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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 07.04.2000
Aktenzeichen: 10 U 753/98
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 1
1. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Bürgschaften und Mithaftungsübernahmen kann jedenfalls dann keine Anwendung finden, wenn der Mithaftende (20 jähriger Student) selbst als Geschäftsführer und Alleingesellschafter einer GmbH (Hauptschuldnerin) aufgrund dieser Stellung ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der zu sichernden Verbindlichkeit hat (in Anknüpfung an BGH Urteil vom 16.12.1999 - IX ZR 36/98 - ZIP 2000, 451 ff. = WM 2000, 514 ff.).
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 10 U 753/98

Verkündet am 7. April 2000

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Werner und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Binz und Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 10. März 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 23. April 1999 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen rückständiger Mietzinsverpflichtungen und Schadensersatz wegen Mietausfalls nach Kündigung des Mietvertrages in Anspruch.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Einkaufszentrums Center in K. Mit Vertrag vom 16.01./10.02.1994 vermietete sie an die Firma A Moden GmbH i. G. eine Ladenfläche von ca. 51 qm zum Betrieb eines Fachgeschäftes für Damenoberbekleidung in diesem Geschäftszentrum.

Die Beklagten unterzeichneten die unter Ziffer 6.7 Teil D des Mietvertrages getroffene Vereinbarung:

"Frau M L sowie Herr M L, beide wohnhaft in Neue Straße, V, haften für alle Verpflichtungen aus diesem Mietvertrag als Gesamtschuldner. Frau M L und Herr M L bestätigen, dass ihnen der Mietvertrag nebst sämtlichen Bestandteilen bekannt ist."

Der Beklagte zu 1) war zu diesem Zeitpunkt Student, Geschäftsführer der A Moden GmbH i. G. und deren alleiniger Gesellschafter. Die Beklagte zu 2) war Angestellte der A Moden GmbH i. G. und Mutter des Beklagten zu 1).

Gemäß Ziffer 1 Teil A des Mietvertrages betrug der monatliche Mietzins 7 % des Umsatzes der Mieterin, mindestens aber 5.610,-- DM zuzüglich Kostenvorschüssen und Mehrwertsteuer. Abweichend hiervon vereinbarten die Parteien laut Ziffer 6.8 Teil D des Mietvertrages eine Staffelmiete, wonach für die Zeit vom 16.01.1995 bis einschließlich 31.01.1996 die monatliche Miete 4.590,-- DM und ab dem 01.02.1996 5.61O,-- DM betrug. Ziffer 6.8 Teil D des Mietvertrages bestimmte weiterhin, dass die Umsatzmiete von dieser Regelung unberührt bleibt.

Der Mietzins war gemäß Ziffer 5.6.1 Teil B des Mietvertrages monatlich im voraus, spätestens am 3. Werktag eines Monats, zu zahlen. Gemäß 5.6.7 Teil B des Mietvertrages war der Vermieter berechtigt, Verzugszinsen in Höhe von 2 % über dem Durchschnittszinssatz für Kontokorrentkredite unter 1.000.000,-- DM gemäß Monatsberichten der Deutschen Bundesbank, mindestens aber in Höhe von 8 %, zu erheben, es sei denn, der entstandene Schaden war nachweislich geringer.

Die Parteien vereinbarten in Ziffer 3 Teil A des Vertrages eine Mietdauer von 10 Jahren, beginnend am 16.01.1994.

In Ziffer 3.3.3 Teil B des Mietvertrages wurde bestimmt:

"Bei einer vom Mieter zu vertretenden vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses haftet der Mieter für den Ausfall an Miete, Nebenabgaben und sonstigen Leistungen während der vertragsgemäßen Dauer des Mietverhältnisses sowie für allen weiteren Schaden, welchen der Vermieter durch die vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages erleidet."

Hinsichtlich der weiteren Bestimmungen des Mietvertrages wird auf den von der Klägerin vorgelegten Vortrag (Bl. 24 ff. GA) verwiesen.

Die Mieterin blieb den vereinbarten Mietzins ab Juli 1995, teilweise, ab August 1995 ganz schuldig. Mit Schreiben vom 14.09.1995 kündigte die Klägerin daraufhin den Mietvertrag fristlos unter Einräumung einer Räumungsfrist zum 30.09.1995. Die Mieterin räumte das Geschäftslokal am 31.10.1995. Über ihr Vermögen wurde am 14.03.1996 das Konkursverfahren eröffnet.

Nach Beginn des Mietvertrages war die Mieterin in das Handelsregister eingetragen worden.

Die Klägerin konnte das Geschäftslokal für die Zeit vom 01.11.1995 bis 15.01.1996 zu einem monatlichen Mietzins von 3.071,-- DM, inklusive Mehrwertsteuer und Kostenvorschüssen von 3.531,65 DM an die Firma K W zwischenvermieten. Eine weitere Zwischenvermietung gelang ihr für den Zeitraum vom 01.03.1996 bis 31.05.1996 zu einem monatlichen Nettomietzins von 3.054,90 DM, inklusive Mehrwertsteuer und Kostenvorschüssen von 3.513,14 DM, an die Firma K C Art.

Die Klägerin verwertete am 17.09.1996 zudem eine von der Mieterin bei Vertragsbeginn gestellte Mietsicherheit in Höhe von 22.400,-- DM.

Die Klägerin berechnete ihren Schadensersatzanspruch für die Zeit bis zum 31.01.1996 mit 5.112,75 DM (Nettomiete + Kostenvorschüsse) und für die Zeit ab dem 01.02.1996 entsprechend der vereinbarten Staffelmiete 6.132,75 DM (Nettomiete + Kostenvorschüsse). Den erhöhten Schadensersatzanspruch für den Zeitraum vom 01.02.1996 bis 30.08.1996 machte eine Klägerin erst nachträglich durch Schadensersatzrechnung vom 05.09.1996 geltend.

Schließlich gelang es der Klägerin, das Ladenlokal ab dem 30.08.1996 für die Dauer von 10 Jahren an die Firma "Die Zwei" zu einer monatlichen Mindestmiete von 4.590,-- DM, zuzüglich Kostenvorschüssen und Umsatzsteuer zu 5.879,67 DM zu vermieten. Eine höhere Mietzinsforderung konnte die Klägerin nicht durchsetzen.

Unter Berücksichtigung der Zwischenvermietungen der erwirtschafteten Mietzinsen aus dem Mietvertrag mit der Firma "Die Zwei" und der Verwertung der Mietsicherheit begehrt die Klägerin von den Beklagten Zahlung in Höhe von insgesamt 40.323,51 DM. Sie verlangt Mietzins bis einschließlich Oktober 1995, Schadensersatz ab November 1995 in Höhe von 5.112,75 DM und ab 01.02.1996 Schadensersatz in Höhe von 6.132,75 DM.

Ihre Forderungen rechnet sie im einzelnen wie folgt ab:

a) 4.878,55 DM seit dem 06.07.1995:

5.879,67 DM (Miete Juli 1995), abzüglich 1.001,12 DM (Guthaben aus Heiz- und Nebenkosten das Jahr 1994),

b) 1.879,67 DM seit dem 06.08.1995:

5.879,67 DM (Miete August 1995), abzüglich 4.000,-- DM (letzte Zahlung der Mieterin),

c) 5.879,67 DM (Miete September 1995),

d) 5.879,67 DM (Miete Oktober l995),

e) 2.041,75 DM seit dem 06.11.l995:

5.112,75 DM (Schadensersatz ab 01.11.1995 Nettomiete + Kostenvorschüsse ohne Mehrwertsteuer), abzüglich 3.071,-- DM (Nettomietzins + Kostenvorschüsse aus Zwischenvermietung mit der Firma K W),

f) 2.041,75 DM seit dem 06.12.1995:

5.112,75 DM (Schadensersatz für den Monat Dezember 1995), abzüglich 3.071,-- DM (Zwischenmiete für Monat Dezember 1995),

g) 862,45 DM seit dem 06.01.1996:

5.112,75 DM (Schadensersatz für den Monat Januar 1996, abzüglich 1.485,97 DM (Zwischenmiete für den Monat Januar 1996), abzüglich 2.764,33 DM (Teilbetrag aus Verwertung der Mietsicherheit ),

h) 857,10 DM seit dem 06.07.1996:

5.112,75 DM (Schadensersatz für den Monat Juli 1995), abzüglich 4.255,65 DM (Verwertung aus der Mietsicherheit),

i) 4.782,90 DM seit dem 06.08.1996:

5.112,75 DM (Schadensersatz für den Monat August 1996), abzüglich 329,85 DM (Zahlung der Nachmieterin, Firma "Die Zwei" für den Monat August 1996),

j) 7.140,-- DM seit dem 06.09.1996:

1.020,-- DM x 7 (Nachzahlung Schadensersatz entsprechend der vereinbarten Staffelmiete für die Monate Februar bis einschließlich August 1996),

k) 1.020,-- DM seit dem 06.09.1996:

6.132,75 DM (Schadensersatz für den Monat September 1996), abzüglich 5.112,75 DM (Einnahmen aus dem Mietvertrag mit der Firma "Die Zwei", Nettomiete + Kosten ohne Mehrwertsteuer),

l) 1.020,-- DM seit dem 06.10.1996 (Schadensersatz abzüglich Nachmiete für den Monat Oktober 1996),

m) 1.020,-- DM seit dem 06.11.1996 (Schadensersatz abzüglich Nachmiete für den Monat November 1996),

n) 1.020,-- DM seit dem 06.12.1996 (Schadensersatz abzüglich Nachmiete für den Monat Dezember 1996).

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 40.323,51 DM nebst 8 % Zinsen p. a. aus 4.878,55 DM seit dem 06.07.1995, aus 1.879,67 DM seit dem 06.08.1995, aus 1.879,67 DM seit dem 06.09.1995, aus 5.879,67 DM seit dem 06.10.1995, aus 2.041,75 DM seit dem 06.11.1995, aus 2.041,75 DM seit dem 06.12.1995, aus 862,45 DM seit dem 06.01.1996, aus 857,10 DM seit dem 06.07.1996, aus 4.782,90 DM seit dem 06.08.1996, aus 7.140,00 DM seit dem 06.09.1996, aus 1.020,00 DM seit dem 06.09.1996, aus 1.020,00 DM seit dem 06.10.1996, aus 1.020,00 DM seit dem 06.11.1996 sowie aus 1.020,00 DM seit dem 06.12.1996 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, dass die in Ziffer 6.7 Teil D des Mietvertrages übernommene gesamtschuldnerische Haftung nichtig sei.

Die Beklagten haben hilfsweise die Aufrechnung mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von 61.000,-- DM erklärt.

Die Beklagten behaupten hierzu, die Beklagte zu 2) sei Eigentümerin einer Schaufenstereingangsanlage mit aufwendiger Elektroverkabelung im Wert von 61.000,-- DM. Diese habe sie zu Eigentum erworben nach Übernahme des Mietvertrages durch die Firma A Moden M KG, deren Komplementärgesellschafterin sie unstreitig gewesen ist. Rechtsvorgängerin war unstreitig die Einzelhandelsfirma des geschiedenen Ehemannes der Beklagten zu 2). Die Beklagte zu 2) habe die Schaufenstereingangsanlage zunächst an die KG und später an die Mieterin, die Firma A M, verliehen.

Die Klägerin hat die Schaufenstereingangsanlage an die Nachmieterin weitervermietet.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfange entsprochen und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 40.323,51 DM nebst 8 % Zinsen p. a. aus 4.878,55 DM seit dem 06.07.1995, aus 1.879,67 DM seit 06.08.1995, aus 5.879,67 DM seit 06.09.1995, aus 5.879,67 DM seit 06.10.1995, aus 2.041,75 DM seit 06.11.1995, aus 2.041,70 DM seit 06.12.1995, aus 862,45 DM seit 06.01.1996, aus 857,10 DM seit 06.O7.1996, aus 4.782,90 DM seit 06.08.1996, aus 7.140,00 DM seit 06.09.1996, aus 1.020,00 DM seit 06.09.1996, aus 1.020,00 DM seit 06.10.1996, aus 1.020,00 DM seit 06.11.1996, sowie aus 1.020,00 DM seit 06.12.1996 zu zahlen.

Zur Begründung führt das Landgericht aus, es liege ein Schuldbeitritt der Beklagten vor. Dieser sei nicht wegen finanzieller Überforderung der Beklagten nichtig.

Zwar sei die Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Ehegattenbürgschaften entwickelte Rechtsprechung auf den Schuldbeitritt grundsätzlich anwendbar. Diese Voraussetzungen seien aber hier nicht gegeben, weil die Beklagten auf die Geschäftsentwicklung der Mieterin Einfluß nehmen konnten. Denn bei dem Beklagten zu 1) handele es sich um den Geschäftsführer, bei der Beklagten zu 2) um eine Angestellte der A M GmbH. Der Schuldbeitritt sei auch nicht nach den Bestimmungen des AGBG unwirksam, da es sich bei dem Teil D des Mietvertrages um einen Individualvertrag handele. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Zahlung des Mietzinses bzw. ein Schadensersatzanspruch wegen Mietausfalls zu. Die von den Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung in Höhe von 61.000 DM gehe ins Leere. Denn nach eigenem Vorbringen bestehe eine Gegenforderung wegen der bei der Klägerin verbliebenen Schaufensteranlage nicht. Denn der Schuldmitübernehmer könne nicht mit einer Forderung des ursprünglichen Schuldners aufrechnen. Die Beklagten hatten nicht substantiiert dargetan, dass die Beklagte zu 2) bei Übernahme des Mietverhältnisses durch die Fa. A Moden M L KG Eigentümerin geworden sei. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen ihrem geschiedenen Ehemann und ihr sei nicht näher dargelegt worden.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Das Landgericht habe verkannt, dass die Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Bürgschaften und Schuldbeitritten überforderte Familienangehöriger im vorliegenden Fall Anwendung finde. Nicht beachtet worden sei außerdem, dass der Beklagten zu 2) ein Zurückbehaltungsrecht zustehe, weil die Klägerin deren Eigentum an einer Schaufensteranlage beeinträchtigt habe. Der BGH habe nämlich in dem Fall, dass der Bürge als "Strohmann-Gesellschafter" einer GmbH zugunsten eines anderen Familienmitglieds fungiert habe, entschieden, dass die Grundsätze zur Sittenwidrigkeit von Ehegatten- und Verwandtenbürgschaften entsprechend anwendbar seien, wenn für den Gläubiger ersichtlich sei, dass der Strohmann ohne eigenes wirtschaftliches Interesse allein aus persönlicher Verbundenheit mit einem Dritten bereit sei, Gesellschafter zu sein und die persönliche Haftung zu übernehmen. Diese Voraussetzungen seien deshalb gegeben, weil die Beklagte zu 2), die das Modegeschäft zuvor 3 Jahre in Form der A Moden M L KG geführt habe, nach Gründung der A Moden GmbH weiterhin faktische Inhaberin und Geschäftsführerin geblieben sei, während der Beklagte zu 1) lediglich formal als einziger Gesellschafter und Geschaftsführer eingesetzt worden sei. Grund hierfür sei ausschließlich gewesen, Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehemanns gegenüber der Beklagten zu 2) abzuwenden. Der Beklagte zu 1) sei damals 20 Jahre alt gewesen, habe gerade seinen Wehrdienst abgeleistet und ein Studium in Siegen begonnen. Er habe nur aus Gefälligkeit mitgewirkt, mit dem Modegeschäft aber nichts zu tun gehabt. Die Klägerin habe Kenntnis von der Motivlage der Beklagten gehabt und den Gesellschaftsvertrag gekannt. Der Beklagte zu 1) sei nie in Erscheinung getreten. Der Beklagte zu 1) sei durch den Schuldbeitritt krass üborfordert worden. Bei einer Mietdauer von 10 Jahren hätte er für eine Summe von 673.000 DM, schlimmstenfalls von bis zu 1 Mio. DM haften müssen. Auch die Beklagte zu 2) sei nicht annähern in der Lage gewesen, die mit dem Schuldbeitritt verbundenen Verpflichtungen zu erfüllen. Außerdem stehe der Beklagten zu 2) ein Zurückbehaltungsrecht wegen der ihr gehörenden Schaufensterfassade zu. Die hilfsweise erklärte Aufrechnung wird nicht mehr geltend gemacht. Der geltend gemachte Zinsanspruch sei zu bestreiten.

Die Beklagten beantragen nunmehr,

das vorbezeichnete Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt vor, die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Sittenwidrigkeit von Ehegatten- und Verwandtenbürgschaften seien vorliegend nicht entsprechend anwendbar, da sich vorliegender Fall in seiner Vergleichbarkeit maßgeblich von den Fällen unterscheide, die Gegenstand der zitierten Rechtsprechung seien. Es sei gängige Bankpraxis, dass die Gewährung von Geschäftskrediten davon abhängig gemacht werde, dass die Inhaber einer Gesellschaft persönlich für Forderungen einstünden. Für den Kreditgeber bestehe keine Verpflichtung der Frage nachzugehen, aus welchen Gründen die Beteiligung an einer Gesellschaft erfolge. Es gehe im übrigen hier nicht um ein Kreditgeschäft bzw. eine Bürgschaft, sondern um eine Verpflichtung zur Zahlung einer Miete, wobei beide Beklagten auf die Geschäftsentwicklung Einfluß nehmen konnten. Es sei völlig abwegig für 10 Jahre fiktiv ein Haftungsrisiko von bis zu 1 MIO. DM zu ermitteln. Bei der Bürgschaft werde der Kredit in der Regel vom Darlehensnehmer verbraucht, und es stehe nur noch die Rückzahlungsschuld im Raum. Hier hatten es beide Beklagte in der Hand, ob es zu Mietrückständen komme. Der Beklagte zu 1) könne als geschäftsführender Alleingesellschafter mit drei Filialbetrieben nicht ernsthaft behaupten, er habe mit dem Geschäftsbetrieb nichts zu tun. Der Beklagten stehe kein Zurückbehaltungsrecht nach dem Mietvertrag zu. Auch habe die Beklagte zu 2) ihr Eigentum an der Schaufensteranlage nicht nachgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil mitsamt der dort in Bezug genommenen Unterlagen Bezug genommen, ferner auf die in beiden Rechtszügen zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

Das Landgericht hat zu Recht der Klage in vollem Umfange entsprochen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug, § 543 Abs. 1 ZPO. Das Berufungsvorbringen gibt zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.

1) Der Klägerin steht aus dem Mietvertrag in Verbindung mit dem erklärten Schuldbeitritt der Beklagten (GA 27 ff.; insbesondere Ziffer 6.7 Teil D, GA 41) ein Anspruch auf Zahlung des Mietzinses (für Juli bis Oktober 1995) bzw. Schadensersatz wegen Mietausfalls infolqe der vorzeitigen Aufhebung des Mietverhältnisses (ab November 1995; Ziffer 3.3.3 Teil B des Mietvertrages) zu. Bezüglich der Höhe des Anspruchs, die im Berufungsverfahren nicht angegriffen wird, wird auf Urteil des Landgerichts verwiesen.

2) Der erklärte Schuldbeitritt des Beklagten zu 1) ist nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Entgegen dar Auffassung der Berufung hat das Landgericht die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Bürgschaften und Schuldbeitritten überforderter Familienangehöriger nicht verkannt. Nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs ist eine Bürgschaft unwirksam, wenn deren Verpflichtungsumfang die finanzielle Leistungsfähigkeit des Bürgen erheblich übersteigt und weitere Umstände hinzukommen, durch die ein unerträgliches Ungleichgewicht zwischen den Vertragspartnern hervorgerufen wird, welches die Verpflichtung des Bürgen auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Gläubigers als rechtlich nicht hinnehmbar erscheinen lässt. Solche Umstände können daran liegen, dass die Entscheidungsfreiheit des Bürgen in anstößiger Weise beeinträchtigt wurde und der Gläubiger sich dies zurechnen lassen muss(BGH Urt. V. 18.12.1997 - IX ZR 271/95 - NJW 1998, 597, 598 = ZIP 1998, 196, 197; BGHZ 125, 206, 210 f. = NJW 1994, 1278; BGHZ 128, 230, 232, 234 - NJW 1995, 592; BGHZ 132, 328, 330 = NJW 1996, 2088; BGH Urt. V. 18.1.1996 - IX ZR 171/95 - ZIP 1996, 495 = NJW 1996, 1274). Dies betrifft zum einen Fälle, in denen Hauptschuldner und Bürge durch Verwandtschaft, Ehe oder eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft persönlich eng miteinander verbunden sind. Zum anderen können diese Voraussetzungen auch dann gegeben sein, wenn zwischen dem Bürgen und dem Hauptschuldner eine entsprechende persönliche Beziehung nicht besteht (BGH ZIP 1998, 196, 197; Urt. v. 16.1.1997, IX ZR 250/95 - ZIP 1997, 446). Die Anwendung vorgenannter Grundsätze scheitert jedenfalls nicht daran, dass der Bürge oder Mithaftende für eine GmbH eine Verpflichtung eingegangen ist, deren Gesellschafter er war (BGH ZIP 1998, 196, 197). Bürgschaften von Kindern und Lebenspartnern des Hauptschuldners können auch dann als sittenwidrig angesehen werden, wenn ein krasses Missverhältnis, zwischen dem Haftungsumfang und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bürgen besteht, d.h. dessen finanzielle Mittel, bezogen auf die Höhe der gesamten Hauptschuld, praktisch bedeutungslos und ein berechtigtes Interesse des Kreditgebers an einer Verpflichtung in dem vereinbarten Umfang unter keinem Gesichtspunkt anerkannt werden kann (BGHZ 132, 328, 330 f. = NJW 1996, 2088 = ZIP 1996, 1126). Eine Bürgschaft kann schon deshalb nichtig sein, weil der wirtschaftlich krass überforderte Bürge aus Geschäftsunerfahrenheit ohne wesentliches Eigeninteresse gehandelt hat (BGHZ 125, 206, 210 f = NJW 1994, 1278). Jedoch sind dabei alle im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbaren Umstände zu berücksichtigen (BGH NJW 1998, 597, 598 = ZIP 1998, 196, 197; BGH NJW 1996, 1274 = ZIP 1996, 520). Der BGH hat indes auch entschieden, dass ein Kreditinstitut, das einer GmbH ein Darlehen gewährt, in der Regel ein berechtigtes Interesse daran hat, die persönliche Haftung aller Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten zu verlangen. Ein Bank darf im allgemeinen davon ausgehen, dass derjenige, der sich an einer Gesellschaft beteiligt, dies aus eigenen finanziellen Interessen tut und schon deshalb durch die Haftung kein ihm unzumutbares Risiko auf sich nimmt (BGH NJW 1998, 597, 59 - ZIP 1998, 196, 198). Für den Kreditgeber besteht keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, aus welchen Gründen die Beteiligung an der Gesellschaft erfolgt und die Haftung für deren Schulden übernommen wird. Dies gilt auch gegenüber Gesellschaftern, denen nur die Funktion eines Strohmanns zukommt. Da Strohmanngeschäfte ernst gemeint und infolgedessen rechtlich wirksam sind, braucht der Kreditgeber sich grundsätzlich nicht darum zu kümmern, warum der Strohmann bereit ist, du Bürgschaft zu erteilen. So darf eine Bank etwa annehmen, der Strohmann handele aus wirtschaftlich vernünftigen, allen von ihm selbst zu verantwortenden Gründen, solange nicht das Gegenteil positiv bekannt ist. Nur wenn der Kreditgeber in die wirtschaftlichen Hintergründe des Kreditgeschäfts so eingebunden wird, dass für ihn die wirklichen Motive des Bürgen klar hervortreten, darf er die Augen davor nicht verschließen. Erkennt der Kreditgeber infolge der ihm offenbarten Tatsachen, dass derjenige, der die Haftung übernehmen soll, wirtschaftlich nicht beteiligt wird und die Stellung eines Gesellschafters nur aus den für Verwandten- und Ehegattenbürgschaften typischen Erwägungen übernommen hat, er damit auch keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt, so kann die getroffene Haftungsvereinbarung sich im Einzelfall als für den Gesellschafter unzumutbare Belastung erweisen.

a) Diese von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze können auf vorliegenden Fall keine Anwendung finden. Selbst wenn dem Vortrag der Berufung folgend, der Beklagte zu 1) bei Gründung der GmbH erst 20 Jahre alt gewesen ist, gerade seinen Wehrdienst abgeleistet und mit dem Studium begonnen hat und zuvor mit dem Modegeschäft der "A Moden" bzw. "A-Moden M L KG" nie etwas zu tun hatte und die Beklagte zu 2) faktisch den Betrieb weiterführte, ist diese Situation doch nicht vergleichbar mit den vom BGH bislang entschiedenen Fällen. Denn der Beklagte zu 1) war nicht nur Gesellschafter der A GmbH, sondern deren Alleingesellschafter und insbesondere deren alleiniger Geschäftsführer. Der Beklagte zu 1) hatte es in der Hand, die Geschicke der GmbH, die aus insgesamt drei Filialbetrieben (GA 70) bestand, zu führen. Als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der GmbH hatte der Beklagte zu 1) ein wirtscnaftliches Interesse am Bestehen und Fortbestand der GmbH. Die Berufungserwiderung verweist zu Recht darauf, daß der Gewinn aus der GmbH ihm zugeflossen wäre. Eine Bilanz der A-Moden GmbH nebst Gewinn- und Verlustrechnung bzw. den Gesellschaftsvertrag, aus dem sich weitere Einzelheiten zur Aufklärung der Vermögenssituation ergeben könnten, hat der Beklagte zu 1) nicht vorgelegt. Soweit die Berufung vorträgt, der Beklagte zu 1) sei nur pro forma Geschäftsführer gewesen und habe hierfür kein Gehalt erhalten, steht dies in Widerspruch zu dem weiteren Vortrag der Berufung, wonach die Beklagte zu 2), die faktische Geschaftsführerin gewesen sein soll, ebenfalls keine Einkünfte aus der Gesellschaft erzielt haben will, weder als "faktische Geschaftsführerin" noch als Angestellte (GA 219). Der letztlich darauf hinauslaufende Vortrag der Berufung, wonach demnach keiner der beiden Beklagten mit der GmbH einen wirtschaftlichen Vorteil verbunden habe, ist nicht nachvollziehbar. Die vom BGH entwickelte Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Bürgschaften oder Mithaftungsübernahmen kann jedenfalls dann keine Anwendung finden, wenn der Mithaftende selbst als Geschäftsführer und Alleingesellschafter der GmbH (Hauptschuldnerin)aufgrund dieser Stellung bereits ein eigens wirtschaftliches Interesse an der Eingehung der zu sichernden Verbindlichkeit hat (vgl. BGH Urt. V. 16.12.1999 - IX ZR 36/98 - ZIP 2000, 451 ff. = WM 2000, 514 ff.). Darin unterscheidet sich der Fall maßgeblich von denen, die der BGH bisher zu entscheiden hatte. Die von der Berufung zitierte Entscheidung des BGH vom 18.12.1997 (NJW 1998, 597 = ZIP 1998, 196) betraf die aus "Geschwisterliebe" bestellte Bürgschaft über 1,2 Mio. DM, ohne dass zu erwarten war, dass die geschäftliche Mitwirkung der Bürgin ihn wirtschaftlich Vorteile bringen wurde (BGH NJW 1998, 597, 600 ZIP 1998, 197, 199). In der Entscheidung vom 10.10.1996 (ZIP 1996, 1977, 1979) hatten ein damals 25 Jahre alter Student und seine Geschwister eine Höchstbetragsbürgschaft von 1,4 Mio. DM für einen Investitionskredit bestellt, der für das Maschinenbauunternehmen seines Vaters bewilligt wurde. Der Sohn hatte keinen Einblick in die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Unternehmens, an dem er weder beruflich noch wirtschaftlich beteiligt war. Der Student sollte unabhängig davon, ob er in das Unternehmen des Vaters eintreten würde, das volle Risiko des Kreditgeschäfts, das nicht überschaubar war, mit tragen. Der BGH hat darin eine Verletzung der familienrechtlichen Pflicht zur Rücksichtnahme gesehen, weil die Eltern in im eigenen Interesse veranlasst haben, dass ihre erwachsene, finanziell aber noch von ihnen abhängigen Kinder, eine deren voraussichtliche Leistungsfähigkeit weit übersteigende Bürgschaft erteilt haben.

b) Außerdem ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte zu 1) durch den Schuldbeitritt krass überfordert wäre. Auch hier ist die Situation nicht vergleichbar mit den von der Rechtsprechung erörterten Bürgschaftsfällen. Der monatlich abzusichernde Mietzins belief sich auf 5.600,-- DM, bei einer Mietdauer von 10 Jahren 672.000 DM. Selbst wenn sich dieser abzusichernde Betrag durch Nebenansprüche und Sekundaransprüche erhöhen würde, darf nicht verkannt werden, dass mit dem Betrieb des Modegeschäftes Einnahmen verbunden waren und der Beklagte zu 1) als Geschäftsführer und Alleingesellschafter Einfluß auf die Geschäftsentwicklung der A Moden GmbH hatte. Selbst im Falle der Betriebsaufgabe war angesichts der begehrten Geschäftslage im Center in K nicht zu befürchten, dass die Räumlichkeiten über einen längeren Zeitraum leerstehen würden. Die Tatsache, dass sich die Klageforderung hier auf einen Betrag von 40.323,51 DM nebst Zinsen beschränkte, weil Nachmieter geffunden wurden, zeigt deutlich, dass das Risiko nicht vergleichbar war, mit den zitierten Bürgschaftsfällen. Bei der Bestellung einer Bürgschaft besteht die Besonderheit in der Regel darin, dass der Hauptschuldner das zu sichernde Darlehen verbraucht und irgendwann die Rückzahlungsschuld im Raum steht. Hier entsteht die Mietzinsverpflichtung, deren Absicherung die Klägerin durch die Schudlbeitritte bewirkte, sukzessive, gleichzeitig sind mit dem Betrieb des Modegeschäftes Einnahmen verbunden. Kommt es dennoch zu einer Geschäftsaufgabe, kann die Klägerin, wie konkret geschehen, durch Nachvermietung den Schaden begrenzen.

3) Auch der von der Beklagten zu 2) erklärte Schuldbeitritt ist nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Da die Beklagte zu 2) nach ihrem eigenen Vortrag als faktische Geschäftsführerin das Modegeschäft, wie bereits zuvor in Form der A Moden M L KG führte, hatte sie ein eigenes Interesse am Fortbestand des Modegeschäfts, des Abschlusses des Mietvertrages der A GmbH i.G. mit der Klägerin und des erklärten Schuldbeitritts. Wie bereits ausgeführt, ist nicht nachvollziehbar, dass sie aus dem Modegeschäft keine Einkünfte erzielt haben will.

4) Der Beklagten zu 2) steht kein Zurückbehaltungsrecht wegen der im Besitz der Klägerin verbliebenen Schaufensterfassade zu. Das Landgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagte zu 2) ihre Eigentumsstellung bezüglich der Schaufensterfassade nicht näher dargelegt habe. Nachdem das Modegeschäft "A Moden" ursprünglich von dem geschiedenen Ehemann der Klägerin geführt und das Geschäft im November 1990 von der Beklagten zu 2) in Form der A Moden M L KG weitergeführt wurde, hätte nahegelegen, dass die Beklagte zu 2) darlegt, warum nicht die Firma A Moden M L KG, sondern sie persönlich Eigentümerin der Schaufensterfassade geworden ist. Urkunden, aus denen sich ergibt, dass die Beklagte zu 2) der A Moden GmbH die Schaufensterfassade leihweise zur Verfügung gestellt hat, sind nicht vorgelegt worden.

Der Zinsanspruch in Höhe von (mindestens) 8 % ergibt sich aus Ziffer 5.6.7 Teil B des Mietvertrages.

Aus den dargelegten Gründen war die Berufung zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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