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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 01.03.2002
Aktenzeichen: 10 U 433/01
Rechtsgebiete: BGB, AGBG


Vorschriften:

VVG § 16
VVG § 17
VVG § 22
VVG § 61
1. Eine grob fahrlässige Herbeiführung eines Versicherungsfalles liegt nicht vor, wenn bei einem Brand in einem Bordell aufgrund kriminaltechnischer Untersuchungen die Ursache für den Brand (brennende Kerze oder glimmende Zigarette) nicht eindeutig feststeht. Die mangelnde Aufmerksamkeit hinsichtlich der Gefahren einer brennenden Kerze oder glimmenden Zigarette stellt nicht ein schlechterdings unentschuldbares Fehlverhalten dar.

2. Wird das Bordell aufgrund der Angaben der Versicherungsnehmerin im Antragsformular für die Versicherung gewerblicher Objekte unzutreffender Weise als Pension versichert, kann darin eine vorvertragliche Anzeigenpflichtverletzung liegen, auch wenn das Objekt "Bordell" im Anzeigenformular als eine anzukreuzende Variante nicht erwähnt ist, aber dort Stundenhotel, Eroscenter und Massagesalon aufgeführt werden, die aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers dieses Verkehrskreises eine thematische Nähe zu dem von der Versicherungsnehmerin geführten Bordell aufweisen.

2. Von einer vorvertraglichen Anzeigenpflichtverletzung kann jedoch nicht ausgegangen werden, wenn der Versicherungsagent als Auge und Ohr der Versicherung das Bordell mehrere Male aufgesucht, sich über die Betriebsabläufe informiert, Rücksprache hinsichtlich der Versicherungsfähigkeit und der in Ansatz zu bringenden Prämie genommen hat und keine Anhaltspunkte für ein kollusives Zusammenwirken zum Nachteil des Versicherers bestehen.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL - abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a. F. -

Geschäftsnummer: 10 U 433/01

Verkündet am 1. März 2002

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert und den Richter am Landgericht Dr. Koch auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 29. Januar 2001 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.782,30 € nebst 4 % Zinsen seit dem 26.8.1999 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Feuerversicherung in Anspruch.

Die Klägerin betrieb in G ein Bordell, für das sie bei der Beklagten im Februar 1999 eine Feuerversicherung abgeschlossen hatte. In diesem waren sie selbst und zwei weitere Damen tätig. Am 9. August 1999 kam es in dem Bordell zu einem Brand. Der Sachschaden an dem Inventar betrug 25.000,-- DM. Die Beklagte hat ihre Leistungspflicht mit der Begründung verneint, der Schaden sei von der Klägerin grob fahrlässig herbeigeführt worden. Außerdem habe sie ihre vorvertraglichen Anzeigepflichten verletzt, weil sie beim Abschluss des Vertrages bewusst falsche Angaben über das zu versichernde Objekt gemacht habe. Mit Schreiben vom 24.8.1999 hat sie den Rücktritt vom Versicherungsvertrag erklärt und hilfsweise den Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe grob fahrlässig den Versicherungsfall herbeigeführt. Als Brandursache komme nach den kriminalpolizeilichen Ermittlungen und den Angaben der Klägerin nur eine brennende Kerze oder eine heruntergefallene bzw. nicht ausgedrückte Zigarette in Betracht. Beide Fälle erfüllten die Anforderungen, welche die Rechtsprechung an das Vorliegen eines groben Verschuldens stelle. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

II.

Die Berufung ist begründet.

1) Die Beklagte ist nicht wegen schuldhafter Herbeiführung des Versicherungsfalls leistungsfrei geworden. Nach § 61 VVG wird der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts kann nicht davon ausgegangen werdden, dass die Klägerin vorliegend den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gröblich, im hohen Grade, außer Acht lässt und nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten musste. In subjektiver Hinsicht muss es sich weiterhin um ein schlechthin unentschuldbares Fehlverhalten gehandelt haben, das das gewöhnliche Maß erheblich übersteigt (Prölss/Martin, VVG Kommentar, 26. Aufl. 1998, §§ 61 Rn. 11 ff., § 6 Rn 117 m.w.N.). Aufgrund der kriminaltechnischen Untersuchungen ist offen, ob der Brand durch eine brennende Kerze oder eine auf den Teppichboden heruntergefallene glimmende Zigarette ausgelöst wurde, wobei nach dem Polizeibericht aufgrund der Brandspuren (Brandzehrungen und Brandbeschädigungen am Sofa, Brandstelle am Teppichboden im Auflagenbereich des Kerzenständers und der Tapete) mehr dafür spricht, dass der Brand durch eine brennende und heruntergefallene Kerze verursacht wurde. Das Landgericht meint, bei einem bekanntermaßen erheblich branndgefährdeten Teppichbodenbelag hätte jedermann einleuchten müssen, dass höchste Aufmerksamkeit darauf zu verwenden sei, dass beim Verlassen eines Zimmers weder eine Kerze brennt noch sich eine brennende Kerze auf dem Fußboden befindet. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wie man übersehen könne, dass ggf. eine noch glimmende Zigarette aus der Hand auf den Boden falle und dort weiter brenne bzw. glimme. Dies sei sowohl in objektiver Hinsicht als auch in subjektiver Hinsicht grob fahrlässig, weil es sich schlechthin um ein unentschuldbares Fehlverhalten handele, das das gewöhnliche Maß erheblich übersteige. Es liege auch kein Augenblicksversagen vor. Der Ausdruck des Augenblicksversagens beschreibe nämlich nur einen Umstand, in dem der Handelnde für eine kurze Zeit die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lasse. Um eine grobe Fahrlässigkeit zu verneinen, müssten weitere Umstände hinzu kommen, die den Grund des momentanen Versagens erkennen und in einem milderen Licht erscheinen ließen (OLG Köln, VersR 1996, 1491, 1492). Solche besonderen Umstände seien hier nicht ersichtlich.

Diese Ausführungen des Landgerichts halten den Angriffen der Berufung nicht stand. Beide in Betracht kommende Fälle, die zur Brandursache geführt haben können, sind vorliegend nicht geeignet, der Klägerin ein grob fahrlässiges Verhalten anzulasten. Zum einen ist die Ursache des Brandes nicht abschließend geklärt, so dass problematisch ist, der Klägerin alternativ - d.h. je nach Schadensursache brennende Kerze oder glimmende Zigarette - grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Im übrigen hat die seinerzeit schwangere Klägerin im Ermittlungsverfahren nachvollziehbar geschildert, dass sich in dem betreffenden Raum, in dem sie am Morgen des 9.8.1999 zwischen 24.00 und 00.30 Uhr einen Kunden empfangen habe, mehrere Kerzen befunden hätten und sie im Glauben gewesen sei, alle Kerzen gelöscht zu haben. Dass sie möglicherweise eine Kerze nicht oder nicht richtig gelöscht und dies nicht bemerkt hat, weil sie beim Fernsehen eingeschlafen war, stellt Zumindest subjektiv kein unentschuldbares Verhalten dar, was schlechterdings nicht mehr zu entschuldigen wäre und das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit erheblich übersteigt. Die Tatsache, dass die Klägerin andere Kerzen gelöscht hatte, zeigt, dass sie sich ihrer besonderen Verantwortung durchaus bewusst war (vgl. auch OLG Oldenburg OLGR 1999, 354). Die Beklagte ist nicht wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls nach § 61 VVG leistungsfrei.

2) Die Beklagte ist auch nicht wegen vorvertraglicher Anzeigenpflichtverletzung wirksam vom Vertrag zurückgetreten (§§ 16, 17 VVG). Auch liegen die Voraussetzungen für eine Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung über Gefahrumstände bei Vertragsabschluss nicht vor (§ 22 VVG).

Die Beklagte hat den Rücktritt bzw. die Anfechtung vom Vertrag darauf gestützt, dass es sich bei dem von der Klägerin betriebenen Bordell nicht um eine, wie im Antragsformular bezeichnet, Pension, sondern um ein Bordell gehandelt habe. Derartige Betriebe stellten für den Versicherer ein absolut unerwünschtes Risiko dar, dessen Übernahme grundsätzlich abgelehnt werde. Hier ist zu bemerken, dass das Antragsformular unter dem Oberbegriff der Beherbergung folgende anzukreuzenden Alternativen aufgeführt hat: "Hotel, Fremdenheim, Schlafstellenvermietung (Stundenhotel siehe Unterhaltung), Pension, Arbeiterwohnheim, Gasthof, Hotel garni, sonstiges Heim." Die Bezeichnung "Bordell" findet sich nicht in der Aufzählung. Unter der Rubrik "Art des Betriebes, Restauration" finden sich die anzukreuzenden Möglichkeiten "Restaurant, Speisegaststätte, Weinstube, Cafe, Eisdiele, Tagescafe, Stehausschank, Imbissstube, Bierkneipe, Ausflugslokal, Clubhaus." Die Rubrik "Art des Betriebs" weist nicht die Bezeichnung "Bordell" aus. Schließlich finden sich in der Spalte "Unterhaltung" die Varianten "Nachtlokal(Bar), Clublokal, Stundenhotel, Tanzlokal, Diskothek, Ausflugslokal mit Tanz, Kegel-/Bowlingbahn, Eroscenter, Ausflugslokal mit Tanz, Spielhalle (auch mit Automaten) und Massagesalon. Auch hier wird der Begriff des Bordells nicht expressis verbis erwähnt. Eine gewisse thematische Nähe besteht zu den Begriffen Stundenhotel, Eroscenter und entfernter - so wohl die Argumentation der Beklagten - vielleicht Massagesalon. Der verständige Versicherungsnehmer dieses Verkehrskreises wird ein Bordell nicht mit einem Stundenhotel, einem Eroscenter oder gar einem Massagesalon gleich setzen. Unter einem Stundenhotel versteht man ein Hotel, in dem Paare stundenweise ein Zimmer mieten, um geschlechtlich verkehren zu können. Eine Unterart hiervon stellt die Absteige dar, die ein billiges Stundenhotel bezeichnet. Abzugrenzen ist das (schlichte) Bordell wiederum von einem Eroscenter, das ein Großbordell darstellt. Dieses zeichnet sich dadurch aus, dass in dem Großbordell ein Kontakt- oder Innenhof besteht, in dem die Prostituierten auf ihre Kunden warten (vgl. Der Brockhaus, multimedial 2002 premium). Diese Begrifflichkeiten vermögen nicht treffend den von der Klägerin betriebenen bordellartigen Betrieb zu bezeichnen. Gleichwohl ist der Senat aufgrund einer Gesamtschau der einzelnen Merkmale im Versicherungsantrag zur Überzeugung gelangt, dass für einen verständigen Versicherungsnehmer dieses Verkehrskreises aus der Aufstellung deutlich wird, dass die von der Klägerin angekreuzte Möglichkeit "Pension" nicht die richtige Umschreibung für das von der Klägerin betriebene Bordell darstellt. Aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers musste erkennbar sein, dass die Art des konkret ausgeübten Gewerbes für die richtige Risikoeinstufung des Versicherers maßgebend war.

3) Der Klägerin kann dennoch keine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung oder ein Verschweigen von Gefahrumständen vorgeworfen werden, die einen Rücktritt vom Vertrag oder eine Anfechtung des Vertrages rechtfertigen. Die Klägerin hat detailliert behauptet und unter Beweis gestellt, dass dem Versicherungsagenten der Beklagten die konkrete Ausübung des Gewerbes bei Vertragsabschluss durchaus bekannt gewesen sei und er keine Bedenken gegen eine Versicherbarkeit des Objekts gehabt habe.

a) Die Klägerin hat hierzu konkret vorgetragen: Anfang Februar 1999 habe sie sich an den Vermittler V H wegen des Abschlusses einer Feuerversicherung gewandt. Dieser habe sich anschließend gemeinsam mit dem Bezirksleiter der Beklagten, A, und Herrn C in seiner Wohnung getroffen. Anlässlich dieses Gesprächs sei darüber gesprochen worden, ob die Beklagte den bordellartigen Betrieb der Klägerin versichere. 1 Woche später sei der Betrieb von den Herren A und H aufgesucht worden. Neben ihr, der Klägerin, seien der Zeuge C und zwei junge Damen anwesend gewesen, letztere in Dessous und Bademäntel so deutlich gekleidet, dass der Sinn und Zweck ihrer Anwesenheit offenbar gewesen sei. Die Herren A und H hätten sämtliche Räumlichkeiten im Objekt besichtigt und sich nach den Abläufen erkundigt. Dabei sei erklärt worden, dass die Mädchen in dem Objekt auch wohnten und Frühstück und Mittagessen bekämen. Der Bezirksleiter A habe sich ca. 3 Stunden in dem Objekt aufgehalten, im Aufenthaltsraum Kaffee getrunken und schließlich erklärt, er werde sich zur Sicherheit noch bei seinem Vorgesetzten erkundigen, ob das Objekt versichert werden könne. Wiederum 1 Woche später sei der Bezirksleiter A gemeinsam mit dem Vermittler H erschienen. Herr A sei hierbei im 1. Stock ausgerutscht und habe eine Platzwunde über der Augenbraue erlitten. Auch bei dieser Gelegenheit sei durch die Anwesenheit der leicht bekleideten jungen Damen klar gewesen, dass es sich um einen bordellartigen Betrieb handele. Herr A habe dabei bemerkt, dass es sich hier nicht um ein Stundenhotel handele, da dies üblicherweise einen ständigen Wechsel vorsehe, während die Zimmer an die Mädchen vermietet. Der Zeuge A habe der Klägerin die Urkunde vom 24.2.1999 zur Unterschrift vorgelegt; sie habe unterschrieben, ohne diese im einzelnen genau durchzulesen.

Die Beklagte hat sämtliche Behauptungen der Klägerin bestritten und Beweis angeboten. Insbesondere hat die Beklagte bestritten, der Versicherungsagent A habe das Objekt aufgesucht, sich dort mehrere Stunden aufgehalten und dort eine Platzwunde zugezogen. Diese sei vielmehr auf einen Verkehrsunfall zurückzuführen, den der Versicherungsagent in Höhr-Grenzhausen erlitten habe.

b) Der Senat hat entsprechend der Auge- und Ohr-Rechtsprechung (in Anknüpfung an BGH VersR 1993, 1089; BGHZ 102, 194; 113, 387; Senatsurteil vom 20. April 2001 - 10 U 1003/00) den von der beweisbelasteten Partei, hier der Beklagten, benannten Versicherungsagenten zu den behaupteten Vorgängen vernommen. Das Beweisergebnis hat für den Senat keine Zweifel offen gelassen, dass der Versicherungsagent beim Abschluss des Versicherungsvertrages voll darüber im Bilde war, dass es sich bei dem Betrieb der Klägerin um ein Bordell und nicht um eine Pension handelte. Der Zeuge A hat den Vortrag der Klägerin bestätigt, dass er in der Wohnung des Zeugen H in Anwesenheit des Zeugen C danach gefragt worden sei, ob die Beklagte auch Bordelle versichere, was er verneint habe. Er habe schließlich das Objekt aufgesucht. Dort sei ihm gesagt worden, dass in dem Objekt Zimmer über mehrere Monate an Frauen vermietet würden, die dort auch Frühstück und Beköstigung erhielten. Es sei aber nicht darüber gesprochen worden, dass die Damen dort Geschlechtsverkehr gegen Entgelt ausübten. Er, der Versicherungsagent A, sei selbst auf diesen Gedanken nicht gekommen. Neben der normal bekleideten Klägerin sei dort zwar eine Dame gewesen, die zwar weit weniger bekleidet gewesen sei als die Klägerin, aber "alle wichtigen Stellen" seien bedeckt gewesen. Aufgrund der geschilderten Darstellung der Art der Untervermietung sei er zur Auffassung gelangt, dass es sich um eine Pension handele. Gegen eine Einstufung des Objekts als Bordell oder Stundenhotel habe gesprochen, dass dort keine große Fluktuation bestanden habe. Für eine Pension habe schließlich gesprochen, dass die Klägerin erklärt habe, sie sei als Hotelfachfrau bei der KV krankenversichert. Er habe auch einige Zimmer besichtigt. Es sei jedenfalls nicht richtig, darauf legte der Zeuge großen Wert, dass er sich drei Stunden in dem Objekt aufgehalten habe. Insgesamt habe er das Objekt höchstens drei Mal aufgesucht, u.a. wegen des Abschlusses einer Kfz-Versicherung. Er habe damals das Risiko für die Beklagte gering eingeschätzt, sei heute aber klüger geworden.

Der Senat ist aufgrund der Bekundungen des Zeugen, der durchaus den Eindruck vermittelte, den Dingen des Lebens offen gegenüber zu stehen, zur sicheren Überzeugung gelangt (§ 286 ZPO), dass der Versicherungsagent A aufgrund der geführten Vorgespräche mit den Herren H und C und der anschließenden Augenscheinnahme des Objekts in Anwesenheit zumindest einer leicht bekleideten Dame, sich der Tatsache bewusst war, dass es sich bei dem Betrieb der Klägerin um ein Bordell handelte. Dieses Wissen muss sich die Beklagte als Versicherer zurechnen lassen.

Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin mit dem Versicherungsagenten kollusiv zum Nachteil des Versicherers gehandelt hat, um den Abschluss des Versicherungsvertrages zu ermöglichen. Gegen die Annahme eines kollusiven Zusammenwirkens spricht insbesondere, dass der Versicherungsagent der Klägerin beim ersten Zusammentreffen gegenüber erklärte, er müsse sich erkundigen, wie und zu welcher Prämie er das Objekt versichern könne. Da der Vertragsabschluss erst beim zweiten oder dritten Besuch zustande kam, konnte die Klägerin davon ausgehen, dass die Frage der Versicherungsfähigkeit des Objekts geklärt war.

Auf die Berufung der Klägerin war das Urteil, wie tenoriert, abzuändern. Im übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 26.02.2002 gibt weder zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung noch zu einer abweichenden Beurteilung in der Sache Veranlassung.

Der Zinsanspruch beruht auf § 288 BGB a.F. Der weitergehende (bestrittene) Zinsanspruch war nicht nachgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzliche Voraussetzungen nicht vorliege (§ 543 ZPO n.F.).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.782,30 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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