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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 01.12.2008
Aktenzeichen: 10 U 622/08
Rechtsgebiete: ZPO, AKB


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1
AKB § 12
AKB § 12 Nr. 1 II e)
AKB § 12 Nr. 1 II e) Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der Beklagten wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 12. Januar 2009. Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das landgerichtliche Urteil entspricht der Rechtslage und enthält keine Fehler. Die getroffenen Feststellungen sind vollständig und rechtfertigen keine andere Entscheidung. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch in Höhe des von dem Landgericht zuerkannten Betrages von 8.275,63 € aus dem zwischen den Parteien bestehenden Kraftfahrzeug-Vollkaskoversicherungsvertrag zu. Der Kläger macht geltend, an seinem Fahrzeug sei ein Unfallschaden dadurch entstanden, dass es trotz ordnungsgemäßen Abstellens auf einem abschüssigen Weg sich von selbst in Bewegung gesetzt habe und in den am Ende des Wegs liegenden Weiher gerollt sei. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es sich hierbei um ein Unfallgeschehen im Sinne des § 12 Nr. 1. II. Buchstabe e) AKB handelt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug, die er sich vollumfänglich zu Eigen macht. Die Berufung erinnert hiergegen ohne Erfolg, dass die von dem Landgericht vorgenommene Würdigung des Geschehens unzutreffend und unvollständig sei. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass der Vortrag des Klägers in der Klagebegründung, er habe beim Abstellen seines Fahrzeuges die Handbremse angezogen und einen Gang eingelegt, unbestritten geblieben ist. Aus dem Umstand, dass das Fahrzeug sich dennoch in Bewegung gesetzt hat, kann jedoch nicht geschlossen werden, dass eigentliche Ursache des Schadensfalls eine technische, im Fahrzeug selbst oder seiner Bedienung angelegte Ursache gewesen sein müsse, wodurch der Unfallbegriff des § 12 Nr. 1 II e) Satz 2 AKB nicht erfüllt sei. Zutreffend ist, dass nach dieser Regelung bei Betriebsschäden, soweit sie nicht auf Bedienungsfehler zurückzuführen sind, kein Versicherungsschutz für Unfälle besteht, die Auswirkungen des Betriebsrisikos sind. Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um einen Betriebsschaden. Betriebsschäden sind Schäden, die allein durch Bedienungsfehler entstanden sind, wie zum Beispiel das Einfüllen falschen Kraftstoffes, soweit diese nicht ihrerseits zu einem Unfall führen, der dann gedeckt ist, und Abnutzungsschäden, wie etwa sich lösende Reifenteile. Hier ist nichts für einen Bedienungsfehler des Klägers ersichtlich und das Fahrzeug des Klägers ist auch nicht durch Abnutzungsschäden in das Wasser gelangt. Zu den nicht versicherten Betriebsschäden gehören auch solche Schäden, die durch Ereignisse und Umstände hervorgerufen werden, in denen sich Gefahren verwirklichen, denen das Kraftfahrzeug im Rahmen seiner vorgesehenen konkreten Verwendungsart üblicherweise ausgesetzt ist, die also nur eine Auswirkung des normalen Betriebsrisikos sind, das in Kauf genommen wird. Dies entfällt bei völlig unüblichen Vorgängen, wozu der vorliegende Sachverhalt indes gehört. Entscheidend ist, ob der Schadenseintritt nach Einsatzart und -ort noch zum kalkulierten Risiko des Verwenders zu zählen ist. Das ist dann, wenn das Kraftfahrzeug umstürzt oder abstürzt, für die Aufprallschäden generell zu verneinen (vgl. Prölss-Martin, VVG, 27. Aufl., § 12 AKB Rdnr. 60 mit Rechtsprechungsnachweisen). Da der Kläger das Fahrzeug nicht auf besonders lockerem Boden, wie zum Beispiel einem Aufschüttungsgelände, oder einer Baustelle mit unsicherem Untergrund abgestellt hat, ist das aus ungeklärter Ursache erfolgte In-Bewegung-Setzen eines Personenkraftwagens auf abschüssiger Strecke kein von dem Fahrzeuginhaber zu erwartendes Risiko. Die Berufung macht weiterhin ohne Erfolg geltend, es fehle an einem unmittelbar von außen her plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirkenden Ereignis, da die Wirkung der Schwerkraft hierfür nicht ausreichend sei. Der Begriff "mechanische Gewalt" bedeutet dabei, dass der Vorgang mit den Gesetzen der Mechanik, namentlich mit der Lehre von der Bewegung und dem Gleichgewicht der Körper, erklärbar sein muss (vgl. Prölss/Martin a. a. O., Rdnr. 54 mit Rechtsprechungsnachweisen). Zutreffend hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung diese Voraus-setzungen als gegeben angesehen, weil das auf einer schiefen Ebene abgestellte Fahrzeug aufgrund seiner eigenen Schwerkraft ins Rollen geraten ist und sich deshalb die natürliche Schwere des Fahrzeugs an ihm selbst ausgewirkt hat. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung an und sieht einen "Aufprall" auf die Wasseroberfläche nicht als Voraussetzung für die Annahme einer mechanischen Einwirkung an. Diese Auffassung wird auch dadurch gestützt, dass auch das Eindringen von Meerwasser in ein Fahrzeug als Folge aufkommender Flut als ein physikalischer Vorgang angesehen wird, der den Gesetzen der Mechanik zuzuordnen ist und dementsprechend als Unfallereignis im Sinne des § 12 AKB anzusehen ist (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 26. Juni 1992 - 20 U 383/91 - NJW-RR 1992, 1385). Dabei kann auch dahinstehen, ob die durch den Wassereintritt verursachten Schäden teilweise auch auf einem chemischen Vorgang beruhen sollten, da sie dann zumindest als adäquat kausale Folgen des Unfallereignisses versichert wären (vgl. OLG Hamm a. a. 0.). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Eintritt des Unfallereignisses auch plötzlich erfolgt. Bei dem Begriff "plötzlich" handelt es sich primär um ein zeitliches Element der Unfalldefinition, das der Abgrenzung der versicherten Risiken gegenüber solchen Ereignissen, die durch einen allmählichen, sich auf einen längeren Zeitraum erstreckenden Eintritt des schädigenden Umstandes gekennzeichnet sind, dient. Wenn sich das objektive Geschehen innerhalb eines kurzen Zeitraums verwirklicht hat, ist es bereits in diesem Sinne plötzlich; wann daraus ein Schaden entsteht, spielt keine Rolle (vgl. OLG Hamm a. a. 0. mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Dabei kann der Begriff des Plötzlichen nicht im Sinne eines besonders schnell ablaufenden Ereignisses interpretiert werden, vielmehr bezieht er sich als objektiv zu verstehender Begriff auf Schadensereignisse, die unerwartet, unvorhergesehen und unentrinnbar innerhalb eines kurzen Zeitraums eingetreten sind. Erforderlich ist daher, dass der Geschädigte den Eintritt des Ereignisses und seine Einwirkung auf das versicherte Fahrzeug nicht mehr vermeiden konnte. Diese Voraussetzungen sind vorliegend eindeutig gegeben. Der Kläger bemerkte das in Bewegung geratene Fahrzeug, hatte jedoch keinerlei Möglichkeit mehr, das Hineinrollen des Fahrzeuges in das Wasser zu verhindern. Die Berufung macht im Übrigen ohne Erfolg geltend, das Landgericht habe den Ersatzbetrag falsch berechnet. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass nach den Versicherungsbedingungen die geschätzten Wiederherstellungskosten bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswertes zu ersetzen sind. Dabei ist das Landgericht zutreffend von dem Bruttobetrag des Wiederbeschaffungswertes ausgegangen, da der Kläger die anfallende Mehrwertsteuer bei dem Kauf eines gleichwertigen Fahrzeuges tatsächlich hätte bezahlen müssen. Hiervon abzuziehen ist - wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat - jedoch lediglich der Netto-Restwert des beschädigten Fahrzeugs. Bei einem Verkauf des beschädigten Fahrzeugs erhält der Kläger als Verbraucher keine Mehrwertsteuer; der für den Kläger realisierbare Restwert seines Fahrzeuges ist daher nicht um einen Mehrwertsteuerbetrag zu erhöhen. Da das Landgericht die Hauptforderung zutreffend berechnet hat, kommt auch keine Ermäßigung der zu erstattenden außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Betracht. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 8.275,63 € festzusetzen.

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