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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 08.07.2004
Aktenzeichen: 10 U 845/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, AGBG, BauGB, BergG


Vorschriften:

BGB § 137
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 307 Abs. 2 n. F.
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 935
ZPO § 940
AGBG § 9 a.F.
BauGB § 24
BergG § 11
BergG § 15
Ein in einem Lavagrubenpachtvertrag enthaltenes und dem Pächter auferlegtes Verbot, für den Lavaabbau geeignete Grundstücke in einer Gemeinde zu erwerben, verstößt nicht gegen § 137 BGB. Dadurch wird weder die Befugnis zur Verfügung über ein veräußerliches Recht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt. Ein solches Erwerbsverbot ist jedenfalls dann nicht wegen Knebelungscharakters sittenwidrig, wenn der von der Gemeinde verlangte Pachtzins nicht überhöht ist, die Gemeinde mit dem Erwerbsverbot die Absicht verbindet, den Einfluss auf die gemeindliche Entwicklung zu erhalten und die Belange des Landschaftsschutzes, der Dorfentwicklung, des Tourismus und der Landwirtschaft zu wahren. Für die Frage der Sittenwidrigkeit des Vertrages ist es unerheblich, ob es aus kommunal- und öffentlichrechtlicher Sicht Aufgabe der Gemeinde ist, derartige öffentliche Belange mittels eines privatrechtlichen Pachtvertrages zu verfolgen.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ Beschluss

(gemäß § 522 Abs. 2 ZPO)

Geschäftsnummer: 10 U 845/03

in Sachen

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert und die Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger am 8. Juli 2004 einstimmig

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts T. vom 2. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

Gründe:

Der Senat hat gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit Hinweisbeschluss vom 13. April 2004 darauf hingewiesen, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erforderten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Berufung habe auch keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat nimmt auf den Hinweisbeschluss vom 13. April 2004 zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Der Senat hat hierzu in seinem Hinweisbeschluss ausgeführt:

"I.

Die Ortsgemeinde D., eine der Verbandsgemeinde D. angehörende Gemeinde in der Eifel, erstrebt als Verfügungsklägerin im Wege einstweiliger Verfügung die Durchsetzung eines rechtsgeschäftlich vereinbarten Erwerbsverbots.

Die Verfügungsbeklagte betreibt ein Unternehmen zur Gewinnung von Lava als Baustoff. Im Gemeindegebiet der Verfügungsklägerin liegen mehrere Grundstücke, die sich zum Abbau von Lava eignen. Am 8.3.1999 schlossen die Parteien einen Pachtvertrag, der es der Verfügungsbeklagten gestattete, die Lavavorkommen in den in § 1 des Vertrages näher bezeichneten gemeindeeigenen Grundstücken auszubeuten. § 15 des Vertrages enthält Regelungen für nicht der Gemeinde gehörende Grundstücke mit Lavavorkommen, die von dem Pachtvertrag nicht erfasst sind. Angrenzende Parzellen soll die Verfügungsklägerin nach Möglichkeit erwerben und der Verfügungsbeklagten zur Verfügung stellen. Der Verfügungsbeklagten ist es untersagt, selbst "ausbaubare" Grundstücke in der Gemarkung D. zu erwerben, mit Ausnahme einzelner, näher bestimmter Grundstücke. Von dieser Untersagung konnte die Verfügungsklägerin im Einzelfall Ausnahmen gestatten. Für Verstöße gegen das Erwerbsverbot vereinbarten die Parteien eine Vertragsstrafe und die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung. Die maßgeblichen Vorschriften des Vertrages haben im Einzelnen folgenden Inhalt:

§ 1

"Die Ortsgemeinde D. als Verpächterin gestattet der Pächterin das in der Gemarkung D.

a) Flur 9, Nr. 111 (Wegeparzelle, davon eine Teilfläche entlang der gemeindlichen Parzelle Nr. 74),

b) Flur 10, Nr. 116 (Wegeparzelle, davon eine Teilfläche entlang der Parzelle Nr. 9),

c) Flur 11, Nrn. 74, 75, 76, 77, 90, 91, 92, 93 103, 123 bis Ende Grundstück Nr. 74 (Wegeanteil), 124 (Weg), 128 (Weg), Wegeanteil 131 bis Grundstücksgrenze 103 gelegene gemeindeeigene Lavavorkommen während der Vertragsdauer auszubeuten. Das Entnahmegelände ist in der beigefügten Lageplankopie gelbfarbig dargestellt. Ein eigenmächtiges Überschreiten des Pachtgeländes ist nicht zulässig.

Eine Gewähr für die Güte des Lavamaterials wird nicht übernommen.

Die Pächterin hat den Abfuhrweg, Flur 11, Nr. 125 (siehe rote Markierung in der Lageplankopie) bis Wegeparzelle 116 auf ihre Kosten im Einvernehmen mit der Ortsgemeinde D. herzustellen und laufend zu unterhalten. Die Pächterin leistet Gewähr dafür, dass keine Beeinträchtigung für die landwirtschaftliche Nutzung des Abfuhrweges und der Anschlusswege entstehen.

Der Pächterin obliegt während der Vertragsdauer der ordnungsgemäße Ausbau und die Unterhaltung des/der vorgenannten Wegs/ Anschlusswege. Darüber hinaus besteht zwischen den Vertragsparteien Einigkeit, dass der/die v. g. Abfuhrweg/Anschlusswege nach Stilllegung bzw. Ausbeutung der Lavagrube und Entlassung aus der Bergaufsicht seitens der Pächterin in einen ordnungsgemäßen und für die Landwirte befahrbaren Zustand ausgebaut wird/werden. Die damit verbundenen Kosten trägt die Pächterin."

§ 15

(1) "Soweit über die in § 1 genannten Parzellen hinaus eine Lavaausbeutung in angrenzenden Parzellen im Rahmen einer Betriebserweiterung vorgenommen werden soll, wird die Ortsgemeinde D. versuchen, diese Grundstücke zu erwerben. Die Beschaffung der für die Erweiterung erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen ist Aufgabe der Pächterin. Liegen diese Genehmigungen vor, erstreckt sich der vorliegende Pachtvertrag auch auf die hinzu erworbenen Grundstücke, sobald der der Eigentumserwerb durch die Verpächterin erfolgt ist."

(2) "Die Pächterin verpflichtet sich, im Bereich der Gemarkung D. keine ausbaubaren Grundstücke zu erwerben. Die Verpächterin kann die Pächterin im Einzelfall durch schriftliche Erklärung von dieser Verpflichtung freistellen. Sollte die Pächterin gegen diese Verpflichtung verstoßen, kann die Verpächterin das Pachtverhältnis durch eingeschriebenen Brief ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Von dieser Regelung sind die Parzellen Flur 8, Nrn. 4, 8 und 9 sowie Flur 10, Nr. 2,3,9 ausgenommen."

§ 17

"Die Pächterin verpflichtet sich, eine Vertragsstrafe von 50.000,--DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen folgende Verpflichtungen des Vertrages zu zahlen:

...

b) unerlaubter Erwerb von Grundstücken nach § 15 Abs. 2,..."

Die Verfügungsbeklagte erwarb in der Zeit vom 31.3.1999 bis 31.3.2003 mehrere Grundstücke.

Die Verfügungsklägerin hat vorgetragen, das Erwerbsverbot diene der geordneten Bewirtschaftung der in ihrem Gemeindegebiet befindlichen Lavavorkommen. Spekulationsgewinne von Grundstückseigentümern sollten verhindert werden, der Gemeinde regelmäßige Einkünfte gesichert werden. Die Ortsgemeinde müsse aber auch ihren Einfluss auf die Ausgestaltung des Lavaabbaus behalten, um die Belange der Landwirtschaft wahren und die Umgestaltung des Landschaftsbildes kontrollieren zu können. Die Verfügungsbeklagte habe verbotswidrig 44 Grundstücke erworben. Der Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten, Gregor T. aus L., habe weitere zwei Grundstücke erworben.

Mit Beschluss vom 7. April 2003 hat das Landgericht antragsgemäß im Wege der einstweiligen Verfügung der Verfügungsbeklagten untersagt, im Bereich der Ortsgemeinde D., Gemarkung D. Flur 8, 9, 10 und 11 Grundstücke zu erwerben, in denen Lavaabbau möglich ist, mit Ausnahme der Grundstücke Flur 8, Nr. 8 und 9 sowie Flur 10 Nr. 3 und 9. Der Verfügungsbeklagten ist für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,--€, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, angedroht worden. Hiergegen hat die Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt. Das Landgericht hat mit Urteil vom 2. Juli 2003 die einstweilige Verfügung aufrechterhalten.

Hiergegen wendet sich die Verfügungsbeklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

II.

Das Landgericht hat zu Recht die mit Beschluss vom 7. April 2003 gemäß §§ 935, 940 ZPO erlassene einstweilige Verfügung aufrechterhalten, mit welcher der Verfügungsbeklagten untersagt worden ist, im Bereich der Ortsgemeinde D., Gemarkung D., Flur 8, 9, 10 und 11 Grundstücke zu erwerben, in denen Lavaabbau möglich ist, mit Ausnahme der Grundstücke Flur 8 Nr. 8 und 9 sowie Flur 10 Nr. 3 und 9.

1) Die Berufung wendet sich ohne Erfolg gegen einen Verfügungsanspruch der Verfügungsklägerin auf Unterlassung des Erwerbs von ausbeutbaren Grundstücken, die für den Lavaabbau geeignet sind.

Das in § 15 Abs. 2 des Pachtvertrags vereinbarte Erwerbsverbot begegnet keinen Bedenken.

Das Erwerbsverbot verstößt nicht gegen § 137 BGB, weil dadurch nicht die Befugnis zur Verfügung über ein veräußerliches Recht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt wird. Durch das Erwerbsverbot wird nicht in ein Recht eingegriffen, da unmittelbar weder die Übertragung, Belastung, Änderung oder Aufhebung eines Rechts betroffen ist. Im Übrigen stellt § 137 BGB nur klar, dass die Verfügungsbefugnis über ein veräußerliches Recht durch Vertrag zwar mit schuldrechtlicher Wirkung gegenüber dem Vertragspartner, nicht aber mit dinglicher Wirkung gegenüber der Allgemeinheit ausgeschlossen oder begrenzt werden kann (Bamberger/Roth/Wendtland, BGB Kommentar, 2003, § 137 Rn. 1, 3; Staudinger/Kohler, Kommentar zum BGB, 2003, § 137 Rn. 12; MünchKommBGB, 4. Aufl., § 137 Rn.1).

Das Erwerbsverbot verstößt auch nicht gegen § 9 AGBG a.F. Es handelt sich unabhängig davon, ob ähnliche Bestimmungen auch von anderen Gemeinden der Verbandsgemeinde D. angewendet werden, nicht um allgemeine, für eine Vielzahl von Fällen formularmäßig verwendete Geschäftsbedingungen. Konkret geht es um eine für die Verfügungsklägerin einmalige, allein mit der Verfügungsbeklagten getroffene Vereinbarung, wobei die Regelung in § 15 Abs. 2 des Pachtvertrages das Erwerbsverbot auf bestimmbare Grundstücke in der Gemeinde beschränkt und zudem konkret festgelegte Ausnahmen vorsieht, so dass von einer Individualvereinbarung auszugehen ist.

Schließlich ist das vereinbarte Erwerbsverbot auch nicht wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam. Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig, wenn ein Verstoß gegen die guten Sitten sich aus dem Inhalt des Rechtsgeschäfts oder aus seinem Gesamtcharakter ergibt. Ein sittenwidriger Inhalt liegt vor, wenn schon der objektive Inhalt des Rechtsgeschäfts mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung nicht in Einklang steht. Das Geschäft muss unmittelbar auf ein rechts- oder sozialethisch missbilligenswertes Verhalten oder die Herbeiführung oder Förderung eines entsprechend missbilligenswerten Erfolges gerichtet sein. Dies trifft insbesondere in Fällen zu, in denen sich der eine Teil ein grundsätzliches erlaubtes Verhalten unter Ausschluss des Selbstbestimmungsrechts des anderen versprechen lässt (Bamberger/Roth/Wendtland, § 38 Rn. 20). Eine Sittenwidrigkeit kann sich aus dem Gesamtcharakter des Rechtsgeschäfts ergeben, wenn sich dies aus einer zusammenfassen Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck des Rechtsgeschäfts sowie der äußeren Umstände ergibt (Bamberger/Roth/Wendtland, § 38 Rn. 21). Verstößt ein Rechtsgeschäft bereits aufgrund seines objektiven Inhalts gegen die guten Sitten, bedarf es in subjektiver Hinsicht nicht des Hinzutretens weiterer Merkmale. Folgt die Sittenwidrigkeit aus dem Gesamtcharakter des Rechtsgeschäfts, sind bei der für diese Wertung vorzunehmenden Gesamtschau auch die von den Parteien verfolgten Absichten und Beweggründe zu berücksichtigen. Das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit und eine Schädigungsabsicht sind allerdings nicht erforderlich (Bamberger/Roth/ Wendlandt, § 138 Rn. 22/23).

Die Rechtsprechung hat eine umfangreiche Kasuistik zu Einzelfällen sittenwidrigen Verhaltens entwickelt. Hier ist zu prüfen, ob sich das vertraglich vereinbarte Erwerbsverbot als sittenwidriger Knebelungsvertrag darstellt. Danach sind Verträge, durch die die wirtschaftliche Entfaltung des einen Teils in dem Maße beschnitten wird, dass er seine Selbständigkeit und Entschließungsfreiheit im ganzen oder im wesentlichen einbüßt, sittenwidrig. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der guten Sitten sind aufgrund der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte die Berufsausübungsfreiheit der Verfügungsbeklagten nach Art. 12 Abs. 1 GG und ihr Recht auf Eigentum in Form des Schutzes des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nach Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigen.

Das zwischen den Parteien vertraglich vereinbarte Erwerbsverbot entfaltet für die Verfügungsbeklagte keinen Knebelungscharakter. Weder aus dem Inhalt des Rechtsgeschäfts noch aus seinem Gesamtcharakter lässt sich eine Sittenwidrigkeit ableiten.

Soweit die Verfügungsklägerin mit dem Erwerbsverbot die Sicherung fiskalischer Interessen verfolgt, ist dieses Anliegen sittlich als solches nicht anstößig, da die Einnahmen aus dem Pachtvertrag letztlich dem Gemeinwohl zugute kommen. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten einen überhöhten Pachtzins abgefordert hätte. Soweit die Verfügungsklägerin vorträgt, mit dem Erwerbsverbot den Einfluss auf die gemeindlichen Entwicklung erhalten und die Belange des Landschaftsschutzes, der Dorfentwicklung, des Tourismus und der Landwirtschaft wahren zu wollen, mag man, wie im übrigen auch bei der Verfolgung von Absichten der Einnahmeerzielung, Bedenken haben können, ob es Aufgabe der Ortsgemeinde und ihr in öffentlich-rechtlicher Hinsicht gestattet ist, derartige öffentliche Belange mittels eines privatrechtlichen Pachtvertrages zu verfolgen, oder solches nicht anderen Aufgabenträgern und anderen rechtlichen Handlungsformen vorbehalten ist. Eine sittliche Beanstandung des mit der Verfügungsbeklagten geschlossenen privatrechtlichen Vertrags über die Ausbeutung von Gemeindegrundstücken ist hieraus jedenfalls unter den vorliegend gegebenen Umständen aber nicht abzuleiten. Ebenso ist im übrigen nicht ersichtlich, dass vorliegend die Verfügungsbeklagte die Verletzung von die Verfügungsklägerin auch im Bereich des fiskalischen Handelns bindenden öffentlich-rechtlichen Grundsätzen geltend machen könnte.

Durch Abschluss des Pachtvertrages und Unterwerfung unter das Verbot, für den Lavaabbau geeignete Grundstücke zu erwerben, wird die Verfügungsbeklagte auch nicht unzumutbar in ihrer wirtschaftlichen Selbständigkeit beeinträchtigt. Das Landgericht hat diesbezüglich zu Recht darauf hingewiesen, dass es ihr freisteht, ob sie im Gemeindegebiet der Verfügungsklägerin oder andernorts Lavaabbau betreibt. Selbst wenn, wie die Verfügungsbeklagte vorträgt, andere Gemeinden ebenfalls entsprechende Pachtverträge mit einem Erwerbsverbot abschließen, kann daraus nicht geschlossen werden, dass die Verfügungsbeklagte in ihrer wirtschaftlichen Selbständigkeit unzumutbar beeinträchtigt wäre, abgesehen davon, dass sich die Verfügungsklägerin auch das Verhalten anderer Gemeinden nicht zurechnen lassen muss. Denn der Pachtvertrag muss in seiner Gesamtheit gesehen werden, der Blick darf sich nicht auf die Vereinbarung des Erwerbsverbots beschränken. Im Gegenzug zu dem Erwerbsverbot steht in § 15 Abs. 1 des Pachtvertrages die Verpflichtung der Verfügungsklägerin, im Rahmen einer Betriebserweiterung gegebenenfalls angrenzende Parzellen, in denen Lavaabbau möglich ist, zu erwerben und der Verfügungsbeklagten diese Grundstücke zum Lavaabbau im Rahmen des geltenden Pachtvertrages zur Verfügung zu stellen. Damit wird einerseits sichergestellt, dass lavaabbaufähige Grundstücke in das Vermögen der Gemeinde überführt werden, die Verfügungsbeklagte andererseits aber gleichwohl diese Grundstücke im Rahmen des Pachtvertrages zum Lavaabbau nutzen kann und der Fortbestand ihres Betriebes insoweit nicht zwingend durch das Erwerbsverbot in die Zukunft hinein blockiert und letztlich in Frage gestellt ist. Es ist deshalb nicht im Ansatz erkennbar, dass ein objektives Missverhältnis zwischen der Leistung und Gegenleistung zum Nachteil der Verfügungsbeklagten vorliegt.

Der hier zu entscheidende Fall ist demnach nicht vergleichbar mit dem Sachverhalt, den der Bundesgerichtshof in seiner "Kiesgrubenentscheidung" vom 7.6.1972 (BGH WM 1972, 882, 883) zu entscheiden hatte. Der Bundesgerichtshof hat dort ausgeführt, dass eine Vereinbarung, wonach der Verpächter einer Kiesgrube das Recht eingeräumt werde, dem Pächter das Auskiesen weiteren, innerhalb eines begrenzten Gebietes liegenden, dem Verpächter nicht gehörenden Geländes vorbehaltlich seiner Zustimmung zu untersagen, gegen die guten Sitten verstoßen könne, wenn die Vereinbarung letztlich nur dazu diene, dem Verpächter ohne eigene Leistung und ohne eigenes Interesse - außer der Erzeilung von Gewinn - das Druckmittel eines Unterlassungsanspruchs einzuräumen.

Hier stellt sich die Situation jedoch entscheidend anders dar, da die Ortsgemeinde im Gegenzug zu dem Erwerbsverbot sich verpflichtete, angrenzende Parzellen zu erwerben, die für den Lavaabbau geeignet sind, und diese im laufenden Pachtvertrag der Verfügungsbeklagten für den Abbau zur Verfügung zu stellen. Damit hat die Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten nicht nur ein Erwerbsverbot abverlangt, sondern ihr gegenüber anderen Lavaabbauunternehmen gewissermaßen ein Sonderrecht eingeräumt, was der Bestandssicherung des Unternehmens der Verfügungsbeklagten dient. Deshalb ist die Aussage der Berufung, die Verfügungsklägerin wolle einen den Kaufpreis des Grunds und Bodens um ein vielfaches übersteigenden Bruchzins erzielen, sich die Früchte fremden Eigentums und fremder unternehmerischer Leistung aneignen, ohne eine Eigen- oder Gegenleistung dafür zu erbringen, so nicht richtig. Auch wenn die fiskalischen Interessen der Ortsgemeinde im Vordergrund stehen, der Senat durchaus nicht verkennt, dass die Verfügungsklägerin mit dem Erwerbsverbot letztlich vornehmlich die Erzielung eines Bruchzinses bezweckt, ist die vertragliche Regelung hinsichtlich des Erwerbsverbots doch mit dem Nachteil versehen, dass die Verfügungsklägerin angrenzende Parzellen ausschließlich der Verfügungsbeklagten für den Lavaabbau im Rahmen des geltenden Pachtvertrages zur Verfügung stellen muss. Sie hat sich des Rechts begeben, mit anderen Lavaabbauunternehmen Sonderpachtverträge mit gegebenenfalls günstigeren Konditionen abzuschließen.

Entgegen den Ausführungen der Berufung beschränken sich die Ansprüche der Verfügungsklägerin aus §§ 15 und 17 des Lavagrubenpachtvertrages nicht auf die Instrumentarien der fristlosen Kündigung des Pachtvertrages und die Verhängung einer Vertragsstrafe bei Zuwiderhandlung, vielmehr kann die Verfügungsklägerin die Einhaltung des Erwerbsverbots auch durch einen Unterlassungsanspruch geltend machen, um unter Androhung von Zwangsmitteln zu versuchen, den Nichterwerb lavaausbaubarer Grundstücke in der Gemarkung D. durchzusetzen. Die im Vertrag vorgesehene Kündigungsmöglichkeit und Vertragsstrafenregelung sind weitere Sanktionsmittel neben dem Unterlassungsanspruch.

Das Erwerbsverbot ist auch nicht mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit unwirksam. Das Erwerbsverbot bezieht sich auf "ausbaubare" Grundstücke in der Gemarkung D.. Entgegen der Auffassung der Berufung ist der Begriff "Gemarkung" keineswegs räumlich zu unbestimmt. Bei einer Gemarkung handelt es sich um eine katastertechnische Gebietseinheit, die eine zusammenhängende Gruppe von Flurstücken darstellt. Auch der Begriff "ausbaubare Grundstücke" ist hinreichend bestimmt. Es handelt sich um Grundstücke, in denen Lavaabbau möglich ist. Die Qualität der in einem Grundstück enthaltenen Lava ist dabei unerheblich, ebenso die Frage der Wirtschaftlichkeit des Abbaus. Zutreffend führt die Berufungserwiderung hierzu aus, dass die wirtschaftliche Verwertbarkeit einem fortschreitendem Wandel unterworfen ist. § 5 des Vertrages enthält lediglich die Verpflichtung, dass Lavamaterial fortschreitend abzubauen ist, so dass alles wirtschaftlich brauchbare Material vollständig verwendet wird. § 1 des Lavagrubenpachtvertrages enthält die Bestimmung, dass eine Gewähr für die Güte des Lavaabbaus nicht übernommen wird. Bessere Lava kann als Frostschutz für den Straßenbau, geringwertigere Lava immer noch für die Verfüllung von Arbeitsräumen bei Bauvorhaben und Abdeckung von Drainagen verwendet werden. Aufgrund der langen Laufzeit des Lavagrubenpachtvertrages von 12 Jahren (§ 14 des Vertrages) kann sich naturgemäß die kaufmännische Beurteilung bezüglich der Wirtschaftlichkeit des Abbaus ändern.

2) Die Berufung wendet sich schließlich auch ohne Erfolg gegen das Vorliegen eines Verfügungsgrundes. Der Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Verfügung scheitert nicht an einem fehlenden Eilbedürfnis der Verfügungsklägerin. Die Berufung argumentiert, dass die Kläger über eine zu lange Zeit (ca. 3 Jahre) von ihr behauptete Vertragsverstöße der Verfügungsbeklagten hingenommen habe und deshalb jetzt keine Eilbedürftigkeit hinsichtlich einer Untersagungsverfügung bestehe. Wenn die Verfügungsklägerin über die Jahre sechsundvierzigmal hingenommen habe, dass die Verfügungsbeklagte gegen den Vertrag verstoße, komme es auf einen Verstoß mehr oder weniger nicht an (BB S. 5; GA 184). Außerdem habe die Verfügungsklägerin die Möglichkeit, für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von 50.000,--DM zu verlangen (§ 17 Lavagrubenpachtvertrag) oder auch den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen (§ 15 Abs. 2 S. 3 Lavagrubenpachtvertrag). Da die Verfügungsklägerin bezüglich der von ihr behaupteten Vertragsverstöße bereits im Parallelverfahren - 4 O 202/03 LG T. - eine Klage auf Zahlung von 1.175.971,33 € (46 mal 50.000,--DM = 2.300.000 DM) rechtshängig gemacht habe, sei sie bereits überproportional "abgefedert", es bedürfe deshalb nicht noch zusätzlich einer Unterlassungsverfügung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Gegen die Dringlichkeit des Anliegens der Verfügungsklägerin spreche schließlich auch, dass diese auf die Ausübung bestehender Vorkaufsrechte nach § 24 BauGB zurückgreifen oder ihre Einwände im bergrechtlichen Verfahren nach §§ 11, 15 BergG geltend machen könne.

Der Senat vermag sich der Auffassung der Berufung hinsichtlich des Fehlens eines Verfügungsgrundes nicht anzuschließen. Die Verfügungsklägerin hat dezidiert dargelegt, dass der Ortsbürgermeister der Verfügungsklägerin den Betriebsleiter und Ehemann der Verfügungsbeklagten immer wieder auf die verbotswidrigen Ankäufe von Grundstücken hingewiesen habe, dass selbst die Vertragsstrafe von 50.000,--DM je Zuwiderhandlung offensichtlich kein ausreichendes Druckmittel darstelle, um die Verfügungsbeklagte zu einem vertragsgemäßen Verhalten zu bewegen. Aufgrund des hartnäckigen Verhaltens der Verfügungsbeklagten sei die Einleitung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens notwendig gewesen, um die Verfügungsbeklagte von dem Erwerb ausbaubarer Grundstücke in der Gemarkung D. abzuhalten. Die Verfügungsklägerin hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass sich mit dem zunehmenden Ankauf von Grundstücken ein "qualitativer Sprung" ergeben habe, so dass die Verfügungsbeklagte, von ursprünglich 19 % ausbeutbarer Grundstücke ausgehend, jetzt bereits 46 % der in Betracht kommenden Grundstücke der Gemarkung halte. Ohne dass es auf die Einzelheiten hinsichtlich sämtlicher angeführter Grundstücke ankommt, ist jedenfalls glaubhaft gemacht, dass die Verfügungsbeklagte entgegen dem Vertragsinhalt lavaausbaubare Grundstücke in der Gemarkung D. ohne Zustimmung der Verfügungsklägerin erworben hat, auch wenn über die Qualität jedes einzelnen Grundstückes bezüglich der wirtschaftlichen Eignung von Lavaabbbau und der Qualität der vorhandenen Lava gestritten werden kann. Wenn sich die Verfügungsbeklagte von der Vertragsstrafenregelung nicht beeindrucken lässt, muss die Verfügungsklägerin eine weitere Verfestigung der Situation und Ankäufe durch die Verfügungsbeklagte nicht hinnehmen. Ob die Verfügungsklägerin die Möglichkeit hat, gemäß § 24 BauGB von gesetzlichen Vorkaufsrechten Gebrauch zu machen, muss bezweifelt werden, da die betreffenden Grundstücke wohl außerhalb der üblichen Wohnbebbauung liegen dürften. Auch kann die Verfügungsklägerin nicht auf ihre Mitwirkung im bergrechtlichen Verfahren verwiesen werden. Die Verfügungsbeklagte hat jedenfalls nicht schlüssig dargelegt, dass der Verfügungsklägerin hier mit öffentlich-rechtlichen Instrumentarien ein einfacher Weg zur Verfügung steht, ihre Interessen durchzusetzen. Dahinstehen kann, ob dies der Geltendmachung ihrer privaten Rechtsposition tatsächlich entgegengehalten werden könnte. Es besteht daher aus Sicht des Senats durchaus ein Verfügungsgrund für den Verfügungsanspruch.

Die Verfügungsklägerin hat auch die von ihr behaupteten Verstöße glaubhaft gemacht. Wiederholungsgefahr ist zu bejahen...."

Die Verfügungsbeklagte hat gemäß Schriftsatz vom 23.06.2004 der Zurückweisung der Berufung in Anwendung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO widersprochen. Die Ausführungen geben dem Senat zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.

Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass das Erwerbsverbot nicht gegen § 9 AGBG bzw. § 307 Abs. 2 BGB n.F. verstößt. Es ist unerheblich, ob der Lavagrubenpachtvertrag von der Verbandsgemeindeverwaltung D. für die Ortsgemeinden der Verbandsgemeinde D. gefertigt wurde. Die Regelung in § 15 Abs. 2 des Lavagrubenpachtvertrages beinhaltet ein Erwerbsverbot für bestimmbare Grundstücke innerhalb der Gemeinde und sieht für konkrete Parzellen Ausnahmen vor. Der zwischen den Parteien geschlossene Pachtvertrag stellt demnach eine Individualvereinbarung dar. Dies zeigt sich auch darin, dass die Verfügungsklägerin sich verpflichtet hat, im Rahmen einer Betriebserweiterung gegebenenfalls angrenzende Parzellen, in denen Lavaabbau möglich ist, zu erwerben und der Verfügungsbeklagten zum Lavaabbau im Rahmen des geltendenden Pachtvertrages zur Verfügung zu stellen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Inhalt des Lavagrubenpachtvertrages nicht zwischen den Parteien ausgehandelt, sondern von der Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten oktroyiert worden wäre.

Auch die weiteren Ausführungen der Berufung geben dem Senat keinen Anlass, von einer Sittenwidrigkeit des Vertrages auszugehen. Eine Sittenwidrigkeit des Vertrages lässt sich dem Gesamtcharakter des Vertrages nicht entnehmen. Wenn die Berufung ausführt, die Gemeinde habe sich nach § 15 Abs. 1 Satz 1 des Lavagrubenpachtvertrages nur verpflichtet, zu versuchen, angrenzende Grundstücke zu erwerben, hingegen habe sie der Verfügungsbeklagten im Rahmen des § 15 Abs. 2 des Vertrages aufgebürdet, in der gesamten Gemarkung D. keine ausbaubaren Grundstücke zu erwerben, wird der Kerngehalt der vertraglichen Regelung nur unvollständig wiedergegeben. Wie bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt, hat die Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten mit ihrer Verpflichtung, möglichst angrenzende Grundstücke zu erwerben, gegenüber anderen Lavaabbauunternehmen ein Sonderrecht eingeräumt. Sie hat sich durch ihre vertragliche Bindung des Rechts begeben, mit anderen Lavaabbauunternehmen Sonderpachtverträge mit ggf. günstigeren Konditionen abzuschließen. Es steht der Verfügungsbeklagten im Übrigen frei, in anderen Gemeinden Lavaabbau zu betreiben oder - wie von ihr vorgetragen - Grundstücke zu erwerben, um Windkraftanlagen zu betreiben oder sie zum Zwecke der Fischzucht zu benutzen.

Der Senat hat auch bereits in seinem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass es nicht sittenwidrig ist, wenn eine Gemeinde aus fiskalischen oder öffentlichen Interessen (Erhaltung des Einflusses auf die gemeindliche Entwicklung, Landschaftsschutz, Dorfentwicklung, Tourismus) versucht, ihre Anliegen u.a. mittels eines privaten Pachtvertrages durchzusetzen, auch wenn objektiv die Vorschriften des Gemeindewirtschaftsrechts (§§ 78, 85 Abs. 1 GemO) möglicherweise diesbezüglich Beschränkungen enthalten oder es objektiv einer besonderen Rechtfertigung (öffentlicher Zweck, Erfüllung gemeindlicher Aufgaben) bedarf.

Auch die Ausführungen zur Höhe des Bruchzinses geben dem Senat keinen Hinweis auf eine mögliche Sittenwidrigkeit des Vertrages. Die Höhe des Bruchzinses ist nur ein Aspekt im Rahmen der Gesamtbeurteilung des Vertrages. Es muss auch gesehen werden, dass die Verfügungsklägerin sich verpflichtete, nach Möglichkeit angrenzende Grundstücke zu erwerben und diese im Rahmen des geltenden Lavagrubenpachtvertrages ausschließlich der Verfügungsbeklagten zur Verfügung zu stellen. Deshalb ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens, wie beantragt, entbehrlich.

Im Übrigen steht es der Verfügungsbeklagten weiterhin frei, außerhalb der Gemarkung D. zum Lavaabbau geeignete Grundstücke zu erwerben und Lavaabbau zu betreiben.

Die Berufung ist aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.000,- € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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