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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 29.05.2006
Aktenzeichen: 12 U 188/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, HGB


Vorschriften:

BGB § 124
BGB § 134
BGB § 138
BGB § 151
BGB § 151 Satz 1
BGB § 178
BGB § 181
BGB § 607
ZPO § 529 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
HGB § 59 Abs. 1
HGB § 124
HGB § 128
HGB § 161 Abs. 1
HGB § 161 Abs. 2
War die Vertragsurkunde dem anderen Teil übersandt worden mit der Bitte, sie zur rechtsverbindlichen Gegenzeichnung zurückzusenden und ist dies mit schriftlicher Zustimmungserklärung des anderen Teils erfolgt, dann ist darin ein Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung gegenüber dem Vertragsangebot zu sehen.

Eine Unterschrift im Rechtssinne unter eine Vertragsurkunde liegt vor, wenn sie einen individuellen Charakter aufweist, der sie von anderen Unterschriften unterscheidet, eine Nachahmung erschwert und die Absicht der vollen Unterschrift erkennen lässt, selbst wenn sie nur flüchtig oder verkürzt niedergelegt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen ist auch ein vereinfachter und nicht lesbarer Namensschriftzug als Unterschrift anzuerkennen.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 U 188/05

Verkündet am 29.05.2006,

in dem Rechtsstreit

wegen einer Darlehensforderung.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes, die Richterin am Oberlandesgericht Frey und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschelbach auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urkundenvorbehaltsurteil der 11. Zivilkammer - 1. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Mainz vom 21. Januar 2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die im genannten Urteil geforderte Zahlung der Beklagten nach einer Forderungsabtretung an M... T..., ..., zu erbringen ist.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch bleibt den Beklagten nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der beizutreibenden Forderung abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten im Urkundenprozess um die Berechtigung einer Forderung der Klägerin auf Rückzahlung einer Darlehensforderung nebst Zinsen. Zugrunde liegt eine ursprüngliche Darlehensvereinbarung vom 1. September 1983 (Bl. 6 f. GA) zwischen der Klägerin und der Firmenvorgängerin der Beklagten zu 1), der B...-W... Grundstücksvermietungsgesellschaft mbH & Co. Objekt R... M... KG, über ein Darlehen von 1.844.975,74 DM nebst 8,475 % Zinsen pro Jahr. Die Laufzeit sollte zunächst 24 Jahre und 3 Monate betragen. Die Tilgung sollte entsprechend einem anderweitig geschlossenen Pachtvertrag zwischen der Schuldnerin und H... T..., der Komplementärin der Firmenvorgängerin der Erstbeklagten, erfolgen. Bis zum Jahre 1995 erfolgten die Annuitätenzahlungen vertragsgemäß. Dann trat ein Zahlungsausfall bis Ende Dezember 2000 ein. Vor diesem Hintergrund trafen die T... KG als Firmennachfolgerin der B...-W... Grundstücksvermietungsgesellschaft mbH & Co. Objekt R... M... KG am 8. Februar 2001 eine "Zusatzvereinbarung Nr. 1" (Bl. 8 f. GA) zu dem genannten Darlehensvertrag. Darin wurden aufgelaufene Zinsen kapitalisiert und der Saldo der Verbindlichkeiten auf 1.415.151,48 DM bestimmt. Die Restlaufzeit des Vertrages wurde auf neun Jahre festgelegt und ein Zins- und Tilgungsplan erstellt, der dem Vertrag als Anlage beigefügt wurde. Im Jahre 2001 wurde die Schuldnerin erneut umfirmiert in die Firma der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 2) war seit dem 2. August 2001 deren persönlich haftende Gesellschafterin. Sie schied mit Eintragung im Handelsregister am 16. Juli 2003 wieder aus der Kommanditgesellschaft aus. Bis einschließlich Mai 2001 wurden durch die Beklagte zu 1) die Zins- und Tilgungsraten aufgrund der "Zusatzvereinbarung Nr. 1" geleistet. Dann trat erneut ein Zahlungsausfall ein. Wegen der Raten für die Zeit von Juni 2001 bis Juni 2003 erwirkte die Klägerin ein Urteil des Landgerichts vom 13. Februar 2004 - 11 HK O 46/03, aus dem die Klägerin die Zwangsvollstreckung betreibt. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft die Rückzahlung des gesamten verbleibenden Darlehensrestbetrages nebst Zinsen nach der Beendigung des Darlehens wegen des Zahlungsverzuges.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Darlehensvereinbarung und die Zusatzvereinbarung Nr. 1 seien wirksam abgeschlossen und die Darlehensvaluta seien ausgezahlt worden. Die "Zusatzvereinbarung Nr. 1" sei aufgrund einer von ihren damaligen Geschäftsführern Q... und H... erteilten schriftlichen Vollmacht von den Herren B... und Dr. K... unterzeichnet und kurz darauf von ihrem Geschäftsführer H... und dem Prokuristen He... nochmals genehmigt worden. Die Beklagten würden die Unterschriften der Geschäftsführer H... und He... ins Blaue hinein bestreiten; darauf seien sie schon im Vorprozess vom Gericht hingewiesen worden. Die von ihr nach vorheriger Unterzeichnung durch die Firmenvorgängerin der Erstbeklagten unterzeichnete "Zusatzvereinbarung Nr. 1" sei mit Schreiben vom 9. Februar 2001 zurückgesandt worden. Das Bestreiten des Zugangs der Annahmeerklärung durch die Beklagten sei unzutreffend. Eine Anfechtung der "Zusatzvereinbarung Nr. 1" wegen arglistiger Täuschung gehe fehl, weil ein Anfechtungsgrund nicht bestehe, die Frist gemäß § 124 BGB nicht eingehalten sei und die Kommanditistin der Erstbeklagten sowie die Zweitbeklagte nicht zur Anfechtung der rechtsgeschäftlichen Erklärung der früheren Kommanditistin H... T... berechtigt seien. Die am 28. Februar 2001 verstorbene H... T... sei bei der Unterzeichnung der "Zusatzvereinbarung Nr. 1" voll geschäftsfähig gewesen. Die Verjährung ihres Anspruchs sei ausgeschlossen, weil der Darlehensrestbetrag erst durch den Rückstand seit Juli 2003 fällig geworden sei. Die Klägerin hat im Urkundenprozess beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von insgesamt 849.963,68 Euro nebst Zinsen zu verurteilen.

Die Beklagten haben Klageabweisung mit dem Vortrag beantragt, die Darlehensvereinbarungen seien nicht wirksam geworden und die Darlehensvaluta seien hier ebenso wie im Falle eines früheren weiteren Darlehens über 691.291 DM nicht ausgezahlt worden. Die ursprüngliche Darlehensvereinbarung und die "Zusatzvereinbarung Nr. 1" seien nicht von Personen unterzeichnet worden, die für die Klägerin zur Vertretung berechtigt gewesen seien. Den ursprünglichen Darlehensvertrag habe der damalige Geschäftsführer W... der Klägerin ohne Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens für beide Seiten unterzeichnet. Die Unterschriften unter dem Darlehensvertrag und der "Zusatzvereinbarung Nr. 1" seien im Übrigen unleserlich und nicht mit maschinenschriftlichen Zusätzen versehen oder sonst erläutert worden. Die Zusatzvereinbarung Nr. 1 sei zudem wirksam angefochten worden. Sollte davon ausgegangen werden, dass die Darlehensvaluta entgegen ihrem Vortrag ausgezahlt worden seien, so sei hilfsweise jedenfalls anzunehmen, dass bis zum Jahre 1985 eine vollständige Rückzahlung erfolgt sei. Die von der Klägerin nunmehr geltend gemachte Forderung sei dem Umfang nach nicht urkundlich belegt. Die Unterzeichnung der "Zusatzvereinbarung Nr. 1" durch H... T... sei infolge von Geschäftsunfähigkeit dieser Unterzeichnerin nicht wirksam geworden. Zudem sei die Annahmeerklärung der Klägerin bezüglich dieser "Zusatzvereinbarung Nr. 1" der Firmenvorgängerin der Erstbeklagten nicht zugegangen. Schließlich sei von einer Veruntreuung der Darlehensvaluta durch Überweisung auf klägereigene Konten bei der Westdeutschen Landesbank auszugehen. Außerdem haben die Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat der Klage durch Urkundenvorbehaltsurteil der 11. Zivilkammer - 1. Kammer für Handelssachen - vom 21. Januar 2005 stattgegeben und den Beklagten die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Es hat ausgeführt, auf die Einwendungen gegen die Wirksamkeit des ursprünglichen Darlehensvertrages wegen Vertretungsmängel komme es nicht an, weil schon die Klageerhebung im Vorprozess eine Genehmigung durch die vertretungsberechtigten Organe der Klägerin enthalte. Ein Widerruf der Zusatzvereinbarung im Vorprozess sei verspätet erklärt worden. Das Zustandekommen der "Zusatzvereinbarung Nr. 1" sei im Urkundenprozess hinreichend belegt. Die Klägerin habe die Zusatzvereinbarung mit einem Begleitschreiben an die T... KG vom 29. Januar 2001 übersandt, in dem darum gebeten worden sei, die Vertragsurkunde möge "rechtsverbindlich gegengezeichnet" und dann zurückgesandt werden. Dem habe die T... KG schriftlich zugestimmt. Weil die von beiden Vertragsparteien unterzeichnete Vertragsurkunde vorliege, sei im Urkundenprozess von einem wirksamen Vertragsschluss auszugehen. Nach Befolgung der Bitte um "rechtsverbindliche" Unterzeichnung durch die Firmenvorgängerin der Erstbeklagten sei auch durch die Klägerin eine Vertragsausfertigung nach der Gegenzeichnung an die T... KG zurückgesandt worden. Nach allem sei auf den Zugang der Annahmeerklärung der Klägerin bei der T... KG konkludent verzichtet worden. Die anschließende Rücksendung einer Ausfertigung der Vertragsurkunde habe nur eine Dokumentationsfunktion erfüllt. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung bestünden im Übrigen nicht. Der Einwand, H... T... sei bei der Unterzeichnung der Zusatzvereinbarung vom Tode gezeichnet gewesen und habe nicht gewusst, was sie unterschreibe, sei im Urkundenprozess unbeachtlich, weil ein Urkundenbeweis für diesen Einwand nicht geführt werden könne. Dass der Tilgungsplan als Anlage zur Zusatzvereinbarung nicht unterzeichnet worden sei, falle nicht ins Gewicht, weil im Vertrag darauf Bezug genommen worden sei und die Anlage mit der Zusatzvereinbarung ersichtlich eine Einheit bilde. Der Tilgungsplan ergebe genau, welche Leistungen zu erbringen gewesen seien. Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe bei Abschluss des Ursprungsvertrages im Jahre 1983 keine kreditwesenrechtliche Erlaubnis gehabt, sei unerheblich, weil die Zusatzvereinbarung eine neue originäre Verbindlichkeit mit der Wirkung eines Schuldanerkenntnisses begründet habe. Daher könnten die Beklagten auch nicht mit der Behauptung Erfolg haben, die ursprüngliche Darlehenssumme sei nicht ausgezahlt worden. Anspruchsverjährung sei nicht eingetreten. Die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen seien nicht urkundlich belegt und daher im Urkundenvorbehaltsurteil nicht zu berücksichtigen. Die Darlehensrückzahlungsforderung sei nicht verjährt, weil der Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist für die monatlichen Raten nicht vor deren jeweiliger Fälligkeit eingesetzt habe. Der Aufrechnungseinwand gehe fehl, weil die Gegenforderungen nicht urkundlich belegt seien.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Ziel der Klageabweisung (Bl. 127 ff., 155 ff., 172 f., 186 ff., 215 ff. GA). Sie heben insbesondere nochmals hervor, die Darlehensvaluta seien ursprünglich nicht ausgezahlt worden und der Zugang der Annahmeerklärung zur Zusatzvereinbarung sei im Urkundenprozess nicht bewiesen. § 151 BGB greife entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht ein.

Die Klägerin tritt der Berufung entgegen. Sie verweist zudem auf eine nachträgliche Forderungsabtretung an M... T... (Bl. 174 ff. GA) und bittet insoweit unter Umstellung des Klageantrags um Änderung des Tenors und Zurückweisung der Berufung mit dieser Maßgabe (Antrag Bl. 244 f. GA).

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Hinsichtlich der Feststellungen des Landgerichts verweist der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil.

II.

Die Berufung ist unbegründet und nach dem unstreitigen Forderungsübergang auf M... T... (Bl. 175, 180 GA) nur mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Tenor nach dem Antrag der Beklagten (Bl. 244 f. GA) geändert wird. Das angefochtene Urkundenvorbehaltsurteil ist anhand des Prüfungsmaßstabs des § 529 Abs. 1 ZPO nicht zu beanstanden. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch aus § 607 BGB in Verbindung mit §§ 161 Abs. 1, 124 HGB und gegen die Beklagte zu 2) aufgrund ihrer Nachhaftung im Zeitraum von fünf Jahren gemäß § 607 BGB in Verbindung mit §§ 161 Abs. 2, 124, 128,159 Abs. 1 HGB ein Anspruch im Umfang der Klagesumme zusteht, der insbesondere durch die "Zusatzvereinbarung Nr. 1" hinreichend urkundenbeweislich belegt sei.

Soweit die Beklagten einen Verstoß gegen § 181 BGB beim Abschluss des ursprünglichen Darlehensvertrages bemängeln, trifft die Ansicht des Landgerichts zu, dass ein eventueller Verstoß gegen § 181 BGB nur zur schwebenden Unwirksamkeit dieses Vertrages geführt hätte, die durch Genehmigung in Form der Klageerhebung im Vorprozess geheilt worden wäre. Darauf kommt es letztlich aber wegen der Wirkungen der "Zusatzvereinbarung Nr. 1" nicht an. Diese ist nach der zutreffenden Ansicht des Landgerichts nicht wirksam gemäß § 178 BGB widerrufen worden, weil die Genehmigung durch Klageerhebung im Vorprozess dem Widerruf zuvorgekommen ist.

Es ist jedenfalls im Urkundenprozess von einer Auszahlung der Darlehensvaluta auszugehen. Dies wurde von der Beklagten zu 1) durch die als solche unstreitig gebliebenen (Bl. 156 GA) Schreiben vom 29. September 1988 und 22. März 1989 zugestanden (vgl. Bl. 95, 143 f. GA). Dies hat das Landgericht festgestellt und dem kommt im Urkundenprozess Beweisbedeutung zu, die jedenfalls in der Gesamtschau mit anderen Indizien hier zu der Annahme ausreicht, dass die Darlehensvaluta ausgezahlt worden sind. Es sind nämlich zunächst bereits nach dem ursprünglichen Darlehensvertrag jahrelang Rückzahlungen erfolgt, die nach der Beweislage im Urkundenprozess nicht erklärlich erscheinen, wenn die Darlehensvaluta nicht ausgezahlt worden wären. Auch nach dem Abschluss der "Zusatzvereinbarung Nr. 1", die nach einer längeren Zahlungsverzögerung zustande gekommen ist, sind zunächst mehrere Monatsraten gezahlt worden, was ebenfalls befremdlich erscheinen müsste, wenn keine Darlehensauszahlung erfolgt gewesen wäre. Angebliche Machenschaften der Klägerin, die die Firmenvorgänger der Erstbeklagten darüber hinweggetäuscht hätten, sind im Urkundenprozess nicht hinreichend belegbar; insoweit sind die Beklagten auf die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren zu verweisen. Zudem wurde die Annuität 1986 in einem Vergleich im Verfahren 11 HO 166/99 des Landgerichts als abgegolten bezeichnet (Bl. 109 GA). Auch das wäre kaum anzunehmen gewesen, wenn die Firmenvorgänger der Erstbeklagten selbst nicht davon ausgegangen wären, die Darlehensvaluta seien ausgekehrt worden. Schließlich liegt in der "Zusatzvereinbarung Nr. 1" neben einer partiellen Neuregelung durch Kapitalisierung der aufgelaufenen Zinsen auch ein Schuldanerkenntnis vor. Das hat das Landgericht zu Recht angenommen. Nach der Rechtsprechung setzt ein kausales Schuldanerkenntnis voraus, dass die Parteien mit der Vereinbarung das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Bestimmungen dem Streit oder der Ungewissheit entziehen wollen (vgl. etwa BGH Urt. v. 24. Juni 1999 - VII ZR 120/98). Das ist in der "Zusatzvereinbarung Nr. 1" jedenfalls hinsichtlich des Saldos der offenen Verbindlichkeiten, der kapitalisierten Zinsforderung und der künftigen Tilgungsmodalitäten geschehen.

Von der Unwirksamkeit der Unterzeichnung des Darlehensvertrages sowie der "Zusatzvereinbarung Nr. 1" ist hier nicht auszugehen. Eine Unterschrift im Rechtssinne liegt vor, wenn sie einen individuellen Charakter aufweist, der sie von anderen Unterschriften unterscheidet, eine Nachahmung erschwert und die Absicht der vollen Unterschrift erkennen lässt, selbst wenn sie nur flüchtig oder verkürzt niedergelegt worden ist; unter diesen Voraussetzungen ist auch ein vereinfachter und nicht lesbarer Namensschriftzug als Unterschrift anzuerkennen (vgl. OLG Brandenburg WM 2003, 2037, 2038). Insoweit bestehen keine Bedenken gegen die Annahme einer wirksamen Unterzeichnung Die Berufung auf ein fehlendes Formerfordernis kann im Übrigen treuwidrig (§ 242 BGB) sein; dies gilt nicht nur bei gesetzlichen Formvorschriften, sondern auch bei rechtsgeschäftlich vereinbarter Form (vgl. BGHR BGB § 127 Treuwidrigkeit 1). So liegt es hier nach dem Beweisergebnis im Urkundenprozess. Haben die Firmenvorgänger der Erstbeklagten den ursprünglichen Darlehensvertrag und auch die "Zusatzvereinbarung Nr. 1" zunächst unstreitig durch jeweils eine Mehrzahl monatlicher Zahlungen der vereinbarten Raten zur Tilgung und Zinsleistung erfüllt, so ist ihr Verhalten widersprüchlich, wenn sie sich nachträglich darauf beruft, die Vereinbarungen seien auf Seiten der Klägerin nicht von vertretungsberechtigten Personen unterzeichnet worden.

Es ist auch sonst im Urkundenprozess von der Wirksamkeit der "Zusatzvereinbarung Nr. 1" auszugehen. War die Urkunde zur Zusatzvereinbarung an die T... KG übersandt worden mit der Bitte, sie zur "rechtsverbindlichen" Gegenzeichnung zurückzusenden und ist dies mit schriftlicher Zustimmungserklärung der Firmenvorgängerin der Erstbeklagten erfolgt, dann ist darin ein Verzicht der Erstbeklagten auf den Zugang der Annahmeerklärung der Klägerin zu sehen. Daran ändert die schriftlich geäußerte Bitte der Firmenvorgängerin der Erstbeklagten, ihr nach der Gegenzeichnung "ein Exemplar für unsere Unterlagen zuzuleiten" (Bl. 136 GA), nichts. Das Landgericht hat daraus zu Recht entnommen, dass es dabei nur um die Erfüllung einer Dokumentationsfunktion ("zu unseren Unterlagen") gegangen sei. Die vorherige Bitte um Rücksendung des von der Firmenvorgängerin unterzeichneten Vertragstextes zur "rechtsverbindlichen" Gegenzeichnung konnte unbeschadet dieser Dokumentationsmaßnahme als Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung gewertet werden. Nach § 151 Satz 1 BGB kommt ein Vertrag durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass diese Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Ein konkludenter Zugangsverzicht ist bei Rechtsgeschäften, die der Schriftform unterliegen, möglich, sofern nicht gerade der mit dem Schriftformerfordernis verfolgte Zweck einen Zugang der Annahmeerklärung verlangt (vgl. BGHR BGB § 151 Zugangsverzicht 1). Für eine abweichende Beurteilung besteht hier kein Grund. Der Inhalt der Zusatzvereinbarung zum Darlehensvertrag war zwischen den Vertragsparteien abschließend festgelegt worden. Mit einer weiteren abweichenden Äußerung der Klägerin konnte die Beklagte zu 1) nicht rechnen, zumal diese um die "rechtsverbindliche" Unterzeichnung gebeten hatte. Schließlich ist der Einwand der Beklagten, es fehle am Nachweis des Zugangs der Annahmeerklärung, seinerseits treuwidrig, weil die Firmenvorgängerin der Beklagten zu 1) auch nach dem Abschluss der "Zusatzvereinbarung Nr. 1" mehrfach Leistungen im Einklang mit der Neuregelung der monatlichen Zahlungsverpflichtungen erbracht hat. Sie handelt widersprüchlich, wenn sie sich hiernach auf die Unwirksamkeit der "Zusatzvereinbarung Nr. 1" mangels Zugangs der Annahmeerklärung der Klägerin beruft.

Der Einwand gegen die Wirksamkeit der Unterzeichnung der Zusatzvereinbarung Nr. 1 durch H... T... damit, dass diese nicht geschäftsfähig gewesen sei, geht im Urkundenprozess fehl. Urkundenbeweis dazu können die Beklagten nicht antreten. Gleiches gilt für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Insoweit ist ihnen die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

Das Landgericht hat zutreffend die Einbeziehung des Tilgungsplans in die "Zusatzvereinbarung Nr. 1" angenommen. Die damalige Komplementärin der Firmenvorgängerin der Erstbeklagten hat sich auch "mit diesen Ratenzahlungen ... einverstanden" erklärt und die Ratenzahlungen sind anfangs unstreitig erbracht worden. Damit ist im Urkundenprozess kein durchgreifender Einwand gegen den Anspruchsumfang gegeben. Ein Verstoß gegen das Zinseszinsverbot liegt nach der Kapitalisierung der früher angefallenen Zinsen in der Zusatzvereinbarung Nr. 1, die eine neue verzinsliche Hauptschuld geschaffen hat, nicht vor (vgl. BGH WM 1986, 8, 9 f.).

Die Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruches ergibt sich, wie das Landgericht richtig festgestellt hat, aus der vertraglichen Fälligkeitsbestimmung in Ziffer 8a des ursprünglichen Darlehensvertrages. Ferner liegt in der Klageerhebung eine wirksame Kündigung aus wichtigem Grund, weil die Erstbeklagte mit der Darlehensrückzahlung über einen Zeitraum von zwölf Monaten in Rückstand war.

Die Verjährungseinrede hat das Landgericht zutreffend zurückgewiesen. Dagegen wendet auch die Berufung nichts ein.

Neues Vorbringen im Schriftsatz vom 17. August 2005 (Bl. 185/191 ff. GA) und im Schriftsatz vom 21. Oktober 2005 (Bl. 215 ff. GA) zur Nichtigkeit des Darlehens nach §§ 134, 138 BGB ist nach § 531 Abs. 2 ZPO im Urkundenprozess nicht zuzulassen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Grund zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt 849.963,68 Euro.

Ende der Entscheidung

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