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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 12.09.2005
Aktenzeichen: 12 U 1047/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 434
BGB § 434 Abs. 1
BGB § 437
BGB § 443 Abs. 1
BGB § 443 Abs. 2
ZPO § 287
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
Die Haltbarkeitsgarantie beim Kaufvertrag ist eine Garantieübernahme dafür, dass die Sache für eine bestimmte Dauer eine bestimmte Beschaffenheit behält. Von Nutzen ist die Haltbarkeitsgarantie für den Käufer insbesondere bei einem nachträglichen Leistungsabfall. Garantien sind danach auszulegen, wie sie üblicherweise unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der Besonderheiten des Einzelfalles von einem verständigen Dritten zu verstehen sind. Nach diesem Maßstab kann von den Parteien eines Turnierpferdeskaufes eine Haltbarkeitsgarantie vereinbart worden sein, die eine Spatlahmheit als Garantiefall einschließt.

Übernimmt der Verkäufer eine Haltbarkeitsgarantie, ohne besondere Rechte des Käufers für den Garantiefall zu nennen, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass er dem Käufer alle gesetzliche Mängelrechte für den Garantiefall einräumen wollte. Dazu gehört das Recht zum Rücktritt vom Vertrag.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 U 1047/04

Verkündet am 12.09.2005

in dem Rechtsstreit

wegen eines Kaufpreisanspruchs und Rechten der Käuferin aus einem Kaufvertrag.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes, die Richter am Oberlandesgericht Dr. Wohlhage und Dr. Eschelbach auf die mündliche Verhandlung vom 22. August 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 20. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das genannte Urteil dahin abgeändert, dass der Kläger verurteilt wird, über die dort unter Ziffer 3 der Entscheidungsformel zuerkannten Beträge hinaus weitere 3.490 Euro an die Beklagte zu zahlen.

Die teilweise Abweisung der Widerklage der Entscheidungsformel des Landgerichts entfällt.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten mit Klage und Widerklage um den Restkaufpreis und um Rechte des Käufers wegen Mängeln des an ihn verkauften Springpferdes Cecilia.

Der Kläger verkaufte dieses Pferd mit Vertrag vom 2. Juli 2002 für 14.000 Euro, die in drei Raten zahlbar sein sollten, an die Beklagte. Ergänzend wurde vereinbart, dass sich der Kaufpreis um 2.500 Euro erhöhen sollte, wenn das Pferd bei einem Turnier eine Plazierung unter den ersten fünf Teilnehmern erreichen würde. Das Pferd sollte nämlich, wovon die Parteien beim Vertragsschluss ausgingen, von dem Sohn der Beklagten als Turnierpferd auch bei internationalen Springturnieren eingesetzt werden.

Dem Kaufvertrag vorgeschaltet war eine Ankaufsuntersuchung des Pferdes durch den Tierarzt Dr. T... H..., der in seinem Untersuchungsprotokoll unter anderem eine geringgradige Verengung der Intertarsalgelenkspalten des Sprunggelenks am linken Hinterbein festhielt (Bl. 45-1 GA). Das Ergebnis der Ankaufsuntersuchung führte zu folgender ergänzenden Bestimmung im Kaufvertrag:

"Verkäufer D....... S.... gibt auf die röntgenologische Veränderung li. Sprunggelenk 1 Jahr (30.06.03) Garantie. Ergebnis der Ankaufsuntersuchung ist Käufer bekannt und wurde v. Dr. T... H... durchgeführt und besprochen".

Das Pferd wurde der Beklagten übergeben. Diese zahlte von dem vereinbarten Kaufpreis nur eine Rate von 6.000 Euro. Am 18. November 2002 ließ die Beklagte eine tierärztliche Untersuchung durchführen, die zu der Feststellung des untersuchenden Tierarztes Dr. N... führte, dass beim Vortraben auf hartem Boden eine "deutliche Taktunreinheit" links vorliege. Eine Röntgenuntersuchung habe zudem ein "mittelgradiger osteophytärer Spat der Intertersalgelenke" ergeben (Bl. 64-1 GA). Das führte zum Rücktritt der Beklagten vom Kaufvertrag mit Hinweis auf Mängel des Kaufgegenstandes und auf die Garantie des Klägers. Die Beklagte machte sodann unter anderem neben einem Anspruch auf Rückzahlung des teilweise geleisteten Kaufpreises auch Schadensersatzansprüche wegen Pflege-, Unterhaltungs-, Unterbringungs- und Untersuchungskosten geltend. Der Kläger begehrt weiterhin die Zahlung des restlichen Kaufpreises.

Der Kläger hat vorgetragen, das Ergebnis der Ankaufsuntersuchung sei der Beklagten vor Abschluss des Kaufvertrages von dem Tierarzt Dr. H... im Einzelnen mitgeteilt worden. Der röntgenologische Befund habe sich danach nicht mehr verändert, was auch Dr. H... aufgrund einer Nachuntersuchung bestätigt habe (Bl. 111 GA), der dabei keinerlei röntgenologische Veränderungen erkannt habe (Bl. 80, 81 GA). Es werde deshalb bestritten, "dass sich röntgenologisch feststellbar Veränderungen" dahin ergeben hätten, "dass bei Cecilia ein mittelgradiger osteophyärer Spat der Intertarsalgelenke aufgetreten" sei (Bl. 80 GA). Die von der Beklagten beigebrachte Bescheinigung der Tierklinik B... M... über eine Untersuchung vom 18. November 2002 treffe insoweit nicht zu. Das Pferd sei nach wie vor als Springpferd auch "in internationaler Klasse" einsetzbar (Bl. 82 GA). Er, der Kläger, habe mit der Garantie keine Gewähr dafür übernehmen wollen, dass sich im Bereich des linken Sprunggelenks des Pferdes keine medizinischen Befunde ergeben würden, die eine Verwendung des Pferdes zum angestrebten Zweck in Frage stellen könnten. Vielmehr habe er nur erklärt, dass sich innerhalb eines Jahres keine röntgenologischen Veränderungen feststellen lassen (Bl. 82 GA).

Der Kläger hat zunächst im Urkundenprozess beantragt, die Beklagte zur Zahlung des Restkaufpreises von 8.000 Euro nebst Zinsen zu verurteilen, was ihm durch Vorbehaltsurteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts vom 2. Juli 2003 zugebilligt wurde. Im Nachverfahren hat der Kläger beantragt, dieses Vorbehaltsurteil aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen; widerklagend hat sie beantragt, den Kläger zur Zahlung von 6.000 Euro, 226,02 Euro, 5.395 Euro, 2.636,17 Euro und 1.320 Euro nebst Zinsen an sie zu verurteilen. Sie hat geltend gemacht, das Pferd habe zur Zeit des Gefahrübergangs an einem Mangel gelitten, der in den beidseitig geringgradig verengten Intertarsalgelenkspalten bestanden habe. Das sei ihr bei Vertragsschluss und Gefahrübergang nicht bekannt gewesen. Ihr sei nur mitgeteilt worden, die Ankaufuntersuchung habe keine negativen Merkmale ergeben. Zwar seien röntgenologisch Veränderungen am Sprunggelenk festgestellt worden. Dies seien aber nur Folgen einer Operation zur Beseitigung losgelöster Knorpel- oder Knochenfragmente im Gelenk ("Chips"), die für die Tauglichkeit als Springpferd ohne Bedeutung seien. Eine später attestierte Osteochondrose und die Verengung von Intertarsalgelenkspalten seien ihr nicht bekannt gewesen, zumal ihr der Untersuchungsbericht des Tierarztes nicht ausgehändigt worden sei, was unstreitig erst im Prozess erfolgt ist. Diese Befunde hätten dazu geführt, dass das Pferd nicht mehr für den Springsport in der mittelschweren und schwersten Klasse einsetzbar sei.

Das Landgericht hat im Nachverfahren die Zeugen Dr. T... H... (Bl. 160 ff. GA) und H... R... (Bl. 164 ff. GA) vernommen und dann unter Aufhebung seines Vorbehaltsurteils die Klage durch Schlussurteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer vom 20. Juli 2004 abgewiesen sowie auf die Widerklage unter deren Abweisung im Übrigen den Kläger verurteilt, an die Beklagte 6.000 Euro, 226,02 Euro, 3.445,05 Euro, 835 Euro und 510 Euro nebst Zinsen zu zahlen.

Das Landgericht hat ausgeführt, es habe ein Mangel des Pferdes vorgelegen. Dieser bestehe in den geringgradig verengten Intertarsalgelenkspalten der Sprunggelenke. Der Spat-Befund habe bei Abschluss des Kaufvertrages schon vorgelegen und sei als Fehler im gewährleistungsrechtlichen Sinne bedeutsam, weil er dazu führe, dass das Pferd nicht mehr auf Dauer als Springpferd genutzt werden könne. Der sachverständige Zeuge Dr. H... habe bekundet, dass ein solcher Befund beim Kauf eines Turnierspringpferdes als Mangel zu gelten habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Beklagte bei Vertragsschluss und Gefahrübergang keine Kenntnis von diesem Befund gehabt. Zwar sei im Vertrag festgehalten worden, dass der Beklagten das Ergebnis der Ankaufuntersuchung bekannt gewesen und mit dem Tierart besprochen worden sei. Dennoch sei ihr das Untersuchungsprotokoll ohne nachvollziehbaren Grund nicht übergeben oder zur Einsicht überlassen worden. Die Beklagte habe es erst in der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 2003 erhalten. Der Zeuge Dr. H... habe zwar ausgeführt, dass er tatsächlich die Beklagte unter Vorlage der Röntgenaufnahmen über die Ergebnisse der Untersuchung unterrichtet und auch auf die Verengung der Intertarsalgelenkspalten der Sprunggelenke hingewiesen habe. Deshalb habe er, der Zeuge Dr. H..., angeregt, dass in den Kaufvertrag eine Garantieklausel aufgenommen werde. Die Aussage des Zeugen Dr. H... sei, so führt das Landgericht aus, aber hinsichtlich des Inhalts des Gesprächs mit der Beklagten und ihrem Ehemann nicht überzeugend. Der Zeuge H... R..., Ehemann der Beklagten, habe nämlich bekundet, dass H... auf die Frage nach dem Untersuchungsbefund zuerst ausweichend reagiert und dann allgemein erklärt habe, es habe sich eine Rauheit am Sprunggelenk gezeigt, die aber eine Folge der Chip-Operation sei. Röntgenbilder seien nicht vorgelegt worden. Der Zeuge R... habe einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Er habe detailliert und nachvollziehbar bekundet. Demgegenüber habe sich der Zeuge Dr. H... erst auf Nachfrage näher geäußert. Der Hinweis im Kaufvertrag auf eine Besprechung der Untersuchungsergebnisse stehe nicht in Widerspruch zum Inhalt der Aussage des Zeugen R.... Bemerkenswert sei auch die länger andauernde Weigerung des Klägers, der Beklagten eine Abschrift des Untersuchungsprotokolls herauszugeben. Vor diesem Hintergrund sei nicht davon auszugehen, dass die Beklagte von der bei der Ankaufsuntersuchung festgestellten Verengung der Intertarsalgelenkspalten der Sprunggelenke gewusst habe. Ihr stünden daher auch ohne Fristsetzung zur Mangelbeseitigung die Rechte aus § 437 BGB zu, weil es sich um einen unbehebbaren Mangel handele. Neben der Rückzahlung des Teilkaufpreises könne sie Ersatz der Untersuchungskosten (226,02 Euro), Ersatz der Kosten für einen Transport in die Tierklinik (120 Euro) und Ersatz der Kosten für die qualifizierte Unterbringung des Pferdes als Springpferd von 15.05 Euro täglich für die Zeit vom 2. Juli 2002 bis 20. November 2002 (2.122,05 Euro) und geringere Kosten für die einfache Unterbringung des Pferdes nach der Feststellung seiner Untauglichkeit als Springpferd von 5 Euro täglich für die Zeit vom 21. November 2002 bis 10. Februar 2004 (2.230 Euro) verlangen, ferner Ersatz von 318 Euro für Arbeitend des Hufschmiedes. Weitere Unterbringungskosten in Höhe von 523,60 Euro seien trotz Fristsetzung nicht rechtzeitig belegt worden; ein bewilligter Schriftsatznachlass habe sich darauf nicht bezogen, so dass Vorbringen in einem nachgereichten Schriftsatz vom 25. Juni 2004 verspätet und nicht zuzulassen sei. Ein Beweisangebot auf Einholung eines Sachverständigengutachtens sei abzulehnen, weil der Sachverständigenbeweis ein ungeeignetes Beweismittel sei.

Gegen dieses Urteil richten sich die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten.

Der Kläger erstrebt die Widerherstellung des Vorbehaltsurteils, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Er meint, das Landgericht habe den Begriff des Sachmangels nach § 434 Abs. 1 BGB falsch interpretiert; es habe verkannt, dass die vereinbarte Beschaffenheit nach wie vor vorhanden sei. Das Pferd könne noch als Springpferd verwendet werden. Der dazu angebotene Sachverständigenbeweis sei verfahrensfehlerhaft nicht erhoben worden. Ein gebotener rechtlicher Hinweis sei unterblieben, so dass ein Angebot auf Erhebung weiteren Zeugenbeweises nicht ermöglicht worden sei. Die Bewertung der Aussage des Zeugen Dr. H... sei fehlerhaft, zumal die Aufnahme Resultate seiner Bemühungen in den Vertragstext nicht richtig gedeutet worden seien. Ein Garantiefall sei nicht eingetreten, weil es an einer röntgenologischen Veränderung der Gelenksstruktur im Garantiezeitraum fehle.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten. Sie verweist vor allem darauf, dass mit Blick auf die vertraglich vereinbarte Haltbarkeitsgarantie die vom Kläger aufgeworfenen Einzelfragen irrelevant seien.

Mit der Anschlussberufung macht die Beklagte die im Tenor genannten weiteren Schadensersatzbeträge von zusammen 3.490 Euro geltend. Sie bemängelt die Präklusion ihres Vorbringens zu weiteren Unterbringungskosten durch das Landgericht. Nachdem diese Kosten streitig gewesen und Zeugen- bzw. Sachverständigenbeweis angeboten worden sei, hätte das Landgericht nicht ohne weiteres die Präklusion wegen Nichtvorlage von Unterlagen in der dafür gesetzten Frist annehmen dürfen. Die Reduzierung der Unterbringungs- und Verpflegungskosten von 15.05 Euro auf 5 Euro täglich gehe an den tatsächlichen Verhältnissen vorbei.

Der Kläger hat erwidert, dass eine Haltbarkeitsgarantie nicht vereinbart worden sei. Dem ist die Beklagte mit Hinweisen zur Auslegung der Vertragsklausel entgegengetreten.

Die Beklagte hat nach der Erörterung der Sache in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ihre Anschlussberufung hinsichtlich einer Mehrforderung von 1.071,12 Euro zurückgenommen und die verbleibende Mehrforderung von insgesamt 3.490 Euro, die auch danach noch Gegenstand des Anschlussrechtsmittels sein soll, näher erläutert.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Wegen der Feststellungen des Landgerichts nimmt der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Schlussurteil Bezug.

II.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen, weil sie unbegründet ist. Die Anschlussberufung der Beklagten erweist sich dagegen in dem nach Teilrücknahme verbleibenden Umfang als begründet; sie führt zur teilweisen Abänderung des angefochtenen Schlussurteils.

1. Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage des Klägers auf Zahlung des restlichen Kaufpreises ist nicht gerechtfertigt, weil die Beklagte im Ergebnis zu Recht vom Vertrag zurückgetreten ist. Es greift zu ihren Gunsten jedenfalls ein Anspruch aus §§ 443 Abs. 1, 437 BGB n. F. ein. Auf das Schuldverhältnis ist insoweit das seit dem 1. Januar 2002 geltende Bürgerliche Gesetzbuch anzuwenden. Die Parteien haben eine Haltbarkeitsgarantie vereinbart und der Garantiefall ist in der Garantiezeit eingetreten. Die Käuferrechte bestimmen sich hiernach mangels weiterer Vereinbarungen der Parteien über die Rechtsfolgen der Garantie gemäß § 437 BGB.

a) Die Haltbarkeitsgarantie ist in § 443 Abs. 1 BGB definiert als Garantieübernahme "dafür, dass die Sache für eine bestimmte Dauer eine bestimmte Beschaffenheit behält". Diese Definition geht damit über die Sachmängelfreiheit im Sinne des § 434 BGB insoweit hinaus, als nach § 434 BGB die Beschaffenheit der Sache nur bei Gefahrübergang dem Vertrag entsprechen muss. Von Nutzen ist die Haltbarkeitsgarantie für den Käufer insbesondere bei einem nachträglichen Leistungsabfall, soweit dadurch die Beschaffenheit verändert wird und die Garantie auch dies abdeckt. So liegt es hier.

Spat ist unstreitig eine bereits lange bekannte und den einschlägigen Verkehrskreisen geläufige Sprunggelenkerkrankung beim Pferd in Form einer Knochenauftreibung an der Innenseite des Sprunggelenks (Bl. 240 GA). Dies führt von Fall zu Fall zu einem Schmerzempfinden, das "Lahmheit" zur Folge haben kann. Eine Spatlahmheit entwickelt sich allmählich und sie ist in ihrer Ausprägung nicht konstant; sie kann vielmehr sogar im Verlauf eines Tages infolge von Gewöhnung oder Zurückbildung des Schmerzes bei fortschreitender Bewegung des Pferdes varriieren; es liegt deshalb kein gleich bleibender Befund der "Lahmheit" vor. Gerade bei Bestehen von Verdachtsgründen für einen Spatbefund bei einem Springpferd eignet sich deshalb eine Haltbarkeitsgarantie als rechtliches Mittel zur Sicherung der Käuferrechte. Eine Haltbarkeitsgarantie ist hier bei interessengerechter Auslegung gerade deshalb von den Parteien mit dem Inhalt vereinbart worden, dass die bei der Ankaufsuntersuchung röntgenologisch erkannte Knochenauftreibung, für die nach vorangegangener Chipoperation verschiedene Ursachen in Betracht kamen, nicht zu einer Lahmheit des Pferdes führen würde, die seine Eignung zur Teilnahme an Turnieren in der mittelschweren und schweren Klasse in Frage stellen konnte. Das geht im Kern übereinstimmend auch aus den Aussagen der Zeugen Dr. H... und R... hervor (Bl. 161, 164 a.E. GA).

Garantien sind gemäß §§ 133, 157 BGB danach auszulegen, wie sie üblicherweise unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der Besonderheiten des Einzelfalles von einem verständigen Dritten zu verstehen sind. Nach diesem Maßstab wurde von den Parteien eine Haltbarkeitsgarantie vereinbart, die nicht lediglich eine weitere Veränderung der röntgenologisch sichtbaren Beeinträchtigung der Gelenksstruktur, sondern gerade auch deren mögliche Folge einer "Lahmheit" des Springpferdes wegen Spatbildung einschloss. Das geht aus dem Zweck des Vertrages, nämlich dem Kauf eines im hochklassigen Bereich wettbewerbstauglichen Springpferdes, aus dem Wortlaut der Garantieklausel und nicht zuletzt aus den Erläuterungen des Zeugen Dr. H... zum Anlass der Vereinbarung hervor. Dieser Zeuge hatte zu der Vereinbarung einer Garantie wegen der möglichen Folgen der Knochenauftreibung im Gelenk geraten. Das ist durch die Aussage des Zeugen R... bestätigt worden. Einer weiteren Glaubwürdigkeitsüberprüfung des Senats bedarf es deshalb nicht. Die Richtigkeit dieses Punktes der Angaben des Zeugen Dr. H... wird schließlich durch den Kontext der vertraglichen Vereinbarung einer Ankaufuntersuchung mit der Garantieklausel im Vertrag belegt.

b) Der Garantiefall ist eingetreten.

Die Untersuchung durch Dr. H... vor dem Kaufvertrag hatte ergeben, dass eine Lahmheit zu jener Zeit nicht vorlag (Bl. 130 a.E. GA). Später waren in der Tierklinik B... M... erhebliche Taktunreinheiten aufgetreten; das ist durch Vorlage der tierärztlichen Bescheinigung des untersuchenden Tierarztes Dr. N... durch die Beklagte substantiiert dargetan (Bl. 177, 266 GA) und belegt worden. Es ist auch hinsichtlich der (Befund-) Tatsache des Erkennens von Taktunreinheiten bei der Untersuchung durch Dr. N... vom Kläger nicht oder jedenfalls nicht substantiiert bestritten worden. Die Behauptung, Dr. N... habe die von ihm attestierte Taktunreinheit (Bl. 64-1 GA) tatsächlich nicht gesehen oder eine solche habe zu jenem Zeitpunkt nicht vorgelegen, ist vom Kläger nicht aufgestellt worden.

Der Kläger stellt vielmehr die Abweichung des röntgenologischen Befundes von einer geringgradigen Verengung der Intertarsalgelenkspalten zur Zeit der Ankaufsuntersuchung zu einer mittelgradigen Verengung bei der Untersuchung durch der Tierarzt Dr. N... in Frage und bestreitet auf dieser Tatsachengrundlage das wertend zu ermittelnde Beurteilungsergebnis des Wegfalls der Eignung des Pferdes Cecilie als Turnierspringpferd. Darauf kommt es indes bei zutreffender Auslegung der Garantievereinbarung nicht an, weil schon die am 18. November 2002 vorliegende Taktunreinheit den Garantiefall auslöst. Auch die Wertungsfrage der heutigen Eignung des Pferdes zur Turnierteilnahme ist - zumal bei einem variierenden Schmerzbefund zu Beginn einer Spaterkrankung - unerheblich.

Die Garantie umfasst bereits den Aspekt, dass sich "Taktunreinheiten" ergeben könnten. Das ist auch mit Blick auf die Ausführungen des Zeugen Dr. H... anzunehmen, der nach seiner Darstellung dem Zeugen R... erklärt hatte, aus dem damals röntgenologisch sichtbaren Befund der Knochenauftreibung könne sich möglicherweise eine Lahmheit ergeben. Dies müsse aber nicht notwendigerweise geschehen; es gehe auch oft gut (Bl. 161 GA). Dies war der Grund dafür, dass Dr. H... zur Vereinbarung einer Garantie riet (Bl. 163, 164 a.E. GA), die von den Parteien - deshalb - auch vereinbart wurde.

Steht fest, dass ein vom Garantiegegenstand der Haltbarkeitsgarantie erfasster Mangel, hier die Taktunreinheit bei der Untersuchung durch Dr. N..., während der Garantiefrist aufgetreten ist, dann gilt gemäß § 443 Abs. 2 BGB auch die Vermutung dafür, dass ein Garantiefall vorliegt. Garantiefall ist nämlich die Situation, die nach dem Inhalt der Garantie nicht eintreten sollte. Lahmheitssymptome bei dem Pferd Cecilia ("Taktunreinheiten") traten erst nach dem Vertragsschluss auf. Schon damit ist der Garantiefall eingetreten, ohne dass es auf Veränderungen im Röntgenbild des Gelenkes ankäme, auf die der Kläger auch im Berufungsrechtszug abhebt (Bl. 249, 258 GA). Eine Begutachtung des derzeitigen röntgenologischen Befundes ist deshalb entbehrlich. Sie könnte auch nachträglich das Vorliegen früherer Taktunreinheiten nicht belegen oder widerlegen, weil ein Schmerz als Folge einer Knochenauftreibung nicht konstant vorhanden ist. Der angebotene Sachverständigenbeweis ist insoweit sogar ein ungeeignetes Beweismittel zur Feststellung des früheren Vorliegens bestimmter Symptome.

c) Dem Käufer stehen "im Garantiefall unbeschadet der gesetzlichen Ansprüche die Rechte aus der Garantie zu" (§ 443 Abs. 1 BGB). Übernimmt der Verkäufer eine Haltbarkeitsgarantie, ohne besondere Rechte des Käufers für den Garantiefall zu nennen, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass er dem Käufer alle gesetzliche Mängelrechte (§ 437 BGB) auch für den Garantiefall einräumen wollte (BT-Drucks. 14/6040 S. 239). Dazu gehört das Recht zum Rücktritt vom Vertrag, der von der Beklagten wirksam ausgeübt worden ist mit der Folge, dass der Kaufpreisanspruch des Klägers entfällt.

2. Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist begründet.

Infolge des Eintritts des Garantiefalls kann die Beklagte nicht nur den Rücktritt vom Kaufvertrag, sondern zugleich auch Schadensersatz geltend machen (§§ 443, 437 Nr. 2, 3, 311a, 280, 281 BGB n.F.). Der Schadensersatzanspruch ist, soweit er nicht bereits vom Landgericht hinsichtlich der Unterbringungs- und Pflegekosten u.a. zutreffend zuerkannt wurde, auch in dem weitergehenden Umfang von 3.490 Euro gerechtfertigt, der noch Gegenstand der Anschlussberufung ist, nachdem diese teilweise zurückgenommen wurde.

Die Herabsetzung der Unterbringungskosten von 15,05 Euro auf nur noch 5 Euro täglich für die Zeit vom 21. November 2002 bis zum 10. Februar 2004 (446 Tage) durch das Landgericht, weil die tierärztliche Untersuchung ergeben habe, dass das Pferd nicht mehr springtauglich sei, geht am tatsächlichen Bedarf vorbei. Die Absetzung von weiteren Unterbringungskosten in Höhe von 523,60 Euro mit der Begründung, dass Belege nicht beigebracht seien, geht gleichfalls fehl, da diese Kosten mangels existierender Belege nach § 287 ZPO zu bestimmen sind.

Soweit nicht ohnehin Unterbringungs- und Versorgungskosten durch Belege positiv nachgewiesen sind (3.060 Euro abzüglich der aufgrund einer Schätzung mit 5 Euro pro Tag zuerkannten 900 Euro = 2.160 Euro), schätzt der Senat im Einklang mit dem Vorbringen der Beklagten, die durch Teilrücknahme der Berufung insoweit eine geringere Obergrenze des Tagessatzes hinnimmt, die Kosten auf 10 Euro pro Tag (anstelle zuerkannter 5 Euro pro Tag) im verbleibenden Zeitraum vom 22. Mai 2003 bis zum 10. Februar 2004 (266 Tage); das sind 1.330 Euro. Der Betrag von 10 Euro pro Tag liegt unter den nachgewiesenen Kosten einer Fremdunterbringung.

Hiernach ist die Anschlussberufung im verbleibenden Umfang (2.160 Euro + 1.330 Euro = 3.490 Euro) insgesamt begründet. Die Teilabweisung der Widerklage durch das Landgericht entfällt.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 ZPO. Zwar wären im Umfang der teilweisen Zurücknahme der Anschlussberufung durch die Beklagte dieser gemäß § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO die Kosten aufzuerlegen; doch ist es bei einer nur teilweiser Zurücknahme des Rechtsmittels, die zur Vermeidung einer weiteren Beweisaufnahme auch aus Gründen der Prozessökonomie erfolgt, gerechtfertigt, auf den gesamten Kostenausspruch den Maßstab des § 92 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO anzulegen. § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO regelt nämlich nur den Fall der vollständigen Berufungsrücknahme ausdrücklich. Er steht deshalb im Fall der Teilrücknahme einer Anwendung der §§ 97, 92 Abs. 2 ZPO nicht zwingend entgegen. Nach beiden Alternativen des § 92 Abs. 2 ZPO ist es hier gerechtfertigt, von einer Beteiligung der Beklagten an den Kosten in geringem Umfang abzusehen. Der Umfang der Teilrücknahme der Berufung fällt mit Blick auf den Gesamtstreitwert nicht erheblich ins Gewicht (vgl. unten III.4.). Zudem geht es um die Bestimmung des Schadensumfangs nach § 287 ZPO.

2. Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegt.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird für die Zeit bis zum 29. August 2005 auf 17.577,19 Euro festgesetzt (vgl. Bl. 245 GA), danach auf 16.506,07 Euro.

Ende der Entscheidung

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