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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 30.07.1999
Aktenzeichen: 10 U 462/98
Rechtsgebiete: VVG, ZPO


Vorschriften:

VVG § 1 Nr. 1
VVG § 2 Nr. 1
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Nur derjenige Beamte ist im Sinne des Privatversicherungrechts, soweit eine "Beamtenklausel" fehlt, berufsunfähig, der auch im beamtenrechtlichen Sinne allgemein dienstunfähig ist.
OLG Koblenz

Urteil

30.07.1999

10 U 462/98 11 O 382/96 LG Trier

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch die Richter am Oberlandesgericht Dr. Binz, Weiss und Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juni 1999 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 17. Februar 1998 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der am 22. September 1951 geborene Kläger begehrt Leistungen aus Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

Dem Vertrag liegen Bedingungen zugrunde, die in § 1 Nr. 1 und § 2 Nr. 1 den bei Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., S. 1777 abgedruckten BUZ 90 wortgleich sind; eine Beamtenklausel (vgl. Prölss/Martin a.a.O. Rdnr. 71 zu § 2 BUZ) ist nicht vereinbart.

Der Kläger, der eine Ausbildung zum Bau- und Kunstschlosser durchlaufen hatte, war seit 1974 als Berufsfeuerwehrmann (zuletzt: Oberbrandmeister) im Mittleren Feuerwehrtechnischen Dienst bei der Berufsfeuerwehr der Stadt T. tätig. Der Dienst umfasste neben dem Feuerwehreinsatzdienst auch die Tätigkeit als Rettungsassistent, wofür der Kläger eine Prüfung als Rettungssanitäter abgelegt hatte.

Wegen der Folgen eines (als Dienstunfall anerkannten) Unfalls beim Dienstsport am 14. Juli 1995 (Innenmeniskusschaden und Knorpeldefekt) ist der Kläger auf eigenen Antrag zum 1. Dezember 1996 von der Stadt T. in den Ruhestand versetzt worden.

Der Kläger hat beantragt:

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem 01. 01. 1996 eine vierteljährlich im voraus zu zahlende Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 3.000 DM, längstens jedoch bis zum 31. 12. 2011, zu zahlen, und die vierteljährliche Rente jeweils zum 01. 01., 01. 04., 01. 07. sowie 01. 10., frühestens seit dem 03. 05. 1996, mit 4 % zu verzinsen;

2. die Beklagte weiter zu verurteilen, an ihn 960 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. festzustellen, dass er ab Rechtshängigkeit bezüglich der bei der Beklagten abgeschlossenen Lebensversicherung Nr. 0- ... - mit eingeschlossener Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wegen mindestens 50%iger Berufsunfähigkeit bis zum 31. 12. 2011 beitragsfrei ist, und keine Beiträge zu zahlen braucht.

Die Beklagte hat beantragt:

die Klage abzuweisen.

Sie hat das Vorliegen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit bestritten und geltend gemacht, der Kläger müsse sich auf eine Innendiensttätigkeit verweisen lassen.

Das Landgericht hat nach Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungsgutachten (vgl. Bl. 104 ff., 136 ff. d.A.) die Klage abgewiesen, da der Kläger hinsichtlich gegebener Verwendungsmöglichkeiten im Innendienst nach dem Beweisergebnis allenfalls zu 10 bis 20 % berufsunfähig sei und die mangelnde Einsatzmöglichkeit für den Feuerwehreinsatz- und Rettungsdienst bedingungsgemäß nicht ausreiche.

Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greift der Kläger dieses Urteil in vollem Umfang an.

Er wiederholt, ergänzt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und beantragt:

Das angefochtene Urteil abzuändern und nach seinen erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung zurückzuweisen.

Auch sie wiederholt, ergänzt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie die Beweisergebnisse wird weiter Bezug genommen auf das angefochtene Urteil (Bl. 158 ff. d.A.) sowie die in beiden Rechtszügen zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Die Berufung ist nicht begründet.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat schließt sich den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nach Maßgabe der nachfolgenden weiteren Ausführungen an und nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug, § 543 Abs. 1 ZPO.

Das Berufungsvorbringen gibt im Ergebnis zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung. Auch eine neuerliche oder ergänzende Beweiserhebung ist nicht veranlasst.

Im Einzelnen:

Der Kläger ist nicht im Sinne der vereinbarten Versicherungsbedingungen berufsunfähig.

Zwar ist davon auszugehen, dass er den konkreten, im ersten Rechtszug im Einzelnen herausgearbeiteten, Anforderungen an seine bisher ausgeübte Tätigkeit als Beamter des Mittleren Feuerwehrtechnischen Dienstes, der sowohl den Feuerwehreinsatzdienst als auch den Einsatzdienst als Rettungsassistent umfasste, aus gesundheitlichen Gründen zu mindestens 50 % nicht mehr gewachsen ist.

Damit, und auch mit seiner Versetzung in den Ruhestand wegen Feuerwehrdienstunfähigkeit, steht aber nicht das Vorliegen von Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen, die keine "Beamtenklausel" enthalten, fest. Vielmehr ist nach den medizinischen Beweisergebnissen des ersten Rechtszugs als unwiderlegt anzusehen, dass der Kläger nicht allgemein dienstunfähig (im beamtenrechtlichen Sinne) ist. Er ist nämlich imstande, eine Innendiensttätigkeit wie etwa die in einer Einsatzleitzentrale, wie sie im Einzelnen in dem berufskundlichen Gutachten Bl. 67 f. d.A. unstreitig im Wesentlichen zutreffend beschrieben ist, auch in gesundheitlicher Hinsicht auszuüben. Das Landgericht hat dies im Anschluss an die Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. R. im Einzelnen zutreffend ausgeführt. Der Senat schließt sich dem bezugnehmend an, § 543 Abs. 1 ZPO. Auch aus der Sicht des Senats ist schließlich auch dann, wenn man den weiteren Vortrag des Klägers zu nunmehr aufgetretenen Befunden auch im rechten Knie berücksichtigt, von einer wesentlichen Steigerung des vom Sachverständigen angenommenen Beeinträchtigungsgrades für den Innendienst von 10 bis 20 % nicht auszugehen, jedenfalls nicht vom Erreichen einer Beeinträchtigung von mindestens 50 %.

Hieraus aber folgt, dass das Vorliegen versicherter Berufsunfähigkeit zu mindestens 50 % nicht nachgewiesen ist. Der Senat sieht auch keine Aussicht, diesbezüglich über eine weitere Beweiserhebung zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis zu kommen.

Das Fehlen (beamtenrechtlich) allgemeiner Dienstunfähigkeit, dem die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit im Mittleren Feuerwehrtechnischen Dienst als spezifischer Laufbahn/Fachrichtung entspricht (vgl. die Urkunde zur Versetzung in den Ruhestand Bl. 15 f. d.A. und die Auskunft der Stadtverwaltung T. Bl. 97 f. d.A.), bedeutet im Ergebnis zugleich für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung das Fehlen (bereits) bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit (ohne dass es erst auf die Möglichkeit der Verweisung auf einen anderen Beruf ankäme).

In Anknüpfung an die Senatsentscheidung NVersZ 1998 S. 116 = VersR 1998, 1010 (m.w.N.) und in Fortführung derselben (vgl. auch weiteres Senatsurteil vom 30. 7. 1999 - 10 U 260/98 -) ist nämlich Folgendes, auch für den vorliegenden Rechtsstreit letztlich schon als allein entscheidend, zu den Voraussetzungen der Annahme von Berufsunfähigkeit bei Versicherungsbedingungen ohne "Beamtenklausel" für Lebenszeitbeamte festzuhalten, insbesondere für den Geltungsbereich der rheinlandpfälzischen beamtenrechtlichen Regelungen und die spezifischen gesundheitlichen Anforderungen des Feuerwehreinsatzdienstes (wie im Übrigen auch des Polizei- und Justizvollzugsdienstes):

Während allgemein (vgl. BGH VersR 1992 S. 1386 und ständig, Senat OLG-Report 1999 S. 56 m.w.N.) sowohl bei selbständigen wie bei nichtselbständigen Berufstätigen die versicherte Berufsunfähigkeit an der konkreten Berufsausübung des Versicherers unmittelbar vor Eintritt der geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigung zu messen ist und Berufsunfähigkeit (schon) dann zu bejahen ist - bei Selbständigen vorbehaltlich einer möglichen Umorganisation -, wenn gerade diese bei sachgerechter Gewichtung nicht mehr entsprechend dem vereinbarten Vom-Hundertsatz im Rahmen zumutbarer Bemühung ausgeübt werden kann, bejahendenfalls sich sodann die weitere Frage stellt, ob ein "Vergleichsberuf" noch ausgeübt werden kann ("Verweisung"), ist wegen der rechtlichen und tatsächlichen Besonderheiten der Stellung des Lebenszeitbeamten bereits für die Bejahung von Berufsunfähigkeit als solcher die Feststellung bedingungsgemäß hinreichender Beeinträchtigungen für die zuletzt ausgeübten konkreten Einzeltätigkeiten nicht ausreichend; es bedarf vielmehr schon für die Bejahung von Berufsunfähigkeit überhaupt der Feststellung allgemeiner Dienstunfähigkeit im Sinne der Nichtverwendbarkeit auch in einem gleichwertigen anderen Amt bei dem betreffenden Dienstherrn, auch nicht - in gewissen Grenzen des objektiv Möglichen und des Zumutbaren - in einer anderen Laufbahn/Fachrichtung. Insoweit sind die Erwägungen, die bei der Auslegung und Anwendung der "Beamtenklausel" dafür maßgeblich sind, die besondere Dienstunfähigkeit für spezielle Verwendungen nicht ausreichen zu lassen (vgl. Prölss/Martin a.a.O.), nach Auffassung des Senats sinngemäß auf die Beantwortung der Frage "allgemeiner" bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit zu übertragen.

Abweichend von der Stellung eines privatwirtschaftlichen Arbeitnehmers und insoweit eher einem unternehmerisch tätigen Selbständigen vergleichbar, bedeutet die Unfähigkeit, einen bestimmten konkreten "Arbeitsplatz" weiter auszufüllen, beim Lebenszeitbeamten grundsätzlich nicht, wie bei diesem, den Verlust der konkreten Arbeitsmöglichkeit infolge der regelmäßigen Auswirkungen auf das privatrechtliche Arbeitsverhältnis (mit verhältnismäßig weitgehend ungesicherter Position hinsichtlich einer Weiterbeschäftigung und deren Ausgestaltung beim selben oder einem anderen Arbeitgeber), sondern nur eine von vornherein wesentlich weniger einschneidende Beeinträchtigung der beruflichen Position, deren "Eckpunkte" durchaus realistisch zum einen - im "schlimmsten" Fall - durch Versetzung in den Ruhestand mit gleichzeitiger beamtenrechtlicher Versorgung, zum anderen - aufgrund pflichtgemäßer Ermessensausübung des Dienstherrn, auf die grundsätzlich ein Anspruch gegeben ist - durch Weiterverwendung aufgrund Umsetzung/Versetzung in ein durch weniger belastende Tätigkeit geprägtes gleichwertiges Amt gekennzeichnet sind.

Nur im ersteren Fall nähert sich die Position des Lebenszeitbeamten, im Einzelnen auch noch in wirtschaftlich jeweils unterschiedlichem Ausmaß je nach Ausgestaltung der Versorgung (nach Dienstalter, Vorliegen eines Dienstunfalls und weiterer Aspekte), derjenigen des privatwirtschaftlichen Arbeitnehmers an; grundsätzlich anders als bei diesem, der nur in engen arbeitsrechtlichen Grenzen, wenn überhaupt, einen uneingeschränkten oder auch nur begrenzten Weiterbeschäftigungsanspruch wird durchsetzen können und im Sinne von "Versorgung" unabhängig vom Ende der konkreten Tätigkeit auf eine sozialversicherungsrechtliche Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente verwiesen ist, hat der Lebenszeitbeamte jedenfalls immer einen, auch gerichtlich durchsetzbaren, Anspruch auf fehlerfreie Ermessensbetätigung des Dienstherrn bezüglich einer Weiterverwendung, konkret nach dem rheinland-pfälzischen Landesrecht sogar geprägt durch eine Ermessensreduzierung in Gestalt einer "Soll-Bestimmung" (vgl. §§ 216, 216 a, 210, 56 Abs. 3 LBG RLP).

Das aber bedeutet jedenfalls idealtypisch, aber nach der Einschätzung des Senats jedenfalls bei entsprechender Bemühung des Beamten auch durchaus nicht realitätsfern, dass der Lebenszeitbeamte mit der (bloßen) Dienstunfähigkeit gerade für ein bestimmtes Amt (und gerade auch) die besondere Verwendung im Rahmen einer Sonderlaufbahn/-fachrichtung längst nicht in der gleichen Situation steht wie der für seinen bisherigen konkreten Beruf berufsunfähige Arbeitnehmer der Privatwirtschaft, bei dem nach der Systematik der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung allenfalls noch die Frage nach einem zumutbaren Berufswechsel (Verweisungsberuf) zu stellen ist.

Dies gilt gerade auch - und hier sieht der Senat in lebenspraktischer Hinsicht die letztlich entscheidenden Unterschiede -, soweit für die aktive Weiterverwendung der Erwerb zusätzlicher, neuer Kenntnisse und Fertigkeiten oder wenigstens auch die entsprechende "Reaktivierung" ursprünglicher allgemeiner Laufbahnvoraussetzungen erforderlich ist:

Für den Lebenszeitbeamten ist die - aus der Sicht des Senats auch durchaus praktisch-realistische - Möglichkeit des Erwerbs oder der Reaktivierung entsprechender Qualifikationen im Rahmen des bestehenden Beamtenverhältnisses eröffnet - bei voller Statuswahrung, nämlich Beibehaltung von Besoldung und, mit allen sonstigen Implikationen, Amt im statusrechtlichen Sinn - (vgl. auch Senat NVersZ a.a.O.).

Entsprechend ist die Frage des objektiv Möglichen und Zumutbaren in dieser Hinsicht in gänzlich anderem Licht zu beurteilen als bei einem gegebenenfalls auf Umschulung oder gar eine neue Berufsausbildung zu verweisenden privatwirtschaflichen Arbeitnehmer. Die Situation ist für den Senat vielmehr weit besser vergleichbar mit dem Fall des selbständigen Gewerbetreibenden in gesicherter unternehmerischer Position mit den - nach der Rechtsprechung ebenfalls nicht erst im Sinne von Verweisung, sondern bereits bei der Beurteilung ursprünglicher Berufsunfähigkeit einzuordnenden - Möglichkeiten organisatorischer Betriebsumgestaltung zur vollwertigen Kompensation eigener gesundheitlicher Beeinträchtigungen (vgl. Prölss/Martin a.a.O. Rdnr. 19 f. zu § 2 BUZ).

Der Senat ist deshalb im Ergebnis der Auffassung, dass - auch im Sinne der Aufstellung einer abstrakt-generellen, typisierenden Regel - bei einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ohne spezifische Beamtenklausel über die Aussage hinaus, dass die besondere Dienstunfähigkeit für ein bestimmtes Amt einer besondere gesundheitliche Anforderungen stellenden Sonderlaufbahn/-fachrichtung für die Annahme von Berufsunfähigkeit allein nicht ausreicht, bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vielmehr grundsätzlich überhaupt erst dann anzunehmen ist, wenn zugleich auch eine allgemeine Dienstunfähigkeit im beamten-rechtlichen Sinne, also auch für ein im Übrigen grundsätzlich zugängliches anderes Amt bei dem betreffenden Dienstherrn, gegeben ist.

Im Sinne knapper Zusammenfassung ist hiernach, wenn auch im Versicherungsverhältnis zivilgerichtlich selbständig zu prüfen, bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit des Lebenszeitbeamten praktisch gleichzusetzen mit allgemeiner Dienstunfähigkeit im beamtenrechtlichen Sinn.

Geht man entsprechend diesen Überlegungen von einer grundsätzlichen Gleichsetzung von Berufsunfähigkeit bei Lebenszeitbeamten mit allgemeiner beamtenrechtlicher Dienstunfähigkeit aus, kann es schließlich auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob tatsächlich, wie vorliegend, der Dienstherr schon allein wegen der besonderen Dienstunfähigkeit die Versetzung in den Ruhestand angeordnet hat und aus diesem Grund der Kläger tatsächlich nicht mehr als Lebenszeitbeamter aktiv beschäftigt ist. Vielmehr muss darauf abgestellt werden, ob für den Kläger eine Weiterverwendung im Rahmen der weiter bestehenden allgemeinen Dienstfähigkeit tatsächlich und rechtlich möglich ist, wobei aus Billigkeitsgründen die ergänzende Heranziehung von Zumutbarkeitsaspekten zu erwägen sein mag.

In tatsächlicher Hinsicht korrespondiert einmal die weiterbestehende allgemeine Dienstfähigkeit auch mit der tatsächlichen Einsatzmöglichkeit in der postulierten gesundheitlich zu bewältigenden Verwendung - die weitestgehend generell mit dem Begriff "Innendienst" gekennzeichnet werden kann -. Zum anderen setzt die Weiterverwendungsmöglichkeit in tatsächlicher Hinsicht das Vorhandensein eines entsprechenden "Arbeitsplatzes", grundsätzlich beim selben Dienstherrn, voraus.

Insoweit meint allerdings der Senat, dass, unter Umständen mit Ausnahme von Dienstherrn mit sehr geringer Beschäftigtenzahl, grundsätzlich von der Möglichkeit einer Innendienstverwendung in Vermeidung vorzeitiger Pensionierung immer auszugehen ist und dem Berufsunfähigkeitsversicherer grundsätzlich nicht entgegengehalten werden kann, dass die Weiterverwendung ein gewisses Maß an Bemühungen sowohl auf seiten des Beamten als auch auf seiten des Dienstherrn erfordert (Zusatzausbildung, Einweisung/Einarbeitung, organisatorische Maßnahmen usw.) - zumal insoweit ein Anspruch des Beamten wenigstens auf der Fürsorgepflicht entsprechende Ermessensausübung des Dienstherrn besteht -.

Zu der damit bereits angesprochenen rechtlichen Seite der Weiterverwendungsmöglichkeit wird von dem versicherten Beamten wenigstens die Darlegung zu verlangen sein, dass und aus welchem Grund für ihn keine Möglichkeit zur Durchsetzung eines ernstlichen Weiterbeschäftigungsverlangens im Rahmen der weiterbestehenden allgemeinen Dienstfähigkeit besteht, gegebenenfalls also entweder die Erschöpfung des Rechtswegs oder die plausible Darlegung der Aussichtslosigkeit desselben.

Der Senat verkennt nicht, wie auch in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert, dass die vorstehend entwickelten Grundsätze - teils allerdings nur bei verkürzter Betrachtung - die Frage nach dem wirtschaftlichen Sinn einer allgemeinen Berufsunfähigkeitsversicherung eines Lebenszeitbeamten aufwerfen, zumal auch bei diesem im praktischen Ergebnis unter Umständen eine gewisse "Versorgungslücke" bei vorzeitigem Ruhestand auftreten kann. Andererseits ist ein subjektiv unterschiedlicher "Wert" eines bestimmten Versicherungsschutzes im typisierenden Geschäft der einem breiten Publikum angebotenen Versicherungen gängige und unter der Vorgabe der Vertragsfreiheit grundsätzlich unvermeidliche Alltagsrealität. Von einer "Entwertung" des Versicherungsschutzes des Lebenszeitbeamten in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung kann im Übrigen nach Auffassung des Senats gerade wegen der - durchaus in gewissem Sinn "privilegierten" - Stellung dieser Gruppe von Versicherungsnehmern nicht ernstlich die Rede sein.

Hinzu kommt, wie ebenfalls in der mündlichen Verhandlung näher dargelegt, dass im praktischen Ergebnis aus der Sicht des Senats die Berücksichtigung der Besonderheiten des Status des Lebenszeitbeamten sich nicht nur einseitig zum Nachteil der betreffenden Beamten auswirkt: Der Senat sieht vielmehr, wenn denn die Stufe der allgemeinen Dienstunfähigkeit einmal erreicht ist, gerade aufgrund dieser Besonderheiten einen nur noch vergleichsweise äußerst engen Rahmen für die Verweisung auf einen anderen (Vergleichs-)Beruf. Dies ist vorliegend indes nicht weiter auszuführen.

Entsprechend den vorstehenden Überlegungen kann im vorliegenden Fall der Kläger im Ergebnis auch nicht mit Erfolg geltend machen, eine Weiterbeschäftigung im Rahmen fortbestehender allgemeiner Dienstfähigkeit sei für ihn nicht möglich.

Die Versetzung des Klägers in den Ruhestand entsprach einem eigenen entsprechenden Antrag des Klägers (vgl. Bl. 15 f. d.A.). Zur Verwendungsmöglichkeit im inneren Dienst bei der Feuerwehr sowie im übrigen im Bereich der Stadtverwaltung ist nach den Auskünften der Stadt davon auszugehen, dass diese den Kläger nur deshalb nicht in der Einsatzleitstelle verwenden will, weil sie diese Aufgaben in einem "rollierenden System" von ansonsten auch im Einsatzdienst tätigen Mitarbeitern wahrnehmen lassen will, und sie für sonstige allgemeine Verwaltungstätigkeiten auf dafür von vornherein speziell ausgebildete Kräfte zurückgreifen will (vgl. Bl. 97 f. d.A.).

Hiernach kann aus der Sicht des Senats nicht festgestellt werden, dass einer Weiterbeschäftigung des Klägers in Wahrung seiner Beamtenstellung wirklich unüberwindliche Hindernisse entgegenstünden, zumal es sich bei der Stadt T. als kreisfreier Stadt mit etwa 100.000 Einwohnern nicht um einen im Sinne der vorstehenden Überlegungen besonders "kleinen" Dienstherrn handelt.

Dahingestellt bleiben kann unter diesen Umständen die weitere, sich gegebenenfalls anschließende Rechtsfrage, ob das tatsächliche Fehlen von weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten bei demselben Dienstherrn (und zugleich der Möglichkeit der Übernahme durch einen anderen Dienstherrn) unter den im Übrigen gegebenen Umständen die Annahme von versicherter Berufsunfähigkeit rechtfertigt oder, wie bei der Verweisung, gänzlich oder in gewissem Umfang dem nicht versicherten Arbeitsmarktrisiko zuzurechnen ist.

Im Ergebnis ist die Berufung nach alledem mithin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Von Vollstreckungsschutzanordnungen wird gemäß § 713 ZPO abgesehen.

Der Wert des Streitgegenstandes für den Berufungsrechtszug und die Höhe der Beschwer des Klägers werden jeweils auf 55.992 DM festgesetzt (Einzelansätze, teilweise unter Berücksichtigung eingeklagter Rückstände: Antrag zu 1.: 3 × 3.000 + 3,5 × 12.000 = 51.000; Antrag zu 2.: 8 × 120 = 960; Antrag zu 3.: 42 × 120 × 80 % = 4.032).

Der Senat hat von Amts wegen die (von den Parteien nicht angesprochene) Frage der Revisionszulassung geprüft. Er hält die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Ergebnis nicht für veranlasst. Die vorstehend entwickelten Überlegungen stellen aus der Sicht des Senats lediglich die graduelle Fortentwicklung bereits vorhandener Ansätze und Erkenntnisse in der bisherigen Rechtsprechung dar. Zudem erwiese sich die Berufung letztlich auch aufgrund der Annahme einer zumutbaren Verweisungsmöglichkeit als unbegründet.



Ende der Entscheidung

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