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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 06.04.2001
Aktenzeichen: 10 U 243/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 516
ZPO § 85 Abs. 2
ZPO § 233
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Geschäftsnummer: 10 U 243/00

Verkündet am 6. April 2001

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch die Richter am Oberlandesgericht Dr. Binz, Weiss und Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 11. Januar 2000 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 5.000 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann jeweils auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines allgemein als Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts (§ 244 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) erbracht werden.

Tatbestand:

Das Landgericht hat die Klage auf Arzthonorar mit dem angefochtenen Urteil wegen Verjährung abgewiesen.

Das Urteil ist den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 13. Januar 2000 zugestellt worden (vgl. Bl. 103 d.A.). Der Kläger hat Berufung hiergegen am Dienstag, dem 15. Februar 2000, eingelegt.

Nach -- für sich fristgerechter -- Berufungsbegründung am 15. Mai 2000 hat der Kläger am 16. Mai 2000 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist beantragt und hierzu ausgeführt:

Der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Klägers habe erstmals bei Durcharbeitung der Gerichtsakten am 6. Mai 2000 festgestellt, dass das Urteil am 13. Januar 2000 zugestellt worden sei.

Zu der verspäteten Berufungseinlegung sei es wie folgt gekommen: Die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte Dr. M. pp. seien mit am 8. Februar 2000 bei ihnen eingegangenem Schreiben der Korrespondenzanwälte Dr. M. pp. zur Berufungseinlegung beauftragt worden. In diesem Schreiben (vgl. Bl. 134 d.A.) habe es geheißen, das erstinstanzliche Urteil sei am 17. Januar 2000 zugestellt worden; beigefügt gewesen sei eine Urteilskopie (vgl. Bl. 135 d.A.) mit -- allein -- einem Eingangsstempel der Rechtsanwälte M. pp. vom 17. Januar 2000.

Aufgrund dieses Schreibens sei dann am 15. Februar 2000 Berufung eingelegt worden.

Zu der unzutreffenden Angabe des Zustelldatums im Auftragsschreiben sei es gekommen, weil die Angestellte S. der Rechtsanwälte Dr. M. pp. bei Fertigung des Auftragsschreibens versehentlich das Datum des Eingangsstempels auf dem Urteil für maßgeblich angesehen habe. Der unterzeichnende Rechtsanwalt Dr. M. habe angesichts erprobter Zuverlässigkeit der Angestellten S. keinen Anlass gesehen, die Datumsangabe nachzukontrollieren.

In der Sache trägt der Kläger im zweiten Rechtszug wiederholend, ergänzend und vertiefend vor und beantragt:

Unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 15.089,35 DM nebst 11,5 % Zinsen jährlich aus 8.923,81 DM für die Zeit ab dem 17. Mai 1996 und aus weiteren 6.165,54 DM für die Zeit ab dem 22. Mai 1996 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt:

Die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Wiedereinsetzungsgesuch für unbegründet und macht seinerseits wiederholende, ergänzende und vertiefende Ausführungen zur Sache.

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen und zur Glaubhaftmachung wird weiter auf die in beiden Rechtszügen zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ferner auf das angefochtene Urteil (Bl. 95 ff. d.A.).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht zulässig, da verspätet eingelegt, § 516 ZPO.

Das Wiedereinsetzungsgesuch ist in zulässiger Weise gestellt, aber in der Sache nicht begründet.

Der Kläger war nicht ohne gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden an der Fristwahrung gehindert, § 233 ZPO.

Die für die Versäumung ursächliche Falschangabe des Zustelldatums im Auftragsschreiben der Korrespondenzanwälte beruhte auf einem Verstoß gegen anwaltliche Sorgfaltspflichten.

Der unterzeichnende Rechtsanwalt Dr. M. hätte sich nicht auf die inhaltliche Richtigkeit des von der Angestellten S. verfassten Texts verlassen dürfen, auch wenn diese eine in jeder Hinsicht erprobt zuverlässige Kraft war, sondern die Angabe des Zustelldatums selbst nachprüfen müssen. Dies entnimmt der Senat mit der Gegenäußerung des Beklagten zum Wiedereinsetzungsgesuch (vgl. Bl. 153 ff. d.A.) den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs NJW 1985 S. 1709, 1987 S. 1334, 1996 S. 853. Hiernach muss der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte bei Erteilung des Rechtsmittelauftrags an den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten in jedem Fall selbst nachprüfen, ob dem letzteren das Zustellungsdatum der anzufechtenden Entscheidung zutreffend mitgeteilt ist. Aus der Sicht des Senats kann nichts anderes gelten, wenn die Mandatierung des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten, wie hier, einvernehmlich dem erstinstanzlich eingeschaltet gewesenen Korrespondenzanwalt vollumfänglich überlassen wird.

Es ist auch als sicher davon auszugehen, dass bei persönlicher, pflichtgemäß sorgfältiger Nachprüfung durch den unterzeichnenden Korrespondenzanwalt die irrtümliche Datumsangabe aufgefallen und berichtigt worden wäre. Dabei wäre nämlich erkannt worden, dass das Datum des Eingangsstempels der Korrespondenzanwälte auf dem Urteil für sich keinesfalls maßgeblich sein konnte; da eine andere "Quelle" für die falsche Datumsangabe "17. Januar 2000" nicht ersichtlich ist, hätte die gebotene Nachforschung mit Sicherheit -- und nach den Umständen auch in jedem Fall bei gehöriger Bemühung noch unproblematisch rechtzeitig -- zur Feststellung des richtigen Zustelldatums und zur entsprechenden Korrektur der Auftragserteilung geführt.

An diesem Ergebnis vermögen auch die Überlegungen im Schriftsatz des Klägers vom 30. August 2000, Bl. 166 ff. d.A., mit Anlagen nichts zu ändern. Hiernach mochte Rechtsanwalt Dr. M. aus dem beigefügten "Gelbzettel" seiner Angestellten K. entnehmen können, dass diese anweisungsgemäß "Erledigungs- und Ablauf fristen mit Sicherheitszuschlag" notiert hatte -- des Erfordernisses einer persönlichen Richtigkeitskontrolle der Mandatierung der postulationsfähigen Kollegen war er damit nicht enthoben. Entsprechend bleibt auch unerheblich, ob der Fehler der Angestellten S. ein für diese ungewöhnliches, außerordentliches "Augenblicksversagen" darstellte.

Die Berufung ist mithin unter Versagung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 ZPO.

Der Wert des Streitgegenstands für den Berufungsrechtszug wird auf 15.098,35 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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