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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 08.03.2002
Aktenzeichen: 10 U 626/01
Rechtsgebiete: AVB Warenkredit 1984


Vorschriften:

AVB Warenkredit 1984 § 7 Nr. 1
AVB Warenkredit 1984 § 7 Nr. 2
AVB Warenkredit 1984 § 7 Nr. 3 a
AVB Warenkredit 1984 § 7 Nr. 4
AVB Warenkredit 1984 § 7 Abs. 3
AVB Warenkredit 1984 § 14 Abs. 2
1. Wird die Überschreitung des äußersten Kreditziels nicht unverzüglich angezeigt, endet der Versicherungsschutz für Forderungen aus künftigen Leistungen und Dienstleistungen (§ 7 Nr. 2 i.V.m. Nr. 3 a AVB Warenkredit 1984). Dem Ausschluss des Versicherungsschutzes für zukünftige Forderungen steht nicht die Bestimmung des § 7 Nr. 4 AVB Warenkredit entgegen. Danach wird sich der Versicherer auf die unerlassene Anzeige einer Überschreitung des äußersten Kreditziels gemäß § 7 Nr. 2 AVB und die Beendigung des Versicherungsschutzes nicht berufen, wenn die nicht gemeldeten Kreditzielüberschreitungen länger als 2 Jahre zurückliegen. Es genügt, dass der Versicherer lediglich innerhalb von zwei Jahren nach der Kreditzielüberschreitung zum Ausdruck bringt, sich auf diese zu berufen. Die Klausel kann bei verständiger Betrachtung nicht so ausgelegt werden, dass der Versicherer bei vorgerichtlicher Berufung auf die Kreditzielüberschreitung in einem späteren Prozess mit der Geltendmachung von § 7 Nr. 2 und 3 AVB ausgeschlossen ist, wenn mittlerweile mehr als zwei Jahre seit der Kreditzielüberschreitung vergangen sind.

2. Es handelt sich bei den in § 7 Nr. 4 i.V.m. Nr. 2 AVB getroffenen Anforderungen an den Versicherungsnehmer in der Sache um Verhaltenspflichten, die die Frage aufwerfen, ob damit zwingend ein Ausschluss des Versicherungsschutzes verbunden sein soll oder ob es sich nur um verhüllte Obliegenheiten handelt, die dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit offen lassen, den Kausalitätsgegenbeweis anzutreten. Bei Auslegung des Bedingungswerks ist davon auszugehen, dass der Versicherer bei Kreditzielüberschreitung jedenfalls zukünftige Forderungsausfälle vom Versicherungsschutz definitiv ausschließen möchte (in Anknüpfung an Senat VersR 2000, 317). Es handelt sich damit um eine stärkere Sanktion als die, welche der Versicherer in § 14 AVB für die Fälle sonstiger Obliegenheitsverletzungen vorgesehen hat. Damit kommt es nicht darauf an, ob sich der Versicherer nach § 14 Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 3 S. 2 AVB wegen Obliegenheitsverletzungen auf Leistungsbefreiung berufen kann oder dem Versicherungsnehmer der Kausalitätsgegenbeweis gelingt.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 10 U 626/01

Verkündet am 8.März 2002

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 2. März 2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 10.000,-- € abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Versicherungsleistungen aus einem mit der Beklagten abgeschlossenen Warenkreditversicherungsvertrag.

Mit dem Mantelvertrag vom 15.6.1992 (vgl. Anlage K 1) versicherte die Beklagte die Klägerin gegen Verluste durch Zahlungsunfähigkeit ihrer Kunden. Dem Mantelvertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Warenkreditversicherungen (AVB Warenkredit 1984, GA 26 f.) zugrunde. Ausweislich der zweiten Fassung des Warenkreditversicherungsvertrages (Anlage K 2 zur Klageschrift) wurde als äußerstes Kreditziel im Sinne von § 7 Nr. 1 AVB drei Monate vereinbart. Gemäß § 7 Abs. 2 der AVB ist der Versicherte verpflichtet, die Überschreitung des äußersten Kreditzieles unverzüglich anzuzeigen. Wird das äußerste Kreditziel überschritten, endet gemäß § 7 Abs. 3a der Versicherungsschutz für Forderungen aus künftigen Lieferungen und Dienstleistungen. § 7 Abs. 4 AVE bestimmt, dass sich der Versicherer auf die unterlassene Anzeige einer Kreditzielüberschreitung nicht berufen kann, wenn die nicht gemeldeten Kreditzielüberschreitungen länger als zwei Jahre zurückliegen. § 14 der AVB, der gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 AVB neben den Regelungen aus § 7 zur Anwendung kommt, bestimmt die Folgen des Verstoßes des Versicherungsnehmers gegen Obliegenheitspflichten.

Mit Kreditantrag vom 25.1.1994 beantragte die Klägerin den Einschluss ihrer Kundin "M K GmbH & Co. KG Verpackungsmaschinenfabrik". Mit Schreiben vom 3.12.1996 (GA 135) wurde für diesen Kunden ab dem 2.12.1996 Versicherungsschutz in Höhe von 270.000,-- DM gewährt. Durch Schreiben vom 2.12.1996 (Anlage K 6) wurde der Klägerin in Beantwortung ihres Schreibens vom 11.11.1996 (Anlage K 5) mitgeteilt, dass weitere Lieferungen erst nach Begleichung aller Altforderungen wieder unter Versicherungsschutz stehen.

Für die Firma M K GmbH wurde seitens der Beklagten ebenfalls durch Schreiben vom 3.12.1996 (GA 157) Versicherungsschutz ab 16.11.1996 in Höhe von DM 300.000,-- gewährt. Dem seitens der Klägerin gestellten Antrag auf Erhöhung des Versicherungsschutzes vom 6.5.1997 wurde mit Schreiben vom 16.5.1997 (GA 61) stattgegeben (auf 600.000,-- DM ab 6.5.1997).

Auf die Aufforderung der Beklagten vom 24.7.1997, die Gesamtforderung bezüglich der M K GmbH (Anlage K 7) darzulegen, reagierte die Klägerin mit Schreiben vom 6.9.1997 (Anlage K 8) und teilte einen Gesamtforderungsbestand von 238.693,77 DM mit (vgl. Anlage K 8a zum Schriftsatz vom 15.5.2000, wobei das älteste Fakturierungsdatum der 22.5.1997 ist).

Der Klageforderung liegt die Gesamtaufstellung entsprechend der Anlage K 14a zugrunde, abzüglich bereits gezahlter Rechnungen, Doppelbuchungen, Wert des Kommissionslagers, einer 25%igen Selbstbeteiligung und einer Ausschüttung im Konkursverfahren (vgl. Berechnung im Schriftsatz vom 15.5.2000, GA 73). Ausweislich der der Anlage beigefügten Rechnungen handelt es sich um solche an die GmbH. Mit Schreiben vom 18.8.1997 (GA 60) wurde der Klägerin von der Übertragung der GmbH & Co. KG auf die GmbH im Wege der Betriebsaufspaltung Mitteilung gemacht.

Mit Schreiben vom 17.4.1998 (GA 52) wies die Beklagte unter Auflistung zahlreicher Rechnungen darauf hin, dass es im Laufe der Geschäftsbeziehungen betreffend die Firma K GmbH häufiger zu Überschreitungen des vertraglich festgesetzten äußersten Kreditzieles von drei Monaten gekommen sei, und wies gleichzeitig darauf hin, dass nicht oder verspätet gemeldete Kreditzielüberschreitungen geeignet seien, den Versicherungsschutz entfallen zu lassen. Im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9.6.2000 (GA 80 ff.) erging an die Beklagte ein Hinweis betreffend den Vortrag zu den Kreditzielüberschreitungen.

Im Hinblick auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 4.7.2000, in dem die im Schreiben vom 17.4.1998 dargelegten Kreditzielüberschreitungen erläutert wurden, hat die Kammer mit Hinweisbeschluss vom 14.7.2000 (GA 114) die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und durch weiteren Beschluss vom 18.10.2000 (GA 152) den Parteien aufgegeben, weitere Unterlagen einzureichen. Daraufhin ist u.a. eine Rechnung betreffend die GmbH vom 15.1.1997 (GA 199) vorgelegt worden.

Die Klägerin hat vorgetragen, im Schreiben vom 6.8.1997 sei eine Kreditzielüberschreitungsmitteilung zu sehen. Die Beklagte könne sich nicht auf Leistungsfreiheit berufen, da es jedenfalls an einer Kausalität der Obliegenheitsverletzung für den Schaden fehle. Sie habe bezüglich der Forderungen, deren Kreditziel nach dem 14.10.1997 überschritten gewesen ist, nicht mehr gegen irgendeine Obliegenheit verstoßen können, denn ab dem 14.10.1997 habe die Beklagte von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gewusst (vgl. Schreiben der Beklagten, Anlage K 11). Dies ergebe sich daraus, dass die erste Kreditzielüberschreitung am 22.8.1997 (Rechnung vom 22.5.1997) vorgelegen habe, eine Mitteilung zum 15. des Folgemonats indiziert gewesen sei und davon auszugehen sei, dass die Beklagte bereits einen Monat vor ihrem soeben erwähnten Schreiben von der Zahlungsunfähigkeit Kenntnis gehabt hatte.

Der Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 4.7.2000 werde als verspätet gerügt, da gegen die Prozessförderungspflicht verstoßen worden sei. Durch den neuen Vortrag werde der Rechtsstreit verzögert, da die Sache andernfalls entscheidungsreif gewesen wäre. Unabhängig davon könne sich die Beklagte auf etwaige Kreditzielüberschreitungen wegen § 7 Ziff. 4 der AVB nicht mehr berufen, da die Überschreitung des Kreditziels mehr als zwei Jahre zurückliege.

Die Klägerin, die zunächst mit der Klage von der Beklagten die Zahlung von 195.315,30 DM verlangt hat, hat mit Schriftsatz vom 15.5.2000 (GA 72 ff.) die Klage teilweise zurückgenommen.

Die Klägerin hat anschließend beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 192.974,55 DM zuzüglich 10,5% Zinsen hieraus seit dem 28.8.1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

da die ersten Kreditzielüberschreitungen vom 18.1.1997 bzw. 5.3.1997 datierten und die geltend gemachten Forderungen aus dem anschließenden Zeitraum stammten, seien die offenen Rechnungen der Klägerin gemäß § 7 Ziff. 3 a AVB sowieso unversichert. Auf die Frage der Kausalität im Sinne des § 14 der AVB komme es daher überhaupt nicht an. Im Übrigen greife eine Obliegenheitsverletzung betreffend die GmbH & Co. KG auch auf die GmbH über, da es sich in wirtschaftlicher Hinsicht um ein und denselben Betrieb handele.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt: Für die der Klage zugrunde liegende Forderung bestehe kein Versicherungsschutz. Denn zum Zeitpunkt der diesen Forderungen zugrunde liegenden Lieferungen und Dienstleistungen habe bereits eine die GmbH betreffende Kreditzielüberschreitung vorgelegen. Aufgrund der Vorlage der Rechnung vom 15.1.1997 (GA 199) stehe fest, dass bei der M K GmbH am 1.5.1997 eine Kreditzielüberschreitung vorgelegen habe. Gemäß den Allgemeinen Versicherungsbedingungen bestünde jedoch für Forderungen aus Lieferungen und Dienstleistungen nach dem 1.5.1997 kein Versicherungsschutz. Die Rechnung vom 15.1.1997 sei jedoch erst am 7.5.1997 bezahlt worden und sei als künftige Lieferung und Dienstleistung bezogen auf den Stichtag 1.5.1997 nicht versichert. Alle anderen Forderungen bezögen sich ebenfalls auf Leistungen nach dem 1.5.1997. Die Beklagte könne sich auch auf die Kreditzielüberschreitung berufen, denn sie habe sich bereits außergerichtlich innerhalb eines Zeitraums von 2 Jahren auf diese berufen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichens Vorbringens und Beweiserbietens vor: Der durch die Klage und die Berufung geltend gemachte Versicherungsschutz beziehe sich ausschließlich auf Forderungen gegen die M K Abfüll- und Verpackungsanlagen GmbH. Bereits im April 1997 sei der Beklagten positiv bekannt gewesen, dass sich die M K GmbH in erheblichen Zahlungsschwierigkeiten befunden habe, es wiederholt zu Zahlungsausfällen oder -verzögerungen gekommen und ein Konkurs nicht unwahrscheinlich sei. Trotz dieses Wissens habe sie den Versicherungsschutz auf 600.000,-- DM erhöht, der mit Schreiben vom 13.8.1997 auf 350.000,-- DM herabgesetzt worden sei. Mit Schreiben vom 18.8.97 sei ihr von der Übertragung der M K GmbH & Co. KG auf die M K Abfüll- und Verpackungsanlagen GmbH im Wege der Betriebsaufspaltung Mitteilung gemacht worden. Es sei nicht richtig, dass bereits vor dem 22.5.1997 Kreditzielüberschreitungen der M K Abfüll- und Verpackungsanlagen GmbH vorgelegen hätten, die nicht gemeldet worden seien. Jedenfalls könne sich die Beklagte auf Kreditzielüberschreitungen nicht berufen, weil sie in Kenntnis der Zahlungsschwierigkeiten der M K Abfüll- und Verpackungsanlagen GmbH den Versicherungsschutz bestätigt habe. Es könne nicht sein, dass eine Kreditzielüberschreitung wegen einer Rechnung vom 15.1.1997 um 7 Tage den Versicherungsschutz für zukünftige Forderungen aufhebe. Die Notwendigkeit der Meldung einer Kreditzielüberschreitung diene dem Schutz des Versicherers vor unbekannten Risiken. Ein solcher Schutz sei unnötig, wenn der Versicherer ohnehin alle relevanten Informationen über das betreffende Unternehmen habe. Es sei wider Treu und Glauben, wenn die Beklagte wegen einer Rechnung von 20.005,40 DM den Versicherungsschutz für Forderungen über 190.000,-- DM versage. Schließlich sei die Rechnung vom 15.1.1997 am 7.5.1997 bezahlt worden. Die Verletzung der Obliegenheit durch Unterlassen der Kreditzielüberschreitungsmitteilung sei nicht kausal für den Eintritt des Versicherungsfalles gewesen. Die Beklagte habe bereits zu Beginn des Jahres 1997 Kenntnis von den Zahlungsschwierigkeiten der M K Abfüll- und Verpackungsanlagen GmbH gehabt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 192.974,55 DM nebst 10,5 % Zinsen hieraus seit 28.8.1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

das Landgericht habe zu Recht die Klage abgewiesen. Sie, die Beklagte, habe auf Meldungen von Kreditzielüberschreitungen grundsätzlich reagiert (Schreiben vom 2.12.1996, K 6). Die fällige Forderung vom 15.1.1997 sei nicht entsprechend dem Kreditziel von drei Monaten am 15.4.1997, auch nicht wie vom Landgericht ausgeführt am 7.5.1997, sondern am 15.6.1997, d.h. 2 Monate nach dem äußersten Kreditziel beglichen worden. Bei Kenntnis der Kreditzielüberschreitung wäre die Angelegenheit mit der Klägerin erörtert, eine Zurückführung des Kreditengagements veranlasst bzw. der Versicherungsschutz für die Zukunft aufgekündigt worden. Durch ihr Verschweigen habe die Klägerin erreicht, dass der Versicherungsschutz mit Wirkung vom 6.5.1997 auf 600.000,-- DM erhöht worden sei. Die Behauptung der Klägerin, ihr, der Beklagten, sei bereits Anfang 1997 bekannt gewesen, dass die M K Abfüll- und Verpackungsanlagen GmbH in erheblichen Zahlungsschwierigkeiten sich befunden habe, sei unzutreffend. In erster Instanz habe die Klägerin ihre durch Vernehmung des Zeugen N unter Beweis gestellte Behauptung hinsichtlich etwaiger Gespräche betreffend Zahlungsschwierigkeiten der Kunden auf Juli 1997 datiert, jetzt werde der Zeitpunkt im Berufungsverfahren auf April 1997 vorverlegt. Der Klägerin seien die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der M K Abfüll- und Verpackungsanlagen GmbH durchaus bekannt gewesen. Da aufgrund der Kreditzielüberschreitung hinsichtlich der Rechnung vom 15.1.1997 die geltend gemachten Forderungsausfälle vom Versicherungsschutz ausgeschlossen seien, komme es auf den Kausalitätsüberlegungen der Klägerin nicht mehr an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil mitsamt den dort in Bezug genommenen Unterlagen Bezug genommen, ferner auf die in beiden Rechtszügen zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug. Das Berufungsvorbringen gibt für eine abweichende Beurteilung keine Veranlassung.

Der Klägerin steht kein Anspruch aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Warenkreditversicherungsvertrag auf Zahlung von 192.974,55 DM zu. Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin der Beklagten gemäß § 7 Nr. 2 AVB Warenkreditversicherung 1984 die Überschreitung des äußersten Kreditziels nicht unverzüglich angezeigt hat und damit gemäß § 7 Nr. 3 a AVB der Versicherungsschutz für Forderungen aus künftigen Lieferungen und Dienstleistungen endete. Für die der Klage zugrunde liegenden Forderungen besteht kein Versicherungsschutz, denn zum Zeitpunkt der diesen Forderungen zugrunde liegenden Lieferungen und Dienstleistungen lag bereits eine Kreditzielüberschreitung betreffend die GmbH vor. Die der Klage zugrunde liegenden Forderungen, deren Ausfall die Klägerin gegenüber der Beklagten geltend macht, datieren zeitlich ab dem 22.5.1997 (Anlage K 14 a). Die Parteien haben ein äußerstes Kreditziel von drei Monaten vereinbart. Gemäß § 7 Nr. 1 Satz 3 beginnt das äußerste Kreditziel mit dem Tag der Fakturierung einer Forderung. Das äußerste Kreditziel bezüglich der gegenüber der Fa. M K GmbH erteilten Rechnung vom 15.1.1997 (GA 199) war der 15.4.1997, nicht wie das Landgericht ausführt, der 1.5.1997. Diese Rechnung ist, worauf die Berufungserwiderung zutreffend hinweist, nicht erst am 7.5.1997, sondern ausweislich des Zahlungsvermerks auf dieser Rechnung (GA 199) am 19.6.1997 beglichen worden. Es liegt demnach nicht nur eine geringfügige Überschreitung des Kreditziels um 7 Tage, sondern eine Überschreitung um mehr als 2 Monate vor. Die erste Forderung, die der Klage zugrunde liegt, datiert vom 22.5.1997 (Bestellung vom 13.5.1997, Rechnung zu Anlage K 14a) und ist somit als künftige Lieferung und Dienstleistung bezogen auf den Stichtag 15.4.1997 nicht versichert. Alle anderen Forderungen beziehen sich ebenfalls auf Leistungen nach dem 22.5.1997.

Entgegen der Auffassung der Berufung steht dem Ausschluss des Versicherungsschutzes für zukünftige Forderungen nicht die Bestimmung des § 7 Nr. 4 AVB Warenkredit entgegen. Danach wird sich der Versicherer auf die unerlassene Anzeige einer Überschreitung des äußersten Kreditziels gemäß § 7 Nr. 2 AVB und die Beendigung des Versicherungsschutzes nicht berufen, wenn die nicht gemeldeten Kreditzielüberschreitungen länger als 2 Jahre zurückliegen. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass der Versicherer lediglich innerhalb von zwei Jahren nach der Kreditzielüberschreitung zum Ausdruck bringen muss, sich auf diese zu berufen. Die Klausel kann bei verständiger Betrachtung nicht so ausgelegt werden, dass der Versicherer bei vorgerichtlicher Berufung auf die Kreditzielüberschreitung in einem späteren Prozess mit der Geltendmachung von § 7 Nr. 2 und 3 AVB ausgeschlossen ist, wenn mittlerweile mehr als zwei Jahre seit der Kreditzielüberschreitung vergangen sind. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 17.4.1998 (Anlage B 1, GA 52) und damit innerhalb der Zweijahresfrist hinsichtlich der Forderungen gegenüber der M K Abfüll- und Verpackungsanlagen GmbH konkret darauf hingewiesen, dass nicht oder verspätet gemeldete Kreditzielüberschreitungen geeignet seien, den Versicherungsschutz entfallen zu lassen.

Es handelt sich bei den in § 7 Nr. 4 i.V.m. Nr. 2 AVB getroffenen Anforderungen an den Versicherungsnehmer in der Sache um Verhaltenspflichten, die die Frage aufwerfen, ob damit zwingend ein Ausschluss des Versicherungsschutzes verbunden sein soll oder ob es sich nur um verhüllte Obliegenheiten handelt, die dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit offen lassen, den Kausalitätsgegenbeweis anzutreten. Der Senat ist bei Auslegung des Bedingungswerks zu dem Ergebnis gelangt, dass der Versicherer bei Kreditzielüberschreitung jedenfalls zukünftige Forderungsausfälle vom Versicherungsschutz definitiv ausschließen möchte (vgl. Senat, VersR 2000, S. 317). Es handelt sich damit um eine stärkere Sanktion als die, welche der Versicherer in § 14 AVB für die Fälle sonstiger Obliegenheitsverletzungen vorgesehen hat. Damit kommt es in der Tat, wie das Landgericht zutreffend ausführt, nicht darauf an, ob sich die Beklagte nach § 14 Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 3 S. 2 AVB wegen Obliegenheitsverletzungen auf Leistungsbefreiung berufen kann oder der Klägerin der Kausalitätsgegenbeweis gelingt.

Der Verstoß ist auch nicht entschuldigt. Er ist ferner auch bei unterstellter allgemeiner Kenntnis des Versicherers von Bonitätsrisiken relevant und im praktischen Ergebnis unwiderlegbar kausal, denn die konkrete Kenntnis einer nicht unerheblichen Kreditzielüberschreitung hat eine andere Informationsqualität als ein allgemeines Wissen um wirtschaftliche Schwierigkeiten (vgl. Senat, VersR aaO und 1998 S. 1505).

Im Übrigen steht der Vortrag der Klägerin, der Beklagten sei bereits im April 1997 bekannt gewesen, dass die M K Abfüll- und Verpackungsanlagen GmbH in Zahlungsschwierigkeiten gewesen sei, in Widerspruch zu dem Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren (Schriftsatz vom 29.2.2000, Seite 3 GA 58), wonach die Beklagte erst im Juli 1997 über die drohende Insolvenz der Schuldnerin informiert gewesen sei. Es ist aus dem Gesamtzusammenhang auch nachvollziehbar, dass die Beklagte bei Kenntnis der Kreditzielüberschreitung hinsichtlich der Rechnung vom 15.1.1997 nicht mit Wirkung zum 6.5.1997 den Versicherungsschutz auf 600.000,-- DM (GA 61) erhöht hätte. Im übrigen wird darauf verwiesen, dass die Kreditzielüberschreitung hinsichtlich der Rechnung vom 15.1.1997 einen Betrag von immerhin 20.005,40 DM ausmachte und es keineswegs wider Treu und Glauben verstößt, wenn die Beklagte sich auf den Ausschluss des Versicherungsschutzes für zukünftige Forderungen beruft.

Die Berufung war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 98.666,32 € festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 Abs. 1 n.F. ZPO.

Ende der Entscheidung

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