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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 09.09.2004
Aktenzeichen: 10 U 20/04 (1)
Rechtsgebiete: MB/KK 94, VVG


Vorschriften:

MB/KK 94 § 4 Nr. 5
VVG § 74
1. Im Rahmen einer Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung ist die "mitversicherte" Ehefrau für die Geltendmachung von Ansprüchen aktivlegitimiert, wenn sie nicht als bloße Gefahrperson anzusehen ist. Dies richtet sich danach, ob der VN ausschließlich ein eigenes Interesse oder zumindest auch ein fremdes Interesse mitversichert hat. Durch die Einfügung des § 178 a VVG ist die Fremdversicherung nicht abgeschafft worden. Bei Benennung des einkommenslosen Ehegatten und/oder minderjähriger Kinder des VN ist mangels ausdrücklicher abweichender Vereinbarung davon auszugehen, dass diese nur Gefahrpersonen im Rahmen einer Eigenversicherung des VN sind. Wird dagegen die Versicherung auch auf die Person des erwerbstätigen Ehegatten genommen und scheidet daher ein eigener Vermögensvorteil des VN infolge Krankheit des Ehegatten aus, so ist von einer Versicherung im fremden Interesse auszugehen.

2. Für die Frage, ob eine Krankenanstalt als "gemischte Anstalt" im Sinne von § 4 Abs. 5 MB/KK 94 anzusehen ist, kommt es darauf an, ob nach dem objektiven Erscheinungsbild der Eindruck besteht, dass in der Klinik auch mit Kurbehandlungen gerechnet werden muss (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4.3. und 29.4.2004 - 10 U 893/03 - VersR 2004, 1126).

3. Ein Anspruch auf eine stationäre Heilbehandlung in einer sogenannten "gemischten Anstalt" kann nach § 4 Abs. 5 MB/KK 94 nur dann bestehen, wenn die Leistung vor Antritt des Aufenthalts schriftlich zugesagt worden ist. Über die Erteilung einer Leistungszusage hat der Versicherer nach seinem pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

Hinweisbeschluss (gemäß § 522 Abs. 2 ZPO)

Geschäftsnummer: 10 U 20/04

LG K. 16 O 580/02

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts K. hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert am 9. September 2004 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der Klägerin wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 25. Oktober 2004.

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von Aufwendungen für eine stationäre Heilbehandlung, die Zahlung von Krankenhaustagegeld sowie die Erstattung der Kosten für die Erstellung eines ärztlichen Befundberichtes. Für die Klägerin besteht bei der Beklagten eine Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung, der unter anderem die MB/KK 94 zu Grunde liegen. Versicherungsnehmer ist der Ehemann der Klägerin.

Die als Apothekerassistentin in einem Angestelltenverhältnis berufstätige Klägerin befand sich seit April 2002 wegen Wirbelsäulenbeschwerden in ständiger ambulanter orthopädischer Behandlung. Nachdem ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert worden war, stellte der behandelnde Arzt Dr. Sch. eine Überweisung für die Orthopädische Klinik L., Lahnstein, aus. Diese übersandte der Klägerin mit Schreiben vom 29. Juli 2002 eine Krankenhauseinweisung.

Mit Telefax vom 02. August 2002 bat der Ehemann der Klägerin unter Beifügung der vorgenannten Überweisung die Beklagte um Erteilung einer Leistungszusage für die Krankenhausbehandlung in der Klinik L. (Anlagen B 4 und B 5, GA 73/74). Daraufhin wandte sich die Beklagte mit Telefax vom 06. August 2002 (Anlage B 6, GA 75) an den einweisenden Arzt Dr. Sch. mit der Bitte um Vorlage aktueller ärztlicher Aussagen zur Bewertung der Frage nach der Notwendigkeit einer stationären Behandlung.

Dieser antwortete am selben Tag und teilte mit, dass kein operationsbedürftiger Bandscheibenbefund vorliege, jedoch wegen therapieresistenter Beschwerden eine stationäre Krankenhausbehandlung mit der Möglichkeit täglicher Intensivbehandlungsmaßnahmen erforderlich sei (Anlage B 7, GA 76). Ebenfalls am 06. August 2002 wurde der Klägerin kurzfristig für den darauffolgenden Tag, den 07. August 2002, ein Bett in der Klinik L. zugewiesen, woraufhin sich die Klägerin dort in Behandlung begab. Mit Schreiben vom 08. August 2002 lehnte die Beklagte unter Hinweis auf § 4 Abs. 5 ihrer AVB die Erbringung tariflicher Leistungen ab. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 08. August 2002 (Anlage B 8, GA 77 ) Bezug genommen.

Am 24. August 2002 wurde die Klägerin zum Versuch einer Wiedereingliederung vorläufig aus der stationären Behandlung entlassen. Am 04. September 2002 stellte der behandelnde Arzt Dr. Sch. eine erneute Überweisung in die Klinik L. aus, da sich die Schmerzsymptomatik nicht gebessert habe. Hierüber informierte der Ehemann der Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 04. September 2002 (Anlage K 13, GA 35). Am 13. September 2002 wurde die stationäre Behandlung der Klägerin in der Klinik L. fortgesetzt. Mit Schreiben vom 20. September 2002 (Anlage K 14, GA 36) wies die Beklagte erneut auf § 4 Abs. 5 ihrer AVB hin und bat erneut um den Nachweis der medizinischen Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Beklagten vom 20. September 2002 Bezug genommen.

Schließlich lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 22. November 2002 (Anlage B 9, GA 78/79) die Erbringung von Versicherungsleistungen ab.

Der Klägerin sind für die stationären Behandlungen in den Zeiträumen vom 07. August bis 24. August 2002 und 13. September bis 15. Oktober 2002 Kosten in Höhe von 2.400,00 € entstanden; neben diesem Betrag verlangt sie von der Beklagten das vertraglich vereinbarte Krankenhaustagegeld in Höhe von 51,13 € für 50 Tage (2.556,50 EUR) und die Kosten für die Erstellung des ärztlichen Befundberichtes des behandelnden Arztes Dr. Sch. in Höhe von 96,98 EUR.

Die Klägerin hat vorgetragen,

auch wenn es sich bei der Klinik L. um eine gemischte Anstalt handele, sei es der Beklagten verwehrt, sich auf den Leistungsausschluss des § 4 Abs. 5 der AVB zu berufen. Es sei treuwidrig, sich auf die fehlende Leistungszusage zu berufen, obwohl es der Beklagten allein wegen des ihr bekannten Charakters der Klinik L. als gemischte Anstalt möglich gewesen wäre, sie - die Klägerin - darüber zu informieren, dass sie die vertraglichen Leistungen aus diesem Grunde bereits nicht erbringen werde. Zum anderen sei die Beklagte eine Selbstbindung eingegangen, da sie in ihrem Schreiben vom 06. August 2002 ihre Leistungszusage allein von dem Nachweis der medizinischen Erforderlichkeit abhängig gemacht habe. Im Übrigen sei der stationäre Aufenthalt nebst den angewandten Heilbehandlungsmaßnahmen auch medizinisch erforderlich gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.053,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 23. Januar 2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

es sei der Klägerin nicht unzumutbar gewesen, auf ihre vorherige schriftliche Leistungszusage zu warten. Auch eine in Aussicht gestellte Zusage für den Fall des Nachweises einer medizinisch notwendigen stationären Heilbehandlung stelle keinen Verzicht des Versicherers auf das Erfordernis der vorherigen schriftlichen Leistungszusage dar. Hinzu komme, dass sie den Ehemann der Klägerin bereits am 06. August 2002 telefonisch auf den Inhalt des § 4 Abs. 5 AVB hingewiesen habe. Daraufhin habe der Ehemann der Klägerin erklärt, seine Frau gehe gleichwohl morgen in die Klinik. Beide stationäre Aufenthalte der Klägerin hätten im Übrigen rehabilitativen und damit kurmäßigen Charakter aufgewiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin sei zwar als Versicherte aktivlegitimiert. Die Beklagte habe sich aber zu Recht auf den Leistungsausschluss des § 4 Abs. 5 der AVB (§ 4 Abs. 5 MB/KK 94) berufen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen vor, die Beklagte habe gewusst, dass es sich bei der Klinik L. um eine gemischte Anstalt handele. Die Beklagte wäre deshalb nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, nach Erhalt des Telefax-Schreibens vom 2.8.2004 des Ehemannes die Klägerin darauf hinzuweisen, dass es deshalb Probleme mit der Kostenerstattung geben könne und dass eine Leistungserstattung eine schriftliche Kostenzusage erfordere. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer gehe davon aus, dass auch in einem Krankenhaus, in welchem Kuren und Rehabilitationsmaßnahmen erfolgen, für die Krankenbehandlung Deckungsschutz bestehe.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.053,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 23.1.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Sie, die Beklagte, habe unmittelbar nach Erhalt des Telefaxschreibens vom 2.8.2002 (Freitag) bereits am übernächsten Werktag, dem 6.8.2002, dem Ehemann der Klägerin mitgeteilt, dass ohne vorherige schriftliche Zusage eine Leistungspflicht nicht bestehe. Der Ehemann habe aber erklärt, seine Ehefrau werde gleichwohl am nächsten Tag die Behandlung in der Klinik L. antreten. Nachdem dann am 8.8.2002 nach Einholung einer ärztlichen Auskunft, die Ablehnung der Leistungszusage erfolgt sei, habe die Klägerin gleichwohl die gerade begonnene Behandlung in der Klinik nicht abgebrochen. Auch habe sie ihre Beratungspflicht nicht verletzt.

II.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

1. Die Parteien streiten bereits darüber, ob die Klägerin aktivlegitimiert ist. Das Landgericht meint, die Klägerin habe nicht nur die Stellung einer bloßen Gefahrperson, sondern die Stellung einer Versicherten im Sinne von § 74 Abs. 1 VVG. Sie sei deshalb gemäß § 75 Abs. 1 VVG aktivlegitimiert und auch gemäß § 75 Abs. 2 VVG klagebefugt. Die erforderliche Zustimmung zur gerichtlichen Geltendmachung des Ehemannes als Versicherungsnehmer liege vor.

Zutreffend führt das Landgericht aus, dass sich die Frage, ob eine versicherte Person als Versicherte im Sinne der §§ 74 ff VVG oder als bloße Gefahrperson anzusehen ist, danach richtet, ob der Versicherungsnehmer ausschließlich ein eigenes Interesse versichert oder ob ein fremdes Interesse zumindest mitversichert ist. Die Bestimmungen der §§ 74 ff. VVG werden für die Krankenversicherung durch §§ 178 a ff. VVG ergänzt. § 178 a ff. VVG, eingefügt durch Gesetz vom 21.7.1994 (BGBL. I S. 1630), findet auch auf Altverträge Anwendung (vgl. Prölss/Martin, VVG Kommentar, 2004, Vorb. zu § 178 a-o). Die Einfügung des § 178 a VVG bedeutet indes nicht, dass das Gesetz die Fremdversicherung im Rahmen der Krankenversicherung abschaffen wollte (Prölss/Martin, aaO), § 178 a Rn. 7). Nach § 178 a VVG kann die Krankenversicherung auf die Person des Versicherungsnehmers oder einen anderen genommen werden. Die Geltung der §§ 74 ff. VVG gilt zumindest als mitvereinbart, wenn die Person, um die es geht, nicht nur Gefahrperson ist (Prölss/Martin, ebd.). Hat der Versicherungsnehmer etwa wegen seiner Unterhaltspflicht oder als Arbeitgeber ein eigenes (materielles) Interesse an der Gesundheit der Person, auf die die Versicherung genommen wurde, so kommt eine Eigenversicherung, aber auch eine Fremdversicherung in Betracht, da das Vorhandensein auch eines eigenen Interesses es nicht ausschließt, dass das fremde Interesse versichert ist. Bei Benennung des einkommenslosen Ehegatten und/oder minderjähriger Kinder des Versicherungsnehmer ist mangels abweichender ausdrücklicher Vereinbarung davon auszugehen, dass diese nur Gefahrperson im Rahmen einer Eigenversicherung des Versicherungsnehmers sind (Prölss/Martin, aaO, § 178 a Rn. 8; OLG Saarbrücken VersR 1997, 863; OLG Hamm VersR 1980, 137; OLG Köln VersR 1983, 772; LG Köln VersR 1994, 464; Pannenbecker, VersR 1998, 1323; a.A. OLG Frankfurt a.M. VersR 2001, 448 = NVersZ 2001, 79 im Hinblick auf den Ehegatten). Wird dagegen die Versicherung auch auf die Person des erwerbstätigen Ehegatten genommen und scheidet daher ein eigener Vermögensvorteil des Versicherungsnehmers infolge der Krankheit des Ehegatten aus, so ist von einer Versicherung im fremden Interesse auszugehen (BGH VersR 1974, 184, OLG Hamm VersR 1972, 968; OLG Köln VersR 1979, 1094, alle vor Inkrafttreten des § 178 a VVG).

Vorliegend ist die Klägerin, ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts, als Apothekenassistentin in einem Angestelltenverhältnis tätig (nicht als selbständige Apothekerin, wie im Schriftsatz der Klägerin vom 16.4.2003 ausgeführt, GA 101), so dass ein Vermögensvorteil des Versicherungsnehmers infolge der Krankheit des Ehegatten ausscheidet. Es kann daher mit dem Landgericht davon ausgegangen werden, dass die Versicherung auch im fremden Interesse erfolgte. Die Klägerin ist deshalb entgegen der Auffassung der Beklagten aktivlegitimiert.

2. Die Beklagte hat sich allerdings zu Recht auf den Leistungsausschluss nach § 4 Abs. 5 der AVB (§ 4 Abs. 5 MB/KK) berufen. Die stationäre Behandlung der Klägerin erfolgte in einer gemischten Krankenanstalt, ohne dass die Beklagte die vertraglichen Leistungen vor Beginn dieser Behandlung schriftlich zugesagt hat. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei der Klinik L. um eine gemischte Anstalt handelt, da dort auch Kuren und Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt werden. Für die Klausel des § 4 Abs. 5 MB/KK 94 ist allein auf das objektive Erscheinungsbild der Klinik abzustellen, wie es sich einem unbefangenen Betrachter bietet. Es kommt somit für die Frage der gemischten Anstalt allein darauf an, ob nach dem objektiven Erscheinungsbild der Eindruck besteht, dass in der Klinik auch mit Kurbehandlungen gerechnet werden muss (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4.3. und 29.4.2004 - 10 U 893/03 - VersR 2004, 1126). Die Berufung der Beklagten auf den Leistungsausschluss ist - entgegen den Ausführungen der Berufung - weder treuwidrig noch hat die Beklagte einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der es ihr verwehren würde, sich auf das Fehlen der vorherigen Zusage zu berufen.

Nach § 4 Abs. 5 AVB (MB/KK 94) werden für medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlungen in Krankenanstalten, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlung durchführen oder Rekonvaleszenten aufnehmen, die tariflichen Leistungen nur gewährt, wenn der Versicherer diese vor Beginn der Behandlung schriftlich zugesagt hat. Es ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass gemäß § 4 Abs. 5 AVB (§ 4 Abs. 5 MB/KK) für Aufenthalte in sog. "gemischten Krankenanstalten" ein Leistungsanspruch generell nicht besteht. Ein Anspruch entsteht nur dann, wenn die Leistung vor Antritt des Aufenthalts schriftlich zugesagt ist, wobei wiederum ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Zusage grundsätzlich nicht besteht (BGH VersR 1983,576; OLG Köln r+s 1995, 112; VersR 1984, 133; OLG Karlsruhe r+s 1998, 298; VersR 1990, 37; OLG Hamm VersR 1992, 687; VersR 1982, 366; OLG Nürnberg r+s 1996, 283). Über die Erteilung einer Leistungszusage hat der Versicherer nach seinem pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden (OLG Köln r+s 1995, 112; OLG Nürnberg r+s 1996, 283; LG Köln r+s 1995, 274).

Mit Rücksicht darauf, dass die Gewährung von Versicherungsleistungen für Kuren und Sanatoriumsaufenthalte gemäß § 5 Abs. 1 d) AVB ausgeschlossen ist, hat der Versicherer ein anerkennenswertes Interesse daran, im Nachhinein entstehende Abgrenzungsschwierigkeiten dadurch zu verhindern, dass er die Leistung von einer vorhergehenden Prüfung und einer in seinem Ermessen liegenden Entscheidung abhängig macht. Da der Versicherer die Behandlung in solchen gemischten Anstalten aus dem Versicherungsrisiko ganz hätte herausnehmen können, entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass er unbedenklich den für den Versicherten günstigeren Weg einer im voraus zu treffenden Ermessensentscheidung wählen konnte (BGH VersR 1971, 949; VersR 1983, 576; OLG Köln r+s 1995, 112; VersR 1983, 1176; OLG München VersR 1983, 361; OLG Stuttgart VersR 1983, 576; OLG Karlsruhe VersR1990, 37; r+s 1998 298; OLG Hamm VersR 1992, 687; LG Berlin r+s 2001, 165; LG Köln r+s 1995, 274)

Diese Ermessensentscheidung ist nur auf einen Ermessensmissbrauch hin überprüfbar (LG Köln r+s 2001, 167). Ein Ermessensmissbrauch kann allenfalls angenommen werden, wenn die Entscheidung des Versicherers krass fehlerhaft und abwegig war und sich dies dem Versicherer geradezu aufdrängen musste (OLG Karlsruhe r+s 1998, 296, 298; OLG Köln r+s 1995, 112; r+s 1989, 199). Dies wäre allenfalls bei Vorliegen eines akuten Notfalls, z.B. einem drohenden Herzinfarkt, zu bejahen (vgl. OLG Hamm VersR 1982, 386; OLG Karlsruhe VersR 1985, 560; 90, 730; r+s 1998, 296, 298; OLG Nürnberg r+s 1996, 283). Entsprechendes gilt dann, wenn sich die Kur- und Sanatoriumseinrichtungen keinesfalls auf die behandelte Erkrankung beziehen können oder wenn ein Behandlungserfolg nur in der betreffenden gemischten Anstalt erzielt werden kann (OLG Karlsruhe r+s 1998, 296, 298 m.w.N.).

Vorliegend fehlt es an einer vorherigen schriftlichen Kostenzusage. Die Klägerin bzw. deren Ehemann haben vor Aufnahme der Behandlung keine schriftliche Kostenzusage eingeholt. Vielmehr hat die Beklagte mit an den einweisenden Arzt Dr. Sch. gerichteten Telefaxschreiben vom 6.8.2002 die Notwendigkeit einer stationären Heilbehandlung abklären wollen. Die Klägerin hat indes gleichwohl am 7.8.2002 den Aufenthalt in der Klinik L. angetreten und trotz Ablehnungsschreibens vom 8.8.2002 den Aufenthalt nicht abgebrochen. Nach Angaben des einweisenden Arztes Dr. Sch. hat kein operationsbedürftiger Bandscheibenbefund vorgelegen, sondern die Einweisung darauf gestützt, dass wegen therapieresistenter Beschwerden eine stationäre Krankenhausbehandlung mit der Möglichkeit täglicher Intensivbehandlungen erforderlich sei (Anlage B 7, GA 76).

Der Berufung kann auch nicht darin gefolgt werden, dass die Beklagte einen Vertrauenstatbestand geschaffen oder durch schlüssiges Verhalten auf eine vorherige Zusage verzichtet habe. Die Beklagte wollte vielmehr mit dem an Dr. Sch. gerichteten Schreiben die medizinische Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung abklären, um danach prüfen zu können, wie sie ihr Ermessen ausübt. Nur für den Fall, dass diese Frage durch den behandelnden Arzt überzeugend bejaht und einer eigenen Überprüfung standhalten würde, kam für die Beklagte überhaupt eine Leistungszusage in Betracht. Daraus, dass die Beklagte daher zunächst die medizinische Notwendigkeit der stationären Heilbehandlung abgeklärt hat und abklären musste, konnte von einem redlichen Versicherungsnehmer bei verständiger Auslegung nicht abgeleitet werden, dass sie auf das Erfordernis einer vorherigen schriftlichen Leistungszusage verzichten wolle. Dem an den Versicherungsnehmer selbst gerichteten Schreiben der Beklagten vom 08.August 2002 kann nicht anderes entnommen werden. Dort weist die Beklagte ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei der Klinik L. um eine gemischte Anstalt handele und ein Anspruch auf Versicherungsleistungen nur dann bestehe, wenn diese vor Behandlungsbeginn schriftlich zugesagt seien. Diese Erklärung der Beklagten ist - wie das Landgericht zutreffend ausführt - eindeutig und von einem redlichen Versicherungsnehmer nicht anders zu verstehen, als dass an dem Erfordernis der schriftlichen Leistungszusage festgehalten wird.

Der Vorwurf der Klägerin, die Beklagte habe nicht rechtzeitig reagiert, ist unhaltbar. Die Beklagte hat nach Mitteilung des Ehemannes der Klägerin vom 02. August 2002 innerhalb von drei Arbeitstagen medizinische Unterlagen von dem behandelnden Arzt angefordert, eine medizinische Überprüfung veranlasst und schließlich am 08. August 2002 ein entsprechendes Ablehnungsschreiben an ihren Versicherungsnehmer verfasst. Bei einer derartigen Bearbeitungszeit von weniger als einer Woche bis zur abschließenden Bescheidung des Antrages kann von einer verzögerten Bearbeitung keine Rede sein. Die Situation stellt sich auch nicht so dar, dass eine dringliche Behandlungsbedürftigkeit, die keinen Aufschub duldete, bestanden hätte.

Auch bezüglich der zweiten stationären Behandlung der Klägerin, die am 13.September 2002 begonnen hat, beruft sich die Beklagte zu Recht auf den Leistungsausschluss. In Anbetracht des Ablehnungsschreibens vom 8.8.2002 wusste die Klägerin um das Risiko, dass sie ohne vorherige schriftliche Zusage die Kosten für die Behandlung selbst tragen musste. Auch hat die Beklagte nicht auf das Erfordernis einer schriftlichen Zusage verzichtet. Dies lässt sich dem Schreiben vom 20. September 2002, in dem um Nachweis der medizinischen Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung gebeten wurde, nicht entnehmen. Denn der Beklagten stand es im Rahmen ihres Ermessens frei, trotz fehlender vorheriger Zusage bei medizinisch notwendiger Behandlung Leistungen, ggf. auch kulanzhalber, zu erbringen.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert auf 5.053,48 € festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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