Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 26.11.2007
Aktenzeichen: 12 U 1452/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 440 Abs. 2
ZPO § 580 Nr. 7
ZPO § 580 Nr. 7 Buchst. b
Die Wiederaufnahme findet statt, wenn die Partei eine andere Urkunde auffindet, oder zu benutzen in den stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Auf Urkunden, die nur in Verbindung mit anderen im Erstverfahren nicht vorgebrachten Beweismitteln zu einer für den Restitutionskläger günstigeren Entscheidung führen können, kann die Restitutionsklage nicht gestützt werden.

Die Restitutionsklage ist nicht begründet, wenn die Urkunde in Verbindung mit dem zu berücksictigenden Prozessstoff keinen urkundlichen Beweiswert hat, sondern nur Anlass geben kann, ergänzend Zeugen oder Sachverständige zu vernehmen. Nur eine Urkunde, die für sich allein oder in Verbindung mit den Beweisergebnissen des Erstverfahrens dem angegriffenen Urteil eine tragende Stütze nimmt, kann einen ausreichenden Restitutionsgrund bilden.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 U 1452/06

Verkündet am 26.11.2007,

in dem Rechtsstreit

wegen eines Anspruches aufgrund eines abstrakten Schuldanerkenntnisses;

hier: Restitutionsklage gegen das Berufungsurteil des Senats vom 10. Juli 2006 - 12 U 658/05.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes, die Richterin am Oberlandesgericht Frey und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschelbach

auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Restitutionsklage gegen das Berufungsurteil des Senats vom 10. Juli 2006 - 12 U 658/05 - wird abgewiesen.

Die Kosten des Restitutionsverfahrens hat der Restitutionskläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Resitutionskläger erstrebt die Wiederaufnahme des Verfahrens, das durch das Berufungsurteil des Senats vom 10. Juli 2006 - 12 U 658/05 - rechtskräftig beendet wurde.

Im Erstverfahren haben die Parteien um Ansprüche des Restitutionsklägers aus zwei Schuldscheinen, die vom 30. Juni 1997 und 10. Mai 1998 datieren und über Beträge von 27.860 DM sowie 10.620 DM nebst Zinsen lauten, gestritten. Nach dem Vortrag des Restitutionsklägers im Erstverfahren hatte es sich um Geldbeträge gehandelt, die er dem Restitutionsbeklagten aufgrund des freundschaftlichen Verhältnisses zur Verfügung gestellt habe, um diesem angesichts seiner Zahlungsschwierigkeiten auszuhelfen, so etwa bei der Begleichung hoher Telefonrechnungen, die nach dem Vortrag des Restitutionsbeklagten aber der Restitutionskläger selbst durch die Benutzung seines Mobiltelefons verursacht gehabt habe. Die Schuldscheine seien, so hatte der Restitutionskläger im Erstprozess zunächst behauptet, am 30. Juni 1997 und 10. Mai 1998 jeweils im Beisein von C.S., der Schwiegermutter des Restitutionsbeklagten und Lebensgefährtin des Restitutionsklägers, durch die Ehefrau des Restitutionsbeklagten M.L. angefertigt und vom Restitutionsbeklagten unterzeichnet worden. Darauf hatte der Restitutionsbeklagte (unter umgekehrtem Rubrum im Schriftsatz) vorgetragen, der Restitutionskläger sei von Ende 1997 bis Ende Juli 1998 in Portugal gewesen und könne nicht am 10. Mai 1998 in seiner (des Restitutionsbeklagten) damaligen Wohnung gewesen sein; am 30. Juni 1997 haben bei ihm keine Familienfeier stattgefunden. Nachdem der gerichtlich bestellte graphologische Sachverständige darauf hingewiesen hatte, dass der Schuldschein mit dem jüngeren Datum bei der Unterzeichnung als Schreibunterlage des Schuldscheins mit dem älteren Datum verwendet worden war, hatte der Restitutionskläger im Vorprozess seinen Vortrag dahin geändert, dass die Schuldscheine ursprünglich vom Restitutionsbeklagten selbst angefertigt worden seien, aber zu viele Schreibfehler enthalten hätten; daher seien sie am 10. Juni 1998 anlässlich einer Familienfeier zeitgleich mit der Anfertigung des genannten Abtretungsvertrages von der Ehefrau des Restitutionsbeklagten neu angefertigt und von diesem unterschrieben worden. Dabei habe wohl der Restitutionsbeklagte die Urkunde mit dem jüngeren Datum als Schreibunterlage bei der Unterzeichnung der anderen Urkunde verwendet. Der Restitutionsbeklagte hatte auch den geänderten Vortrag des Restitutionsklägers bestritten.

Die in den Schuldscheinen genannten Geldbeträge waren Hintergrund eines Vertrages vom 10. Juni 1998, mit dem der Beklagte die ihm gegen die E.L. Transport und Tiefbau GmbH zustehenden Forderungen in Höhe der genannten Beträge abgetreten haben soll. Diese umstrittene Abtretung war zumindest wegen fehlender Konkretisierung der abgetretenen Forderungen unwirksam gewesen (AG Hadamar Urt. vom 15. Januar 1999 - 3 C 541/98). Nach dem Vortrag des Restitutionsbeklagten im Erstverfahren hatte es sich bei den Schuldscheinen um Blankettfälschungen gehandelt. Die Blankounterschriften habe der Restitutionskläger von ihm erhalten, weil dieser vor dem Hintergrund einer gemeinsamen Überlegung zum Auswandern nach Portugal damit in seinem Namen bei portugiesischen Behörden habe auftreten wollen.

Das Landgericht hatte der Klage im Vorprozess im Wesentlichen stattgegeben, der Senat hat sie in dem hier angegriffenen Berufungsurteil vom 10. Juli 2006 - 12 U 658/05 - abgewiesen. Der Senat hat dabei angenommen, den Schuldscheinurkunden komme keine besondere Beweiskraft im Sinne von § 440 Abs. 2 ZPO zu, weil äußere Mängel vorlägen. Diese ergäben sich aus der verschiedenartigen Formatierung des Textes der Schuldscheine und des Abtretungsvertrages vom 10. Juni 1998, die angeblich am gleichen Tage von der Ehefrau des Restitutionsbeklagten angefertigt worden sein sollten. Die unprofessionelle Schreibtechnik spreche gegen die Anfertigung der Urkunden als Zweitschriften durch die erfahrene Bürokraft. Die verschiedenartige Gestaltung und Formatierung deute schon darauf hin, dass die Urkunden nicht am selben Tage von der Ehefrau des Restitutionsbeklagten als professioneller Bürokraft angefertigt worden seien. Überdies habe diese als Zeugin auch die Anfertigung der Urkunden in Abrede gestellt. Ferner falle auf, dass der Restitutionsbeklagte in der maschinengeschriebenen Unterschriftenzeile der Urkunden auch mit seinem zweiten Vornamen benannt worden sei, was er selbst sonst nicht praktiziert habe. Eine solche Schreibweise wäre dann aber auch von seiner Ehefrau nicht zu erwarten gewesen. Bei der Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweise sei ferner zu beachten, dass der zuletzt im Rahmen eines wechselnden Parteivorbringens behauptete Vorgang der Ersetzung früher bereits erstellter Schuldscheinurkunden durch Zweitschriften wegen orthographischer Fehler der ursprünglichen Urkunden, deren Verbleib unklar geblieben sei, ungewöhnlich erscheine. Dessen Unglaubhaftigkeit folge ferner daraus, dass der Restitutionskläger selbst ursprünglich die Erstellung der vorgelegten Schuldscheinurkunden an dem jeweils darin benannten Tage behauptet gehabt hatte. Das Vorbringen des Restitutionsklägers zu Daten und Orten sei auch an anderen Stellen immer wieder zeitnah an die jeweilige Prozesslage angepasst worden. Der Vortrag des Restitutionsbeklagten, er habe sich bis Ende Juli 1998 in Portugal aufgehalten, sei vom Restitutionskläger nicht substanziiert bestritten worden, wofür ihn eine sekundäre Darlegungslast treffe. Der vom Landgericht erhobene Zeugenbeweis sei in der Gesamtschau der Auffälligkeiten der Urkundengestaltung, des wechselnden Vortrages des Restitutionsklägers und der Ungewöhnlichkeit des behaupteten Geschehens bei der angeblichen Neuanfertigung früher erstellter Schuldscheinurkunden wegen Schreibfehlern zu bewerten. Die Aussage der Zeugin C.S., die den Vortrag des Restitutionsklägers bestätigt habe, erscheine detailarm und unglaubhaft. Diese Zeugin - Lebensgefährtin des Restitutionsklägers - habe nicht erklären können, wie der Restitutionskläger, der als Frührentner geringe Einnahmen hatte und jedenfalls zeitweilig der Zwangsvollstreckung durch seine Gläubiger ausgesetzt gewesen sei, dem Restitutionsbeklagten die in den Schuldscheinen genannten Geldbeträge habe zuwenden können. Auch sei der Geldbedarf des Restitutionsbeklagten für die ihm angeblich zugewendete Summe - von der umstrittenen Telefonkostenrechnung abgesehen - nicht erläutert worden. Dass die Schuldscheinurkunden gerade nicht von der Ehefrau des Restitutionsbeklagten erstellt wurden, sei von dieser als Zeugin ausgesagt worden. Der Restitutionskläger weise nach dem Ergebnis eines gegen ihn geführten Strafverfahrens, in dem er verurteilt worden war, eine neurotische und narzisstische Persönlichkeitsstruktur auf. Aus der Gesamtschau aller Umstände werde deutlich, dass der Restitutionskläger die Schuldscheine unter Verwendung der Blankounterschriften gefälscht habe. Der Indiztatsache, dass "der Beklagte" sich bis Juli 1998 in Portugal aufgehalten habe, müsse nicht weiter nachgegangen werden.

Der Kläger erstrebt mit seiner am 26. Oktober 2006 bei Gericht eingegangenen Restitutionsklage die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens mit dem Ziel der Zurückweisung der Berufung des Restitutionsbeklagten. Er verweist zur Begründung darauf, dass der Senat im angegriffenen Urteil darauf abgestellt habe, der Beklagte habe sich bis Ende Juli 1998 in Portugal aufgehalten. Dem stehe aber die Unterzeichnung eines weiteren Abtretungsvertrages vom 12. Mai 1998 betreffend gegenwärtige und künftige Ansprüche des Restitutionsbeklagten auf Nutzungen und Gewinnanteile an der E.L. Transport und Tiefbau GmbH durch den Restitutionsbeklagten bei der Ortsangabe L.-E. entgegen. Diese Urkunde sei ihm von seinem früheren Prozessbevollmächtigten erst am 27. September 2006 ausgehändigt worden, nachdem ihm deren Existenz erst nach Rechtskraft des Berufungsurteils im Erstverfahren in den Sinn gekommen sei. Ferner werde eine Flugbestätigung vorgelegt, aus der sich ergebe, dass sich der Restitutionsbeklagte nur vom 26. April 1998 bis zum 6. Mai 1998 in Portugal aufgehalten habe. Deshalb sei das Berufungsurteil aufzuheben und das Berufungsverfahren wiederaufzunehmen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Restitutionsklage ist unbegründet. Ein Restitutionsgrund im Sinne von § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO liegt nicht vor.

Nach § 580 Nr. 7 ZPO findet die Wiederaufnahme statt, wenn die Partei eine andere Urkunde auffindet, oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Auf Urkunden, die nur in Verbindung mit anderen im Erstverfahren nicht vorgebrachten Beweismitteln zu einer für den Restitutionskläger günstigeren Entscheidung führen können, kann die Restitutionsklage nach § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO nicht gestützt werden (vgl. BGHZ 6, 354, 355; 31, 351, 356; 38, 333, 335). Es kommt mithin darauf an, ob im Erstverfahren eine für den Restitutionskläger günstigere Entscheidung ergangen wäre, wenn er damals die nachträglich aufgefundenen Urkunden vorgelegt und den damit im Zusammenhang stehenden Prozessstoff vorgetragen hätte. Diese Grundsätze ergeben sich daraus, dass es einer der Zwecke des Zivilprozesses ist, den Rechtsfrieden unter den Prozessparteien schnell und endgültig herzustellen. Ihr Streit soll durch die Entscheidung des Gerichts ausgeräumt werden. Es soll grundsätzlich ausgeschlossen sein, dass sie denselben Streit nochmals aufrollen. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist daher nur in den gesetzlich geregelten Aufnahmefällen zulässig (vgl. BGHZ 30, 60, 61, 64; 65, 300, 302). Die Restitutionsklage soll es in diesen Fällen ermöglichen, dass rechtskräftige Urteile überprüft werden, wenn ihre Grundlagen für jedermann erkennbar in einer für das allgemeine Rechtsgefühl unerträglichen Weise erschüttert sind (vgl. BGHZ 57, 211, 215; 103, 121, 125; 161, 1, 5). Außer in den Fällen, in denen das Ergebnis des Prozesses durch eine in Bezug auf den Rechtsstreit begangene strafbare Handlung beeinflusst ist (§ 580 Nr. 1 bis 5 ZPO), handelt es sich bei den gesetzlichen Restitutionsgründen um Fälle, in denen das Urteil sich auf ein anderes Urteil gründet, das wiederum durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben worden ist (§ 580 Nr. 6 ZPO). Schließlich würden zu den denkbaren Restitutionsgründen an und für sich dazu alle Fälle gehören, in denen später irgendein neues Beweismittel aufgefunden wird, das die Unrichtigkeit des ergangenen Urteils ergibt (vgl. § 359 Nr. 5 StPO). Die Wiederaufnahme des Verfahrens im Zivilprozess wird nach § 580 Nr. 7 ZPO aber zur Begrenzung einer hier zu weit gehenden Möglichkeit zur Durchbrechung der Rechtskraft nur zugelassen, wenn das nachträglich verfügbar gewordene Beweismittel die Unrichtigkeit des Urteils augenfällig offenbart. Das Beweismittel muss daher entweder ein in derselben Sache früher ergangenes Urteil oder eine auf diese Sache bezogene sonstige Urkunde sein. Nur dann ist der Widerspruch zwischen der wirklichen Rechtslage und dem ergangenen Urteil so augenscheinlich, dass auch im Zivilprozess die Möglichkeit geschaffen werden muss, das rechtskräftige Urteil durch ein anderes ersetzen zu lassen, welches das nachträglich aufgefundene Beweismittel berücksichtigt. Wegen des besonderen Beweiswertes von Urkunden (vgl. BGHZ 65, 300, 302), der darauf beruht, dass sie einen Gedanken verkörpern, sind neue Urkunden neben rechtskräftigen Urteilen die einzigen Beweismittel, die, wenn sie ohne Verschulden des Beweisführers nachträglich aufgefunden werden, die Restitutionsklage begründen können. Das muss auch beachtet werden, wenn zu prüfen ist, ob eine bestimmte Urkunde eine der Partei günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte. Auch in diesem Zusammenhang darf die Urkunde in Verbindung mit dem zu berücksichtigenden Prozessstoff nur als Beweismittel, und zwar nur mit dem Beweiswert gewürdigt werden, den sie als Urkunde hat. Die Restitutionsklage ist nur begründet, wenn die Urkunde, auf die der Restitutionskläger sich zulässigerweise stützt, in dem früheren Verfahren eine für ihn günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte. Als Grundlage für diese Feststellung dürfen nur der Prozessstoff des früheren Verfahrens, die vom Restitutionskläger im Zusammenhang mit der Urkunde neu aufgestellten Behauptungen und als Beweismittel nur die im Vorprozess erhobenen und angetretenen Beweise berücksichtigt werden (vgl. BGHZ 38, 333, 335; 57, 211, 215 f.; 161, 1, 5). Die Restitutionsklage ist jedoch nicht begründet, wenn die Urkunde in Verbindung mit dem zu berücksichtigenden Prozessstoff keinen urkundlichen Beweiswert hat, sondern nur Anlass geben kann, ergänzend Zeugen oder Sachverständige zu vernehmen. Eine solche Urkunde würde nur dazu dienen, jetzt wiederum andere neue Beweismittel, nämlich Zeugen oder Sachverständige, in den Rechtsstreit einzuführen. Das ist nicht zulässig; denn diese nachträglich vorgebrachten anderen Beweismittel rechtfertigen die Restitutionsklage nach dem Katalog der Restitutionsgründe gerade nicht. Auf eine Urkunde, die nur zusammen mit solchen neu in den Prozess einzuführenden weiteren Beweismitteln die Grundlage für eine andere Überzeugung des Richters von der Wahrheit wäre, kann die Restitutionsklage daher nicht gestützt werden (vgl. BGHZ 1, 218, 221; 38, 333, 337; BGHR ZPO § 580 Nr. 7 Buchst. b Urkunde 1). So liegt es hier, weil der Restitutionskläger nur eine neue Hilfstatsache mit seinem Vorbringen, dass sich allein auf Datum und Unterschrift der Urkunde, nicht den darin verkörperten Erklärungsgehalt, stützt. Das reicht nach dem System der Restitutionsgründe nicht aus. Aus dem Inhalt der Urkunde als verkörperter Gedankenerklärung müssen sich nämlich Tatsachen ergeben, die als solche den Streitgegenstand des Vorprozesses betreffen und sich auf den Tatsachenstoff beziehen, auf den der dortige Kläger seine Klage gestützt hat (Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 580 Rn. 17). Das folgt wiederum daraus, dass die Beibringung neuer Urkunden nur wegen des besonderen Beweiswerts der in ihnen verkörperten Gedankenerklärungen - ausnahmsweise - zum Restitutionsgrund erhoben werden. Eine bloße Hilfstatsache, die sich aus der Urkunde ergibt, genügt nicht als Restitutionsgrund.

Selbst wenn die Beweisführung bezüglich einer sich aus der Urkunde ergebenden Hilfstatsache zulässig wäre, könnte die vom Restitutionskläger aufgeworfene Frage, ob sich der Restitutionsbeklagte am 12. Mai 1998 in Limburg und nicht in Portugal aufgehalten hatte, seiner Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Eine Erschütterung der Urteilsgrundlagen läge nur dann vor, wenn zwischen dem Restitutionsgrund und der angegriffenen Entscheidung im Vorprozess ein ursächlicher Zusammenhang bestünde (vgl. BGHZ 103, 121, 125; MünchKomm/Braun, ZPO, 3. Auflage, § 580 Rn. 50; Musielak, ZPO § 580 Rn. 17). Nur eine Urkunde, die für sich allein oder in Verbindung mit den Beweisergebnissen des Erstverfahrens dem angegriffenen Urteil eine tragende Stütze nimmt, kann einen ausreichenden Restitutionsgrund bilden (Zöller/Greger, ZPO, 26. Auflage, § 580 Rn. 26). Das ist hier nicht der Fall; denn der der Senat hat - ungeachtet einer Personenverwechslung zum Parteivortrag in Bl. 123 der Akte des Erstverfahrens (Urteil S. 9) - im angegriffenen Urteil eine weitere Vertiefung der Frage, ob "der Beklagte" sich bis Juli 1998 in Portugal aufgehalten habe, für entbehrlich gehalten (Urteil S. 11), weil dieser Aspekt unerheblich war.

Die Überzeugung des Senats von der Fälschung der Schuldscheinurkunden beruhte im Erstverfahren nicht darauf, sondern in der Gesamtschau auf

- den Auffälligkeiten der Urkundengestaltung,

- der Ungewöhnlichkeit der angeblichen Anfertigung von Zweitschriften wegen Schreibfehlern,

- der Unglaubhaftigkeit der Behauptung des zeitweise zahlungsunfähigen und vorbestraften Restitutionsklägers, er habe dem Restitutionsbeklagten aus Gefälligkeit insgesamt 19.674,51 Euro zugewendet, und

- der Zeugenaussage der Ehefrau des Restitutionsbeklagten, dass sie entgegen dem Klägervortrag die Zweitschriften der Schuldscheinurkunden nicht am Personalcomputer geschrieben habe.

Damit setzt sich der Restitutionskläger nicht auseinander. Er greift nur einen als Randindiz erwähnten Aspekt auf, dessen Wegfall das übrige Beweisgebäude nicht erschüttern kann. Eine insbesondere durch die genannten Indizien in der Gesamtschau bewiesene Urkundenfälschung konnte im Übrigen zu einem beliebigen Zeitpunkt erfolgt sein, wenn das angebliche Familientreffen am 10. Juni 1998 in L. gerade nicht der Ort und der Zeitpunkt der Urkundenherstellung gewesen war. Ob der Kläger oder der Beklagte an jenem Tage in Portugal oder in L. waren, ist dann aber unerheblich.

Die neu vorgelegte Urkunde über einen weiteren Abtretungsvertrag vom 12. Mai 1998 verbessert mit Blick auf die oben genannten tragenden Beweisgründe die Beweislage auch nicht zugunsten des Restitutionsklägers, zumal er nach seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung selbst die eigene Unterschrift nicht am angegebenen Tag beigefügt hat und die Unterzeichnung durch den Restitutionsbeklagten an jenem Tag nur unbestimmt behauptet hat. Die Vorlage einer neuen Urkunde über eine weitere Forderungsabtretung wirft vielmehr neue Fragen auf, insbesondere die Frage danach, weshalb der Restitutionsbeklagte nicht nur zwei Schuldscheinurkunden über verschiedene Geldforderungen nebst den jeweiligen Reproduktionen unterzeichnet, sondern außerdem auch zweimal in engem zeitlichem Abstand - am 12. Mai 1998 und am 10. Juni 1998 - jeweils die Abtretung seiner Ansprüche gegen die E.L. Transport und Tiefbau GmbH auf Gewinnbeteiligung erklärt haben soll. Das erscheint nicht plausibel, wenn die Forderungen des Restitutionsklägers wegen seiner finanziellen Unterstützungsleistungen an den Restitutionsbeklagten zuvor schon festgestanden hatten und zu deren Erfüllung oder Sicherung gegebenenfalls eine Forderungsabtretung - zusätzlich zu den Schuldscheinen - gewünscht war. Einen plausiblen Grund für die mehrfache Verbriefung von verschiedenen Ausgleichsansprüchen oder Sicherungsrechten hat der Restitutionskläger auch in der mündlichen Verhandlung nicht genannt. War im Erstverfahren unstreitig gewesen, dass die Abtretungserklärung vom 10. Juni 1998 im Zivilprozess vor dem Amtsgericht Hadamar wegen fehlender Forderungskonkretisierung angezweifelt wurde, so erlangt diese Abtretungserklärung nun den Anschein eines fehlgeschlagenen Versuchs der Nachbesserung der noch weniger konkretisierten Erklärung vom 12. Mai 1998, die gegebenenfalls aber vom Restitutionskläger vorgenommen wurde und nicht vom Restitutionsbeklagten, welcher nicht Partei des Rechtsstreits vor dem Amtsgericht Hadamar gewesen war.

Vor diesem Hintergrund ist eine weitere Beweiserhebung über den räumlichen Aufenthaltsort des Restitutionsbeklagten am 10. Juni 1998, die durch das Vorbringen des Restitutionsklägers letztlich angestrebt wird, auch jetzt nicht angezeigt, nachdem der Senat sie schon im Vorprozess - wegen Unerheblichkeit - abgelehnt hatte. Die dazu angebotene weitere Beweisführung mit Hilfe einer Flugbestätigung ist im Übrigen nicht zulässig, weil die Vorlage dieser Urkunde bis heute nicht erfolgt ist (§ 588 Abs. 2 Satz 1 ZPO), obwohl der Senatsbeschluss vom 9. August 2007 darauf aufmerksam gemacht hatte.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 ZPO.

Ein Grund zur Revisionszulassung nach §§ 543 Abs. 2, 591 ZPO besteht nicht.

Der Streitwert im Restitutionsverfahren beträgt 19.674,51 Euro.

Ende der Entscheidung

Zurück