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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 04.10.2005
Aktenzeichen: 12 U 1114/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 66
ZPO § 67
ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Die Einwilligung des Verletzten in die Rechtsgutsbeeinträchtigung beim Unfall ist als Rechtfertigungsgrund vom Schädiger darzutun und zu beweisen. Der Beweis der Einwilligung in die Fahrzeugbeschädigung kann dann als geführt angesehen werden, wenn sich eine Häufung von Umständen findet, die darauf hindeuten. Unerheblich ist dabei, ob diese Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können. Ausschlaggebend ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweise, bei der aus einer Indizienkette auf eine planmäßige Vorbereitung und Herbeiführung des vermeintlichen Unfalls geschlossen werden kann.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 U 1114/04

Verkündet am 04.10.2005

in dem Rechtsstreit

wegen eines Schadensersatzanspruches aus einem Verkehrsunfall.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes, die Richterin am Oberlandesgericht Frey und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschelbach auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 26. Juli 2004 abgeändert. Die Kläger werden mit der Klage abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Rechtsstreit betrifft die Frage des Vorliegens eines gestellten Unfalls. Das Schadensereignis soll sich am 19. August 2002 gegen 08.30 Uhr auf dem Betriebshof des Erstbeklagten in D..., der einen Handel mit Lkw und Bussen betreibt, ereignet haben. Dort parkte der Kläger zu 2) nach dem klägerischen Vorbringen den im Eigentum der Kläger als Gesellschafter bürgerlichen Rechts stehenden Pkw Audi A 4 TDI in der Nähe einer Halle. Den Pkw hatten die Kläger am 12. Dezember 2001 als Neufahrzeug für 33.438,50 Euro gekauft. Der Erstbeklagte, ein Schwager des Klägers zu 2), soll mit einem am 11. Mai 1987 erstmals zugelassenen Lkw des Fabrikats MAN Typ 12170 F rückwärts aus der Fahrzeughalle gefahren, vom Kupplungspedal abgerutscht sein und dadurch den hinter dem zurückrollenden Lkw nahezu im rechten Winkel dazu stehenden Pkw u.a. an beiden Türen der linken Fahrzeugseite beschädigt haben. Die Kläger haben die Beklagten deshalb als Gesamtschuldner auf Ersatz eines Sachschadens von 10.861,32 Euro nebst Zinsen in Anspruch genommen. Der auf Gutachtenbasis geltend gemachte Schaden umfasst Reparaturkosten von 8.513,82 Euro, einen merkantilen Minderwert von 1.500 Euro, Sachverständigenkosten von 828 Euro sowie pauschale Unkosten von 20 Euro.

Die Beklagten haben die Abweisung der Klage beantragt, die Aktivlegitimation der Kläger bestritten und behauptet, der Unfall sei tatsächlich mit dem Erstbeklagten verabredet gewesen. Das folge aus einer Reihe von Indizien. Erstmals in der Klageschrift sei - das ist für sich genommen unstreitig - offenbart worden, dass der Erstbeklagte der Schwager des Klägers zu 2) ist; das sei in der vorgerichtlichen Schadenskorrespondenz verschwiegen worden. Für den Unfall zur Geschäftszeit seien keine Dritten als Zeugen verfügbar; die diesbezügliche Frage sei im Formular zur Schadensanzeige nicht beantwortet worden. Es falle aber auf, dass zur besten Arbeitszeit keine Zeugen des Unfalls auf dem Betriebsgelände des Erstbeklagten anwesend gewesen seien. Das angebliche Abrutschen des Erstbeklagten vom Kupplungspedal erscheine unglaubhaft. Davon sei zwar in der Schadensmeldung die Rede gewesen, in einem späteren Schreiben des Erstbeklagten mit handgefertigter Skizze (Bl. 32 GA) aber nicht mehr. Der Pkw Audi A4 sei unrepariert verkauft worden und habe nicht mehr für eine Nachbesichtigung zur Verfügung gestanden, weil der Erwerber sich in nicht nachvollziehbarer Weise geweigert habe, dies zu gestatten. Der vorher schon an allen Seiten beschädigte Lkw sei bei einer Laufleistung von 572.362 km ein geeignetes Werkzeug für einen manipulierten Unfall. Auffällig sei zudem, dass der Lkw zur Unfallzeit nur mit einem Kurzzeitkennzeichen zugelassen gewesen sei; daher sei für den Erstbeklagten kein Verlust des Schadensfreiheitsrabatts zu befürchten gewesen. Warum der vom Erstbeklagten angekaufte Lkw nicht regulär angemeldet und zugelassen worden sei, ferner warum er mit dem Kurzzeitkennzeichen befristet vom 16. August 2002 bis zum 20. August 2002 in Betrieb genommen worden sei, sei nicht nachvollziehbar. An der linken Fahrzeugseite des Audi A4 seien Altschäden unter der Zierleiste in einer Höhe von 40 cm vorhanden gewesen, die bei einer Höhe hervorstehender rückwärtiger Anbauteile des Lkws von 65cm nicht zu den Schäden am Pkw passten. Der Altschaden sei im Schadensgutachten mitkalkuliert worden, weil die Kläger den Sachverständigen nicht darauf hingewiesen hätten.

Das Landgericht hat den Erstbeklagten als Partei angehört und auch förmlich als Partei vernommen. Es hat ferner ein Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. B... eingeholt. Auf dieser Grundlage hat es der Klage durch Urteil vom 26.7.2004 stattgegeben. Es hat angenommen, die Eigentümerstellung der Kläger sei durch eine Bescheinigung des Steuerberaters nachgewiesen, wonach das Fahrzeug zum Betriebsvermögen ihrer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gehöre. Ein gestellter Unfall sei jedoch nicht bewiesen. Aufgrund der Vernehmung des Erstbeklagten als Partei sei von einem nicht vorher mit dem Kläger zu 2) abgesprochenen Unfall auszugehen. Es fehle an zureichenden Anhaltspunkten für eine solche Manipulation. Aus dem anhand von Fotos erstellten Gutachten des Sachverständigen B... ergebe sich, dass die Beschädigungen an dem Audi A4 durchaus zu dem Heckprofil des Lkws passen könnten, da der Aufprall auf die Seite zu einer Kippbewegung des Pkws geführt hätte und dann mit der äußeren Form des Lkw-Hecks in Einklang zu bringen sei. Das werde auch nicht durch die Ausführungen in dem von der Zweitbeklagten beigebrachten Privatgutachten des Sachverständigen L... in Frage gestellt. Danach sei nicht anzunehmen, dass die Schäden an der linken Seite des Pkws entgegen dem Klägervortrag durch zwei Einwirkungen entstanden sein müssten. Für die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens sei kein Raum. Die anderen Indizien seien nicht ausreichend zur sicheren Feststellung einer Abrede über die vorsätzliche Beschädigung des Pkws. Nach familiären Bindungen zwischen den Klägern und dem Erstbeklagten sei nicht gefragt gewesen; daher könne aus der Nichterwähnung der Schwägerschaft zwischen dem Kläger zu 2) und dem Erstbeklagten kein Schluss auf eine Manipulation gezogen werden. Das Fehlen neutraler Zeugen am Ort des Geschehens sei Zufall. Das vom Erstbeklagten als Unfallursache behauptete Abrutschen vom Kupplungspedal könne auch einem geübten Fahrer unterlaufen. Die Abwehrhaltung eines Dritten gegenüber einer Nachbesichtigung des unfallbeschädigten Pkws könne den Klägern nicht zugerechnet werden. Auch die kurzfristige Zulassung des Lkws durch den Erstbeklagten spreche nicht schon ausreichend für eine Manipulation.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, wobei der Erstbeklagte im Rahmen einer Nebenintervention der Zweitbeklagten von dieser als Streithelferin mit vertreten wird. Ziel des Rechtsmittels ist die Herbeiführung der Klageabweisung, hilfsweise die Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Bemängelt wird von den Beklagten vor allem, dass das Landgericht die Indizien für einen verabredeten Unfall einzeln ausgeschlossen und nicht in einer Gesamtschau gewürdigt habe. Zudem seien einzelne Indizien schon für sich genommen fehlerhaft gedeutet worden. Der Weiterverkauf des Audi A4 an einen Dritten, der alsdann eine Nachbesichtigung verwehrt habe, sei durchaus aussagekräftig, zumal der Fahrzeugkäufer den Beruf des Fahrzeuglackierers erlernt habe und deshalb Schäden preisgünstig selbst habe beheben können. Die Kläger hätten nach dem Anwaltsschriftsatz vom 5. August 2003 Kenntnis über die Gründe der Weigerungshaltung des Pkw-Käufers gegenüber einer Nachbesichtigung des Fahrzeugs durch Mitarbeiter der Zweitbeklagten gehabt, so dass auch aus diesem Grunde ein vorheriger Kontakt der Klägerseite mit diesem anzunehmen sei. Das Fehlen neutraler Zeugen des angeblichen Unfalls zur Geschäftszeit auf einem Betriebshof des Erstbeklagten sei entgegen der Ansicht des Landgerichts ein markantes Indiz. Zu beanstanden sei schließlich das Gutachten des technischen Sachverständigen Dipl. Ing. B.... Dieser habe weder die beteiligten Fahrzeuge noch die fragliche Örtlichkeit selbst gesehen. Er habe seine Rekonstruktionsüberlegungen nicht anhand von Vergleichsfahrzeugen vorgenommen. Ausreichende Unterlagen habe er nicht angefordert, um daraus Befundtatsachen zu gewinnen. Dies alles gebiete die Einholung des Gutachtens eines weiteren Sachverständigen. Das Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing B... sei aber auch inhaltlich unzutreffend. Beschädigungen an dem Audi A4 unterhalb der Zierleiste könnten selbst bei Kippbewegungen infolge des Anstoßes nicht aus dem Anprall des Lkw-Hecks herrühren. Dabei sei es versäumt worden, die Einwirkungen auf den Pkw durch Heckanbauteile des Lkws in Höhe, Richtung, Kontur und Oberfläche zu bestimmen. Ob Farbantragungen übereinstimmten, habe der Sachverständige Dipl. Ing. B... nicht genau überprüfen können. Nach Aktenlage sei nur feststellbar, dass die Farbtöne übereinstimmen; das reiche nicht aus. Dipl. Ing. B... habe an dem Privatgutachten des Dipl. Ing. L... kritisiert, dass die dort angegebenen Maße wegen perspektivischer Verzerrungen unrichtig seien. Er habe aber selbst nicht mit Vergleichsfahrzeugen gearbeitet, um festzustellen, ob wirklich eine perspektivische Verzerrung vorliegen könne. Schließlich beruhe die Annahme, es sei zu einem Verdrehen des Pkws auf der Hochachse gekommen, weil unterschiedliche Eindringtiefen der Schäden am Pkw festzustellen seien, auf einem Zirkelschluss.

Die Beklagten sind der Berufung entgegengetreten. Sie meinen, der Sachverständige habe zu Recht angenommen, eine Rekonstruktion des Geschehens im Detail sei ausgeschlossen; im Groben könne aber angenommen werden, dass der Anstoß des Lkws den Pkw "aus den Federn gehoben" habe, so dass auch der Schaden an der Fahrertür des Pkws dem Anprall des Heckaufbaus des Lkws zuzuordnen sei. Im Übrigen seien die Indizien vom Landgericht zutreffend gewertet worden.

Der Senat hat den Sachverständigen Dipl. Ing. B... ergänzend angehört und den Zeugen Li... vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. September 2005 Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen. Hinsichtlich der Feststellungen des Landgerichts nimmt der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, wobei die Zweitbeklagte auch für den Erstbeklagten alle maßgebenden Prozesshandlungen als Streithelferin nach § 66, 67 ZPO wirksam vornehmen kann (vgl. OLG Hamm OLG-Report Hamm 2001, 58, 61). Das angefochtene Urteil ist dahin abzuändern, dass die Kläger mit der Klage abzuweisen sind. Sie haben keinen Anspruch auf Ersatz ihrer materiellen Schäden aufgrund der Beschädigung des Pkw Audi A 4. Auszugehen ist dabei von dem Grundsatz, dass demjenigen, der in die Schädigung seines Rechtsgutes durch einen anderen einwilligt, kein ersatzfähiges Unrecht geschieht (BGHZ 71, 339, 340; OLG Jena OLG-Report Jena 2002, 199, 200 f.; ). Dieser Grundsatz gilt erst recht für den Bereich der Gefährdungshaftung. Hat der Kläger zu 2) die Beschädigung des Fahrzeugs mit dem Erstbeklagten, seinem Schwager, vereinbart, so muss sich dies auch der Kläger zu 1) zurechnen lassen (vgl. OLG Hamm VersR 2002, 700, 701).

1. Es greift nach der Überzeugung des Senats der Rechtfertigungsgrund der Einwilligung ein.

Dabei haben die Kläger zunächst den äußeren Tatbestand der Rechtsgutverletzung zu beweisen. Dieser ist aber, jedenfalls soweit es sich um die bloße Kollision handelt, unstreitig. Der beklagte Versicherer wendet vor allem ein, die Kläger seien mit dieser Verletzung ihres Rechtsguts einverstanden gewesen. Die Einwilligung des Verletzten ist aber als Rechtfertigungsgrund nach allgemeiner Meinung vom Schädiger darzutun und zu beweisen (BGHZ 71, 339, 345). Ein Anscheinsbeweis für die betrügerische Vortäuschung eines Unfallgeschehens, die die Rechtswidrigkeit der Schädigung ausschlösse, ist nur in Ausnahmefällen denkbar; er kann sich aber aus einer Häufung von Anzeichen ergeben, die auf eine Manipulation hindeuten. Es liegt im Wesen der Unfallmanipulation, dass die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit eines unbeabsichtigten Schadensereignisses offen bleiben soll. Damit wäre die Entkräftung eines etwaigen Anscheins gewissermaßen "eingebaut". Die Häufung von Beweisanzeichen für eine Manipulation kann also vor allem der unmittelbaren Überzeugungsbildung des Tatrichters dahin dienen, dass eine solche vorliegt. Gerade in Fällen der vorliegenden Art muss der Tatrichter sich indes bewusst sein, dass eine Überzeugungsbildung nicht immer eine mathematisch lückenlose Gewissheit voraussetzt (vgl. BGHZ 71, 339, 346); das gilt freilich in Richtung auf beide möglichen Beweisergebnisse.

Der Beweis der Einwilligung in die Fahrzeugbeschädigung kann dann als geführt angesehen werden, wenn sich eine Häufung von Umständen findet, die darauf hindeuten. Unerheblich ist dabei, ob diese Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können. Ausschlaggebend ist vielmehr eine Gesamtwürdigung alles Tatsachen und Beweise, bei der aus einer Indizienkette auf eine planmäßige Vorbereitung und Herbeiführung des vermeintlichen Unfalls geschlossen werden kann (vgl. OLG Celle OLG-Report Celle 2003, 208 f.; 2004, 175, 176 ff. und 2004, 328, 329 f.; OLG Frankfurt ZfSch 20004, 501, 502 ff.; OLG Hamm OLG-Report Hamm 201, 58, 59 f.; VersR 2002, 700 f. und ZfSch 2004, 68 f.; OLG Köln Schaden-Praxis 2004, 118, 119; im Einzelfall nur im Ergebnis anders PfzOLG Zweibrücken OLG-Report Zweibrücken 2005, 98 ff.).

2. So liegt es hier.

a) Der Schaden entstand durch einen Anstoß des zurücksetzenden Lkws gegen den stehenden Pkw. Dieser Schadenshergang ließ sich leicht steuern. Dabei entstanden für den Führer des Lkws keine nennenswerten gesundheitlichen Risiken. Zugleich aber konnte ein hoher Schaden verursacht werden. Außerdem brauchte bei der eindeutigen Schuldzuweisung nicht mit einer Anspruchskürzung durch den Einwand von Mitverschulden oder mitwirkende Betriebsgefahr gerechnet zu werden (vgl. OLG Hamm OLG-Report Hamm 2001, 58, 60 und VersR 2002, 700 f.).

b) Der vom Erstbeklagten geschilderte Schadenshergang ist als unbeabsichtigtes Geschehen nicht nachvollziehbar und so ungewöhnlich, dass er mit einem unabsichtlichen Fehlverhalten eines Kraftfahrers nicht in Einklang zu bringen ist (vgl. OLG Köln OLG-Report Köln 2000, 272, 273 f.).

Der Erstbeklagte hat ausgeführt (Bl. 127 f. GA), dass er sich am Unfalltag ein rotes Kennzeichen geholt und dies am Lkw angebracht habe, weil er diesen einem Kunden habe vorführen wollen. Es sei hektisch zugegangen, weil "wir die Fahrzeuge auf die Homepage stellen wollten und deshalb rangiert und alles ordentlich hingestellt hatten." Dann habe er den Lkw rückwärts aus der Halle herausgefahren und vor dem Hallentor kurz angehalten, um das elektrisch betriebene Tor mit Hilfe einer Kette zu schließen. Dann sei er weiter rückwärts gefahren, um alsdann vorwärts fahrend wenden und alsdann in die Strasse, die neben der rechtswinklig zur Fahrzeughalle verläuft, einbiegen zu können. Bei dem erneuten Zurücksetzen sei er von der Kupplung abgerutscht. Dadurch sei der Lkw auf den zur Zeit des erneuten Anfahrens etwa drei Meter entfernten Pkws geprallt. Dies habe er im Rückspiegel beobachtet.

Dieser Ablauf ist schon mit Blick auf die vom Erstbeklagten angegebene und wiederholt skizzierte (Bl. 130, 32 GA) Fahrtrichtung nicht verständlich. Er ist danach zunächst parallel zur Straße, auf die er letztlich auffahren wollte, in gerader Richtung auf das für ihn erkennbar dort geparkte Fahrzeug der Kläger zurückgefahren, um anschließend vorwärts einen 270 Grad-Bogen zu fahren (vgl. die Skizze des Erstbeklagten in Bl. 130 GA). Das anfängliche Zurücksetzen in gerader Richtung anstelle eines alsbaldigen Lenkradeinschlags war weder erforderlich noch sachdienlich, wenn der Erstbeklagte auf die Strasse fahren wollte, die er nach seiner Darstellung erst durch ein umständliches Wendemanöver mit einem 270 Grad-Bogen erreichen konnte. Dazu hätte er also letztlich fast einen Vollkreis fahren müssen, den er durch das geradlinige Zurücksetzen in Richtung auf den Pkw nicht einmal eingeleitet hatte; das leuchtet nicht als normales Fahrmanöver ein. Das geradlinige Zurücksetzen genau in Richtung auf den rechtwinklig hinter dem Lkw stehenden Pkw ist vielmehr als eine Fahrtausrichtung mit dem Ziel, den Pkw zu beschädigen, zu erklären.

Auch die Hintergründe des Kerngeschehens sind nicht verständlich. Ein vorheriges Aufstellen der zum Unternehmen des Erstbeklagten gehörenden Fahrzeuge, um sie für die (nirgends dokumentierte) "Homepage" darzustellen, ist nicht plausibel, wenn der Erstbeklagte nach dem Klägervortrag sein Unternehmen alleine und ohne jegliche Mitarbeiter betreibt. Dann ist ein hektisches Rangieren dieser Fahrzeuge, um anschließend das Gelände zu verlassen und einem Kunden den betagten Gebraucht-Lkw vorzuführen, nicht verständlich. Wer die Maßnahmen vollzogen haben soll ("wir"), bleibt offen. Wo sich zu jener Zeit der Kläger zu 2) befand, der den Pkw auf dem Betriebsgelände abgestellt haben soll, ist nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund erlangt auch die Tatsache, dass keine Augenzeugen des behaupteten Geschehens verfügbar waren und auch der Kläger zu 2) nicht angibt, etwa eigene Beobachtungen angestellt zu haben, als Einzelindiz eine erhöhte Beweisbedeutung.

Mit Blick auf die Ungereimtheiten in der Ablaufschilderung gewinnt ferner die Kuriosität der Behauptung, der Unfall sei durch Abrutschen von der Kupplung beim erneuten Zurücksetzen, besonderes Beweisgewicht. Mag auch ein Abrutschen von der Kupplung für sich genommen als versehentlicher Fahrfehler erklärbar sein, so fällt es doch wesentlich schwerer an ein Versehen zu glauben, wenn die dabei gewählte Fahrtrichtung mit dem behaupteten Zweck der Fahrt nicht vereinbart werden kann und ein eher unverständliches Wendemanöver darstellt, das fast einen Vollkreis ergeben hätte.

In dieses Bild passt ferner, dass auch für das Abstellen des Pkws der Kläger als erstes Fahrzeug in einer Reihe von rechtwinklig zur Straßenfront und quer zur Hallenausfahrt abgestellten Fahrzeugen ein plausibler Grund im gesamten Prozess nicht angegeben wurde. Warum die Kläger ihr Fahrzeug dorthin verbracht hatten, wann und von wem es dort in dieser exponierten Position abgestellt worden war, bleibt unklar. Ob der Kläger zu 2) als Schwager des Erstbeklagten sich in der Nähe aufhielt oder zu einem früheren Zeitpunkt das Fahrzeug dem Erstbeklagten überlassen hatte, ist nicht erläutert worden. Damit bleibt auch möglich, dass der Erstbeklagte den Pkw im Rahmen der Rangiermanöver selbst in die bei der Kollision vorhandene exponierte Position gebracht hatte. Das lässt sich auch nicht in einen Zusammenhang mit der angeblichen Absicht des Erstbeklagten bringen, seine eigenen Fahrzeuge für eine Internetabbildung vor der Halle aufzureihen.

c) In der Gesamtschau mit den markanten Umständen des behaupteten Unfallablaufs zu sehen ist auch die Tatsache, dass der Lkw sich als Unfall verursachendes Fahrzeug in idealtypischer Weise für eine Manipulation eignete. Er war alt und rundum bereits leicht beschädigt. Der Anstoß mit seinem Heckanbau an das quer stehende andere Fahrzeug konnte keinen besonderen Wert mindernden Schaden am Lkw hervorrufen. Dieser war zudem nur mit einem Kurzzeitkennzeichen für drei Tage zugelassen, so dass ein Verlust des Schadensfreiheitsrabatts im Haftpflichtfall nicht zu befürchten war.

Auch der Pkw der Kläger ist als hochwertiges Fahrzeug in typischer Weise für einen Manipulationsfall geeignet. Freilich lässt sich nicht feststellen, dass Vorschäden vorhanden waren, deren Einbeziehung in die Abwicklung des neuen Schadens ein besonders markantes Indiz für eine Manipulation gewesen wäre. Indes war auch dieses relativ neue Fahrzeug der gehobenen Klasse geeignet, eine profitabel erscheinende Abwicklung anzustreben. Das zeigt sich bereits in den Differenzen bei der Schadensermittlung durch Sachverständige. Der Sachverständige G... hat Reparaturkosten von 8.513,82 Euro netto (9.876,03 Euro brutto) und eine Wertminderung von 1.500 Euro veranschlagt. Der von der Zweitbeklagten beauftragte Sachverständige Dipl. Ing. L... hat Reparaturkosten von 6.211,79 Euro netto (7.205,68 Euro brutto) und eine Wertminderung von 1.200 Euro für ausreichend erachtet. Mag auch beides noch vertretbar erscheinen, so zeigt die Differenz der möglichen Ansatzpunkte für eine Abrechnung auf Gutachtenbasis doch an, dass Möglichkeiten für eine profitable Verwertung des beschädigten Pkws bestanden haben.

Vor diesem Hintergrund ist in der Gesamtschau der Indizien auch zu berücksichtigen, dass der Verkauf des unreparierten Fahrzeugs und die Abrechnung auf Gutachtenbasis in der Rechtsprechung als Indiz für einen manipulierten Unfall gewertet wird (OLG Frankfurt ZfSch 2004, 501, 503; OLG Hamm ZfSch 2004, 68, 69; OLG Köln Schaden-Praxis 2004, 118, 119). Hinzu kommt schon durch den Fahrzeugverkauf im unreparierten Zustand vor der - den Klägern als Kfz-Sachverständigen geläufigen - Schadensregulierung durch den Haftpflichtversicherer, dass jedenfalls objektiv der Versuch einer Nachbesichtigung des Fahrzeugs durch Sachverständige, die die Zweitbeklagte einschalten wollte, nicht möglich war und bereits durch den Verkauf erschwert wurde. Der Zweitbeklagten blieb es überlassen, den Verbleib des Fahrzeugs selbst zu klären.

Der Senat verkennt nicht, dass in diesem Zusammenhang wiederum alle Details für sich genommen als eher neutrale Umstände erklärt werden können. Die Vermutung, dass sich Verkäufer und Käufer des Fahrzeugverkaufs kannten, ist unbestätigt geblieben. Auch dass der Käufer nunmehr nachträglich dazu bereit sein mag, eine Nachbesichtigung doch noch zuzulassen, gegen die er sich nach der Aussage des Zeugen Li... zunächst ausgesprochen hatte, ist hinzunehmen. Das mindert das Beweisgewicht der in die Gesamtschau einzustellenden Indizien, hebt deren Aussagekraft aber nicht vollkommen auf. Die Veräußerung des Fahrzeugs im unreparierten Zustand, die Abrechnung auf Gutachtenbasis und das praktische Fehlschlagen eines Versuchs des in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherers des angeblichen Schädigers, das unrepariert verkaufte Fahrzeug nachträglich zu überprüfen, sind auch vor dem Hintergrund der genannten Relativierungen des Beweisgewichts immer noch Indizien, die tendenziell auf eine Manipulation hindeuten. Für sich genommen könnten sie deren Feststellung zwar nicht tragen. In der Gesamtschau mit den Ungereimtheiten der Ablaufdarstellung erlangen sie aber eine ausreichende Aussagekraft.

3. Bei der genannten auffälligen Häufung manipulationstypischer Indizien wird der sich hieraus ergebende Anscheinsbeweis für einen gestellten Unfall (vgl. OLG Celle OLG-Report Celle 2004, 175 ff.) nicht dadurch erschüttert, dass die Schäden an den beteiligten Fahrzeugen kompatibel sind (vgl. HansOLG Bremen VersR 2003, 1553, 1554). Daher nimmt der Senat auch die Behauptung der Kläger hin, dass die Schäden an ihrem Pkw mit einem einmaligen Aufprall der Heckanbauteile des Lkws erklärbar sind. Das ist nach dem Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. B... nicht zu widerlegen. Damit entfällt aber nur ein Einzelindiz, ohne dass die Indizienkette aufgrund der übrigen Umstände reißt.

Die restlichen Indizien genügen zum Nachweis der Manipulation:

Der Grund des exponierten Abstellens des Pkws, die zum anschließenden Auffahren auf die Strasse ungeeignete Fahrtrichtung des Lkws beim Zurückstoßen in zwei Etappen, das für einen normalen Verkehrsvorgang ungewöhnliche Abrutschen des Erstbeklagten vom Kupplungspedal bei der zweiten Etappe des Annäherns an den sichtbar hinter dem Lkw stehenden Pkw, die Manipulationseignung des Lkws mit kurzzeitiger Zulassung, der Pkw-Verkauf im unreparierten Zustand objektiv ohne nachträgliche Nachbesichtigungsmöglichkeit für die Zweitbeklagte, das Anstreben einer Schadensregulierung auf Gutachtenbasis und schließlich die erstmals im Prozess offen gelegte familiäre Verbindung zwischen dem Erstbeklagten und dem Kläger zu 2), die auch den Hintergrund dafür bildet, dass die Polizei nicht hinzugezogen wurde, und das Fehlen neutraler Zeugen sind zusammen genommen Indizien, die bei einer Gesamtbewertung den sicheren Schluss auf eine Unfallmanipulation tragen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, zumal der beweisrechtliche Ansatz höchstrichterlich geklärt ist (BGHZ 71, 399 ff.).

Der Streitwert für das vorliegende Berufungsverfahren beträgt 10.861,32 Euro.

Ende der Entscheidung

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