wurden auch 1998 noch weitergeführt. Im Pachtjahr 1996/1997 wurden im Pachtgebiet drei, im Pachtjahr 1997/1998 zwei Stück Rotwild erlegt.

Im Pachtjahr 1993/1994 minderte der Kläger den Pachtzins um 11.969,25 DM. Die Beklagte erlangte dennoch volle Pachtzinszahlung, indem sie sich aus einer vom Kläger begebenen Bürgschaft befriedigte. In einem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht H. (1 C 263/93) verlangte der Kläger Rückführung eines Teilbetrages von 10.000,-- DM. Durch Urteil des Amtsgerichts H. vom 23.07.1997 wurde seine Klage abgewiesen. Dieses Urteil wurde bestätigt durch Urteil des Landgerichts T. in dem Verfahren - 3 S 268/97 - mit Urteil vom 25.05.2000.

Am 22.04.1998 (GA 14 ff.) hatte der Kläger den Pachtvertrag fristlos gekündigt und zur Begründung ausgeführt, durch die in erheblichem Umfang vorgenommenen Einzäunungen im Pachtgebiet sei die Jagdnutzung zumindest um 50 % beeinträchtigt. Nach der Kündigung hat der Kläger die Jagd im Gebiet nicht mehr ausgeübt. Die Beklagte beauftragte zwei Personen mit der Durchführung der gesetzlichen Aufgaben im Rahmen des vorgeschriebenen gesetzlichen Jagdschutzes mit Wirkung vom 17.09.1998.

Der Kläger hat behauptet, als Folge der Eingatterungen habe das Jagdgebiet den Charakter als Hochwildrevier verloren. Rotwild sei nur noch als Wechsel- und Nachtwild vorhanden. Eine ordnungsgemäße Bejagung sei nicht mehr möglich. Dies sei die Folge dessen, dass durch die Anordnung der Gatter der Rotwildwechsel unterbrochen bzw. nicht mehr gegeben sei, das Einwandern von Rotwild unterbunden worden sei und auch der Brunftbetrieb verhindert worden sei. Zudem seien Flächen zum Teil "totgespritzt" worden. Die Abschusszahlen seien infolgedessen seit 1991 ständig zurückgegangen, Muffelwild sei seit 1993 überhaupt nicht mehr erlegt worden. Der Kläger hat behauptet, der Umfang der Gatterungen sei zur Wiederaufforstung nicht erforderlich.

Den zunächst gestellten Antrag auf Feststellung dahingehend, dass der Jagdpachtvertrag durch fristlose Kündigung des Klägers vom 22.04.1998 beendet worden ist, haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte Widerklage auf Zahlung des Jagdpachtzinses und der Wildschadenspauschale bis zum Pachtende (31.03.2000) begehrt hat und insoweit wechselseitig Kostenanträge gestellt worden sind.

Die Beklagte hat bestritten, dass die verpachtete Jagd keine Hochwildjagd mehr sei. Der Charakter als Hochwildrevier sei nicht weggefallen, denn es sei regelmäßig ein Abschuss von Hochwild vorgesehen. Das Revier sei jetzt nicht als Niederwildjagd zu kennzeichnen. Sie weist darauf hin, dass dem Kläger nicht die Fläche des Jagdbezirkes, sondern das Jagdausübungsrecht in diesem Bezirk verpachtet worden sei. Zudem seien nicht sie, die Jagdgenossenschaft, sondern die Grundeigentümer des Bezirkes für die Wiederaufforstung und die Eingatterungen verantwortlich. Die Gatterungen seien dem Umfang nach zur Wiederaufforstung erforderlich; sie seien so angelegt, dass die Bewegungsfreiheit des Wildes nicht in größerem Umfang beeinträchtigt sei.

Die Beklagte hat widerklagend beantragt,

den Kläger zur Zahlung von 76.601,17 DM nebst 4 % Zinsen aus 20.347,46 DM seit dem 05. April 1998 und aus 56.253,71 DM seit dem 05. April 1999 zu verurteilen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Er hat bestritten, dass nach seiner Kündigung in dem ihm verpachteten Bezirk keine Jagd mehr ausgeübt worden sei und beruft sich hilfsweise auf Minderung wegen Beeinträchtigung seines Jagdausübungsrechts.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme gemäß Beschluss vom 21.01.2002 (GA 177 ff., Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen L. vom 10.6.2002, GA 191 ff. und Anhörung des Sachverständigen in der Sitzung vom 19.12.2002, GA 258 ff.) die Widerklage teilweise für begründet erachtet, die fristlose Kündigung des Pachtvertrages für unwirksam erklärt und den Kläger auf die Widerklage zur Zahlung des Pachtzinses verurteilt, dabei aber dem Kläger für die Pachtzeit 1998/1999 und 1999/2000 einen Minderungsanspruch von 25 % des jährlichen Pachtzinsens eingeräumt. Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, dass das Revier zwar nicht seine Eigenschaft als Hochwildrevier durch die Eingatterungsmaßnahmen verloren habe, indes sei das Jagdausübungsrecht erheblich beeinträchtigt gewesen, so dass ein Anspruch auf Minderung des Pachtzinses zwei Pachtjahre bestehe.

Das Landgericht hat den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte 25.648,28 € nebst 4 % Zinsen aus 3.644,85 € seit dem 5.4.1998 und aus 22.003,43 € seit dem 5.4.1999 zu zahlen. Die weitergehende Widerklage hat es abgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Der Kläger begehrt mit seiner Anschlussberufung die Abweisung der Widerklage in vollem Umfange.

Die Beklagte trägt vor, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Jagdausübungsrecht erheblich beeinträchtigt worden sei. Dies ergebe sich jedenfalls nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen L.. Der Sachverständige habe lediglich festgestellt, dass durch die Eingatterungsmaßnahmen die Jagd erschwert worden sei. Dies stelle keine erhebliche Beeinträchtigung des Jagdausübungsrechts dar. Auch entbehre die Feststellung des geschätzten Minderungsbetrages von 25 % jeder Grundlage.

Die Beklagte beantragt nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Kläger darüber hinaus zu verurteilen, an sie weitere 13.517,28 € nebst 4 % Zinsen aus 6.758,64 € seit dem 5.4.1998 und aus 6.758,64 € seit dem 5.4.1999 zu zahlen

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und

im Wege der Anschlussberufung,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Widerklage in vollem Umfange abzuweisen.

Die Beklagte beantragt ihrerseits,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt im Rahmen seiner Anschlussberufung vor, das landgerichtliche Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern und könne deshalb keinen Bestand haben. Das Landgericht habe in seinem Beweisbeschluss vom 21.1.2002 angeordnet, dass die tatsächlichen Feststellungen des Sachverständigen D. in dem Verfahren 1 C 263/93 (AG H.), nicht jedoch das von ihm, dem Kläger, vorgelegte Privatgutachten Prof. Dr. M. zugrunde zu legen seien. Das Landgericht habe den "qualifizierten Parteivortrag" nicht berücksichtigt. Verfahrensfehlerhaft sei, dass die tatsächlichen Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. M. nicht beachtet und der angebotene Zeugenbeweis (Jagdgäste) außer Acht gelassen worden seien. Jedenfalls hätte der Privatgutachter Prof. M. neben dem Sachverständigen angehört werden müssen. Das Jagdrevier habe insgesamt in der fraglichen Zeit seine Eigenschaft als Hochwildrevier verloren. Die fristlose Kündigung des Pachtvertrages sei gerechtfertigt gewesen.

Der Senat nimmt im Übrigen auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug (§ 540 Abs. 1 ZPO n.F.).

Er hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 16.1.2004 (Bl. 336 f. d.A.). Insoweit wird auf das Gutachten L. Bl. 343 ff. d.A. und die Sitzungsniederschrift vom 24.9.2004 (Bl. 378 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist begründet.

1) Das Landgericht hat zunächst zu Recht angenommen, dass die fristlose Kündigung des Pachtvertrages unwirksam war. Richtig führt das Landgericht aus, dass nach § 581 Absatz 2 BGB i.V. mit § 542 BGB a.F. die vom Kläger am 22.04.1998 ausgesprochene fristlose Kündigung den Pachtvertrag nur dann beendet hätte, wenn dem Kläger die Jagdausübung in dem verpachteten Bezirk ganz oder zu einem wesentlichen Teil unmöglich gewesen wäre, insbesondere dann, wenn das Revier - wie der Kläger behauptet - seine Eigenschaft als Hochwildrevier verloren hätte.

a) Nach der für Rheinland-Pfalz geltenden Verwaltungsvorschrift zum Landesjagdgesetz Ziffer 3.1.5 ist ein Jagdbezirk dann ein Hochwildrevier, wenn regelmäßig ein Abschuss von Hochwild vorgesehen ist. Vereinzeltes Vorkommen von Hochwild als Wechselwild und Vorkommen von Schwarzwild allein macht eine Niederwildjagd nicht zur Hochwildjagd. Aus der Abschussliste für das Jagdrevier B. ergibt sich jedoch, dass sowohl Abschussfestsetzungen für Hochwild in dem von dem Kläger gepachteten Revier bis zum Vertragsende erfolgten als auch tatsächlich Abschüsse vorgenommen wurden. Während der Pachtzeit des Klägers sind 1997/1998 zwei Stück Hochwild erlegt worden. Damit ist bereis der Vortrag des Klägers widerlegt, dass eine ordnungsgemäße Bejagung von Hochwild nicht möglich gewesen sei. Soweit nach der vom Kläger ausgesprochenen fristlosen Kündigung zwar Rotwildabschuss festgesetzt war, jedoch im Jagdjahr 1998/1999 nicht erfolgt ist, beruhte dies darauf, dass der Kläger die Jagd nach der Kündigung nicht mehr ausgeübt hatte. Auch im Jagdjahr 1999/2000 sind im Revier des Klägers zwei Stück Rotwild als Fallwild angefallen. Auch dies spricht für das Vorhandensein von Rotwild.

Der Umstand, dass seit 1993 kein Muffelwild mehr erlegt werden konnte, nimmt dem Revier nicht den Charakter als Hochwildrevier, weil das Vorhandensein dieser Tierart nicht ausschlaggebend ist für die Charakterisierung des Reviers als Hochwildrevier.

b) Der Sachverständige L. hat im Rahmen des vom Senat gemäß Beweisbeschluss vom 16.1.2004 ergänzend eingeholten Gutachtens vom 21.4.2004 ausgeführt, dass insgesamt von 1996/1997 bis 1998/1999 die Jahresstrecken sowohl im Rotwildbewirtschaftungsgebiet O. als auch im Land Rheinland-Pfalz erheblich zurückgegangen seien und selbst im Gesamtgebiet der Bundesrepublik Deutschland die Jahresstrecken 1996/1997 bis 1998/1999 erheblich unter den Jahresstrecken der Folgejahre gelegen hätten. So sei die Jahresstrecke im Rotwildbewirtschaftungsbezirk O. von 1996/1997 auf das Jagdjahr 1998/1999 um 24 % gesunken, um erst nach weiteren fünf Jahren im Jagdjahr 2001/2002 annähernd wieder das Niveau des Jagdjahres 1996/1997 zu erreichen. Insgesamt war in den Pachtjahren ab 1996/1997 eine Verringerung der Rotwildpopulation zu verzeichnen. Diese betraf den gesamten Rotwildbewirtschaftungsbezirk. Die Eingatterungsmaßnahmen waren nicht ursächlich dafür, dass der Kläger weniger Rotwild zur Strecke bringen konnte. Das Landgericht hat deshalb zu Recht eine fristlose Kündigung des Pachtvertrages als unwirksam angesehen.

2) Die Berufung macht allerdings zu Recht geltend, dass das Landgericht aufgrund der vom Sachverständigen L. getroffenen Feststellungen kein Recht zur Minderung des Pachtzinses aussprechen durfte. Von einer erheblichen Beeinträchtigung des Jagdausübungsrechts kann nicht ausgegangen werden. Dies ergibt sich entgegen seinen Ausführungen weder aus dem vom Sachverständigen L. vorgelegten Gutachten vom10.6.2002 (GA 191 ff.) noch aus seiner Anhörung vor dem Landgericht in der Sitzung vom 19.12.2002 (GA 258 ff.).

a) Das Landgericht hat hierzu argumentiert, für die Frage der Beeinträchtigung komme es nicht darauf an, ob die Beklagte dafür einzustehen habe. Es könne deshalb dahinstehen, ob die Eingatterungen nach Ausmaß und Gestaltung forstwirtschaftlich erforderlich gewesen seien. Erheblich sei allein, ob durch die Eingatterungen die Jagdausübung in erheblichem Maße beeinträchtigt gewesen sei. Der Sachverständige habe dazu ausgeführt, dass durch die Eingatterungen, auch wenn sie unter Berücksichtigung jagdlicher Belange erfolgt seien, die Jagdausübung beeinträchtigt gewesen sei. Hinzu seien die Auswirkungen der Erhöhungen der Abschussfestsetzungen als Folge eines waldbaulichen Gutachtens im Zeitraum 1993 bis 1996 gekommen. Der Sachverständige D. habe in seinem Gutachten in dem Verfahren 1 C 263/96 - Amtsgericht H. - 3 S 268/97 - Landgericht T. diese Abschussfestsetzungen als zu hoch und nicht realisierbar betrachtet. Die Kammer sei davon überzeugt, dass diese zu hohen Abschussfestsetzungen die Jagdausübung in dem vom Kläger gepachteten Revier, das kein Hochwildkernrevier, sondern nur Hochwildrandrevier ist, negative Auswirkungen auf die Möglichkeit der Jagdausübung gehabt habe, weil davon auszugehen sei, dass die zu hohen Abschussfestsetzungen zu erheblicher Verringerung des Bestandes geführt habe. Diese wirke sich im Randrevier besonders stark aus. Dem Umstand, dass Muffelwild ab 1994 in dem vom Kläger gepachteten Revier nicht mehr vorhanden gewesen sei, messe die Kammer dagegen keine Bedeutung zu, weil dies auf Maßnahmen gemäß der Landesverordnung über die Bewirtschaftungsgebiete für Rot-, Dam- und Muffelwild beruhte, die schon bei Pachtbeginn angeordnet gewesen seien und über die der Kläger sich hätte informieren müssen.

b) Die Ausführungen des Landgerichts haben dem Senat Veranlassung gegeben, Beweis darüber zu erheben, ob das Jagdausübungsrecht des Klägers in den Pachtjahren 1998/1999 und 1999/2000 infolge von Eingatterungsmaßnahmen und der Auswirkungen der erhöhten Abschüsse im Rotwildkerngebiet, welche Auswirkungen auf die Population des Wildbestandes in seinem Hochwildrevier gehabt hätten, erheblich beeinträchtigt worden ist.

Der Senat hat dem Sachverständigen L. aufgegeben, insbesondere die Auswirkungen der erhöhten Abschüsse im Hochwildkerngebiet auf das Hochwildrandrevier darzulegen und eine Quantifizierung vorzunehmen, wie sich die Situation des Hochwildkerngebiets auf das Hochwildrandrevier ausgewirkt hat, insbesondere durch Vergleich mit den übrigen Jagdpachtzeiten vor und ggf. nach dem Zeitraum 1998 bis 2000.

Der Senat hat dabei auf sein Gutachten vom 10.6.2002 (GA 191, 205 ff.) Bezug genommen, wonach es im Jagdjahr 1996/1997 zu 3 Abschüssen von Rotwild, 1997/1998 zu 2 Abschüssen, 1998/1999 zu keinem Abschuss und 1999/2000 zu 2 Abschüssen (Fallwild) und 2000/2001 zu 4 Abschüssen gekommen ist. Festgesetzt wurden von der Behörde 1996/1997-1998/99 jedoch 13 Rotwildabschüsse, 1999/2000 6 Abschüsse und 2002/2001 4 Abschüsse. Immerhin kam es 1988/1989 noch zu 12 und 1989/1990 zu 15 Abschüssen, 1991/1992 zu 8, 1992/1993 und 1993/1994 zu jeweils 7 Abschüssen. Da die von der Behörde festgesetzten Abschüsse nicht erzielt wurden, sollte der Sachverständige der Frage nachgehen, ob dies ggf. auf den Eingatterungsmaßnahmen und insbesondere auf den erhöhten Abschüssen im Hochwildkerngebiet beruhte, welche sich auf das Jagdrevier des Klägers ausgewirkt haben.

aa) Der Sachverständige L. hat hierzu in seinem schriftlichen Gutachten vom 21.4.2004 (GA343 ff.) ausgeführt, das Jagdausübungsrecht des Jagdausübungsberechtigten sei in den Jagdjahren 1998/1999 und 1999/2000 weder durch erhöhte Abschüsse im Kerngebiet des Rotwildbewirtschaftungsbezirkes O. noch durch die im Jagdbezirk errichteten Eingatterungen erheblich eingeschränkt worden. Von den jährlichen Schwankungen der Höhe der Abschüsse seien alle Jagdreviere mehr oder weniger betroffen. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Erfüllung bzw. Nichterfüllung der jährlichen behördlichen Abschussvorgaben und den Eingatterungen sei nicht erkennbar. Der gemeinschaftliche Jagdbezirk B. habe zu keinem Zeitpunkt der Pachtperiode 1988 bis 2000 seine Eigenschaft als Hochwildrevier eingebüßt. Die getätigten Rotwildabschüsse seien in den Jagdjahren 2002/2003 und 2003/2004 in Höhe der Abschüsse vor 1990 wieder erreicht worden.

bb) Der Sachverständige hat im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat ergänzend ausgeführt, dass nach rheinland-pfälzischem Verständnis der Definition des Begriffs "Hochwildrevier" ausreichend, aber auch erforderlich sei, dass regelmäßig, sei es auch in geringer Zahl, mit dem Auftreten von Rotwild im Revier gerechnet werden könne. Anders verhalte es sich nur, wenn Hochwild nur gelegentlich auftrete. Das vorliegende Revier könne aufgrund der vorhandenen Unterlagen zweifelsfrei als Hochwildrevier eingestuft werden. Die Abschusszahlen belegten, dass nicht nur von einem bloß gelegentlichen Auftreten von Rotwild in dem Revier die Rede sein könne. Eine weitere Erhärtung der Grundlagen seiner Schlussfolgerungen durch etwaige Beobachtungsmaßnahmen über das Verhalten des Rotwildes sei weder möglich noch sinnvoll.

Entgegen der Auffassung des Privatgutachters des Klägers (Prof. M.), der der Anhörung des Sachverständigen L. durch den Senat beiwohnte und Gelegenheit hatte, seinen Standpunkt ebenfalls dazulegen, ist der gerichtliche Sachverständige zur Auffassung gelangt, dass die zuverlässigste Methode der Nachprüfung des Vorhandenseins von Rotwild der Blick auf die tatsächlich erfolgten Abschüsse oder das Auffinden von Wild sei. Beobachtungen z.B. anhand von Fährten oder auf andere Weise müssten schon über einen sehr langen Zeitraum erfolgen, um zuverlässige Anhaltspunkte über die durchschnittliche Anwesenheitsquote zu geben. Der Sachverständige L. verwies in diesem Zusammenhang auf eine entsprechende Verwaltungsvorschrift des Landes Hessen, nach der eine Herunterqualifikation des Reviers dann erfolge, wenn sechs Jahre lang kein Rotwild in dem betreffenden Revier erlegt worden sei. Eine Beobachtung über nur einige Monate sei indes keinesfalls aussagekräftig.

Hinsichtlich des Einflusses der Eingatterungsmaßnahmen führte der gerichtliche Sachverständige aus, dass das Vorkommen im gesamten Lebensbereich des Rotwildes zurückgegangen sei. Dies betreffe auch die Kernbereiche, wo infolge des Orkans Lothar ebenfalls Eingatterungsmaßnahmen notwendig geworden seien. Es sei deshalb davon auszugehen, dass im vorliegenden Revier kein Sondereinfluss durch die erfolgten Eingatterungen eingetreten sei. Auf Frage des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat der Sachverständige nochmals sehr dezidiert ausgeführt, dass nach den festgehaltenen Abschusszahlen ausgeschlossen werden könne, dass diese jeweils auf bloß zufälligem, ausnahmsweisem Erscheinen von Rotwild in dem Revier zurückzuführen sei. Die Abschusszahlen deuteten vielmehr mit eindeutiger Sicherheit auf regelmäßige Anwesenheit von Rotwild in dem Revier hin. Aus seiner Sicht handele es sich um eines der ergiebigsten Hochwildreviere von Rheinland-Pfalz. Wenn man dem Revier B. die Eigenschaft als Hochwildrevier absprechen wollte, müsste dies gleichermaßen für den größten Teil aller Reviere in Rheinland-Pfalz in Randgebieten gelten. Der Sachverständigte bestätigte zwar auf Vorhalt von Prof. M., dass jede Eingatterungsmaßnahme zu einer Verringerung von Lebensraum für das Wild führe, sah es jedoch nicht als möglich an, zu dem quantitativen Ausmaß einer möglichen Beeinträchtigung gesicherte Aussagen zu machen. Der gerichtliche Sachverständige verwies nochmals darauf, dass für ihn letztlich nur die Abschusszahlen eine verlässliche Grundlage seien, auf der Schlussfolgerungen gezogen werden könnten.

Der Senat hatte keinen Anlass, an den von Sachkunde getragenen Ausführungen des Sachverständigen L. zu zweifeln. Aufgrund der nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die erfolgten Eingatterungsmaßnahmen nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Jagdausübungsrechts des Klägers geführt haben. Eine weitere Beweisaufnahme durch Beobachtungsmaßnahmen über Wildbewegungen erschien dem Senat zur Sachaufklärung nicht dienlich, da insbesondere das Verhalten des Rotwildes für den hier fraglichen, in der Vergangenheit liegenden Zeitraum einer Beobachtung nicht mehr zugänglich ist. Hier kann verlässlich nur auf die Abschusszahlen zurückgegriffen werden. Auch die Vernehmung der Jagdgäste erscheint dem Senat kein geeignetes Beweismittel, um der Beweisfrage weiter nachzugehen, da diese nur zeitlich punktuelle Aussagen über ihren Jagderfolg machen können.

Der Kläger ist danach verpflichtet, den vom Landgericht abgewiesenen Minderungsbetrag für 2 Jagdjahre in Höhe von 2 x 13.218,75 DM bzw. 13.517,28 € an die Beklagte nebst Zinsen zu zahlen.

III.

Die Anschlussberufung ist unbegründet, da dem Kläger, wie ausgeführt, kein Recht zur fristlosen Kündigung des Pachtvertrages zugestanden hat. Diesbezüglich wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 91 a, 97 Abs. 1 ZPO. Im Rahmen der einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung waren die Kosten insgesamt für beide Instanzen dem Kläger aufzuerlegen, auch soweit teilweise eine übereinstimmende Erledigung des Rechtsstreits erfolgte, da der Kläger ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses den Rechtsstreit bezüglich seines Klagebegehrens auf Feststellung, dass der Pachtvertrag durch fristlose Kündigung aufgehoben worden ist, verloren hätte, die Widerklage letztlich vollen Erfolg hatte.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 39.165,56 € (Berufung 13.517,28 € + Anschlussberufung 25.648,28 €) festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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