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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 08.12.2003
Aktenzeichen: 12 U 1613/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1 n.F.
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
Ein Anlageberater schuldet anlagegerechte und anlegergerechte Beratung. Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Einer Ermittlung des Wissenstandes des Kunden und einer Erläuterung aller in Betracht zu ziehenden Anlagemöglichkeiten bedarf es nicht, wenn der Kunde mit deutlichen Vorstellungen von dem gewünschten Anlagegeschäft an den Anlageberater herantritt. Dann darf dieser davon ausgehen, dass der Kunde sich über das von ihm angestrebte Anlagegeschäft bereits informiert hat und nur insoweit noch der Beratung bedarf, als er dies ausdrücklich verlangt oder als dies aus sonstigen Umständen erkennbar wird. Besonderen Beratungsbedarf muss der Kunde des Anlageberaters anmelden. Dies gilt bei der Beratung über eine Anlage in geschlossene Immobilienfonds auch bezüglich des Wunsches des Kunden, das Anlagekapital - notfalls unter Verzicht auf die mit der Anlage erstrebten Zinsgewinne und Steuervorteile - kurzfristig verfügbar zu halten.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 U 1613/02

Verkündet am 8. 12. 2003

in dem Rechtsstreit

wegen eines Schadensersatzanspruchs aus der Verletzung von Pflichten im Rahmen eines Anlageberatungsvertrages.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes, die Richterin am Oberlandesgericht Frey und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschelbach

auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 3. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 11% über dem beizutreibenden Betrag abwenden.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht den Ersatz der Schäden, die ihre Tochter, Dr. H. H., durch eine fehlerhafte Anlageberatung erlitten haben soll. Die Klägerin ist Kundin der beklagten V.bank. Sie nahm teils vor, teils nach den streitgegenständlichen Geschäften ihrer Tochter selbst auf Grund der Beratung durch die Beklagte vier Kapitalanlagen in geschlossene Immobilien-Fonds einer Kommanditgesellschaft, die von der F. Fonds-Verwaltungen GmbH für sie erworben wurden, über 85.000 DM, 20.000 $, 40.000 DM und 100.000 DM vor. Ihre Tochter, die damals gleichfalls bereits seit Jahren Kundin der Beklagten war, wandte sich am 20. November 1995 ebenfalls an die Beklagte und bat um Beratung bei einer Geldanlage. Sie hatte etwa 110.000 DM zur Verfügung. Diese Beratung führte der damals bei der Beklagten beschäftigte Anlageberater S. durch; das Beratungsgespräch erfolgte am Telefon. S. besaß das besondere Vertrauen der Tochter der Klägerin, weil sie ihn aus der Schulzeit kannte. S. riet auch ihr zu einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds der F. Fonds-Verwaltungen GmbH. Die Tochter der Klägerin folgte dieser Empfehlung und zeichnete am 27. November 1995 einen Anteil an dem - im Jahre 1987 aufgelegten - F.-Fonds 10, der die Finanzierung und Nutzung eines Einkaufszentrums in B. zum Gegenstand hatte. Der Nennwert der Anlage der Tochter der Klägerin betrug 30.000 DM. Ihr wurde ein Kurzexposé des Fonds übergeben, aus dem sich aber die Laufzeit der Anlage nicht entnehmen ließ. In dem Exposé wurde die Überlassung der "ursprünglichen Emissionsunterlagen" sowie des letzten Geschäftsberichts angeboten. Ein Prospekt wurde der Tochter der Klägerin aber nicht (automatisch) überlassen; im Ergebnis hat sie keines erlangt. Am 22. August 1996 fand eine zweite Beratung der Tochter der Klägerin durch S. statt. Es ging dabei um weitere Umschichtungen ihrer Kapitalanlagen. S. fertigte handschriftlich einen Renditevergleich zwischen einer Kapitalanlage in Form von Festgeldern und einer solchen in den - im Jahre 1991 aufgelegten - F.-Fonds 23, der als geschlossener Immobilienfonds das Fachmarktzentrum in S. zum Gegenstand hatte. Daraufhin zeichnete die Tochter der Klägerin im September 1996 - wiederum nach Übergabe eines Exposés - auch noch einen Anteil an diesem Fonds zum Nennwert von 85.000 DM. Anfang des Jahres 2001 wollte die Tochter der Klägerin, die berufsbedingt im Sommer 2000 nach Berlin umgezogen war, das gesamte Kapital, das sie in zwei Anlagen und die Klägerin in ihren vier Anlagen in die geschlossenen Immobilien-Fonds investiert hatten, für den Kauf einer Eigentumswohnung zur Eigennutzung einsetzen. Sie musste aber nach einer Rückkaufsanfrage an die F. Fonds-Verwaltungen GmbH feststellen, dass ein Rückkauf durch diese nicht beabsichtigt und eine Veräußerung der Fondsanteile an Dritte praktisch stark erschwert und wirtschaftlich kaum möglich erschien. Sie kaufte daraufhin die von ihr in Aussicht genommen Eigentumswohnung für 348.000 DM, wobei sie das Geld in Höhe von 118.000 DM aus Sparguthaben, in Höhe von 230.000 DM durch Bankkredit aufbrachte, statt das Geld aus den Fondsanlagen dafür nutzen zu können. Am 1. März 2002 trat sie "alle Schadensersatzansprüche aus Falschberatung" an die Klägerin ab, die nun im Wege des Schadensersatzes von der Beklagten als Anlageberaterin die Erstattung des Anlagekapitals Zug um Zug gegen "Rückgabe" der Fondsanteile verlangt.

Die Klägerin hat vorgetragen,

ihre Tochter sei in Fragen der Kapitalanlage unerfahren gewesen. Alle ihre eigenen früheren Anlagegeschäfte seien ebenso wie die hier in Rede stehenden Geschäfte ihrer Tochter allein von der Beklagten angeraten und vermittelt worden. Einen externen Berater habe sie nicht zusätzlich in Anspruch genommen. Ihre Tochter habe bei den Beratungsgesprächen besonderen Wert darauf gelegt, dass das Anlagekapital jederzeit verfügbar bleibe; sie habe darauf hingewiesen, dass sie eine Immobilie erwerben wolle. Über die Ausgestaltung und Laufzeit der Geldanlage, die Risiken der Investitionen und das faktische Fehlen eines Zweitmarktes für geschlossene Immobilienfonds mit der Folge der Unmöglichkeit einer Weiterveräußerung sei sie nicht aufgeklärt worden. Die Notizen des Anlageberaters S. über die Beratungsgespräche seien erst nachträglich erstellt worden und insgesamt nicht aussagekräftig. Hätte ihre Tochter um die praktische Unveräußerlichkeit der Anlage gewusst, so hätte sie diese nicht gezeichnet. Ihre Tochter habe "alle" Schadensersatzansprüche an sie abgetreten; das umfasse konkludent auch die Zinsforderung für die Zeit vor der Abtretungserklärung.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 62.582,13 Euro nebst 5% Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2001 Zug um Zug gegen Rückgabe der von Frau Dr. H. H. bei der Beklagten erworbenen Fondsanteile der F.-Verwaltung GmbH, F. Fonds Nr. 10 (Objekt Einkaufszentrum B.) und FF. Fonds Nr.23 (Fachmarktzentrum S) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen,

die Klägerin sei jedenfalls für einen Teil des Zinsanspruchs nicht aktivlegitimiert, weil die Abtretung der Schadensersatzforderung erst nachträglich erfolgt sei. Das Schadensersatzbegehren sei auch nicht Zug um Zug gegen Übertragung der Fondsanteile realisierbar, weil die Anteile noch von der Tochter der Klägerin gehalten würden, die nicht Prozesspartei sei. Die Tochter der Klägerin sei zur Zeit der streitgegenständlichen Anlageberatungen keine unerfahrene Kapitalanlegerin gewesen, weil sie bereits im Jahre 1992 bei ihr ein Depot eröffnet, zur gleichen Zeit Bundesobligationen für 100.000 DM erworben habe, im Jahre 1993 70.000 DM in einen D.-Fonds investiert und dessen Ausschüttungen für den Ankauf weiterer Fonds-Anlagen verwendet habe. Sie sei daher zur Zeit der hier in Rede stehenden Beratungen nicht unerfahren gewesen und habe auch Kapitalanlagen in Fonds gekannt. Die Tochter der Klägerin sei auch von ihrem früheren Anlageberater S. über die Risiken, die steuerliche Bedeutung der Anlage, die Frage der Veräußerbarkeit der Beteiligung und den langfristigen Charakter der Anlage informiert worden. Hätte die Tochter der Klägerin darauf hingewiesen, dass sie jederzeit über das angelegte Geld verfügen wolle, so wären die Protokollnotizen über das Beratungsgespräch nicht erklärbar, aus denen sich Hinweise auf den langfristigen Charakter der Anlage ergäben. Dieser Charakter sei der Tochter der Klägerin schon vor den streitgegenständlichen Geschäften bekannt gewesen. Schließlich habe sie auch den Gewinn aus einer früheren Anlage in die neue Anlage in Form eines geschlossenen Immobilienfonds übertragen. Dies habe ersichtlich im Zusammenhang mit der wenige Monate vorher erfolgten Investition der Klägerin in denselben geschlossenen Immobilienfonds gestanden. Die Tochter der Klägerin habe auch den Steuerberater M. als externen Berater befragt, bevor sie ihre Anlageentscheidung getroffen habe. Am 28. Juni 1996 sei es zu einem weiteren Kontakt mit S. gekommen, der dazu geführt habe, dass die Tochter der Klägerin den Erlös aus dem Verkauf einer D.-Beteiligung in einen D.-Immobilienfonds Nr. 38 investiert habe. Dabei habe es sich um eine steueroptimierte US-Anleihe gehandelt. Auch aus dieser geschäftlichen Vorgehensweise werde deutlich, dass sie hinsichtlich der Geschäfte der hier in Rede stehenden Art erfahren gewesen sei. Der zweite Erwerb von Anteilen an dem Immobilienfonds der F. Fonds-Verwaltungen GmbH, rund ein Jahr nach dem ersten Anteilskauf, zeige, dass die Tochter der Klägerin mit dieser Anlageform zufrieden gewesen sei. Sie habe diese Anlage damit finanziert, dass sie eine frühere D.-Beteiligung veräußert habe. Aus dem Wechsel der Beteiligungsart ergebe sich, dass sie sich aus dem geschlossenen Immobilienfonds einen besseren Ertrag erwartet habe. Die F.-Beteiligung an den geschlossenen Immobilienfonds, die Jahre zuvor aufgelegt worden seien, habe sie selbst auf einem "Zweitmarkt" erworben. Daraus ergebe sich, dass ihr Vortrag, es gebe für die solche Immobilienfonds gar keinen Zweitmarkt, nicht zutreffe. Die Anteile seien rechtlich übertragbar, nur hänge die wirtschaftliche Veräußerbarkeit von der Geschäftsentwicklung der Anlageobjekte ab; darauf sei hingewiesen worden. Die Marktlage sei zur Zeit ihrer Beratungsleistungen noch gut gewesen; erst später sei die Rendite zusammen mit dem Konjunkturrückgang gefallen und die Möglichkeit des Verkaufs der Anlagen geschwunden.

Das Landgericht hat nach Beweiserhebung durch Vernehmung der Tochter der Klägerin und des früheren Anlageberaters der Beklagten S. als Zeugen die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, es sei zwar ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne aber ein Fehlverhalten der Beklagten nicht festgestellt werden. Aus den Aktenvermerken, auf die sich der Zeuge S. gestützt habe, könne nicht entnommen werden, dass die Tochter der Klägerin diesem gegenüber geäußert habe, sie wolle das anzulegende Geld kurzfristig für die Finanzierung einer Eigentumswohnung zur Verfügung haben. Die fünf bis sechs Jahre nach den Beratungsgesprächen eingetretene wirtschaftliche Situation sei damals nicht vorhersehbar gewesen. Es bleibe zweifelhaft, ob das angelegte Geld tatsächlich in der von der Klägerin nun behaupteten Weise von Anfang an habe verfügbar gehalten werden sollen. Die Art der Kapitalanlage spreche dafür, dass auch die Tochter der Klägerin ebenso wie diese selbst in erster Linie Erträge habe erzielen wollen. Es erscheine lebensfremd, wenn zwischen der Klägerin und ihrer Tochter, die durch Vermittlung derselben Sparkasse in gleichartige Immobilienfonds investierten, keine Gespräche über den Zweck der Geldanlagen geführt worden wären. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Anlageberater S. darauf hingewiesen hätte, die Anlage sei faktisch jederzeit ohne weiteres veräußerbar, während dies tatsächlich von der jeweiligen Wirtschaftslage abhängig sei. Dass die Beteiligung an dem Immobilienfonds zunächst auch tatsächlich veräußerbar gewesen sei, ergebe sich bereits daraus, dass die Tochter der Klägerin diese selbst am Zweitmarkt erworben habe. Probleme mit der Veräußerbarkeit der Beteiligung gebe es nach Aussage des Zeugen S. seit dem Jahre 1998, weil die Wirtschaft seither nicht mehr so gut laufe. Auf dieses Risiko habe der Anlageberater S. nach seinen Notizen hingewiesen. Dadurch seien die Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag erfüllt worden. Das wirtschaftliche Risiko der Anlage selbst, um das es hier gehe, werde dem Anleger nicht abgenommen. Die Aussagen der Zeugen Dr. H. und S. stünden nicht in einem unüberbrückbaren Widerspruch zueinander; denn im Zeitpunkt der Beratung sei eine faktische Veräußerung der Beteiligung zu einem aktuellen Preis wirtschaftlich möglich gewesen, erst später aber nicht mehr. Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin Dr. H. spreche neben ihrem Interesse am Ausgang des Rechtsstreits auch, dass eine genaue Erinnerung an die zu Beratungszwecken geführten Telefongespräche, die bereits Jahre zurücklägen, kaum in Betracht komme. Deshalb sei es eher glaubhaft, wenn ein Zeuge, wie der damalige Anlageberater S., ohne weiteres darauf verweise, dass er sich an Einzelheiten nicht mehr erinnere.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klageziel im Einklang mit den erstinstanzlichen Anträgen weiter verfolgt. Sie meint, das Landgericht habe dem Zeugen S. Glauben geschenkt, wohingegen es ihre Tochter als unglaubwürdig erachtet habe. Dabei habe es übersehen, dass der Zeuge S. ebenfalls ein erhebliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits habe. Der Inhalt seiner Aussage sei mit Blick darauf, dass sich der Zeuge nicht mehr an Einzelheiten erinnert habe, überschätzt worden. Seine erst mit zeitlichem Abstand angefertigten Notizen seien als interne Aufzeichnungen anzusehen; deren Aussagekraft sei zweifelhaft. Der Inhalt der Aussage ihre Tochter, die angegeben habe, dass sie in den Beratungsgesprächen auf die jederzeitige Verfügbarkeit des Anlagekapitals Wert lege, sei vom Landgericht vernachlässigt worden. Für ihre Tochter seien die Geschäfte, anders als für S., keine Routineangelegenheit gewesen; daher könne sie sich daran besser erinnern.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, wobei auch der Schriftsatz der Klägerin vom 18. 11. 2003 Gegenstand der Urteilsfindung des Senats war, in dem vor allem auf das Fehlen eines Verkaufsprospekts hingewiesen wird. Ferner wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen, von denen der Senat nicht abweicht, die er nur ergänzt.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Ein Grund zur Beanstandung des landgerichtlichen Urteils liegt nicht vor. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F. hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen dann vor, wenn aus Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (BGH Urteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 361/02). Das ist hier nicht der Fall. Ebenso ist der rechtliche Ansatz des angefochtenen Urteils nicht zu beanstanden. Die Beklagte haftet nicht aus positiver Vertragsverletzung auf Schadensersatz. Ein vertragspflichtwidriger Beratungsmangel liegt nicht vor. Fraglich ist, ob ein Schadensersatzanspruch auf Zahlung des Anlagekapitals Zug um Zug gegen "Rückgabe" der Fondsbeteiligungen an die Beklagte konstruktiv möglich ist; denn die gegebenenfalls zur Rückgabe zu verpflichtende Klägerin hat die Fondsbeteiligungen nicht inne und die Beklagte war nicht der Veräußerer, an den die Beteiligungen gegebenenfalls zurückzuübertragen wäre. Diese Frage kann aber offen bleiben. Es fehlt bereits am Nachweis der Verletzung einer Beratungspflicht durch die Beklagte.

Ein Anlageberater schuldet richtige und vollständige Informationen über die für den Anlageentschluss erkennbar wesentlichen Umstände (anlagegerechte Information; vgl. BGH NJW 1981, 1266; 1990, 2461). Ein Anlageberater schuldet darüber hinaus deren fachkundige Bewertung und Beurteilung unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse, Anlageziele und Risikobereitschaft des Anlegers (anlegergerechte Beratung; vgl. BGH NJW 1981, 1449; 1993, 2433; NJW-RR 1989, 150; 1990, 229). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalls ab (BGH NJW-RR 2000, 1497, 1498; NJW 2002, 1868, 1869). Dabei sind einerseits der Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft entscheidend, wobei das vom Kunden vorgegebene Anlageziel zu berücksichtigen ist, und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa Konjunkturlage und Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Gegebenheiten des Anlageobjekts ergeben. Über diese Umstände hat die beratende Bank oder Sparkasse richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten, soweit diese Aspekte für das konkrete Anlagegeschäft von Bedeutung sind (BGHZ 123, 126, 128 f.). Einer Ermittlung des Wissenstandes des Kunden und einer Erläuterung aller in Betracht zu ziehenden Anlagemöglichkeiten bedarf es dann nicht, wenn der von seinem Vermögensberater betreute Kunde mit deutlichen Vorstellungen von dem gewünschten Anlagegeschäft an das Kreditinstitut herantritt. In einem solchen Fall darf die Bank davon ausgehen, dass der Kunde sich über das von ihm angestrebte Anlagegeschäft bereits informiert hat und er nur insoweit noch der Beratung bedarf, als er dies ausdrücklich verlangt oder als dies aus sonstigen Umständen für sie erkennbar wird. Hier genügt die Bank oder Sparkasse ihren Beratungspflichten, wenn sie den Kunden über die von ihm in Betracht gezogenen Anlagemöglichkeiten richtig und vollständig informiert und auf sich etwa daraus ergebende Gefahren und Risiken hinweist (BGH NJW 1996, 1744, 1745). Dies ist durch den Anlageberater der Beklagten erfolgt. Es ist jedenfalls nicht bewiesen, dass der Anlageberater S. ausdrückliche Vorgaben der Tochter der Klägerin übergangen und deshalb fehlerhaft beraten hat. Nach dem Aktenvermerk des Anlageberaters S. war die Tochter der Klägerin bereits durch die Klägerin vor dem Hintergrund ihrer eigenen Anlagegeschäfte in Grundzügen über die Eigenschaften der Fonds informiert. Es fehlt ein Anzeichen dafür, dass und warum diese Bemerkung unzutreffend sein soll. Im Einklang mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass es der Lebenserfahrung entspricht, wenn man annimmt, dass die Klägerin und ihre Tochter über die in einem engen zeitlichen Zusammenhang jeweils durchgeführten gleichartigen Anlagegeschäfte mit der Beklagten gesprochen hatten. Schließlich sind beide bei der Rückkaufsanfrage an die F. Fonds-Verwaltungen GmbH später auch mit einem gemeinsamen Interesse aufgetreten.

Der Anlageberater S. hatte - unbeschadet der für den vorliegenden Streitgegenstand unerheblichen Frage der Richtigkeit seiner Angaben zum Steuervorteil, die sich am steuerlichen Ergebnis der Erstzeichner der Anlage gemäß dem Exposé ausrichteten - zumindest bei dem zweiten Beratungsgespräch Festgeldanlagen, die eine bestimmte Laufzeit haben, den Kapitalanlagen in geschlossene Immobilienfonds gegenübergestellt und auf die günstigere Renditen der Fonds in Form von Gewinnausschüttungen und Steuervorteilen hingewiesen; damit war es bereits naheliegend, dass die insoweit günstigere Fondsanlage hinsichtlich der Verfügbarkeit des Kapitals nicht wesentlich günstiger als die Festgeldanlage sein würde. Die Beklagte selbst hatte zuvor Kapitalanlagen in geschlossene Immobilienfonds vorgenommen, ihre Tochter neben den zwei streitgegenständlichen Geschäften auch Anlagen in andere Fonds. Es unterliegt keinen Bedenken, wenn das Landgericht bei der Gesamtschau dieser Geschäfte davon ausgegangen ist, dass die Tochter der Klägerin aus der Sicht des Anlageberaters S. bei den zwei streitgegenständlichen Kapitalanlagen vergleichbare Ziele verfolgte, wie sie allen diesen Kapitalanlagen zu Grunde lagen. Demnach ging es um - etwa im Vergleich mit Spekulationsgeschäften - möglichst sichere und ertragreiche Anlagen, die dann bei wirtschaftlicher Betrachtung zwangsläufig auch eine längere Laufzeit oder Kapitalbindung haben mussten. Da es unter anderem um die Anlage von Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen und im Übrigen um die Anlage nicht fremdfinanzierten, eigenen Kapitals ging, konnte der Anlageberater S. insoweit davon ausgehen, dass eine jederzeitige Herauslösung des Anlagekapitals ohne Substanzverlust nicht die grundsätzliche Voraussetzung bei der Wahl der Anlageform sein würde. Das hätte bei einer Gesamtschau der Umstände eines besonderen Hinweises der Tochter der Klägerin bedurft, um diese Abweichung von der Zielsetzung der anderen Kapitalanlagen zu verdeutlichen und insoweit besonderen Beratungsbedarf anzudeuten. Die Beweislast dafür liegt bei der Klägerin (vgl. OLG Stuttgart OLG-Report Stuttgart 1999, 73 ff.). Der Nachweis der Verletzung einer solchen Beratungspflicht ist ihr nicht gelungen. Zwar hat die Tochter der Klägerin bei ihrer Vernehmung am 12. November 2002 als Zeugin ausgesagt, sie erinnere sich an die Beratungsgespräche vom 20. November 1995 und 28. Juni 1996 noch im Detail. Sie habe S. darauf hingewiesen, dass sie das Anlagekapital jederzeit zur Verfügung haben wolle, weil sie sich zur Eigennutzung eine Eigentumswohnung anschaffen wolle. Sie hat aber auch ausgeführt, dass ihre berufliche Situation damals insoweit unklar gewesen sei, als offen gestanden habe, ob sie im Zuge der Verlegung des Regierungssitzes von Bonn nach Berlin dorthin umziehen werde. In Bonn habe sie jedenfalls keine Wohnung kaufen wollen. Das lässt Raum für die Annahme, die Erinnerung der Zeugin an die 6 bzw. 7 Jahre zurückliegenden Gespräche mit dem Anlageberater sei von ihren späteren Vorstellungen geprägt und sie habe sich damals auch nicht definitiv über ihre - dann noch nicht konkretisierten - Absichten geäußert. Das erklärt die Unterschiede ihrer Zeugenaussage und der Notizen des Zeugen S. über den Gesprächsinhalt und es erscheint mit Blick auf den Zeitablauf sowie die Veränderung der Lebensverhältnisse der Zeugin Dr. H. zwischen den Beratungsgesprächen und dem Immobilienkauf nachvollziehbar. In diesem Lichte erscheint die Beweiswürdigung des Landgerichts, dass mangelnde Erinnerung (des Zeugen S.) an den genauen Inhalt der lange zurückliegenden Gespräche näher liege als ein präsentes Wissen (der Zeugin Dr. H.) um Details der Gesprächsinhalte, im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht zu beanstanden. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass sich die Zeugin Dr. H. nach ihrem Bekunden andererseits nicht mehr daran zu erinnern vermochte, ob sie das Anlagekapital aus vorherigen Festgeldanlagen oder aus anderen Anlagen entnommen habe. Sie hat demnach markante Details in ihre Erinnerung aufgenommen, die aber erst später aktuell wurden und auch erst dann entstanden sein mochten.

Geschlossene Immobilienfonds sind typischerweise langfristige Anlagen; das war der Tochter der Klägerin bereits aus ihren früheren Anlagegeschäften bekannt. Rechtlich sind die Gesellschaftsanteile, die dabei erworben werden, durchaus veräußerbar. Ob die Veräußerung wirtschaftlich sinnvoll ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der jeweiligen Marktlage, ab; darüber hat der Zeuge S. die Tochter der Klägerin beraten; zumindest ist das Gegenteil nicht bewiesen. Dass es für solche Gesellschaftsanteile, anders als für Wertpapiere, insbesondere an der Börse gehandelte Gesellschaftsanteile oder Wertpapiere, keinen bestimmten Markt gibt, liegt jedenfalls gegenüber einem Beratungskunden, der bereits zuvor eine Reihe von Kapitalanlagen in Fonds selbst durchgeführt oder im familiären Umfeld erlebt hatte, so nahe, dass ein besonderer Hinweis darauf nicht erteilt werden musste. Die Tatsache als solche ist allgemeinkundig, so dass es keiner Beweiserhebung bedarf. Im Kurzexposé wurde zudem darauf hingewiesen, dass sich die Kurse nach Angebot und Nachfrage richten und sich mit den Verhältnissen am Kapitalmarkt ändern. Hätte die Tochter der Klägerin zur Zeit der Beratungsgespräche mit dem Berater S. konkret in Aussicht gestellt, dass sie jederzeit auch unter Einsatz des Anlagekapitals - gegebenenfalls unter Verlust der Rendite - in der Lage sein wolle, eine Immobilie zu erwerben, so wäre die Anlageform des geschlossenen Immobilienfonds von vornherein nicht sinnvoll erschienen. Das wäre mit den Hinweisen, wie sie nach den Notizen des Anlageberaters erteilt wurden, kaum vereinbar; die Fehlerhaftigkeit der Notizen in diesem Punkt erscheint vor dem Hintergrund langjähriger Geschäftsbeziehungen der Klägerin und ihrer Tochter zur Beklagten fernliegend. Dort ist auch nur die allgemeine Überlegung der Tochter der Klägerin festgehalten worden, sie könne - als Kapitalanlage - eine Eigentumswohnung zur Vermietung an Dritte erwerben, was indes wegen des damit verbundenen Verwaltungsaufwands nicht erstrebenswert erscheine. Dies legt es im Gesamtkontext nahe, dass nur allgemein - ohne konkreten Hinweis auf die jederzeit beabsichtigte Eigennutzung - darüber gesprochen worden war, die Tochter der Klägerin könne auch eine Immobilie erwerben. Der Annahme, ein Immobilienkauf sei bei der Anlageberatung nur ein allgemeines Gesprächsthema gewesen, entspricht auch der reale Geschehensablauf. Danach ist erst mehrere Jahre später, nach dem zur Zeit der Beratungsleistungen noch nicht konkret absehbaren Wohnsitzwechsel der Tochter der Klägerin von Bonn nach Berlin, ein Immobilienkauf zur Eigennutzung durchgeführt worden.

Eine Vertragspflichtverletzung der Beklagten liegt schließlich auch deshalb nicht vor, weil gegebenenfalls der Hinweis des Anlageberaters S. darauf, dass die Fondsanteile veräußerlich seien, nicht falsch war, auch wenn ein fester Zweitmarkt im Sinne einer Wertpapierbörse für Anteile an geschlossenen Immobilienfonds nicht besteht. Der Tochter der Klägerin war es bei der Frage nach der Veräußerungsmöglichkeit nicht um einen Verkauf mit Gewinn gegangen, sondern um eine Rückerlangung des Investitionskapitals, bei der sie gegebenenfalls auch den Verlust der Rendite in Kauf nehmen wollte. Sie fragte demnach nicht nach einem börsenähnlichen Handel. Die allgemeine Frage der Veräußerbarkeit hat der Anlageberater S. dann aber gegebenenfalls richtig beantwortet. Rechtlich ist die Veräußerung von Anteilen an einer Publikumsgesellschaft zulässig. Ob sich ein Käufer dazu bereit findet, die Anteile zu einem Preis zu erwerben, der zumindest den Nominalwert ergibt, hängt von der Marktlage ab; darauf wurde auch in den Kurzexposés hingewiesen, die die Tochter der Klägerin vor der Zeichnung der Anlagen erhalten hatte. Waren die Anlagen auch bereits von der Tochter der Klägerin selbst im "Zweitmarkt" erworben worden, dann ist ihre Behauptung, es gebe generell keinen Zweitmarkt, nicht zutreffend. Eine Beweiserhebung durch den Senat zu dieser Frage ist entbehrlich. Dass es um einen solchen Erwerb im Zweitmarkt, also nach Schließung des Immobilienfonds, gegangen war, folgt aus allgemeinen Hinweisen des Zeugen S., der sich nur nicht mehr an die konkreten Geschäfte mit der Tochter der Klägerin erinnert hat, ferner aus dem Emissionsjahr der beiden Fonds (1987 bzw. 1991) und schließlich aus dem Hinweis im Exposé, dass die "ursprünglichen Emissionsunterlagen" auf Anfrage übersandt würden. Die Frage der Bedeutung einer Obliegenheitsverletzung der Tochter der Klägerin für den Schadensersatzanspruch dadurch, dass sie diese angebotenen Emissionsunterlagen nicht angefordert hat, nun aber einen Prospekt der Emittentin vermisst, kann offen bleiben; es besteht schon mangels Verletzung einer Beratungspflicht kein durch Abtretung erlangter Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus positiver Vertragsverletzung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Grund zur Revisionszulassung gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt 62.582,13 Euro. Dem entspricht die Beschwer der Klägerin.

Ende der Entscheidung

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