Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 02.07.2007
Aktenzeichen: 12 U 1812/05
Rechtsgebiete: ZPO, StPO


Vorschriften:

ZPO § 139 Abs. 1
ZPO § 287
ZPO § 397
ZPO § 402
ZPO § 411 Abs. 3
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
StPO § 244 Abs. 3 Satz 2
Anträge des Berufungsklägers müssen auf eine bestimmte sachliche Abänderung des angefochtenen Urteils abzielen. Der Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern, reicht auch bei einer unbezifferten Schmerzensgeldklage nicht aus, wenn nicht einmal der Wert der Beschwer nach einem dem erstinsntanzlichen Antrag im Wesentlichen stattgebenden Urteil angegegen wird.

Für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens geboten ist, nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht. Die Parteien haben einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie für erforderlich halten, in einer mündlichen Anhörung stellen können. Der Antrag auf Ladung des Sachverständigen bedarf keiner besonderen Begründung.

Die telefonische Auskunft des behandelnden Arztes an einen medizinischen Sachverständigen über die von ihm erhobenen Befunde genügt nicht den Erfordernissen des Strengbeweisverfahrens.

Die Ursächlichkeit eines Verkehrsunfalls für behauptete gesundheitliche Beeinträchtigungen kann nicht festgestellt werden, weil nicht auszuschließen ist, dass die Beschwerden auf einem früheren Ereignis und einen unfallunabhängigen Krankheitsbefund beruhen und wenn auch eine Verschlimmerung einer Vorschädigung durch den Unfall nicht wahrscheinlich ist.

Psychische Beeinträchtigungen können zu Schmerzbefunden führen. Die Ersatzpflicht des für einen Körperschaden einstandspflichtigen Schädigers erstreckt sich auf psychisch bedingte Folgewirkungen des von ihm herbeigeführten Ereignisses. Dies gilt selbst für eine psychische Fehlverarbeitung des Unfallgeschehens, vorausgesetzt es besteht eine hinreichende Gewissheit dafür, dass diese Folge ohne den Unfall nicht eingetreten wäre. Von einer unfallbedingten posttraumatischen Belastungsstörung sin dunfallunabhängige seelische Belastungsfaktoren abzugrenzen.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 U 1812/05

Verkündet am 02.07.2007,

in dem Rechtsstreit

wegen eines Schadensersatzanspruches aus einem Verkehrsunfall.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes, die Richterin am Oberlandesgericht Frey und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschelbach auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juni 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

I. 1. Die Berufung der Klägerin zu 1) gegen das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 16. November 2005 wird als unzulässig verworfen.

2. Die Berufung des Klägers zu 2) gegen das genannte Urteil wird, soweit sie die Schmerzensgeldklage betrifft, als unzulässig verworfen, im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.

3. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das genannte Urteil teilweise abgeändert. Die Klage des Klägers zu 2) wird abgewiesen.

II. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin zu 1) 2 %, der Kläger zu 2) 98 %. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Kläger jeweils selbst.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger zu 2) bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um restliche Schadensersatzansprüche der Kläger gegen die Beklagten aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 29. September 1999 auf der Bundesstraße .. in der Gemarkung K... ereignet hat. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist ebenso außer Streit wie die Tatsache, dass der Kläger zu 2) verletzt wurde. Umstritten sind der Verletzungsumfang und die daraus resultierenden Schadensfolgen hinsichtlich eines weiteren Schmerzensgeldanspruches des Klägers zu 2) nach außergerichtlicher Zahlung von 3.500 DM (1.789,52 Euro) durch die Drittbeklagte und eines Ersatzanspruches wegen Mehrkosten und Verdienstausfalls des Klägers zu 2) im Beruf sowie ein weiterer Nutzungsausfallschaden der Klägerin zu 1) wegen des im Übrigen regulierten Totalschadens an ihrem Pkw.

Der am ... Juni 1922 geborene Kläger war vorgeschädigt durch eine Prostata- und Blasenoperation nach einer Krebserkrankung in den Jahren 1986 - 1988, durch eine degenerative Wirbelsäulenveränderung und durch eine Nierenvorschädigung, die zur Anbringung eines Dauerkatheters geführt hatte. Infolge des Unfallaufpralls erlitt er als angegurteter Fahrzeugführer Prellungen im Bereich der Gurtführung, nämlich eine Thorax- und Nierenprellung rechts mit vorübergehend auftretender ("passagerer") Mikrohämaturie, also dem vermehrten Auftreten von roten Blutkörperchen im Harn. Der Kläger zu 2) befand sich vom Unfallzeitpunkt bis zum 2. Oktober 1999 in stationärer Krankenhausbehandlung. Danach war er in Behandlung des Hausarztes Dr. K... und des Urologen Dr. P..., später auch des Orthopäden Dr. S.... Schließlich suchte der Kläger zu 2) die Diplom-Psychologin B... auf. Er machte in der Folgezeit insbesondere Nierenschmerzen geltend. Im Jahre 2002 kam es zu einer Nierenbeckenentzündung, im Jahre 2003 zu einer Nierenoperation. Zudem muss der Katheter regelmäßig ersetzt werden. Zuletzt wurde eine "Schrumpfniere" (Nephrozirrhose) festgestellt (vgl. Bl. 322 GA).

Die Klägerin zu 1) hat von den Beklagten Ersatz von "Standgeld" und Nutzungsausfall wegen des Totalschadens an ihrem Pkw Ford Sierra für 33 Tage nach der Begutachtung durch den Schadensgutachter der Zweitbeklagten geltend gemacht, zusammen 791,23 Euro (1.547,51 DM). Der Kläger zu 2) hat Verdienstausfall oder Ersatz von Mehrkosten gefordert, weil er infolge einer posttraumatischen Belastungsstörung infolge des Unfalls nicht mehr selbst habe Auto fahren können. Deshalb habe er als selbständiger Unternehmer, der Stahlrohrgerüste montieren, demontieren, an- und verkaufen wollte, unter anderem seine Baustellen in G...-W... (540 km von M... entfernt) und Nahbollenbach (240 km entfernt) nur mit Hilfe eines gesondert eingestellten Fahrers erreichen oder durch einen Vertreter für die örtliche Aufsicht der Arbeiten betreiben können. Auch bei weiteren beruflichen Tätigkeiten seien Mehrkosten und Verdienstausfälle entstanden. Schließlich sei, so hat der Kläger zu 2) geltend gemacht, wegen seiner dauernden gesundheitlichen Beeinträchtigung, die auf den Unfall zurückzuführen sei, ein Schmerzensgeld von insgesamt 15.338,76 Euro (30.000 DM) angemessen. Diese Beträge haben die Kläger jeweils nebst Zinsen eingeklagt, also die Klägerin zu 1) 791,23 Euro nebst Zinsen, der Kläger zu 2) ein angemessenes Schmerzensgeld in der vorgestellten Höhe von 15.338,76 Euro (30.000 DM) nebst Zinsen sowie - zum materiellen Schaden - 24.050,66 Euro nebst Zinsen.

Die Beklagten haben nach Anerkennung der Berechtigung der Forderung hinsichtlich einer Aktenübersendungspauschale von 7,67 Euro im Übrigen die Abweisung der beiden Kläger mit ihren jeweiligen Klagen beantragt. Dazu haben sie vorgetragen, die Klägerin zu 1) könne hinsichtlich des von ihr geltend gemachten Fahrzeugschadens nicht mehr als den bereits ausgeglichenen Nutzungsausfall für neun Tage beanspruchen, weil nach Ablauf dieser Zeitspanne durch das dann vorliegende Schadensgutachten sicher festgestanden habe, dass ein wirtschaftlicher Totalschaden an ihrem Fahrzeug entstanden sei. Die Ersatzbeschaffung eines Pkws sei nicht dargelegt worden. Auch ein weiterer Personenschaden des Klägers zu 2) sei nicht festzustellen. Die unfallbedingte Nierenprellung sei bis Ende Oktober 1999 abgeklungen gewesen. Nachfolgende körperliche Beeinträchtigungen seien auf die gesundheitlichen Vorbelastungen und fortschreitende unfallunabhängige Krankheiten zurückzuführen. Die Tätigkeit des zum Unfallzeitpunkt 72-jährigen Klägers zu 2) als selbständiger Unternehmer und sein Verdienstausfall seien nicht genügend dargelegt worden.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Traumatologen Dr. F... sowie ein schriftliches Gutachten nebst Ergänzungsgutachten des Urologen Prof. Dr. E.... Auf dieser Grundlage hat es durch Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 16. November 2005 der Klage teilweise stattgegeben. Es hat die Beklagten als Gesamtschuldner dazu verurteilt, an die Klägerin zu 1) 12,63 Euro nebst Zinsen und an den Kläger zu 2) ein Schmerzensgeld von 13.210,48 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, die Klägerin zu 1) habe, von einem Restbetrag von 12,63 Euro nebst Zinsen abgesehen, keinen weiteren Anspruch auf Ersatz materieller Schäden wegen des Totalschadens an ihrem Fahrzeug. Standgeld für weitere 33 Tage nach der Begutachtung könne sie nicht beanspruchen. Ein Nutzungsausfall sei mangels Ersatzbeschaffung nicht belegt. Von den berechtigten Ansprüchen der Klägerin zu 1) in Höhe von 6.584,55 DM seien 6.559,84 DM unstreitig erfüllt worden, so dass nur der genannte Restbetrag verbleibe. Davon sei eine Aktenübersendungspauschale von 7,67 Euro von der Zweitbeklagten anerkannt worden. Der Schmerzensgeldanspruch des Klägers zu 2) sei in Höhe von 13.210,48 Euro gerechtfertigt. Die Primärverletzungen infolge des Unfalls seien bis Ende Oktober 1999 ausgeheilt gewesen, jedoch seien Folgebeeinträchtigungen an der rechten Niere durch die Unfallverletzung hervorgerufen worden, die im September 2003 zur Operation geführt hätten. Das gehe aus dem Gutachten des urologischen Sachverständigen Prof. Dr. E... hervor. Dieser habe durch Untersuchung des Klägers zu 2), telefonische Befragung des behandelnden Arztes und Auswertung der Befundunterlagen festgestellt, dass es infolge des Unfalls zu einer Prellung mit Gewebszerreißung gekommen sei. Der dokumentierte Verlauf sei zwar unauffällig gewesen. Jedoch seien die Verschlechterungen ab dem Jahre 2002, zu denen eine Nierenbeckenentzündung hinzugetreten sei, auf den Unfall zurückzuführen. Daraus sei eine zunehmende Nierenfunktionseinschränkung entstanden. Aufgrund der zeitlichen Abfolge der Ereignisse sei davon auszugehen, dass sich der Unfall mitursächlich auf den Krankheitsverlauf ausgewirkt habe. Die Ausprägung des Schmerzbefundes im Jahre 2003 sei als Unfallfolge ungewöhnlich, aber nicht unmöglich. Nicht zu beanstanden sei, dass der gerichtliche Sachverständige den behandelnden Arzt Dr. P... telefonisch um Auskünfte gebeten habe. Der Annahme, die Nierenprellung mit Gewebszerreißung sei für die späteren Beschwerden ursächlich geworden, stehe nicht entgegen, dass der Sachverständige ausgeführt habe, die nach einer früheren Operation vorhandene Neoblasenanlage beim Kläger zu 2) hätte auch die Nierenabflussstörung ausgelöst haben können, welche die weiteren Beschwerden und Heileingriffe verursacht habe. Es genüge eine hinreichende Gewissheit der Mitursächlichkeit der Unfallverletzungen; diese ergebe sich aus den Ausführungen im Sachverständigengutachten. Für eine Gewebszerreißung spreche die bei der Röntgenuntersuchung festgestellte unscharfe Darstellung der Harnleiter ("Doppelkontur"), die auf einen Austritt von Harn oder Kontrastmittel zurückzuführen sei. Die diagnostizierte Mikrohämaturie komme als Indiz für eine Gewebeschädigung hinzu. Dass der behandelnde Urologe Dr. P... nach dem Unfall keine Gewebszerreißung diagnostiziert hatte, sei unerheblich. Das Abklingen der Primärfolgen der Nierenprellung im Oktober 1999 belege nicht das Fehlen eines Kausalzusammenhangs zwischen den Unfallfolgen und den weiteren Beeinträchtigungen des Klägers zu 2) in den Jahren 2002 und 2003. Zwar könne die Gewebszerreißung selbst rasch abgeheilt sein, wohl aber könne es durch hiervon verbleibende Narben oder eine Fibrosierung danach zu nachteiligen Folgen gekommen sein. Eine mündliche Erläuterung des Sachverständigengutachtens sei nicht erforderlich. Auch eine posttraumatische Belastungsstörung des Klägers zu 2) sei anzunehmen. Sie folge aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. F.... Eine Ergänzung oder mündliche Erläuterung seines Gutachtens sei ebenfalls nicht erforderlich, da die Beklagten keine konkreten Einwendungen formuliert hätten. Der Anspruch des Klägers auf ein Schmerzensgeld sei deshalb im tenorierten Umfang gerechtfertigt. Nicht begründet sei dagegen der Anspruch auf Ersatz von Personalmehrkosten. Das Gericht habe bereits vorab darauf hingewiesen, dass die Notwendigkeit der Anwesenheit des Klägers zu 2) an den Baustellen oder die Notwendigkeit des Einsatzes eines besonderen Funktionsvertreters nicht konkret belegt worden sei. Dem gerichtlichen Hinweis (Bl. 166 GA) sei der Kläger bis zur letzten mündlichen Verhandlung nicht nachgekommen. Die nachträglich eingereichten Schriftsätze könnten nicht berücksichtigt werden.

Gegen dieses den Klägern am 21. November, den Beklagten am 23. November 2005 zugestellte Urteil vom 16.11.2005 richtet sich zunächst die am 19. Dezember 2005 eingegangene Berufung der Kläger, die nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. Februar 2006 mit einem am 21. Februar 2006 eingegangenen Schriftsatz begründet wurde. Die Kläger haben zunächst beantragt, das Urteil aufzuheben, soweit darin die Klage abgewiesen wurde. Die Berufungsanträge wurden erst mit Schriftsatz vom 9. März 2006 dahin "spezifiziert", dass hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrages zu 1) über 791,23 Euro nebst Zinsen ein Betrag von 582,87 Euro nebst Zinsen und hinsichtlich des Schmerzensgeldanspruches nach dem Klageantrag zu 2) ein in das Ermessen des Gerichts gestellter weiterer Betrag weiter verfolgt werde. Hinsichtlich des vom Landgericht im Ganzen abgewiesenen Klageantrages zu 3) werde die gesamte Klageforderung (24.050,66 Euro nebst Zinsen) mit dem Rechtsmittel geltend gemacht (Bl. 416 GA). Mit der anfänglichen Berufungsbegründung machen die Kläger geltend, das Landgericht habe hinsichtlich der Mehrkosten im Unternehmen des Klägers zu 2) nicht von der Unsubstanziiertheit seines Vortrages ausgehen dürfen, jedenfalls aber einen zweiten Hinweis auf Substanziierungsmängel geben müssen, nachdem ein erster Hinweis zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung bereits zwei Jahre zurückgelegen habe. Der erstinstanzlich nachgereichte Schriftsatz mit Erläuterungen zu diesem Aspekt habe nicht präkludiert werden dürfen; vielmehr sei ein Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung geboten gewesen.

Der Vorsitzende des erkennenden Senats hat nach Eingang der Berufungsbegründungsschrift auf die Unklarheit des Berufungsantrages hingewiesen und um eine Klarstellung bis zum 10. März 2006 gebeten. Dem sind die Beklagten mit dem per Telefax am 9. März 2006 eingegangenen Schriftsatz nachgekommen, der auch die "Spezifizierung" des Berufungsantrages enthält. Die Kläger haben zugleich in diesem Schriftsatz zur Berufungsbegründung hinsichtlich des Klageantrages zu 1) auf die hypothetische Fahrzeugnutzung durch die Klägerin zu 1) verwiesen. Hinsichtlich des Klageantrages zu 2) haben sie ausgeführt, dass ein weiteres Schmerzensgeld wegen einer Verzögerung der Schadensregulierung durch die Zweitbeklagte gerechtfertigt sei. Hinsichtlich des Klageantrages zu 3) haben die Kläger auf die Berufungsbegründungsschrift verwiesen.

Die Beklagten haben mit einem am 21. April 2004 eingegangenen Schriftsatz auf die Berufung erwidert und Anschlussberufung eingelegt. Sie erstreben mit dem Anschlussrechtsmittel die Abweisung der Klage des Klägers zu 2), soweit diese nicht bereits durch das Landgericht ausgesprochen wurde, also in Höhe des als weiteres Schmerzensgeld zugesprochenen Betrages von 13.210,48 Euro nebst Zinsen. Hilfsweise beantragen sie die Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Sie beanstanden das Urteil und das zugrunde liegende Verfahren. Sie weisen darauf, dass ihrem Beweisantrag auf Vernehmung des sachverständigen Zeugen Dr. P... zu Befundtatsachen nicht nachgegangen worden und zu Unrecht von einer mündlichen Erläuterung der beiden Sachverständigengutachten abgesehen worden sei. Die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Kausalzusammenhang des Unfalls mit einer psychischen Beeinträchtigung sowie den später aufgetretenen Nierenschäden sei nicht tragfähig begründet worden. Die Befundgrundlagen beider Gutachten seien zweifelhaft. Die Gewebszerreißung bei der Nierenprellung sei letztlich nicht belegt, sondern nur gemutmaßt worden, zumal der gerichtliche Sachverständige selbst keine Röntgenbilder gesichtet habe. Der Rückgriff auf telefonische Auskünfte des behandelnden Arztes sei nicht prozessordnungsgemäß. Eine gegebenenfalls von Dr. P... früher erkannte "Doppelkontur" des Harnleiters im Röntgenbild könne verschiedene Ursachen haben, nicht allein den Austritt von Harn oder Kontrastmittel, die als Indiz für eine Gewebszerreißung bei der unfallbedingten Nierenprellung angesehen worden seien. Auch eine Lockerung des Nierenkatheters könne etwa einen Harnaustritt und mittelbar dadurch die Unschärfe des Röntgenbildes verursacht haben. Zudem sei vom Landgericht übersehen worden, dass der später beklagte Schmerzbefund im Nierenbereich bei den unfallnahen Behandlungen noch nicht ebenso geltend gemacht worden sei; dokumentiert sei darüber nichts. Die Kausalität der Nierenprellung im Jahre 1999 für die infektionsbedingte Abflussstörung im Jahre 2003 sei auch vor dem Hintergrund der umfangreichen Vorschädigungen des Klägers zu 2) nicht nachweisbar. Ebenso sei die Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung, die allein auf den Angaben des Klägers zu 2) über wiederkehrende bildhafte Erinnerungen an das Unfallgeschehen gestützt worden sei, verfehlt. Zumindest sei der pauschal behauptete Schweregrad der Störung anzuzweifeln, weil der betagte Kläger nach dem Unfall zunächst weiter in Vollzeitbeschäftigung berufstätig gewesen sei und keine markanten Traumatisierungsanzeichen gezeigt habe. Über den Nutzungsausfallschadens der Klägerin zu 1) habe das Landgericht zutreffend entschieden. Der vom Kläger zu 2) geltend gemachte Erwerbsschaden in Form von Mehrkosten und Umsatzverlusten sei selbst in dem verspäteten erstinstanzlichen Vorbringen nach der letzten mündlichen Verhandlung unsubstanziiert geblieben, zumal der Kläger zu 2) mit seinem Unternehmen in den Jahren nach dem Unfall laufend steigende Umsätze verbucht habe. Die mit der Berufung geltend gemachte weiter gehende Schmerzensgeldforderung sei unbegründet.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Hinsichtlich der Feststellungen des Landgerichts verweist der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Gründe des angefochtenen Urteils.

II.

Die Berufung der Klägerin zu 1) und das Rechtsmittel des Klägers zu 2) hinsichtlich der weiteren Schmerzensgeldforderung sind unzulässig.

1. Die Klägerin zu 1) hat in ihrer Berufungsbegründung keinen Sachantrag gestellt. Beantragt wurde "das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 16.11.2005 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde" (Bl. 407 GA). Das reicht nicht aus, weil das Ziel des Rechtsmittels der Klägerin zu 1) daraus nicht erkennbar war. Erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist hat sie ihren Antrag dahin "spezifiziert", dass neben der Urteilsaufhebung die Abänderung insoweit erstrebt werde, als die gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 582,87 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 11. Dezember 1999 an sie erstrebt werde. Insoweit fehlte ein Sachantrag innerhalb der Berufungsbegründungsfrist und der nachträglich formulierte Antrag erreicht nicht die Berufungssumme von mehr als 600 Euro gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

2. Die Berufung des Klägers zu 2) ist gleichfalls unzulässig, soweit sich das Rechtsmittel auf seine Schmerzensgeldforderung bezieht. Auch der Kläger zu 2) hat insoweit innerhalb der Berufungsbegründungsfrist keinen Sachantrag gestellt. Die Berufungsanträge nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO müssen auf eine sachliche Abänderung des angefochtenen Urteils zu Gunsten des Berufungsklägers abzielen (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 5. Aufl., § 520 Rn. 20). Das kann ausdrücklich oder konkludent erklärt werden. Es genügt im Allgemeinen der bloße Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz, weil er in der Regel die Weiterverfolgung des bisherigen Sachbegehrens als Ziel des Rechtsmittels erkennen lässt (vgl. BGH NJW 2006, 2705 f.). Hier fehlt es allerdings auch an einem Zurückverweisungsantrag, zumal der Kläger zu 2) vielfach die Verfahrensdauer bemängelt hat und auf ein rasches Ende des Prozesses drängt. Er hat auch in seinem nachgereichten Schriftsatz nicht die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht beantragt. Ohne förmlichen Sachantrag reicht es zur Klarstellung des Rechtsmittelbegehrens nur aus, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze des jeweiligen Berufungsklägers ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig ergeben, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil angefochten werden soll (vgl. BGH a.a.O.).Das kann der Berufungsbegründung des Klägers zu 2) nur in Bezug auf den geltend gemachten Erwerbsschaden entnommen werden. Allein darauf bezieht sich die mit Verfahrensbeanstandungen erläuterte Berufungsbegründung, soweit sie innerhalb der Berufungsbegründungsfrist angebracht wurde. Zu der Schmerzensgeldforderung äußern sich weder der Berufungsantrag in der Berufungsbegründungsschrift noch die dortige Begründung. Auf einen Berufungsantrag oder jedenfalls eine auf den Anfechtungsumfang bezogene Erläuterung des Rechtsschutzbegehrens mit der Berufungsbegründung kann hinsichtlich der weiteren Schmerzensgeldforderung nicht verzichtet werden, obwohl der Schmerzensgeldanspruch keine starre Bezifferung beim Klageantrag erfordert. Das Landgericht hatte dem erstinstanzlichen Begehren des Klägers zu 2) bezüglich seiner Schmerzensgeldforderung nach der vorgestellten Höhe von insgesamt 15.338,76 Euro (30.000 DM) nahezu in vollem Umfang stattgegeben; 1.789,52 Euro waren vorgerichtlich von der Zweitbeklagten gezahlt worden, weitere 13.210,48 Euro hatte das Landgericht zuerkannt, womit insgesamt 15.000 Euro (29.337,45 DM) als angemessen bezeichnet wurden. Die Differenz folgt praktisch aus der Umstellung von glatten Beträgen in DM auf Euro. In erster Instanz hatte der Kläger zu 2) seine Schmerzensgeldvorstellung mit mindestens 30.000 DM = 15.338,76 Euro beziffert. Die Differenz zwischen der Klageforderung und der Urteilssumme liegt damit auch unterhalb der Berufungssumme im Sinne von § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Soweit das Landgericht dem erstinstanzlichen Begehren des Klägers zu 2) im Wesentlichen vollständig stattgegeben hat, fehlt eine Beschwer (vgl. BGH NJW-RR 2004, 863). Welches weiter gehende Rechtsschutzziel - gegebenenfalls im Sinne einer zweitinstanzlichen Klageerweiterung - geltend gemacht werden soll, wäre auch aus diesem Grund mit einem rechtzeitigen Berufungsantrag oder dessen Ersetzung durch eine aussagekräftige Berufungsbegründung zu verdeutlichen gewesen. Zum Umfang der Anfechtung hat der Kläger zu 2) sich innerhalb der Berufungsbegründungsfrist aber gar nicht erkennbar geäußert. Nach Ablauf der gesetzlichen Berufungsbegründungsfrist hat er seinen Antrag dahin "spezifizieren" wollen, dass "hinsichtlich des Klageantrages zu 2." beantragt werde, "den Klageantrag abzüglich des ausgeurteilten Betrages aufrechtzuerhalten, also insoweit aufrechtzuerhalten, als weitere Schmerzensgeldansprüche ins Ermessen des Gerichts gestellt worden sind, nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 11.04.2002". Insoweit ist die Antragstellung verspätet und außerdem immer noch nicht genügen konkretisiert. Der Umfang der nunmehr - vor allem wegen einer angeblichen Regulierungsverzögerung - geforderten weiteren Schmerzensgeldsumme ist nicht durch eine Betragsvorstellung konkretisiert worden. Berufungsanträge können zwar bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist ohne weiteres, danach bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erweitert werden, soweit die erweiterten Anträge durch die fristgerecht eingereichten Berufungsgründe (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO) gedeckt sind. Das ist hier aber nicht der Fall. Auch ein Fall, in dem durch Auslegung des Berufungsvorbringens der Antrag ermittelt werden könnte (vgl. HansOLG Hamburg NJW-RR 2006, 1707, 1708 f.), liegt nicht vor.

III.

Hinsichtlich des Klageantrages zu 3) ist die Berufung des Klägers zulässig, aber unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Landgericht davon ausgegangen, dass ein Erwerbsschaden vom Kläger zu 2) in Form von Mehrkosten durch zusätzlichen Personalbedarf wegen seiner unallbedingten Unfähigkeit, selbst mit dem Auto zu seinen Arbeitsstellen zu fahren, nicht entstanden ist. Hinzu kommt, dass unfallbedingte Krankheitszeiten in dem geltend gemachten Zeitraum nicht feststellbar sind; darauf wird unten bezüglich der Anschlussberufung der Beklagten noch näher eingegangen. Der Kläger hat aber bereits nicht dargelegt, welches Personal zu seinem Unternehmen gehört. Seine beiden Töchter und die beiden Schwiegersöhne hatten damit zu tun (vgl. Bl. 117 GA), ohne dass klargestellt worden wäre, wer im fraglichen Zeitraum welche Rolle im Betrieb des Klägers zu 2) spielte. Welches Personal sonst vorhanden ist und wozu einzelne Mitarbeiter benötigt werden, wurde nicht offen gelegt. Damit bliebt auch unklar, ob wegen der angeblichen physischen und psychischen Unfallfolgen beim Kläger zu 2) auch mit Blick auf vorhandenes Personal ein zusätzlicher Fahrer oder Stellvertreter für den Kläger zu 2) bei der Bauaufsicht angestellt werden musste. Auch ist nicht ersichtlich welches Fahrzeug zu den behaupteten Fahrten des Klägers zu 2) mit Hilfe eines gesondert bezahlten Fahrers benutzt worden sein soll, nachdem das Unfallfahrzeug zerstört worden war und die Kläger zur Verdeutlichung des Nutzungsausfallschadens darauf verwiesen haben, sie hätten mangels liquider Mittel kein Ersatzfahrzeug beschaffen können. Insgesamt bleibt unklar, ob und in welchem Umfang Personalmehrkosten für Fahrerdienste als Unfallfolge angefallen sind. Der Kläger hat im Übrigen selbst vorgetragen, dass vor und nach dem Unfall laufend Umsatzsteigerungen zu verzeichnen waren. So soll der Umsatz folgendes betragen (Bl. 178 GA):

im Jahre 1997 156.245 DM,

im Jahre 1998 212.911 DM,

im Jahre 1999 244.628 DM,

im Jahre 2000 310.000 DM.

Auch angesichts dieser konstanten Umsatzsteigerungen ist nicht erkennbar, dass und in welchem - wenigstens einer Schätzung zugänglichen - Umfang durch den Unfall Mehrkosten eingetreten sind, die auch nicht durch anderweitig erreichte Umsatzsteigerungen kompensiert wurden. Ein Verdienstausfall ist nach dem Klägervortrag zur Umsatzentwicklung offenbar ebenfalls nicht eingetreten; das Gegenteil war der Fall.

Das verspätete Vorbringen des Klägers zu 2) zum Erwerbsschaden nach der letzten mündlichen Verhandlung des Landgerichts war in erster Instanz nicht mehr zu berücksichtigen. Es würde den vorgenannten Darlegungsmangel der Klagebegründung im Übrigen auch nicht in ausreichendem Maße heilen. Eine Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1 ZPO durch das Landgericht liegt nicht vor. Das Gericht hatte frühzeitig einen Hinweis auf die Substanziierungsmängel erteilt. Auch die Beklagten hatten wiederholt Substanziierungsmängel der Klagebegründung zu unfallbedingten Mehrkosten und zu einem eventuellen Verdienstausfall gerügt. Ein - weiterer - gerichtlicher Hinweis war bei dieser Sachlage auch nicht allein wegen Zeitablaufs vom erfolgten gerichtlichen Hinweis bis zur letzten mündlichen Verhandlung erforderlich. Der Kläger hätte vielmehr zeitnah auf den erteilten Hinweis des Gerichts und auf die Einwendungen der Beklagten reagieren können und müssen.

IV.

Die Anschlussberufung der Beklagten ist begründet.

1. Das Urteil des Landgerichts ist hinsichtlich des zu Grunde liegenden Verfahrens zum Nachteil der Beklagten zu beanstanden, weil das Gericht nicht ohne die von den Beklagten erstrebte mündliche Erläuterung der beiden Sachverständigengutachten entscheiden durfte. Nach der Rechtsprechung kommt es für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob gar zu erwarten ist, dass der Sachverständige seine Auffassung ändert. Die Parteien haben vielmehr zur Gewährung rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich halten, in einer mündlichen Anhörung stellen können. Dieses Antragsrecht der Parteien besteht unabhängig von den Geboten gemäß § 411 Abs. 3 ZPO (vgl. BGH VersR 2006, 950 f.). Auch wenn das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen für überzeugend hält und selbst keinen Erklärungsbedarf sieht, hat es dem Antrag einer Partei auf Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens und zur Befragung durch die Partei grundsätzlich zu entsprechen (vgl. KG NZV 2005, 521 f.). Das ist hier zu Unrecht nicht geschehen. Eine Partei, die einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen stellt, um diesen zu befragen, muss entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht die Fragen, die sie an den Sachverständigen richten will, im Voraus konkret formulieren (vgl. BGHZ 159, 254, 261). Der Antrag auf Ladung des Sachverständigen bedarf ferner keiner besonderen Begründung. Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn der Sachverständige nicht nur ein Erstgutachten, sondern ein Ergänzungsgutachten erstattet hat, es sei denn, es liegen Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch oder eine Prozessverschleppung durch die Partei, die eine mündliche Anhörung erstrebt, vor (vgl. BGH NJW-RR 2006, 1503, 1504). Letzteres ist hier offensichtlich nicht der Fall, zumal - wie unten noch auszuführen ist - auch bei einer Inhaltsüberprüfung der gutachterlichen Aussagen von Amts wegen Bedenken gegen die Vollständigkeit und Plausibilität der schriftlichen Ausführungen der Sachverständigen bestehen und den Gutachten im Ergebnis wegen Lücken in den Befundtatsachen nicht gefolgt werden kann.

Es besteht ferner ein Aufklärungsmangel im erstinstanzlichen Verfahren dadurch, dass dem Beweisantrag auf Vernehmung des behandelnden Urologen Dr. P... als sachverständiger Zeuge nicht nachgegangen worden ist. Nur dieser Urologe hat zeitnah Befundtatsachen erhoben, über die er als sachverständiger Zeuge berichten könnte. Das ist deshalb unverzichtbar, weil der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. E... - von der Anamnese abgesehen - keine Befunde in bildgebenden Verfahren erhoben oder früher erstellte Röntgenbilder unmittelbar selbst ausgewertet hat. Die telefonische Auskunft des behandelnden Arztes an den Sachverständigen über die Röntgenbefunde entspricht nicht den Erfordernissen des Strengbeweisverfahrens, weil Befundtatsachen nur insoweit, als sie zumindest durch Urkunden oder Augenscheinsgegenstände auch im Prozess verwertbar und nachzuvollziehen wären, durch den Sachverständigen direkt ausgewertet werden können. Wertungen und Deutungen eines anderen Arztes, der Röntgen- oder Ultraschalbilder ausgewertet hat, müssten zumindest strengbeweislich in das Verfahren eingeführt werden, bevor sie als Befundtatsachen einem Sachverständigengutachten zu Grunde gelegt werden dürfen. Daran fehlt es, so dass das urologische Gutachten aus prozessualen Gründen nicht trägt. Die für die Annahme einer Gewebszerreißung zu Grunde gelegte Indiztatsache der "Doppelkontur" des Harnleiters auf dem Röntgenbild ist demnach nicht ohne Rechtsfehler im Verfahren zum Nachteil der Beklagten ermittelt worden. Auch sachlich ist im Übrigen nicht geklärt worden, welche anderen Ursachen für eine solche Bildunschärfe in Betracht kommen. Eine hinreichend zuverlässige Klärung im Sinne des Klägers zu 2) ist andererseits auch durch weitere Beweiserhebungen nicht zu erwarten, so dass diese entsprechend § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO wegen Ungeeignetheit des Beweismittels (Sachverständigengutachten ohne weitere Befundtatsachen) oder Bedeutungslosigkeit (Zeugnis Dr. P...) nicht mehr durchzuführen sind. Weder der behandelnde Arzt Dr. P... noch ein anderer Arzt, der zeitnah nach dem Unfall den Kläger zu 2) untersucht hat, hatte die nunmehr in den Raum gestellten Anknüpfungspunkte für eine Gewebszerreißung in der Niere als solche dokumentiert. Dass eine zeitnahe Röntgenaufnahme angefertigt wurde und für Zwecke der weiteren Begutachtung immer noch existiert, ist nicht ersichtlich. Bei dieser Sachlage bewegt sich die Ermittlung eines Zusammenhangs zwischen der unstreitig rasch abgeklungenen Nierenprellung durch den Unfall und der Jahre später aufgetretenen Nierenbeckenentzündung und Harnstauung mit der Folge der Entwicklung einer Schrumpfniere im Bereich der Spekulation. Die Vorschädigung der rechten Niere des Klägers zu 2), die dazu geführt hatte, dass ihm schon vor dem Unfall ein Nierenkatheter implantiert werden musste, der später regelmäßig zu erneuern war, legt es vielmehr nahe, dass die Entzündungen Jahre nach dem Unfall andere Ursachen haben als die Prellung durch den Unfall. Aussagekräftige "Brückensymptome" liegen nicht vor. Sie bestehen vor allem in Schmerzbekundungen des Klägers zu 2), die weder objektivierbar noch uneingeschränkt glaubhaft sind. Bei dieser Sachlage sind weitere Zeugen- und Sachverständigenvernehmungen von vornherein ungeeignet, um den auch im Sinne von § 287 ZPO ausreichenden Nachweis einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Mitverursachung des späteren Krankheitsbildes bei der rechten Niere des Klägers durch die Prellung infolge des Unfalls zu erbringen (IV.2.). Auch eine ergänzende psychiatrische Untersuchung des Klägers zu 2) ist nicht angezeigt (IV.3.).

2. Die Ursächlichkeit des Unfalls für behauptete Nierenschäden kann nicht festgestellt werden, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Beschwerden auf einer Schädigung durch ein früheres Ereignis und einen fortschreitenden unfallunabhängigen Krankheitsbefund beruhen und eine Verschlimmerung einer Vorschädigung durch den Unfall zwar möglich, aber nicht wahrscheinlich ist.

Der Kausalzusammenhang zwischen der unstreitigen Nierenprellung beim Unfall und dem später auftretenden Befund, der zur Nierenoperation im Jahre 2003 geführt hat, ist - auch nicht im Sinne eines Wahrscheinlichkeitsurteils nach § 287 ZPO - anzunehmen. Dagegen spricht, dass die zuvor operativ eingerichtete künstliche Blase zu einem späteren Zeitpunkt eine Harnstauung verursacht haben kann, dass zum Unfallzeitpunkt nach der Diagnose des Urologen Dr. P... bereits eine "unfallunabhängige Harnleiterentzündung" vorgelegen hatte, die vor dem Hintergrund der Folgen der Prostatakrebsbehandlung des Klägers zu 2) nachvollziehbar ist, ferner dass der "schnelle" (Bl. 31 a.E. GA) Heilungsverlauf während und nach der Krankenhausbehandlung "komplikationslos" war (Bl. 26 GA) und die Nierenprellung des Klägers zu 2) bereits im Oktober 1999 nach allen zeitnahen Untersuchungsbefunden derart abgeklungen war, dass der urologische Verlauf bis zum Jahre 2002 unauffällig erschien, und schließlich dass vor und nach dem Unfall unabhängig davon eine Katheterisierung erforderlich war. Die Katheterisierung hat mit höherer Wahrscheinlichkeit als die rasch abgeklungene Nierenprellung mitsamt den Folgen einer eventuellen Narbenbildung nach Abheilung einer Gewebszerreißung durch den Unfall in den Jahren 2002/2003 die dann aufgetretene Nierenbeckenentzündung verursacht, weil der dauernd vorhandene und periodisch ausgewechselte Katheter ein latent vorhandener Rückzugsraum für Bakterien war. Auch bei der Untersuchung des Sachverständigen Prof. Dr. E... zeigte der Harn mikroskopisch "reichlich Bakterien; der Befund ist angesichts des liegenden suprapubischen Katheters nicht ungewöhnlich" (Bl. 266 a.E. GA).

Mit den verschiedenen Faktoren, die als alternative Ursachen des zuletzt eingetretenen Krankheitsbefundes beim Klägers zu 2) in Betracht zu ziehen sind, setzt sich das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. E... nicht genügend auseinander. Es schließt zunächst aus der zeitlichen Abfolge von Unfall (29. September 1999) und Nierenbeckenentzündung (2002) sowie Nierenoperation (2003) auf einen Kausalzusammenhang; dabei ist der zeitliche Zusammenhang hier besonders weiträumig. Als Bindeglied zwischen den zeitlich getrennten Ereignissen gelten dem Sachverständigen zunächst die Schmerzbekundungen des Klägers zu 2), die er ohne nähere Begründung für glaubhaft hält, obwohl Unterschiede in der Darstellung früherer Schmerzbekundungen zu verzeichnen waren. Zeitnah nach dem Unfall waren "Schmerzen eher von der Wirbelsäule ausgehend empfunden worden" (Bl. 265 GA), was immerhin zur orthopädischen Untersuchung und Behandlung degenerativer Wirbelsäulenveränderungen bei dem damals 72-jährigen und in Vollzeittätigkeit berufstätigen Kläger zu 2) geführt hatte. Eine Hüftgelenksarthrose, eine Wirbelsäulenverbiegung und ein diskreter Hinweis auf Osteroporose wurden dann diagnostiziert (Bl. 146 a.E., 147 GA), die mit dem Unfall sicher nicht im Zusammenhang stehen. Auch objektiv hatte sich noch Anfang 2003 nur ein leichter Schmerzbefund im rechten Nierenlager ergeben, und auch dies obwohl Ende März 2003 "keine wesentliche Abflussbehinderung der rechten Niere" vorgelegen hatte. Eine objektivierbare Abflussbehinderung war erst im Juni 2003 nachweisbar. Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung des Klägers, es habe schon unmittelbar nach dem Unfall und dann in der Folge im Wesentlichen konstant ein unerträglicher Schmerzbefund im Bereich des rechten Nierenbeckens vorgelegen, der zu seiner Fahruntüchtigkeit und partieller Arbeitungsfähigkeit geführt habe, für den Senat unglaubhaft. Das gilt auch deshalb, weil der Kläger zu 2) ungeachtet seiner Vorschäden und der altersbedingten Entwicklung - bewusst oder unbewusst - letztlich alle seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen dem Unfall zuschreibt, was mit Blick auf die erheblichen Vorerkrankungen, seine exzessive Berufstätigkeit auch über die Grenze des Rentenalters hinaus, aus der Sicht des Senats so nicht zutreffen kann. Der Sachverständige sieht schließlich in der angenommenen Gewebszerreißung bei der Nierenprellung durch den Unfall eine Ursache für die Jahre später verstärkt aufgetretenen Nierenschäden. Die monokausal für das Gutachtenergebnis angeführte Gewebszerreißung als Unfallfolge ist aber bereits nicht unmittelbar belegt, zumal ein Flüssigkeitsaustritt aus der Niere zwar bei einer Gewebszerreißung, aber ebenso etwa auch bei einem fehlerhaften Sitz des Katheters oder einer kurzzeitigen Lockerung infolge der Prellung erfolgen kann; darauf weisen die Beklagten zu Recht hin (Bl. 313 GA). Die Behauptung des medizinischen Sachverständigen, eine "Paravasat" könne nur durch den Flüssigkeitsaustritt infolge einer Gewebszerreißung erfolgt sein (Bl. 304 GA), ist demgegenüber als singuläre Möglichkeit nicht begründet worden, was hier keiner Vertiefung bedarf. Ein Paravasat entsteht sonst etwa durch Infusion oder Injektion von Substanzen in das die Zielgefäße umgebende Gewebe.Die angenommene Gewebszerreißung wäre aber jedenfalls ihrerseits im Oktober 1999 abgeheilt gewesen. Dass Narbenbildungen hierdurch Sekundärfolgen auslösen "können" (Bl. 304 GA), ist nur eine theoretische Möglichkeit, die angesichts der massiven Vorschäden des Klägers zu 2) jedenfalls hinter der Wahrscheinlichkeit anderer Ursachen für die fortschreitende Nierenschädigung zurückstehen muss. Auch der medizinische Sachverständige Prof. Dr. E... hat zutreffend festgehalten: "Es muss aber konstatiert werden, dass sich nach der Neobasenanlage ohne äußeres Trauma auch einseitige Nierenabflussbehinderungen entwickeln können" (Bl. 268 GA). Seine Schlussfolgerung, es könne "nicht völlig ausgeschlossen werden, dass sich im vorliegenden Fall auch ohne Trauma eine solche Abflussbehinderung entwickelt hätte" ist vom Senat angesichts der erläuterten Hintergründe - unglaubhafte Angaben des Klägers zu 2), fehlende Objektivierung der Gewebszerreißung bei der Nierenprellung, latente Infektionsgefahr durch den Dauerkatheter, Möglichkeit der unfallunabhängigen Harnstauung durch die künstliche Blasenanlage - in der Akzentsetzung dahin zu korrigieren, dass ein solcher unfallunabhängiger Kausalverlauf definitiv nicht ausgeschlossen werden kann. In seinem Ergänzungsgutachten hat auch der Sachverständige darauf hingewiesen, dass eine folgenlose Ausheilung des anfänglichen Befundes einer Gewebszerreißung mit der Folge des Flüssigkeitsaustritts "in der großen Mehrzahl der Fälle" zu erwarten sei, aber auch Spätfolgen "möglich" seien. Diesem Regel- /Ausnahmeverhältnis folgt der Senat. Eine Konkretisierung der These der Ursächlichkeit der unfallbedingten Nierenprellung für die Spätfolgen durch bestimmte "Brückensymptome", die allgemein im Schmerzbefund gesehen wurden, ist nicht erfolgt. Der Schmerzbefund ist nicht objektivierbar. Die Schmerzbehauptungen des Klägers zu 2) sind subjektiv gefärbt und zumindest nachträglich überhöht, wenn nicht sogar zugleich eine falsche Ursachenzuschreibung vorliegt. Das Fehlen eines Ursachenzusammenhangs liegt angesichts des erheblichen Zeitablaufs zwischen der abgeheilten Nierenprellung und den weiteren Nierenschädigungen durch Infektion und Harnstauung für den Senat deshalb näher als das Gegenteil. Es ist auch nach Ansicht des Sachverständigen "leider nicht möglich, die Kausalität im vorliegenden konkreten Fall genauer und eindeutiger zu beurteilen, als dies geschehen ist" (Bl. 305 a.E. GA). Daher verspricht auch eine weitere Sachaufklärung mit Sachverständigenhilfe keinen besseren Erfolg im Sinne des Klägers zu 2).

3. Eine erhebliche posttraumatische Belastungsstörung des Klägers zu 2), die - zusammen mit der Nierenprellung - ein über die vorgerichtlich gezahlten 1.789,52 Euro hinausgehendes Schmerzensgeld rechtfertigen könnte, ist nicht festzustellen.

a) Es bestehen schon erhebliche Bedenken gegen die Annahme, dass überhaupt eine chronifizierte posttraumatische Belastungsstörung als Unfallfolge vorliegt.

Psychische Beeinträchtigungen können auch zu Schmerzbefunden führen. Nach der Rechtsprechung erstreckt sich die Ersatzpflicht des für einen Körper- oder Gesundheitsschaden einstandspflichtigen Schädigers auch auf psychisch bedingte Folgewirkungen des von ihm herbeigeführten haftungsbegründenden Ereignisses (vgl. BGHZ 132, 341, 343 ff.; BGH NJW 2004, 1945, 1946). Dies gilt gegebenenfalls auch für eine psychische Fehlverarbeitung als Folgewirkung des Unfallgeschehens, vorausgesetzt es besteht eine hinreichende Gewissheit dafür, dass diese Folge ohne den Unfall nicht eingetreten wäre (vgl. BGHZ 132, 341, 343 ff.; 137, 142, 145; BGH NJW 2004, 1945, 1946). An dieser Gewissheit fehlt es aber hier. Eine posttraumatische Belastungsstörung (vgl. Senat NJW-RR 2004, 1318, 1322 ff.) des Klägers zu 2) durch den Unfall liegt fern. Gegebenenfalls wären aber auch andere seelische Belastungsfaktoren abzugrenzen, zu denen sich der Kläger zu 2) weder im Prozess noch bei der Anamnese näher geäußert hat.

Als Trauma wird ein Ereignis definiert, das für eine Person entweder in direkter persönlicher Betroffenheit oder indirekter Beobachtung eine intensive Bedrohung des eigenen Lebens, der Gesundheit und körperlichen Integrität darstellt und Gefühle von Angst, Schrecken und Hilflosigkeit auslöst. Ein posttraumatischer Stress umfasst Symptome, die auf die Konfrontation mit einem Trauma folgen. Eine posttraumatische Belastungsstörung kann sich nach der Belastung mit einem "Trauma" entwickeln, das heißt, wenn ein Mensch mit Ereignissen konfrontiert wird, die sein Verarbeitungsvermögen übersteigen. Dabei hängt die Frage, ob ein Ereignis traumatisierend wirkt, von der Art und Stärke des Ereignisses sowie von der Person, die dem Ereignis ausgesetzt ist, ab. Die Belastungen sind für den Betroffenen, bei dem eine posttraumatische Belastungsstörung auftritt, von "katastrophalem" Ausmaß, wodurch auch die Krankheitsdauer erklärt wird. Relativ wenig belastbare, auch neurotisch strukturierte Menschen sind besonders häufig von der Störung betroffen. Die potenziellen Symptome der posttraumatische Belastungsstörung sind denen der akuten Belastungsreaktion mit vorübergehender Benommenheit, sodann Unruhe, Angst, Fluchttendenz, Herzjagen und Schwitzen ähnlich, aber länger andauernd; hinzu kommen eine emotionale Einengung, Teilnahmslosigkeit, bedrückte Stimmung und Schlafstörung; dafür ist hier nichts ersichtlich. Charakteristisch für eine posttraumatische Belastungsstörung sind vor allem Albträume und das sonstige Wiederkehren des Nacherlebens der als bedrohlich erlebten Situation in so genannten Flashbacks (vgl. Senat Urt. vom 4. Oktober 2005 - 12 U 961/99 - und vom 6. November 2006 - 12 U 342/02), wie sie auch vom Kläger zu 2) behauptet werden. Seine Darstellung, dass er zweimal pro Woche nachts schweißgebadet aufwache, weil ihm die Bilder des auf ihn zuschleudernden Fahrzeugs der Erstbeklagten vor Augen stünden, ist aber - was der Beurteilungskompetenz des Gerichts und nicht des Sachverständigen unterliegt - nicht uneingeschränkt glaubhaft; darauf haben die Beklagten zutreffend hingewiesen (Bl. 255 f. GA). Andere Ereignisse, wie der vom Kläger beschriebene Bajonettangriff eines russischen Soldaten auf ihn persönlich im Kriege, bei dem er den Angreifer in Notwehr getötet habe (Bl. 228 GA mit falschem Datum "1948"), der Tod von Vater und drei Brüdern im Krieg sowie des vierten Bruders im Jahre 1996 (Bl. 229 GA), der Verlust von einer Millionen DM wegen des Konkurses dreier "Großkonzerne" mit der Folge seines Unternehmensneuaufbaus und schließlich die lebensbedrohende Krebserkrankung waren zuvor angeblich nicht geeignet, ähnliche Wirkungen hervorzurufen, wie sie nun dem Unfallerlebnis zugeschrieben werden. Dabei wird das Unfallereignis auch in den Details vom Kläger ungenau oder falsch beschrieben. Es kam nicht zu einem direkten "Frontalzusammenprall"; vielmehr war das Fahrzeug der Erstbeklagten nach einem Überholmanöver zuerst in ihrer Fahrtrichtung nach rechts gegen die Leitplanke geraten, dann nach links über alle Fahrspuren hinweg in den jenseitigen Hang geschleudert, von dort auf die Fahrspur des Klägers zu 2) gelangt und dort mit dem Heck voran die vordere rechte Kante des Klägerfahrzeugs gestoßen. Ungeachtet der Tatsache, dass es sich um ein rasches Geschehen und einen heftigen Aufprall gehandelt hat, ist die bildhafte Erinnerung des Klägers zu 2) an das Geschehen, wie er es in Anamnese und Prozess umschrieben hat, kaum detailliert. Es kann daher durchaus bezweifelt werden, dass die nicht weiter verifizierbaren Behauptungen des Klägers nachträgliche Zuschreibungen sind und keine glaubhaften Schilderungen von "Flashbacks", wie sie für eine posttraumatische Belastungsstörung charakteristisch sind. Insoweit ist die Befundgrundlage des traumatologischen Gutachtens nicht tragfähig, mag auch das Gutachten selbst in sich schlüssig sein. Unklar bleibt ferner die Bedeutung der gravierenderen Vorerlebnisse des Klägers zu 2) im Krieg, im Wirtschaftsleben und bei seiner Krebserkrankung. Alle diese Ereignisse waren für den Kläger zu 2) mindestens ebenso gravierend wie der zuletzt erlebte Verkehrsunfall mit seinen mäßigen Primärfolgen. Die posttraumatische Belastungsstörung fasst unterschiedliche psychische und psychosomatische Symptome zusammen, die als Langzeitfolgen eines Traumas oder mehrerer Traumata auftreten können, deren Tragweite die Strategien des Organismus für eine abschließende Bewältigung überfordert hat. Eine solche Überforderung ist beim Kläger zu 2), der auch im hohen Alter vor und zunächst auch nach dem Unfall vollzeitig berufstätig war, jedoch nicht belegt. Neben dem Vorliegen eines traumatisierenden Ereignisses (sogenanntes A-Kriterium) müssen zur Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung aber auch Symptome aus drei anderen Kategorien vorliegen, nämlich Intrusionen (unvermeidbare belastende Erinnerungen), ein Vermeidungsverhalten (Avoidance) und eine Übererregung (Hyperarousal). Das Vermeidungsverhalten beim eigenhändigen Führen eines Kraftfahrzeugs (Bl. 236 GA) ist hier gering zu veranschlagen, weil der Kläger zu 2) immerhin noch als Beifahrer oft und intensiv am Straßenverkehr beteiligt blieb. Übererregung im psychopathologischen Sinne fiel im Berufsleben und im Prozess nie auf. Damit trägt das bisherige Beweisergebnis die Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht. Sind schon die Befundgrundlagen des Gutachtens in Form von Angaben des Klägers zu 2) ungesichert und unglaubhaft, dann hilft auch eine nochmalige Begutachtung nicht weiter.

Das gilt auch mit Blick auf die Unklarheiten über die Zuschreibung des subjektiven Erlebens des Klägers zu 2) zu bestimmten Ereignissen. Eine posttraumatische Belastungsstörung setzt ein traumatisierendes Ereignis von Gewicht voraus. Kommen mehrere Ereignisse als Trauma in Betracht, so kann eine psychische Beeinträchtigung des Unfallopfers durch den zuletzt erlebten Verkehrsunfall nur festgestellt werden, wenn sich die Ursächlichkeit der früheren Erlebnisse ausschließen lässt (Senat NJW-RR 2004, 1318, 1322 f.). Hier hatte der Kläger zu 2) vor dem Unfallereignis vom 29. September 1999 gravierendere Erlebnisse. Er war im Kriege selbst unmittelbar mit einem Bajonett angegriffen worden und hat den Angreifer getötet, um der lebensbedrohenden Attacke zu entgehen. Er hat in den 80er Jahren eine lebensbedrohende Krebserkrankung erfahren müssen und diese zumindest aus der subjektiven Erlebnissicht mit knapper Not überlebt. Er hat im unternehmerischen Bereich einen Millionenverlust hinnehmen und durch Neuaufbau seines Unternehmens kompensieren müssen. Alle diese Ereignisse waren objektiv von erheblichem, wenn nicht gar größerem Gewicht als die streitgegenständliche Fahrzeugkollision, die jedenfalls zunächst nur zu Prellungen geführt hat. Bei der Anamnese hat sich der Kläger zu 2) zu den weiteren potenziellen Traumata allenfalls knapp und karg geäußert. Das fällt ins Gewicht, weil sich die Untersuchung auf den Haftpflichtprozess bezog, so dass bewusste oder unbewusste Zuschreibungen von Befindlichkeitsstörungen alleine zu dem Unfallereignis erfolgt sein können, ohne dass dem ein realer Ursachenzusammenhang entspricht. Auch fehlt eine nähere Umschreibung der so genannten Flashbacks hinsichtlich ihrer Qualität, ihrer Quantität und der begleitenden körperlichen Wirkungen, wie sie für eine posttraumatische Belastungsstörung von Krankheitswert bedeutsam wären. Damit fehlt eine tragfähige Grundlage für die Feststellung einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer unfallbedingten posttraumatischen Belastungsstörung.

b) Auch wenn aber vom Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen wäre, die den Beklagten zuzurechnen sein könnte, so würde diese hilfs­weise keinen Schweregrad erreichen, der ein weiteres Schmerzensgeld über die vorgerichtlich gezahlten 1.789,52 Euro hinaus auch in der Gesamtschau mit der Nierenprellung hinaus, rechtfertigen könnte. Auch darauf haben die Beklagten zu Recht verwiesen (Bl. 257 f. GA). Die Vorerlebnisse des Klägers zu 2) im Krieg, im Wirtschaftsleben und bei der Krebserkrankung als psychische Vorbelastungen können dabei den Beklagten nicht zugerechnet werden und scheiden als unmittelbar schadensersatzrechtlich relevante Gesichtspunkte aus. Eine vermehrte Belastung des Klägers mit der Erinnerung an diese schicksalhaften Erlebnisse als Fall der Verschlimmerung von Prädispositionen durch die Flashbacks des Unfallerlebnisses sind vom Kläger zu 2) nicht einmal klar behauptet worden. Auch für sich genommen sind die Flashbacks, die Richtigkeit ihrer Behauptung unterstellt, nicht von so erheblichem Gewicht, wie es der Kläger zu 2) annehmen will. Er war kurze Zeit nach dem Unfall wieder in Vollzeittätigkeit im Beruf engagiert. Er hat zwar das eigenhändige Führen von Kraftfahrzeugen vermieden, sich nach seiner Darstellung aber oft und über längere Strecken chauffieren lassen und insoweit als Beifahrer am Straßenverkehr teilgenommen. Besondere psychopathologische Ausfallerscheinungen infolge einer posttraumatischen Belastungsstörung sind nirgends verzeichnet worden. In der Gesamtschau ist die Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 1.789,52 Euro daher ausreichend, um auch eine leichte psychische Beeinträchtigung und die unfallbedingten Prellungen insgesamt zu kompensieren.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 712 ZPO.

Ein Grund zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 38.182,77 Euro (582,87 Euro Berufungsantrag 1. der Klägerin zu 1., 338,76 Euro Berufungsantrag 2. des Klägers zu 2., 24.050,66 Euro Berufungsantrag 3. des Klägers zu 2., 13.210,48 Euro Anschlussberufung der Beklagten).

Ende der Entscheidung

Zurück