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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 22.02.2002
Aktenzeichen: 10 U 354/01
Rechtsgebiete: AVB


Vorschriften:

AVB § 8 Nr. 1
AVB § 8 Nr. 2
AVB § 9 Nr. 1
AVB § 14 Nr. 2
AVB § 14 Nr. 3
1. Der Versicherungsnehmer hat nach den AVB Warenkredit 1984 alle ihm bei Beantragung des Versicherungsschutzes bekannten sowie ihm anschließend bekannt werdenden Umstände, die für die Übernahme des Versicherungsschutzes, insbesondere für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit seiner einzelnen Kunden erheblich sein können, dem Versicherer anzuzeigen. Er hat Fälle drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit seiner einzelnen Kunden unverzüglich telefonisch, telegrafisch oder fernschriftlich dem Versicherer anzuzeigen. Sonstige gefahrerhöhende Umstände sind ebenfalls unverzüglich anzeigepflichtig; das gilt insbesondere bei ungünstigen Informationen über Vermögenslage, Zahlungsweise oder persönliche Beurteilung des Kunden, starker Verschlechterung der Zahlungsmoral, Einstellung der Belieferung aus Bonitätsgründen und nachträglich vereinbarten Wechselprolongationen, Nichteinlösung von Schecks oder Wechseln sowie Rücklastschriften mangels Deckung.

2. Für die Übernahme des Versicherungsschutzes bzw. die Beurteilung der Kreditwürdigkeit einer Einzelhandelsfirma ist die Umwandelung in eine GmbH & Co. KG von Bedeutung, da damit eine Einschränkung der Zugriffsmöglichkeiten auf etwaige Vermögenswerte des Unternehmens verbunden ist. Es handelt sich um einen gefahrerhöhenden Umstand, der zugleich eine Anzeigenpflicht nach § 8 Nr. 2 a AVB Warenkredit 1984 begründet. Die Übergabe eines Wechsels durch die GmbH & Co. KG anstatt Zahlung des Wechsels durch die Einzelhandelsfirma stellt einen gefahrerheblichen und anzeigenpflichtigen Umstand dar.

3. Der Versicherungsfall tritt mit der Zahlungsunfähigkeit des Kunden ein. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, u.a. bei Eröffnung des Konkursverfahrens, des gerichtlichen Vergleichsverfahrens, bei Abschluss eines mit sämtlichen Gläubigern zustande gekommenen Liquidations- oder Quotenvergleichs oder einer nicht zur Befriedigung führenden Zwangsvollstreckungsmaßnahme (vgl. hierzu auch Senatsurteile vom 25.2.2000 - 10 U 511/99 - ZfS 2000, 404 = VersR 2001, 582 = NversZ 2001, 397; vom 18.6.1999 - 10 U 653/98 NVersZ 2000, 103 = r+s 2000, 41).

4. Handelt es sich danach um die Verletzung einer Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer zum Zwecke der Verminderung der Gefahr oder Verhütung einer Gefahrerhöhung dem Versicherer gegenüber zu erfüllen ist, kann sich der Versicherer auf die Leistungsbefreiung nur dann nicht berufen, wenn die Verletzung keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der dem Versicherer anlässlich des Versicherungsfalles obliegenden Leistungen gehabt hat. Diesen Kausalitätsgegenbeweis hat der Versicherungsnehmer zu führen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 26.2.1999 - 10 U 178/99 - r+s 1999, 394 = VersR 2000, 315)


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 10 U 354/01

Verkündet am 22. Februar 2002

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert und den Richter am Landgericht Dr. Koch auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 26. Januar 2001 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1) Das die Klage abweisende Versäumnisurteil der Kammer vom 21. Januar 2000 wird aufrechterhalten.

2) Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 6.000,-- € abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Zwischen der Firma B und der Beklagten besteht ein Warenkreditversicherungsvertrag. Versicherungsschutz besteht auch für die Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen der Klägerin. Versicherungsschutz wurde gewährt für ausgefallene Forderungen gegen die Einzelhandelsfirma R L in S J. Das äußerste Kreditziel gemäß § 7 Nr. 1 AVB betrug für offene Forderungen vier Monate.

Die Klägerin lieferte Waren im Wert von insgesamt DM 70.592,46. Darüber verhalten sich 15 Rechnungen, die auf den 21.11.1995 und 20.12.1995 datiert sind. Unter Berücksichtigung zweier Gutschriften in Höhe von insgesamt DM 557,77 beläuft sich der Forderungsausfall der Klägerin auf DM 69.494,69, wovon sie 75% gegenüber der Beklagten als Versicherungsleistung geltend macht. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 4.12.1998 und 21.1.1999 eine Leistung auf die Entschädigungsansprüche der Klägerin ab. Eine Firma L Fachhandel GmbH & Co. KG, mit gleicher Anschrift wurde am 11.6.1996 in das Handelsregister eingetragen. Eine Aufnahme der Geschäftstätigkeit zum 1.1.1996 wurde im Handelsregister dokumentiert. Die L KG überreichte am 15.5.1996 der Klägerin einen Wechsel über die Forderung, der jedoch zu Protest ging.

Die Klägerin hat vorgetragen,

alle Lieferungen, die Gegenstand der streitgegenständlichen Rechnungen seien, gingen auf Bestellungen der Einzelhandelsfirma L zurück, für die Versicherungsschutz bestehe. Die Bestellungen seien teilweise telefonisch, teilweise schriftlich erfolgt. Sie, die Klägerin, habe vor dem 1.1.1996 mit der L KG keine Geschäftsbeziehungen unterhalten. Nach dem 31.12.1995 seien keine Bestellungen der Einzelhandelsfirma L eingegangen. Insbesondere nach dem 21.3.1996 seien keine Lieferungen mehr erfolgt. Eine Obliegenheitspflichtverletzung liege nicht vor, da die finanziellen Schwierigkeiten nicht erkennbar gewesen seien. Auch eine Kreditzielüberschreitung sei nicht eingetreten. Die Beklagte könne sich im Übrigen nicht auf die behauptete Kreditzielüberschreitung berufen, da die angeblichen Kreditzielüberschreitungen mehr als zwei Jahre zurücklagen. Sie arbeite mit Bankkredit, der die Klageforderung übersteige und mit 10% zu verzinsen sei.

Nachdem, die Klägerin im Termin vom 21.1.2000 keinen Antrag gestellt hatte, wurde die Klage mit Versäumnisurteil vom 21.1.2000 abgewiesen. Nach Einspruchseinlegung hat die Klägerin zuletzt beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 52.526,02 nebst 10% Zinsen seit dem 1.2.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat vorgetragen,

Schuldnerin der ausgefallenen Forderungen sei die nicht versicherte Firma L Fachhandel GmbH & Co. KG. Schon daher bestehe kein Versicherungsschutz. Im Übrigen liege eine Obliegenheitspflichtverletzung vor, da die Klägerin die Wechselprolongation nicht mitgeteilt habe. Im Übrigen sei die Klägerin verpflichtet gewesen, die Verschlechterung der Zahlungsweise und der Vermögenslage der Schuldnerin spätestens ab April 1996 anzuzeigen. Das Kreditziel von vier Monaten sei überschritten worden. Zur Zeit der Schadensmeldung, und dies sei maßgebend, sei die Zweijahresfrist des § 7 Nr. 4 AVG noch nicht abgelaufen.

Bei rechtzeitigen Hinweisen der Klägerin hätte sie, die Beklagte, darauf bestanden, dass bei der Firma L lagernde im Eigentumsvorbehalt der Klägerin stehende Radiatoren im Wert von DM 143.000,-- zurückgenommen werden. Dies hätte den Schaden zumindest vermindert.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils vom 21.1.2000 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin DM 52.526,02 nebst 4 % Zinsen zu zahlen. Zur Begründung führt das Landgericht aus: Die Klägerin habe aus dem abgeschlossenen Warenkreditvertrag einen Anspruch auf Zahlung von 75 % der ausgefallenen Forderungen. Dies ergebe einen Betrag von DM 52.526,02. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich sämtliche Forderungen auf Warenlieferungen beziehen, die an die versicherte Einzelfirma L gingen. Die Beklagte könne sich jedoch nicht wegen Obliegenheitsverletzung auf Leistungsfreiheit berufen. Dabei könne offen bleiben, ob der Klägerin eine Anzeigepflicht gemäß § 8 Nr. 2 a oder 2 d AVB oblegen habe. Denn gemäß § 14 Nr. 2 AVB könne sich der Versicherer auf Leistungsfreiheit1 dann nicht berufen, wenn die Verletzung keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der dem Versicherer anlässlich des Versicherungsfalles obliegenden Leistungen gehabt habe. Zum Zeitpunkt der behaupteten Verschlechterung der Vermögenslage der Firma L im April 1996 sei der Versicherungsfall jedoch bereits eingetreten. Ab dem 21. März 1996 sei das äußerste Kreditziel Überschritten gewesen. Es könne sich allenfalls um eine Verletzung einer Obliegenheit nach Eintritt des Versicherungsfalls handeln. Leistungsfreiheit trete in diesem Falle nicht ein, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruhe. Ein derartiges Verschulden der Klägerin sei nicht ersichtlich. Im übrigen bleibe die Leistungspflicht des Versicherers auch deshalb erhalten, weil die Verletzung weder die Feststellung des Versicherungsfalles noch die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistungen beeinflusst habe. Im Übrigen liege auch keine Überschreitung des äußersten Kreditziels vor. Auch könne sich die Beklagte gemäß § 7 Nr. 4 AVB nicht auf die unterlassene Anzeige der Überschreitung des äußersten Kreditziels berufen, da die Überschreitung länger als zwei Jahre zurückliege. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichens Vorbringens vor, die Klägerin habe nicht zwischen der Einzelhandelsfirma Fachhandel L und der unter der gleichen Adresse tätigen Firma L Fachhandel GmbH & Co KG unterschieden. Die daraus sich ergebende unklare Sach- und Rechtslage gehe nicht zu Lasten der Warenkreditversicherung. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, anzuzeigen, dass der versicherte Kunde, die Einzelhandelsfirma L Fachhandel, nicht mehr im Stande gewesen sei, innerhalb des vorgegebenen Kreditziels von 4 Monaten ihre Rechnungen zu bezahlen. Bei Kenntnis der Situation hätte die Beklagte auf eine Beendigung des Versicherungsschutzes für diesen Kunden gedrängt bzw. die Rückführung der Außenstände veranlasst. Das Landgericht sei fälschlicherweise davon ausgegangen, die Obliegenheitsverletzungen seien nach Eintritt des Versicherungsfalls aufgetreten, und damit zu einer unzutreffenden Anwendung des § 14 AVB gekommen. Der Versicherungsfall sei erst am 13. November 1998 eingetreten. Die Obliegenheitsverletzungen führten zum Ausschluss des Versicherungsschutzes. Es seien nicht nur ungemeldete Kreditzielüberschreitungen gegeben, die Klägerin habe vielmehr auch in grober Weise den Warenkredit jeweils verlängert und Stundungsvereinbarungen getroffen.

Die Beklagte beantragt,

unter Wiederherstellung des Versäumnisurteils vom 21. Januar 2000 die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt vor,

das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass für die versicherte Forderung Versicherungsschutz bestehe. Sie habe auch nicht gegen Verhaltens- und Anzeigepflichten verstoßen. Es liege keine Obliegenheitsverletzung vor. Sie habe keine Kenntnis davon gehabt, dass die Einzelhandelsfirma L nicht im Stande gewesen sei, innerhalb des laufenden Kreditziels von vier Monaten die Rechnungen zu begleichen. Die Beklagte könne sich auf Kreditzielüberschreitungen nicht berufen, weil die Kreditzielüberschreitungen länger als zwei Jahre zurückgelegen hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil mitsamt den dort in Bezug genommenen Unterlagen Bezug genommen, ferner auf die in beiden Rechtszügen zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden Versäumnisurteils des Landgerichts vom 21. Januar 2000.

1) Mit dem Landgericht ist zunächst davon auszugehen, dass die ausgefallenen Forderungen vom Versicherungsschutz erfasst sind. Sämtliche streitgegenständlichen Forderungen stammen aus den Monaten November bis Dezember 1995. Sie betrafen ausschließlich Forderungen gegenüber der Einzelhandelsfirma L Fachhandel, nicht jedoch gegenüber der Firma L GmbH & Co KG. Diese hatte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erst ab 1.1.1996 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen. Etwaige Forderungen gegenüber der Fa. L GmbH & Co KG wären nicht vom Versicherungsschutz erfasst gewesen. Das Landgericht führt zutreffend hierzu aus, dass eine Abgrenzung der Geschäftsbeziehungen der Klägerin mit der Einzelfirma und der GmbH & Co KG schwierig ist. Denn die Klägerin hat in ihrem Schriftverkehr nicht zwischen den beiden Firmen differenziert. Auch haben beide Firmen die gleiche Kundennummer. Aus der Aussage des Zeugen Röche lässt sich entnehmen, dass die Klägerin immer nur mit einer Firma L Geschäftskontakte pflegte. Dies war im Jahre 1995 ausschließlich die Einzelhandelsfirma. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die nicht versicherte KG entgegen der Eintragung im Handelsregister bereits vor dem 1.1.1996 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen hat. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass die KG bereits im Jahre 1995 Bestellungen bei der Klägerin aufgegeben hat. Der Zeuge R hat hierzu ausdrücklich bekundet, dass erst im Jahre 1996 erstmals Aufträge der KG eingingen. Der Zeuge hat im Rahmen der Beweisaufnahme vor dem Landgericht sämtliche Bestellungen mit den vorliegenden Rechnungen abgeglichen und anhand der OVD-Nummern Übereinstimmung feststellen können. Die schriftlichen Bestellungen stammen ausschließlich von der "versicherten" Firma L, Dies gilt auch für die telefonischen Bestellungen. Auch wenn insoweit keine Bestellscheine vorliegen, macht der zeitliche und inhaltliche Zusammenhang hinreichend deutlich, dass auch die telefonischen Bestellungen allein von der Einzelhandelsfirma herrühren. Auch dies vermochte der Zeuge anhand der OVD-Nummern zurückverfolgen. Zu Recht weist das Landgericht daraufhin, dass aus der Tatsache, dass die GmbH & Co KG im Laufe des Jahres 1996 die Zahlungspflichten übernehmen wollte, nicht auf eine Schuldübernahme zu schließen ist. Denn der Zahlungspflichtige muss nicht mit dem Vertragspartner und Schuldner identisch sein. Da die Klägerin immer mit nur einer Firma (zunächst in Unkenntnis der Existenz einer GmbH & Co KG) in Geschäftsbeziehungen stand, hat auch kein Anlass bestanden, eine neue Kundennummer zu vergeben.

2) Mit der Berufung und entgegen dem Landgericht liegt vorliegend jedoch eine Obliegenheitsverletzung der Klägerin gemäß § 8 Nr. 2 i.V.m. § 14 Nr. 2 AVB Warenkredit 1984 (nachfolgend: AVB) vor, die zur Leistungsfreiheit der Beklagten führt. Gemäß § 8 Nr. 1 AVB hat der Versicherungsnehmer alle ihm bei Beantragung des Versicherungsschutzes bekannten sowie ihm anschließend bekannt werdenden Umstände, die für die Übernahme des Versicherungsschutzes, insbesondere für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit seiner einzelnen Kunden erheblich sein können, dem Versicherer anzuzeigen. Nach § 8 Nr. 2 hat der Versicherungsnehmer Fälle drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit seiner einzelnen Kunden unverzüglich telefonisch, telegrafisch oder fernschriftlich dem Versicherer anzuzeigen. Sonstige gefahrerhöhende Umstände sind ebenfalls unverzüglich anzeigepflichtig; das gilt insbesondere bei a) ungünstigen Informationen über Vermögenslage, Zahlungsweise oder persönliche Beurteilung des Kunden, b) starker Verschlechterung der Zahlungsmoral, c) Einstellung der Belieferung aus Bonitätsgründen, d) nachträglich vereinbarten Wechselprolongationen, Nichteinlösung von Schecks oder Wechseln sowie Rücklastschriften mangels Deckung.

a) Für die Übernahme des Versicherungsschutzes bzw. die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Einzelhandelsfirma L war aus Sicht des Versicherers von Bedeutung, dass ab 11.6.1996 die Einzelfirma in eine GmbH & Co KG umgewandelt wurde bzw. ab diesem Zeitpunkt faktisch in einer anderen rechtlichen Gestaltungsform weiter betrieben worden ist. Im Hinblick auf die beschränkte Haftung der GmbH & CO KG stellt dies eine Einschränkung der Zugriffsmöglichkeiten auf etwaige Vermögenswerte dar (§ 8 Nr. 1 AVB). Es handelt sich um einen gefahrerhöhenden Umstand, der zugleich eine Anzeigenpflicht nach § 8 Nr. 2 a) AVB begründete, welcher die Klägerin nicht nachgekommen ist. Hinzu kommt, dass die Klägerin Überschreitungen des vereinbarten Kreditziels von 4 Monaten der Beklagten nicht angezeigt hat. Ungeachtet der Regelungen in § 7 Nr. 3 AVB, die in diesem Fall einen Ausschluss des Versicherungsschutzes für künftige Lieferungen und Dienstleistungen vorsehen, kann dies zugleich eine die Leistungsfreiheit begründendende Obliegenheitsverletzung begründen ( § 7 Nr. 3 Satz 2 AVB). Aber bereits die Übergabe eines Wechsels durch die Fa. L Fachhandel GmbH & Co KG anstatt Zahlung der fälligen Rechnungen durch die Einzelhandelsfirma stellt einen gefahrerhöhenden und anzeigenpflichtigen Umstand dar, den die Klägerin der Beklagten nicht offenbart hat (§ 8 Nr. 2 a) AVB). Schließlich war auch die nachträglich vereinbarte Wechselprolongation, die Tatsache dass der Wechsel zu Protest ging, ein anzeigenpflichtiger, da gefahrerhöhender Umstand nach § 8 Nr. 2 d) AVB. Insgesamt liegen hier gravierende Anzeigepflichtverletzungen vor, die als Obliegenheitsverletzungen zu werten sind.

b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts handelt es sich nicht um eine (etwaige) Obliegenheitsverletzung, die nach Eintritt des Versicherungsfalls erfolgte. Das Landgericht meint, zum Zeitpunkt der Verschlechterung der Vermögenslage der Firma L sei der Versicherungsfall bereits eingetreten. Denn am 21 März 1996 sei das äußerste Kreditziel bereits überschritten gewesen. Das Landgericht setzt damit Überschreitung des äußersten Kreditziels und Versicherungsfall gleich.

Dies ist nicht richtig. Der Versicherungsfall ist in § 9 AVB definiert. Danach tritt der Versicherungsfall mit der Zahlungsunfähigkeit des Kunden ein. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, u.a. bei Eröffnung des Konkursverfahrens (§ 9 Nr. 1 a AVB), des gerichtlichen Vergleichsverfahrens (§ 9 Nr. 1 b AVB), bei Abschluss eines mit sämtlichen Gläubigern zustande gekommenen Liquidations- oder Quotenvergleichs (§ 9 Nr. 1 c AVB) oder einer nicht zur Befriedigung führenden Zwangsvollstreckungsmaßnahme (§ 9 Nr. 1 d AVB). Versicherungsfall ist hier eindeutig die erfolglose Zwangsvollstreckungsmaßnahme gemäß Pfändungsprotokoll vom 13. November 1998 ((§ 9 Nr. 1 d AVB, GA 388) gegenüber der Einzelhandelsfirma, nicht, worauf die Klägerin abstellt, der Konkurs der Firma L Fachhandel GmbH & CO KG (vgl. hierzu auch Senatsurteile vom 25.2.2000 - 10 U 511/99 - ZfS 2000, 404 = VersR 2001, 582 = NversZ 2001, 397; vom 18.6.1999 - 10 U 653/98 NVersZ 2000,103 = r+s 2000, 41).

Demnach handelt es sich vorliegend um eine Obliegenheitsverletzung, die nicht nach Eintritt des Versicherungsfalls, sondern vor Eintritt des Versicherungsfalls erfolgte. Dies hat wiederum zur Folge, dass nicht § 14 Nr. 3 AVB, sondern § 14 Nr. 2 AVB Anwendung findet. Handelt es sich danach um die Verletzung einer Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer zum Zwecke der Verminderung der Gefahr oder Verhütung einer Gefahrerhöhung dem Versicherer gegenüber zu erfüllen ist, kann sich der Versicherer auf die Leistungsbefreiung nur dann nicht berufen, wenn die Verletzung keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der dem Versicherer anlässlich des Versicherungsfalles obliegenden Leistungen gehabt hat. Diesen Kausalitätsgegenbeweis hat der Versicherungsnehmer zu führen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 26.2.1999 - 10 U 178/99 - r+s 1999, 394 = VersR 2000, 315), was der Klägerin nicht gelungen ist. Die Beklagte hat detailliert dargelegt, dass sich im Lager der Kundin Waren im Gesamtwert von 143.000,-- DM befanden, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert worden sind. Die Beklagte hätte hier ggf. Möglichkeiten gehabt, bei rechtzeitiger Kenntnis von den gefahrerhöhenden Umständen auf eine Wahrung der Eigentumsrechte der Klägerin hinzuwirken bzw. auf eine Rückführung der Außenstände drängen können. Geeignete Sicherungsmaßnahmen sind nicht durchgeführt worden. Die Klägerin kann hier nicht den Beweis führen, dass selbst bei rechtzeitiger Anzeige der gefahrerhöhenden Umstände ein Schaden in der gleichen Höhe entstanden wäre.

Ob darüber hinaus die Überschreitung des Kreditziels zu einem Leistungsausschluss nach § 7 AVB führt, mag offen bleiben.

Auf die Berufung der Beklagten war das angefochtene Urteil, wie tenoriert, abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 543 ZPO n.F. nicht vorliegen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.856,12 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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