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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 24.11.2003
Aktenzeichen: 10 W 553/03
Rechtsgebiete: AKB


Vorschriften:

AKB § 12 Abs. 1
AKB § 12 Abs. 1 a
1. Der VN muss bei einer durch Brandstiftung hervorgerufenen Beschädigung bzw. Zerstörung seines PKW's nicht den Nachweis des äußeren Bildes erbringen, dass der Brand durch eine betriebsfremde Person verursacht wurde. Kommt es in der Teilkaskoversicherung zu einem Brand- oder Explosionsschaden liegen die Voraussetzungen für den Versicherungsfall vor. Es kommt entgegen der teilweise in der Rechtsprechung früher vertretenen Auffassung (OLG Düsseldorf, VersR 1996, 880 = NJVV-RR 1996, 408 = r+s 95, 404; OLG Hamm, VersR 1996, 881) nicht darauf an, ob der Versicherer Umstände dargetan hat, aus denen sich die erhebliche Wahrscheinlichkeit für eine Eigenbrandstiftung ergibt.

2. Im Rahmen der Auslegung des § 12 Abs. 1. 1 a) AKB gilt für den Versicherungsfall "Brand oder Explosion" in der Teilversicherung keine Beweismaßabsenkung. Dem Versicherer kommen Beweiserleichterungen zur Vortäuschung eines Versicherungsfalls nur dann zugute, wenn dem VN beim Nachweis des Eintritts des Versicherungsfalls solche Beweiserleichterungen zustehen. Ist der Versicherungsfall indes voll bewiesen oder unstreitig, dann muss auch der Versicherer den Vollbeweis für eine Herbeiführung durch den Versicherungsnehmer oder dessen Repräsentanten erbringen (vgl. auch BGH VersR 1997, 1095 zu § 12 Abs. 1 H f AKB; VersR 1989, 841).

3. Will der Versicherer in der Fahrzeugversicherung für den Versicherungsfall "Brand oder Explosion" nicht leisten, dann hat er die Beweislast dafür, dass der Täter nicht betriebsfremd war. Eine Beweiserleichterung kommt ihm dabei nicht zugute.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 10 W 553/03

in dem Prozesskostenhilfeverfahren

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert als Einzelrichter

am 24. November 2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 27. Juni 2003 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Antragstellern begehrt Prozesskostenhilfe. Sie beabsichtigt, die Antragsgegnerin aus Teilkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen.

I.

Der von der Antragstellerin geleaste PKW BMW 735 i wurde infolge eines Brandes in der Nacht zum 27. Oktober 2001 auf dem Parkplatz des Hotels G in an der B 269 vollständig zerstört.

Die Antragstellerin trägt vor, sie habe am Abend des 26. Oktober 2001 gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrer Schwiegermutter das Hotel G aufgesucht. Den PKW BMW 735 i habe sie auf dem Parkplatz der Gaststätte abgestellt. Zwischen 22.00 und 22.30 Uhr seien sie angesichts der Tatsache, dass ihr Ehemann und sie dem Alkohol zugesprochen hätten, mit einem Taxi nach Hause gefahren. Als sie am darauffolgenden Tage das Fahrzeug abholen wollte, habe sie erschrocken feststellen müssen, dass der BMW ausgebrannt gewesen sei. Die Antragstellerin beansprucht unter Berücksichtigung des Selbstbehalts eine Kaskoentschädigung von 22.105,44 € und den Ersatz der ihr in Rechnung gestellten Löschkosten von 424,92 €.

Die Antragsgegnerin verweigert Zahlung und äußert den Verdacht eines fingierten Schadensfalles mit der Folge, dass der Antragstellerin keine Beweiserleichterung zugute komme.

Das Landgericht hat Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht verneint. Hiergegen wendet sich die Beschwerde.

II.

Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Landgericht hat zu Recht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Aufgrund des vorgelegten Prozessstoffes unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren J ist davon auszugehen, dass der Schadensfall von der Antragstellerin oder einer anderen, in ihrem Auftrag handelnden Person vorsätzlich herbeigeführt worden ist. Die Antragsgegnerin ist damit gemäß § 61 VVG leistungsfrei geworden.

Nach § 12 Abs. 1, 1 a) AKB sind in der teilkaskoversicherung Brand- und Explosionsschäden eingeschlossen. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der PKW der Klägerin in Brand gesetzt wurde. Damit liegen die Voraussetzungen für den Versicherungsfall vor, ohne dass die Klägerin den Nachweis erbringen müsste, dass dieses äußere Bild von betriebsfremden Personen verursacht worden ist. Es kommt entgegen der teilweise in der Rechtsprechung früher vertretenen Auffassung (OLG Düsseldorf, VersR 1996, 880= NJW-RR 1996, 408 = r+s 95, 404); OLG Hamm, VersR 1996, 881) auch nicht darauf an, ob der Versicherer, Umstände dargetan hat, aus denen sich die erhebliche Wahrscheinlichkeit für eine Eigenbrandstiftung ergibt. Im Rahmen der Auslegung des § 12 Abs. 1, I a) AKB gilt für den Versicherungsfall "Brand oder Explosion" in der Teilversicherung keine Beweismaßabsenkung (vgl. auch BGH VersR 1997, 1095 zu § 12 Abs. 1 II f) AKB). Dem Versicherer kommen Beweiserleichterungen zur Vortäuschung eines Versicherungsfalls nur dann zugute, wenn dem Versicherungsnehmer beim Nachweis des Eintritts des Versicherungsfalls solche Beweiserleichterungen zustehen. Ist der Versicherungsfall indes voll bewiesen oder unstreitig, dann muss auch der Versicherer den Vollbeweis für eine Herbeiführung durch den Versicherungsnehmer oder dessen Repräsentanten erbringen (BGH VersR 1997, 1095; VersR 1989, 841).

Will der Versicherer in der Fahrzeugversicherung für den Versicherungsfall "Brand oder Explosion" nicht leisten, dann hat er die Beweislast dafür, dass der Täter nicht betriebsfremd war. Eine Beweiserleichterung kommt ihm dabei nicht zugute.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Maßstab hier nicht, ob die Klägerin mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Eintritt des Versicherungsfalles, Brand des PKW's durch betriebsfremde Personen, dargelegt hat. Der Versicherungsfall ist mit dem Brand des PKW's eingetreten. Es ist gemäß § 61 VVG Sache des Versicherers den Beweis dafür zu erbringen, dass dieser Brand durch die Klägerin oder eine andere nicht betriebsfremde Person verursacht wurde. Dieser Beweis ist zur Überzeugung des Senats erbracht.

Aufgrund der kriminalpolizeilichen Untersuchungen steht fest, dass der Pkw vorsätzlich in Brand gesetzt worden ist. Die ermittelnden Polizeibeamten haben von 5 Stellen der ausgebrannten Fahrgastzelle Proben entnommen und auf Rückstände flüssiger Brandlegungsmittel untersuchen lassen. Das Gutachten des LKA Rheinland-Pfalz (Bl. 75 d. Ermittlungsakte) hat ergeben, dass in sämtlichen Asservaten geringe Spuren von Substanzen enthalten waren, wie sie für die Zusammensetzung von Benzin typisch sind. Das Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Tatbegehung durch außerhalb der Familie der Antragstellerin stehende Personen auszuschließen ist. Abgesehen davon, dass sich kein Motiv für eine Brandlegung durch Dritte ergeben hat, sind solche Personen auch deshalb eindeutig als Täter auszuschließen, weil sich der Brand in der abgeschlossenen Fahrgastzelle entwickelt hat. Dies lässt sich eindeutig dem Gutachten der D Automobil GmbH entnehmen (Bl. 84 ff. der Ermittlungsakten). Alle Glasscheiben der Fahrgastzelle waren verschlossen. Der Sachverständige der D hat bis auf die Seitenscheiben der rechten Fahrzeugseite die Verglasung des Pkws lagegerecht und angeschmolzen im Fahrzeug vorgefunden. Nur die rechte Seitenverglasung lag außerhalb des Fahrzeuges. Die einseitige Rußanhaftung dieser Glasteile belegt, dass die Seitenfenster verschlossen waren und erst infolge der Brandentwicklung zerstört und nach außen geschleudert worden sind. Auch die Lage der elektrischen Fensterheber in oberster Stellung belegt, dass die Seitenscheiben über den 4 Fahrzeugtüren geschlossen waren.

Die Türen des Wagens waren geschlossen und abgeschlossen. Zwar haben die ermittelnden Polizeibeamten und auch der Sachverständige der D die Türschlösser nicht untersucht. Jedoch ergibt sich aus dem Brandermittlungsbericht, dass die Verriegelungsknöpfe der beiden Vordertüren nach unten gedrückt waren. Dies beweist den verschlossenen Zustand der beiden Vordertüren Da der BMW 735 i über eine Zentralverriegelung verfügt, folgt daraus, dass auch die beiden hinteren Türen verschlossen waren. Es fanden sich auch keine Aufbruchsspuren an den Türen. Aufbruchsspuren waren lediglich an der Motorhaube und der Kofferraumklappe festzustellen. Diese Spuren sind aber durch die Feuerwehr im Rahmen der Löschmaßnahmen verursacht worden.

Dieser Tatortbefund ist zur Überzeugung des Senats ein sicheres Indiz dafür, dass der Brandtstifer über die Fahrzeugschlüssel verfügt haben muss. Sämtliche Schlüssel zu dem Fahrzeug befanden sich jedoch im Besitz der Antragstellerin und sind anlässlich der Zeugenvernehmung der Antragstellerin im Ermittlungsverfahren von ihr zu den Akten gegeben worden (Bl. 35 d. Ermittlungsakten). Daraus folgt zwingend - wie das Landgericht zu Recht schlussfolgert -, dass. nur die Antragstellerin oder eine von ihr beauftragte Person den Brand gelegt haben kann.

Für eine Tatbegehung der Antragstellerin oder einer in ihrem Auftrag handelnden nicht betriebsfremde Person sprechen auch wirtschaftliche Motive, die in der Antragstellerin begründet sind. Die Antragstellerin hatte in ihrem Geschäftsbetrieb ca. 80.000,- DM Schulden erwirtschaftet. Am 25. Juni 2001 - etwa 4 Monate vor dem Brand - hatte sie bei dem Zeugen M vom BMW Forum telefonisch wegen einer vorzeitigen Rückgabe des Leasingfahrzeuges erkundigt. Dabei wurde ihr mitgeteilt, dass bei vorzeitiger Rückgabe eine Zahlung von 23.000,-- DM plus Mehrwertsteuer fällig sei, woraufhin die Antragstellerin erklärt hat, dass sie dann noch 20 Monate die Raten zahlen und das Fahrzeug auch behalten könne (Aussage M DI. 58 d. Ermittlungsakten). Schließlich hat die Antragstellerin am Brandtage gegenüber dem vor Ort ermittelnden Polizeibeamten J erklärt, es sei beabsichtigt gewesen, den Leasingvertrag in den nächsten Tagen zu kündigen (Bl. 12 d. Ermittlungsakten). Die Antragstellerin war in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und wollte sich von dem PKW trennen. All dies zeigt, dass die Antragstellerin sich in Ansehung ihrer finanziellen Situation von dem Fahrzeug trennen wollte. Die Eigenbrandstiftung war aus ihrer Sicht ein geeignetes Mittel, sich aus den finanziellen Verpflichtungen des Leasingvertrages zu lösen.

Ein gewichtiges Indiz für eine Täterschaft der Antragstellerin sind die äußeren Umstände anlässlich der Brandentstehung. Der PKW BMW 735 i war in der am weitesten vom Hotel entfernten Ecke des Hotelparkplatzes geparkt. Der PKW war sogar noch teilweise auf einer Rasenfläche abgestellt worden. Dies erscheint angesichts der Tatsache, dass an diesem Tage das Hotel nur von wenigen Gästen besucht wurde, äußerst ungewöhnlich. Es hätte doch nahe gelegen, den PKW in unmittelbarer Nähe zum Hotel abzustellen, zumal die Antragstellerin in Begleitung der 82 Jahre alten Schwiegermutter der Antragstellerin war. Warum man gleichwohl den PKW in einer entfernten Ecke des Parkplatzes abstellt und einer älteren Dame zumutet, den weiten Weg zum Hotel zurückzulegen, ist bei verständiger Betrachtung der Dinge nicht nachvollziehbar. Dies lässt sich nur so erklären, dass mit dem Abstellen des PKW's an einer entfernten Stelle des Parkplatzes die Brandlegung erleichtert werden sollte, andererseits der Besuch des Hotels in Begleitung der 82 Jahre alten Schwiegermutter der Antragstellerin als Alibi diente.

Die Beschwerde war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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