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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 07.03.2008
Aktenzeichen: 10 U 618/07
Rechtsgebiete: MB/KT 94, ZPO


Vorschriften:

MB/KT 94 § 15 lit. b
ZPO § 524 Abs. 2
Klage auf künftige Krankentagegeldleistungen unzulässig.

Keine Obliegenheitsverletzung, wenn VN Gesichtsabnahme zur Ermöglichung einer Leistenbruchoperation nicht gelingt.

Berufsunfähigkeit nach § 15 lit. b MB/KT 94 nach sieben Jahren Arbeitsunfähigkeit auch ohne Klärung von Einzelheiten der früheren Berufsausübung bei offensichtlichem medizinischem Befund festzustellen, ohne dass bloße Möglichkeit einer Operation zur Wiederherstellung der Berufsfähigkeit eingewandt werden kann.

Zulässigkeit von Hilfsanträgen des obsiegenden Klägers in der Berufungsinstanz ohne Bindung an die Frist nach § 524 Abs. 2 ZPO.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 10 U 618/07

Verkündet am 7. März 2008

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und die Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2008 für Recht erkannt: Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 5. April 2007 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird - einschließlich der im Berufungsrechtszug erstmals gestellten Hilfsanträge - abgewiesen. Der Kläger hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe: I. Der Kläger macht gegenüber dem Beklagten Ansprüche auf Krankentagegeld für Vergangenheit und Zukunft geltend. Der Kläger schloss bei dem Beklagten am 1.11.1995 eine Krankentagegeldversicherung ab mit einer Leistungshöhe von 140 DM (= 71,58 €) täglich. Dem Vertrag liegen die MBKT 94 des Beklagten zu Grunde. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Beklagte nach wie vor verpflichtet ist, aufgrund dieses Vertrages Leistungen an den Kläger zu erbringen. Der Kläger ist aufgrund einer Erkrankung und diverser Operationen in der Leistengegend seit 1999 krank geschrieben und arbeitsunfähig. Eine Operation erfolgte 1999 wegen eines beidseitigen Leistenbruchs, eine weitere Operationen erfolgte im Jahr 2000. Der Kläger leidet seit 1999 an einer chronischen Schmerzsymptomatik. Der Beklagte hat seither Krankentagegeld geleistet. Wegen der langen Dauer der Krankschreibung ließ der Beklagte den Kläger am 19.7.2005 von seiner Vertrauensärztin Dr. A in O untersuchen. Die Gutachterin gelangte zu dem Ergebnis, dass eine weitere Operation zu einer Beschwerdeverbesserung führen könne, jedoch müsse der Kläger zuvor eine Gewichtsreduzierung durchführen, und zwar bis zu einem unter 100 kg liegenden Körpergewicht. Der Kläger war bei 1,84 m Körpergröße zum Zeitpunkt der ärztlichen Untersuchung etwa 114 oder 117 kg schwer. Der Beklagte forderte den Kläger unter Hinweis auf § 9 Nr. 4 MBKT 94 auf, sein Gewicht bis zum 31.1.2006 zu reduzieren. Der Kläger nahm in der Folgezeit ab und gelangte bis Februar 2006 zu einer Gewichtsreduzierung auf 104 kg. Mit Schreiben vom 23.2.2006 erklärte der Beklagte daraufhin, seine Leistung ab 31.1.2006 einzustellen, da der Kläger seiner Obliegenheit zur ausreichenden Gewichtsreduzierung nicht nachgekommen sei. Daraufhin teilte der Kläger dem Beklagten mit, sein Gewicht schwanke zwischen 104 und 107 kg, ohne ärztliche Unterstützung sei ihm eine weitere Gewichtsabnahme nicht möglich und bat den Beklagten um ärztliche Unterstützung. Dies lehnte der Beklagte ab. Er vertrat die Auffassung, der Kläger könne sein Gewicht von 107 kg innerhalb von vier bis sechs Wochen auf unter 100 kg reduzieren. Der Kläger hat vorgetragen: Der Beklagte habe seine Leistung aus der Krankentagegeldversicherung nicht einstellen dürfen. Eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung seinerseits liege nicht vor. Er sei nicht in der Lage, ohne ärztliche Unterstützung oder ärztlich begleitete Kurmaßnahmen sein Körpergewicht auf unter 100 kg zu reduzieren. Grund für die Gewichtszunahme seien die Schmerzen. Auf eine fiktive Berufsunfähigkeit könne sich die Beklagte nicht berufen, da er bereit sei, die von der Vertrauensärztin angeratene Operation durchführen zu lassen. Da das Krankentagegeld seine einzige Einkommensquelle sei, könne der Beklagte auch nicht wegen Prämienrückständen gemäß § 39 VVG das Vertragsverhältnis beenden. Er rechne mit den Beitragsrückständen für die Monate Februar bis Juni 2006 von monatlich 356,45 €, insgesamt 1.482,25 €, auf. Der Kläger hat beantragt, 1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 9.739,24 € nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 28.9.2006 zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ab dem 27. Juni 2006 für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit tägliche Krankentagegeldleistungen betreffend das Versicherungsverhältnis zu Vertragsnummer 5022007.9 in Höhe von 71,59 € zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen: Der Kläger habe seine Wiederherstellungsobliegenheit aus § 9 Nr. 4 MBKT 94 verletzt, da er entgegen der mit Schreiben vom 13. Dezember 2005 gegebenen Möglichkeit, bis 31.1.2006 sein Gewicht auf 98 kg zu reduzieren, dem nicht nachgekommen sei, sondern von August 2005 bis Februar 2006 nur 10 kg abgenommen habe. Da die Gewichtsreduktion nur zum Zweck der Operation notwendig gewesen sei, sei es hier auch auf die Nachhaltigkeit der Gewichtsentwicklung nicht angekommen. Insbesondere sei es nicht entscheidend, ob und in welchem Umfang der Kläger nach der Durchführung der Operation wieder zunehmen würde. Es sei dem Kläger durchaus möglich und auch zumutbar gewesen, ein Programm zur schnelleren Gewichtsreduktion, beispielsweise "Optifast 52", zu wählen. Der Kläger habe unter ärztlicher Kontrolle gestanden. Die im 14-Tages-Rhythmus vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hätten stets das aktuelle Gewicht des Klägers angegeben. Der behandelnde Arzt habe somit die Gewichtsreduktion gleichermaßen begleitet wie dokumentiert. Aufwendungen für diese ärztliche Behandlung habe er zu keiner Zeit abgelehnt. Die Kündigung zum 28.2.2006 sei wegen § 39 VVG berechtigt. Außerdem berufe er sich auf den Ausschlusstatbestand der Berufsunfähigkeit des Klägers nach § 15 lit. b MBKT 94. Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Wegen der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Der Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass er dem Kläger habe aufgeben dürfen, sein Gewicht in einem bestimmten Ausmaß zu reduzieren, und dass es dem Kläger als Obliegenheitsverletzung im Rahmen des Vertrages anzulasten sei, dass er das vorgegebene Ziel der Gewichtsreduktion nicht erreicht habe. Er macht hierzu geltend, dass die Argumentation des Landgerichts fehlerhaft sei und seinen erstinstanzlichen Sachvortrag verkenne. Hilfsweise beruft er sich weiterhin auf Berufsunfähigkeit gemäß § 15 lit. b MB/KT 94. Ein Unvermögen des Klägers zur Gewichtsreduktion sei nicht ersichtlich, so dass es allein von seinem Willen abhänge, ob er sein Gewicht entsprechend reduziere und sich der angeratenen Operation zur Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit unterziehe. Der Beklagte rügt, dass das Landgericht nicht beachtet habe, dass vorliegend eine Klage auf zukünftige Leistung nicht zulässig sei, und dass es die begehrte Leistung für die Zukunft ausgeurteilt habe. Hilfsweise beruft er sich auf die Kündigung des Versicherungsvertrages wegen Prämienverzuges nach § 39 VVG mit Wirkung vom 28. Februar 2006. Das Landgericht unterstelle hier, ohne dass dies von den Parteien vorgetragen worden wäre oder den Tatsachen entspreche, dass für Januar 2006 die Krankentagegeldleistungen seitens der Beklagten nur unvollständig erbracht worden seien. Einem Beitragsrückstand von 356,45 €, den sie am 31.1.2006 angemahnt habe, hätten weitere Krankentagegeldleistungen für Januar 2006 in Höhe von 2026,78 € gegenübergestanden, so dass dem Kläger die Möglichkeit gegeben gewesen wäre, die Versicherungsprämie zu begleichen. Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, einschließlich der neu gestellten Hilfsanträge, hinsichtlich deren Unzulässigkeit gerügt werde. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Hilfsweise beantragt er,

1. es wird festgestellt, dass dem Kläger für den Zeitraum ab dem 27. Juni 2006 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung tägliche Krankengeldzahlungen betreffend das Versicherungsverhältnis in Höhe von 71,59 € zustehen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte tägliche Krankengeldzahlungen in Höhe von 71,59 € bis zum Eintritt der Berufsunfähigkeit oder fiktiven Berufsunfähigkeit nach § 15 MBKT 94 zu zahlen hat.

3. Es wird festgestellt, dass durch das Nichterreichen des Abnahmeziels bis zum 31.1.2006 keine Berufsunfähigkeit im Versicherungsverhältnis eingetreten ist.

4. Es wird festgestellt, dass die Kündigung der Krankentagegeldversicherung vom 23.2.2006 sowie die Kündigung wegen Prämienverzugs unbegründet gewesen sind. Weiter wird die Zulassung der Revision beantragt. Er hält das angefochtene Urteil für in der Sache richtig und ist der Auffassung, dass auch sein Antrag, mit welchem er Zahlung für die Zukunft begehrt hat, zulässig sei. Er macht geltend, er sei allen ihm auferlegten Pflichten nachgekommen und habe lediglich das vorgegebene Ziel nicht erreicht. Der Beklagte habe es mehrfach auch in mündlichen Gesprächen abgelehnt, ihm unterstützende ärztliche Maßnahmen im Rahmen seines Bemühens, das Gewicht zu reduzieren, zu finanzieren. Eine Obliegenheitsverletzung seinerseits, die zu einer Leistungsfreiheit des Beklagten führe, liege nicht vor. Auch auf eine fiktive Berufsunfähigkeit könne sich der Beklagte nicht berufen, da er, der Kläger, die Durchführung der angeratenen Operation zu keinem Zeitpunkt abgelehnt habe. Auch eine Kündigung wegen Prämienverzugs gemäß § 39 VVG habe der Beklagte nicht aussprechen dürfen, da er, der Kläger, sich habe darauf verlassen dürfen, dass der Beklagte weiterhin die geschuldeten Prämien mit dem zu leistenden Krankentagegeld verrechnen werde. Im Übrigen wiederholt und vertieft er seinen erstinstanzlichen Sachvortrag.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. II. Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Krankentagegeldanspruch gegenüber dem Beklagten nicht zu, und zwar weder die geltend gemachten Rückstände noch die fortlaufenden Zahlungen für die Zukunft. Hinsichtlich der letzteren ist zudem vorab festzuhalten, dass die Klage auf zukünftige Tagegeldleistungen in der Tat schon nicht zulässig ist, da deren Voraussetzungen Tag für Tag neu festzustellen sind und sie deshalb nicht für die Zukunft ausgeurteilt werden können. Zwar ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht davon auszugehen, dass der Beklagte nicht deshalb leistungsfrei geworden ist, weil der Kläger einer Obliegenheit nach § 9 Nr. 4 MBKT 94 nicht nachgekommen ist (§ 10 Nr. 1 MBKT 94). Nach dieser Bestimmung hat die versicherte Person für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu sorgen; sie hat insbesondere die Weisungen des Arztes gewissenhaft zu befolgen und alle Handlungen zu unterlassen, die der Genesung hinderlich sind. Zum einen war die Vertrauensärztin des Beklagten nicht die den Kläger behandelnde Ärztin im Sinne dieser Bestimmung. Des weiteren hat auch nicht sie dem Kläger irgendwelche Weisungen in Bezug auf die weitere Behandlung erteilt, sondern vielmehr hat der Beklagte dem Kläger ein zu erreichendes Ziel hinsichtlich einer erforderlichen Gewichtsreduktion vorgegeben. Eine derartige Weisung wird von der Wiederherstellungsobliegenheit des § 9 Nr. 4 MBKT 94 nicht erfasst. Das Nichterreichen des vom Beklagten vorgegebenen Ziels kann nicht als Verstoß gegen die Wiederherstellungsobliegenheit angesehen werden. Die Leistungspflicht des Beklagten war jedoch im Zeitpunkt seiner Zahlungseinstellung gemäß § 15 lit. b MBKT 94 deshalb beendet, weil bei dem Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits Berufsunfähigkeit im Sinne der Vertragsbestimmungen eingetreten war. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als zu 50% erwerbsunfähig ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann aufgrund des von beiden Seiten vorgetragenen Sachverhalts sowie der vorgelegten medizinischen Befunde festgestellt werden. Dabei ist es nicht von erheblicher Bedeutung, dass die Vertrauensärztin des Beklagten in ihrem Gutachten vom 22.7.2005 noch nicht definitiv Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen festgestellt, sondern eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers durch eine weitere Operation für denkbar gehalten hat. Die von ihr erhobenen Befunde tragen auch die Feststellung der Berufsunfähigkeit. Der Senat ist nicht gehindert, aufgrund der vorliegenden Befunde, die sich insbesondere auch aus dem genannten Gutachten ergeben, eigenständig die Prognose zu treffen, dass der Kläger auf absehbare Zeit hinaus nicht mehr zu mehr als 50% in der Lage sein wird, seinen bisherigen Beruf auszuüben (vgl. Bach/Moser, Private Krankenversicherung, § 15 MB/KT Rdn. 24). Wie sich aus seinem Prozesskostenhilfeantrag ergibt, war der Kläger von Beruf Trockenbauer. Hierbei handelt es sich - wie dem Senat aus einer Vielzahl weiterer Verfahren bekannt ist - um eine körperlich sehr anstrengende Arbeit. Unstreitig ist der Kläger seit einer Operation im Februar 1999 in vollem Umfang arbeitsunfähig. Bei ihm wurden beidseitig Leistenhernien operiert. Dies hat jedoch nicht zu einer Beendigung seiner Beschwerden geführt. Auch weitere Operationen im Jahr 2000 bei aufgetretenen Rezidiven haben nicht zu einem Erfolg geführt. Er war vielmehr seit den Operationen von 1999 aufgrund von Schmerzen nicht mehr in der Lage, körperlich zu arbeiten. Die von dem Beklagten beauftragte Vertrauensärztin hat zwar angeraten, eine erneute Operation beider Leisten vornehmen zu lassen, um dadurch eine Beschwerdebesserung zu erreichen. Eine Gewichtsreduktion hielt sie für erforderlich, um damit die Erfolgschancen dieser Operation zu verbessern. Dazu, wie hoch diese Erfolgschancen tatsächlich sind und ob hierdurch der Gesundheitszustand des Klägers derart gebessert wird, dass er künftig zu mindestens 50% seinen Beruf wieder ausüben kann, hat sie keine Ausführungen gemacht. Eine Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers ist auch nach der Erstattung dieses Gutachtens für den Beklagten im Juli 2005 nicht wieder eingetreten. Aufgrund des langen Zeitablaufs von annähernd sieben Jahren zwischen dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit und der Leistungseinstellung durch den Beklagten drängt sich hier die Prognose einer dauernden Berufsunfähigkeit auf unabsehbare Zeit auf. Damit hat der Beklagte zu Recht die weitere Zahlung von Krankentagegeld eingestellt. Dabei ist es unerheblich, ob der Kläger bereit ist, die von der Vertrauensärztin des Beklagten angeratene weitere Operation durchführen zu lassen. Die Frage einer fiktiven Berufsunfähigkeit im Sinne der vom Beklagten angeführten Rechtsprechung stellt sich nicht, da tatsächliche Berufsunfähigkeit des Klägers vorliegt. Der Senat sieht aufgrund Offensichtlichkeit der berufsbezogenen Leistungsunfähigkeit und der entsprechenden Aussagekraft der vorliegenden medizinischen Befunde vorliegend auch keinen Grund dafür, im Sinne der Rechtsprechung zur Berufsunfähigkeitsversicherung konkretere Einzelheiten der individuellen Berufsausübung des Klägers zu erforschen und diesbezügliche spezifische medizinische Befunderstellungen zu verlangen. Die Klage ist somit in ihren bereits erstinstanzlich gestellten Hauptanträgen unbegründet und deshalb abzuweisen soweit nicht hinsichtlich des Klageantrags zu 2) betreffend künftige Leistungen die Klage schon als unzulässig abzuweisen ist, weil im Rahmen der Krankentagegeldversicherung der fortlaufende Bezug des Krankentagegeldes jeweils vom periodisch vom Kläger zu erbringenden Nachweis der fortbestehenden vollständigen Arbeitsunfähigkeit abhängt und deshalb nicht als künftige Leistung im Sinne einer "Rente", zudem ohne festgelegtes Enddatum, zugesprochen werden kann. Auch die erstmals im Berufungsverfahren gestellten Hilfsanträge sind nicht insgesamt begründet. Diese Hilfsanträge sind nicht bereits deswegen unzulässig, weil die Anschlussberufungsfrist des § 524 Abs. 2 ZPO nicht eingehalten ist. Die genannte Bestimmung kann nicht auf eine Sachverhaltsgestaltung wie vorliegend angewandt werden. Der Kläger hatte erstinstanzlich in vollem Umfang obsiegt, so dass er keinen Grund hatte, das angefochtene Urteil seinerseits anzugreifen. Seine Hilfsanträge, die in der mündlichen Verhandlung formuliert wurden, wurden veranlasst durch Hinweise, welche der Senat im Hinblick auf die Erfolgsaussicht der Berufung gegeben hat. Der Kläger hat damit auch nicht sein erstinstanzliches Klagebegehren ausgeweitet, sondern hat dieses unterstützende Feststellungsanträge gestellt. Der Senat sieht auch im Übrigen insoweit kein Hindernis für eine Sachentscheidung, da die Sache insoweit zugunsten des Beklagten spruchreif ist (vgl. Senat, VersR 2007 S. 1548). Die Hilfsanträge zu 1) und 2), mit welchen der Kläger die Feststellung der Zahlungspflicht zum einen für den Zeitraum bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in diesem Verfahren, zum anderen für die Zukunft begehrt, sind aus den gleichen Gründen unbegründet wie seine Hauptanträge. Da bei ihm im Zeitpunkt der Zahlungseinstellung durch die Beklagte bereits Berufsunfähigkeit vorlag, stehen ihm entsprechende Ansprüche nicht zu, so dass deren Bestehen auch nicht festgestellt werden kann. Hinsichtlich des Hilfsantrags zu 2) gilt weiterhin ebenfalls, dass auch die Feststellung einer künftigen Leistungspflicht im Rahmen der Krankentagegeldversicherung in dieser Form nicht erfolgen kann, da die fortlaufende Leistungspflicht jeweils vom Nachweis der vollständigen Arbeitsunfähigkeit abhängt, so dass dieser Antrag schon als unzulässig abzuweisen ist. Der Hilfsantrag zu 3) ist ebenfalls unbegründet, da Berufsunfähigkeit vorliegt, weil unter anderem im Ergebnis sehr wohl auch, der Kläger das von dem Beklagten vorgegebene Abnahmeziel nicht erreicht hat. Der Hilfsantrag zu 4), mit welchem der Kläger die Feststellung begehrt, dass "die Kündigung der Krankentagegeldversicherung vom 23.2.2006 sowie die Kündigung wegen Prämienverzugs" unbegründet gewesen seien, hat ebenfalls keinen Erfolg. Die Kündigung des Beklagten ist insgesamt wegen Prämienverzugs des Klägers insoweit zu Recht erfolgt. Von einer Treuwidrigkeit im Verhalten des Beklagten kann insoweit nicht ausgegangen werden, da er berechtigt war, die Zahlung des Krankentagegeldes einzustellen. Im übrigen hat der Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass der Kläger die Prämie für Januar 2006 nicht gezahlt habe, obwohl er für diesen Zeitraum die Leistung des Beklagten noch in vollem Umfang erhalten habe. Nachdem der Kläger erkannt hatte, dass der Beklagte ihm die Krankentagegeldleistung für Januar 2006 ohne Abzüge für Versicherungsprämien ausgezahlt hatte, hätte es ihm oblegen, die Zahlung der Versicherungsprämien aus dem erhaltenen Geld sicherzustellen, zumal zu diesem Zeitpunkt erkennbar war, dass die weitere Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Krankentagegeld zwischen den Parteien streitig wurde. Soweit der Kläger selbst die Aufrechnung erklärt hat, ist diese gemäß § 12 S. 2 MBKT 94 nicht zulässig, zudem mangels bestehender Ansprüche auch nicht begründet. Im Übrigen sind die formellen Voraussetzungen der Kündigung gewahrt. Da somit die Klage insgesamt unbegründet, zum Teil schon unzulässig, ist, ist auf die Berufung des Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO n. F. nicht gegeben sind. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 110.341,09 € festgesetzt (Antrag zu 1) 9.739,26 €, zu 2) 71,59 x 365 x 3,5 = 91.456,23 €, Hilfsanträge zu 1) bis 3) wirtschaftlich in Hauptanträgen enthalten, Hilfsantrag zu 4) für verbleibendes hypothetisches Bestandsinteresse 10 % von Hauptantrag zu 2) = 9.145,62 €).

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