Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 21.10.2008
Aktenzeichen: 11 U 362/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, ZVG, ZwVwV


Vorschriften:

BGB § 392
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 556
BGB § 1124 Abs. 2
BGB § 1125
BGB § 1192 Abs. 1
ZPO § 829 f.
ZVG § 142 Abs. 1
ZVG § 152 a
ZwVwV § 12
Die während der Zwangsverwaltung beschlagnahmten Ansprüche des Schuldners kann der Zwangsverwalter auch noch nach Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens gerichtlich geltend machen.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Die Geschäftsnummer: 11 U 362/08 Verkündet am 21. Oktober 2008

in dem Rechtsstreit wegen Mietforderung und Nebenkosten aus Gewerberaummietvertrag

Der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Rüll, den Richter am Oberlandesgericht Diener und die Richterin am Oberlandesgericht Lamberz auf die mündliche Verhandlung vom 23.09.2008 für Recht erkannt: Tenor: Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 13.02.2008 teilweise abgeändert und neu gefasst wie folgt: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 147.065,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 7.353,26 EUR seit dem 5.05.2005,

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 6.06. 2005

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 6.07.2005

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 4.08.2005

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 6.09.2005

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 7.10.2005

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 4.11.2005

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 6.12.2005

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 5.01.2006

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 6.02.2006

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 6.03.2006

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 6.04.2006

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 5.05.2006

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 7.06.2006

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 6.07.2006

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 4.08.2006

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 6.09.2006

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 6.10.2006

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 7.11.2006

aus weiteren 7.353,26 EUR seit dem 6.12.2006

sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 2.080,50 EUR

zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10 % und die Beklagte zu 90 %. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Senat lässt die Revision zu, soweit der Klage stattgegeben wurde.

Gründe: I. Zur Sachdarstellung wird zunächst auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Der Beklagte ist der Auffassung, dass dem Kläger die Prozessführungsbefugnis fehlt, weil das Amtsgericht Mainz durch Beschluss vom 25.01.2007 die Zwangsverwaltung aufgehoben hat, nachdem bezüglich des von der Zwangsverwaltung erfassten Grundstücks am 3.01.2007 in der Zwangsversteigerungssache 260 K 58/05 AG Mainz der Zuschlag erteilt worden ist. Da das Amtsgericht Mainz in seinem Aufhebungsbeschluss dem Zwangsverwalter nicht die Befugnis eingeräumt habe, noch weiter tätig zu werden, dürfe er auch die bis zum Zuschlag in der Zwangsversteigerungssache aufgelaufenen Mieten nicht mehr geltend machen. Das Schreiben des Amtsgerichts Mainz vom 24.04.2007 an die die Zwangsverwaltung betreibende Gläubigerin, die Sparkasse W..., in dem das Amtsgericht ausgeführt habe, dass der Zwangsverwalter weiterhin zur Geltendmachung der beschlagnahmten Nutzung aus der Zeit bis zum Zuschlag ermächtigt sei, auch wenn der Aufhebungsbeschluss keinen entsprechenden Vorbehalt enthalte, entfalte keine rechtliche Wirkung, da mit Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses vom 25.01.2007 die Zwangsverwaltung beendet gewesen sei. Zu der dem Zwangsverwalter noch möglichen geordneten Abwicklung gehöre nicht die Führung neuer Prozesse. Dies gelte jedenfalls dann, wenn nicht ein entsprechender Vorbehalt in den die Zwangsverwaltung beendenden Beschluss aufgenommen worden sei. Die gegenüber dem früheren Eigentümer des Grundstücks während des laufenden Zwangsverwaltungsverfahrens erklärte Aufrechnung mit eigenen, gegenüber dem früheren Eigentümer R... E... bestehenden titulierten Ansprüchen der Beklagten in Höhe von 230.202,09 EUR und 29.724,41 EUR mit den hier geltend gemachten Mietrückständen lebe nach der Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens wieder auf. Außerdem habe die Klägerin ein Zurückbehaltungsrecht, bis die Gläubigerin den Nachweis erbringe, dass sie gegenüber dem Schuldner R... E... noch offene Forderungen habe. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Mainz vom 13.02.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er ist der Auffassung, dass seine Prozessführungsbefugnis hinsichtlich der während der Zwangsverwaltung beschlagnahmten Mietforderungen auch nach Aufhebung der Zwangsverwaltung bestehe. Die Mietforderungen aus der Zeit vor dem Wirksamwerden des Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren würden zur Zwangsverwaltungsmasse gehören. Außerdem habe das Amtsgericht Mainz als Vollstreckungsgericht im Schreiben vom 24.04.2007 der Grundpfandgläubigerin, aufgrund deren Ansprüche die Zwangsverwaltung angeordnet worden sei, mitgeteilt, dass der Zwangsverwalter weiterhin zur Geltendmachung der beschlagnahmten Nutzungen aus der Zeit bis zum Zuschlag ermächtigt sei, auch wenn der Aufhebungsbeschluss keinen entsprechenden Vorbehalt enthalte. Wenn man dem Zwangsverwalter keine Prozessführungsbefugnis zubilligen würde, bestehe die Gefahr, dass auch der frühere Eigentümer die Miete nicht einklage. Der Wirksamkeit der Aufrechnung stehe zum einen § 1124 Abs. 2 BGB entgegen. Gemäß dieser Vorschrift sei eine Aufrechnung des Mieters gegen Mietforderungen aus der Zeit der Beschlagnahme gegenüber dem Grundpfandrechtsgläubiger unwirksam. Außerdem bestünden wechselseitige Ansprüche lediglich zwischen der Beklagten und dem Schuldner, nicht jedoch zwischen dem Kläger und der Beklagten. Es sei auch nicht von der Beklagten genau vorgetragen worden, gegen welche Mietforderungen (für welche Monate) aufgerechnet worden sei. Ein "Wiederaufleben" der früher erklärten Aufrechnung bei Wegfall der Beschlagnahme sei ausgeschlossen. Außerdem sei die Beschlagnahme hinsichtlich der bis zum Zuschlag an den Ersteigerer bestehenden Mietforderungen durch die Aufhebung der Zwangsverwaltung nicht entfallen. Die Sparkasse W... als Gläubigerin des Zwangsverwaltungsverfahrens habe gegenüber dem Schuldner eine durch die Grundschuld abgesicherte Forderung in Höhe von 990.000,00 EUR gehabt. Aus dem Zuteilungsbeschluss des Amtsgerichts Mainz vom 27.02.2007 (Bl. 88 a d. A.) ergebe sich, dass der Sparkasse W... aus dem Zwangsersteigerungserlös auf diese Forderung 169.051,70 EUR zugeteilt worden seien, während der weitere ihr zugeteilte Betrag von 835.707,30 EUR auf Kosten, Zinsen und eine 5 %ige einmalige Nebenleistung entfalle. Daher stehe noch ein Rest der Forderung in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe offen.

Außerdem sei der Kläger als Zwangsverwalter nicht Vertreter der Sparkasse W..., so dass auch deswegen die Beklagte bereits kein Zurückbehaltungsrecht bis zur Erteilung der Auskunft über die Höhe der Restforderung geltend machen könne. Der Kläger könne auch die Nebenkostenvorauszahlung für die Jahre 2005 und 2006 einklagen. Da die Beklagte weder die Mieten noch die Nebenkostenvorauszahlung für das Jahr 2005 gezahlt habe, bestehe für ihn keine Veranlassung, eine entsprechende Nebenkostenabrechnung vorzunehmen, zumal es sich um ein gewerbliches Mietverhältnis handele und deswegen § 556 BGB nicht anwendbar sei.

II. Die Berufung der Beklagten ist nur begründet, soweit sie sich gegen die Verpflichtung zur Zahlung der Nebenkostenvorauszahlungen richtet. Die im vorliegenden Verfahren zu entscheidende Frage, ob der Zwangsverwalter nach Aufhebung der Zwangsverwaltung noch während der Zwangsverwaltung beschlagnahmte Forderungen geltend machen kann, ist umstritten. Dagegen spricht sich u. a. Vonnemann, RpflG 2002, 415 f., 419 aus. Er ist der Auffassung, dass der Zwangsverwalter nach Aufhebung der Zwangsverwaltung infolge des Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren Forderungen, die in der Zeit vor Erteilung des Zuschlags entstanden sind, im Sinne einer raschen Verfahrensabwicklung an den Gläubiger abtreten müsse. Dieser könne dann diese Forderungen im eigenen Namen geltend machen. Dassler/Muth (12. Aufl. Rn. 18 zu § 161 ZVG) meint, dass der Verwalter sorgfältig zu prüfen habe, ob die Prozessführung noch zu einem ordnungsgemäßen Verwaltungsabschluss zu rechnen sei. Nur dann sei er zur weiteren Prozessführung befugt und dürfe auch einen neuen Rechtsstreit anhängig machen (so auch OLG Frankfurt MDR 1971, 226). Dezidiert gegen die Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters nach Zustellung des Aufhebungsbeschlusses spricht sich das Landgericht Frankfurt (RpflG 2000, S. 30 f.) mit ausführlicher zustimmender Anmerkung von Haarmeyer aus. Haarmeyer ist der Auffassung, dass die Gläubiger ihre Ansprüche nach Aufhebung der Zwangsverwaltung nur noch im Wege der Pfändung der Forderung nach §§ 829 f. ZPO verfolgen könnten, zu der die Führung neuer Prozesse nicht gehöre. Auch Haarmeyer meint, dass der Zwangsverwalter Probleme dadurch vermeiden könne, dass er während des Zwangsverwaltungsverfahrens beschlagnahmte Forderungen an den Gläubiger abtritt (RpflG 2000, S. 32). Das OLG Düsseldorf (RpflG 1990, 381) hat ausgeführt, dass der Zwangsverwalter berechtigt sei, auch nach Aufhebung der Zwangsverwaltung bereits laufende Prozesse fortzuführen und unter Umständen sogar neue zu beginnen. Eine eindeutige Entscheidung des BGH zu dieser Frage liegt noch nicht vor.

In der Entscheidung BGH NJW-RR 1993, 442 f. geht es um eine bei Aufhebung der Zwangsverwaltung bereits rechtshängige Klage. In diesem Urteil hat der BGH auch ausgeführt, dass dann, wenn die Zwangsverwaltung wegen Zuschlags in der Zwangsversteigerung aufgehoben wird, das Hindernis für die Fortsetzung der Zwangsverwaltung ausschließlich in dem Recht des Erstehers auf die künftig anfallenden Nutzungen zu sehen sei. Die Nutzungen aus der Zeit vor der Wirksamkeit des Zuschlags würden Zwangsverwaltungsmasse bleiben. Der Zwangsverwalter sei berechtigt, diese einzuziehen, soweit es noch nicht geschehen sei und Überschüsse nach Maßgabe des Teilungsplans an die Berechtigten auszukehren. Demgemäß entspreche es eindeutiger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass der Zwangsverwalter trotz Aufhebung der Zwangsverwaltung aus diesem Grund anhängige Prozesse über Nutzungen aus der Zeit seiner Amtstätigkeit fortzuführen befugt sei. Auch in der Entscheidung BGH NJW-RR 2003, 1308 hat der BGH ausgeführt, dass der Zwangsverwalter trotz inzwischen erfolgter Aufhebung der Zwangsverwaltung berechtigt sei, rückständige Pachtzinsen geltend zu machen. Seine Aktivlegitimation ergebe sich insoweit aus § 142 I ZVG. Da in diesem Verfahren die Zwangsverwaltung mit Beschluss vom 27.05.1999 aufgehoben wurde und das Aktenzeichen beim BGH XII ZR 16/00 lautet, ist davon auszugehen, dass es sich auch hier um ein bereits bei Aufhebung der Zwangsverwaltung anhängiges Verfahren gehandelt hat. Auch in der Entscheidung BGH NJW-RR 2006, 138 - 140 = MDR 2005, 1306, 1307 finden sich keine zweifelsfreien Ausführungen dazu, ob der Zwangsverwalter nach Aufhebung der Zwangsverwaltung noch neue Prozesse anhängig machen kann. Dagegen könnten die Ausführungen des BGH unter II. 2. des Urteils sprechen. Dort hat er ausgeführt, dass die Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters zu dem Zeitpunkt entfallen sei, als die Zwangsverwaltung aufgrund der Zwangsversteigerung des beschlagnahmten Grundstücks wieder aufgehoben worden sei. Mit dem Wirksamwerden des Aufhebungsbeschlusses verliere der Zwangsverwalter seine ihm kraft hoheitlichen Amtes übertragenen Befugnisse. Zwar habe er die vorangegangene Verwaltung abzuwickeln, die Schlussrechnung zu erstellen und die in seinem Besitz befindlichen Gegenstände an die Berechtigten herauszugeben. Offene Forderungen könne er jedoch weder einziehen noch einklagen, denn mit dem Erlöschen der Beschlagnahme ende die Befugnis des Vollstreckungsgerichts und damit auch die des von ihm eingesetzten Zwangsverwalters. Diese Ausführungen scheinen dem Senat in einem gewissen Gegensatz zu den vorangegangenen zitierten Urteilen des BGH zu stehen.

Soweit dann noch ausgeführt wird, dass auf den Erwerber des Grundstücks in der Zwangsversteigerung das Eigentum mit Erteilung des Zuschlags kraft Gesetzes übergehe und dieser bei bestehenden Mietverhältnissen von dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Aufhebung der Beschlagnahme an alle Rechte als Vermieter wahrnehmen könne, ergeben sich Zweifel, ob sich der BGH in dieser Entscheidung wirklich auch mit den vor dem Zuschlagsbeschluss bereits fällig gewordenen Mieten befasst hat. Dies ist insbesondere auch deswegen zweifelhaft, weil es sich bei dem Sachverhalt, über den der BGH in diesem Urteil zu entscheiden hatte, um einen Prozess handelt, in dem nicht der Zwangsverwalter Kläger war, sondern der Zwangsverwalter auf Rückzahlung einer Mietkaution sowie Auskunft über die angefallenen Zinsen der Kaution in Anspruch genommen wurde. In seinen weiteren Ausführungen hat der BGH in diesem Urteil dann auch offen gelassen, ob ein Zwangsverwalter ausnahmsweise nach Aufhebung der Zwangsverwaltung noch neue Rechtsstreitigkeiten anhängig machen könne, falls dies zur Abwicklung einer Zwangsverwaltung erforderlich sei. Deswegen lässt sich aus diesem Urteil keine eindeutige Äußerung im Sinn der Rechtsauffassung der Beklagten ablesen. Der Senat folgt der Auffassung von Stöber (Zwangsversteigerungsgesetz, 18. Aufl.). Danach (vgl. Stöber a. a. O. Rn. 3.11 und 7.2 zu § 161 ZVG) endet die Aufhebung der Zwangsverwaltung wegen Zuschlags die beschlagnahmte Wirkung nur für das Grundstück im Eigentum des Erstehers. Nutzungen aus der Zeit vor Wirksamkeit des Zuschlags bleiben beschlagnahmt. Sie sind nach Maßnahme des Teilungsplans auszukehren. Der Zwangsverwalter kann daher die weiterhin beschlagnahmten Ansprüche des Schuldners noch nach Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens gerichtlich geltend machen. Die Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters dauert fort unabhängig davon, ob der Aufhebungsbeschluss nach Erteilung des Zuschlags einen entsprechenden Vorbehalt ausspricht. Diese Auffassung von Stöber hat das Amtsgericht Mainz auch in seinem Schreiben vom 24.04.2007 weitergegeben. Es handelt sich bei diesem Schreiben nicht um einen Beschluss, sondern nur um eine Mitteilung einer Rechtsauffassung. Aus dem von dem Beklagten herangezogenen § 12 ZwVwV kann sich schon deswegen nichts anderes ergeben, weil andernfalls die Ermächtigung für diese Verordnung in § 152 a ZVG überschritten wäre. § 152 a ZVG ermächtigt den Bundesminister der Justiz lediglich, Stellung, Aufgaben und Geschäftsführung des Zwangsverwalters sowie seine Vergütung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates näher zu regeln. § 152 a ZVG enthält daher keine Ermächtigung, in die Regelung des Zwangsverwaltungsverfahrens selbst einzugreifen. Die gegenüber dem früheren Eigentümer des Grundstücks erklärte Aufrechnung der Beklagten während des Zwangsverwaltungsverfahrens war gemäß §§ 392, 1125, 1192 Abs. 1, 1124 Abs. 2 BGB unwirksam. Entgegen der Auffassung der Beklagten konnte diese auch nicht nach Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens "wieder aufleben". Eine wegen Fehlens der Aufrechungsvoraussetzungen oder wegen Verstoßes gegen Aufrechnungsverbote unwirksame Aufrechnung muss nach Wegfall des Verbots wiederholt werden (vgl. Palandt-Grüneberg, 67. Aufl., Rn. 1 zu § 388 BGB, BGH NJW 1984, 357). Jetzt stehen sich die beiden Forderungen auch nicht aufrechenbar gegenüber. Die Beklagte hat keine Forderung gegen den Kläger, sondern nur gegen den früheren Eigentümer des Grundstücks.

Dass der Gläubigerin noch eine Forderung mindestens in Höhe der geltend gemachten Klageforderung zusteht, hat der Kläger durch Vorlage des Zuteilungsbeschlusses des Amtsgerichts Mainz vom 27.02.2007 (Bl. 88 a d. A.) nachgewiesen. Außerdem steht der Beklagten auch deswegen kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Kläger zu, weil der Kläger als Zwangsverwalter nicht Vertreter der Gläubigerin ist und die Beklagte gegenüber dem Kläger keinen Auskunftsanspruch hat. Erfolg hat die Berufung des Beklagten nur hinsichtlich der geltend gemachten Vorauszahlungen betreffend die Nebenkosten. Es geht um Nebenkosten für die Jahre 2005 und 2006. Nachdem auch hinsichtlich des Abrechnungszeitraums 2006 bereits über ein Jahr vergangen ist, ist eine konkrete Abrechnung möglich und erforderlich. Daher können keine Vorauszahlungen mehr verlangt werden (vgl. OLG Düsseldorf, OLG-R 2004, 272, OLG Hamburg NJW-RR 1989, 82 = MDR 1989, 162, Fritz, Gewerberaummietrecht, 4. Aufl. 2005, Rn. 137 b, vgl. auch Bamberger-Roth, Rn. 24 zu § 556 BGB, allerdings zu nicht gewerblichen Mieten). Die Klage ist daher unschlüssig, soweit Nebenkostenvorauszahlungen für die Zeit vom 1.05.2005 bis 31.12.2006 in Höhe von insgesamt 15.613,60 EUR incl. der Mehrwertsteuer geltend gemacht werden (673 x 116 % = 780,68 x 20 = 15.613,60 EUR). Es verbleibt daher noch eine dem Kläger zuzuerkennende Mietforderung für die Zeit vom 1.05.2005 bis 31.12.2006 in Höhe von 147.065,20 EUR (7.353,26 EUR x 20). Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hat die Beklagte gemäß §§ 286 I, 288 I und II BGB zu zahlen. Die Entscheidung hinsichtlich der Kosten ergeht gemäß § 92 I 1 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Soweit der Klage stattgegeben worden ist, war die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 ZPO zuzulassen. Die Frage der Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters für die Zeit nach Aufhebung der Zwangsverwaltung hat grundsätzliche Bedeutung. Außerdem ist die Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Beschluss: Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 162.678,80 EUR festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück