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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 14.04.2004
Aktenzeichen: 10 U 486/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 138 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 2
BGB § 812 Abs. 1
Eine Sittenwidrigkeit eines gewerblichen Mietvertrages liegt nicht vor, wenn der vereinbarte Mietzins lediglich 30 bis 40 % über dem ortsüblichen Mietzins und das Mietobjekt zudem in bester Lage in der Innenstadt einer Großstadt liegt. Der Sachverständige ist - anders als bei Wohnraummietverträgen - nicht gehalten, Vergleichsmieten anderer Gewerbeobjekte anzugeben. Es reicht aus, wenn der Sachverständige seine Begutachtung unter Berücksichtigung des RDM Immobilienspiegels und anderer Erkenntnisquellen erstellt.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ Beschluss

(gemäß § 522 Abs. 2 ZPO)

Geschäftsnummer: 10 U 486/03

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert und die Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger am 14. April 2004

einstimmig

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 26. März 2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe:

Der Senat hat mit Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 22. Januar 2004 darauf hingewiesen, daß die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe, auch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordere und die Berufung auch keine Aussicht auf Erfolg habe.

Der Senat hat hierzu im einzelnen dargelegt:

Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rückzahlung einer Mietzinszahlung aus ungerechtfertigter Bereicherung zu (§ 812 Abs. 1 BGB). Der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag ist nicht wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 bzw. 2 BGB) unwirksam. Vorliegend liegen weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht die Voraussetzungen eines Wuchertatbestandes vor.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme kann ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung des Vermieters und Mietzinsleistung der Klägerin nicht festgestellt werden. Ausweislich der Gutachten des Sachverständigen B ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages am 19.6.1991 eine Nettomiete von ca. 14.600 bzw. 15.000 DM durchaus ortsüblich war, der vereinbarte Nettomietzins von 20.000,-- DM zwar hoch war, nicht aber in einem auffälligen Missverhältnis zum Mietwert des Geschäftslokals stand, das sich in bester Lage in der Koblenzer Innenstadt befunden hat. Der Sachverständige hat seine Feststellungen unter Berücksichtigung von ihm bekannten Vergleichsmieten sowie unter Berücksichtigung des RDM Immobilienpreisspiegels von 1991 und des Immobilienindexes 1995 bis 2000 der B AG getroffen. Aus diesen beiden Anlagen lässt sich - wie das Landgericht zutreffend ausführt - entnehmen, dass im Jahre 1991 der Mietpreis für Gewerbeimmobilien wesentlich höher lag als in der heutigen Zeit. So gibt der RDM Immobilienpreisspiegel 1991, Erhebungszeitraum erstes Quartal für Gewerbeimmobilien in K bei Ladenmieten netto kalt einen monatlichen qm-Preis bis ca. 60 qm von 250,00 DM, ab ca. 100 qm für 200,00 DM an. Büromieten netto kalt betragen bei einem mittleren Nutzungswert 10,00 DM, bei einem guten Nutzungswert 15,00 DM pro qm. Aus dem Immobilienindex der B AG lässt sich ersehen, dass der Mietzins für die Gewerbeimmobilien 1991 sehr hoch lag und noch im Steigen begriffen war.

Nicht zu beanstanden ist, dass der Sachverständige B seine Feststellungen auch auf Informationen von Immobilienmaklern gestützt hat, die ebenfalls von der IHK K als öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Mieten tätig sind.

Diesen Informationen zufolge betrugen die qm-Preise für Ladenmieten ca. 170,00 DM bis 200,00 DM pro qm, bzw. 180,00 DM bis 200,00 DM pro qm. Die Büromieten wurden auf 12,00 DM bis 15,00 DM pro qm angegeben. Der Sachverständige B hat in seinem Ergänzungsgutachten vom 17.10.2002 dargelegt, dass sich auch unter Berücksichtigung der sogenannten Zoning-Methode kein anderes Ergebnis ergibt. Danach war eine Nettomiete von ungefähr 14.600,00 DM bzw. 15.000,00 DM im Monat im Jahr 1991 durchaus ortsüblich.

Entgegen der Auffassung der Berufung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob ein objektives Missverhältnis bei einer Überschreitung des ortsüblichen Mietzinses bereits bei 100 % oder erst bei 300 % anzunehmen ist, da der zwischen den Parteien vereinbarte Mietzins lediglich ca. 30 bis 40 % über dem ortsüblichen Mietzins lag. Die Berufung rügt auch ohne Erfolg, dass das Gutachten des Sachverständigen B unbrauchbar sei. Der Sachverständige war nicht gehalten, Vergleichsmieten für andere Gewerbeobjekte in der K Innenstadt anzugeben. Die für Wohnraummietverträge geltenden Bestimmungen sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung können nicht auf gewerbliche Objekte übertragen werden. Ein Verwertungsverbot bezüglich der Gutachten des Sachverständigen B besteht nicht. Auch war das Landgericht nicht gehalten, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen, da die gutachterlichen Ausführungen in sich nachvollziehbar und widerspruchsfrei sind.

Auch sind in subjektiver Hinsicht keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Beklagte eine Zwangslage der Klägerin ausgenutzt hat. Allein die Tatsache, dass die Klägerin aufgrund zurückgehender Umsätze ein neues Geschäftslokal außerhalb der G Passage suchte, stellt noch keine Zwangslage im Sinne von § 138 Abs. 2 BGB dar. Vielmehr hatte die Klägerin sich von dem neuen Objekt aufgrund seines Standortvorteils wirtschaftliche Vorteile versprochen. Sie war jedoch nicht zwingend auf das Ladenlokal in der L... Straße angewiesen. Die Klägerin hätte auch andere Gewerberäume anmieten können. Da der Mietvertrag am 19.6.1991 voraussichtlich mit Mietbeginn zum 1.7.1992 geschlossen wurde, kann auch nicht von einer kurzfristigen Anmietung neuer Räumlichkeiten aufgrund einer Zwangslage gesprochen werden. Die tatsächliche Übergabe fand schließlich erst am 01.08.1992 statt. Der anvisierte Einzugstermin widerlegt die Kurzfristigkeit.

Auch sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Beklagte die Unerfahrenheit der Klägerin ausgenutzt hätte. Zutreffend hebt das Landgericht hervor, dass es sich bei der Klägerin um eine alteingesessene K Kauffrau handelt. Mithin mussten ihr die ortsüblichen Mieten oder der Wert bestimmter Gewerberäumlichkeiten bekannt gewesen sein, zumal sie bereits ein Ladenlokal in K angemietet hatte und somit zumindest einen Einblick in den Immobilienmarkt haben musste. Die Klägerin hatte seinerzeit den von dem Beklagten mitgeteilten Mietzins akzeptiert, ohne Verhandlungen hierüber zu führen oder Bedenken angesichts der Höhe des Mietzinses zu äußern. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es die Klägerin war, die sich an den Beklagten gewandt hatte und die Anmietung der Räumlichkeiten wünschte. Dies lässt sich eindeutig aus den von dem Beklagten mit der Berufungserwiderung überreichten Schriftwechsel der Parteien entnehmen.

Die Klägerin hat eine weitere Stellungnahme nicht abgegeben.

Die Berufung ist aus den Gründen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Senat hält an seinem Hinweis fest und nimmt auf ihn auch zur Begründung seiner abschließenden Entscheidung Bezug (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Wert des Streitgegenstands für das Berufungsverfahren wird auf 187.070,74 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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