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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 10.04.2006
Aktenzeichen: 12 U 190/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 433 Abs. 2
BGB § 434 Abs. 1 Satz 1
BGB § 434 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Eine Kaufsache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet sowie eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Normaler Materialverschleiß beim bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache stellt keinen Sachmangel dar. Fehler bei der Verwendung der Sache sind dem Verkäufer nicht zuzurechnen. Das gilt bei Aluminium-Verschlusskapseln für Weinflaschen dann, wenn deren Isolierschicht im Anrollbereich an der Außenseite von Flaschenhölsen beim Aufbringen beschädigt werden, dort in Kontakt mit Wein geraten und dies einen Fehlgeruch entstehen lässt, sofern Weinreste beim Abfüllvorgang nicht an die Außenseiten der Flaschen gelangen dürfen.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Geschäftsnummer: 12 U 190/05

Verkündet am 10.04.2006

in dem Rechtsstreit

wegen eines Kaufpreisanspruches u.a.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes, die Richter am Oberlandesgericht Dr. Wohlhage und Dr. Eschelbach auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen der Beklagten und ihrer Streithelfer gegen das Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 10. Januar 2005 werden zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Streithelfer tragen die ihnen im Berufungsverfahren erwachsenen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten und ihren Streithelfern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der jeweils beizutreibenden Forderung abzuwenden.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten aufgrund der Klage um einen Kaufpreisanspruch des Klägers gegen die Beklagten wegen der Lieferung von Weinflaschen und Verschlüssen, aufgrund der Widerklage um Schadensersatzansprüche der Beklagten gegen den Kläger wegen Mangelfolgeschäden aufgrund einer Schlechtlieferung der Verschlüsse.

Der Kläger lieferte im Mai 2001 als Zwischenhändler 15.000 Weinflaschen und 16.000 Aluminiumkapseln zum Verschluss von Weinflaschen an die Beklagten, die ein Weingut betreiben und eigene Flaschenweine vermarkten. Der Kaufpreis betrug 5.193,22 DM =2.655,25 Euro (netto) für die Flaschen und 1.920 DM = 981.68 (netto) für die Aluminiumkapseln, mit 1.138,12 DM = 581,91 Euro Mehrwertsteuer zusammen 8.251,34 DM = 4.218,84 Euro. Die Kaufpreisforderung ist von den Beklagten nicht beglichen worden, weil sie Mängel der Aluminiumkapseln und Mangelfolgeschäden geltend machen; mit dem Schadensersatzanspruch wegen der behaupteten Mangelfolgeschäden haben sie auch im Umfang der verbleibenden Kaufpreisforderung die Aufrechnung erklärt und den weiter gehenden Betrag im Wege der Widerklage ersetzt verlangt.

Nach der Abfüllung von vier Weinpartien mit einer neuen mobilen Abfüllanlage durch die Streithelfer der Beklagten, die von den Beklagten bei der Abfüllung ihres Weines als Lohnabfüller eingeschaltet wurden, wurde festgestellt, dass unter den Aluminiumkapseln ein muffiger Geruch nach Liebstöckel (Maggi-Geruch) entstand, der dazu führte, dass der seinerseits mangelfreie Wein jedenfalls nicht mehr als Flaschenwein vermarktet werden konnte. Die Beklagten verkauften ihn zum Teil unter Preisreduzierung als Fass- oder Schankwein (929 Liter Portugieser); sie konnten weitere Bestände der betroffenen Weinpartien (1.170 Flaschen Rivaner, 4.300 Flaschen Riesling, 770 Flaschen Portugieser) gar nicht verwerten (Bl. 38 GA) und machen im Übrigen geltend, die Aufwendungen bei der Abfüllung von 1 Euro pro Flasche seien vergeblich gemacht worden. Der Fehlgeruch ist durch einen Kontakt von Wein mit Aluminium der Verschlusskapseln verursacht worden. Die Parteien streiten darum, ob dies auf einem Materialfehler der vom Kläger verkauften Verschlusskapseln oder einem Fehler beim Abfüll- und Verschlussvorgang mit der Abfüllanlage der Nebenintervenienten beruht.

Die Kläger haben mit der Klage ihre Kaufpreisforderung von 4.218,84 Euro nebst Zinsen geltend gemacht (Bl. 1 GA). Die Beklagten haben in diesem Umfang die Aufrechnung mit ihren angeblichen Schadensersatzansprüchen erklärt und überschießende Schadensersatzansprüche in Höhe von 18.855,16 Euro nebst Zinsen im Wege der Widerklage nebst Zinsen geltend gemacht (Bl. 33 GA).

Die Beklagten haben im selbständigen Beweisverfahren (15 OH 7/02 LG Koblenz) die Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen R... erwirkt; im Prozess haben sie ferner ein schriftliches Ergänzungsgutachten desselben Sachverständigen und schließlich dessen mündliche Anhörung herbeigeführt. Das Landgericht hat auf dieser Grundlage der Klage durch Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer vom 10. Januar 2005 unter Abweisung im Übrigen zur Hauptforderung in vollem Umfang und bezüglich der Zinsforderung im Wesentlichen stattgegeben; die Widerklage der Beklagten hat es abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, dass die Kaufpreisforderung im Ansatz unstreitig sei, während Mängel der gelieferten Alu-miniumkapseln nicht bewiesen seien und deshalb die Aufrechnung und eine weiter gehende Schadensersatzhaftung der Beklagten für Mangelfolgeschäden ausscheiden. Der Fehlgeruch, der im Anrollbereich der Verschlusskapseln festgestellt worden sei, müsse bei dem Abfüllvorgang verursacht worden sein, indem hierbei Wein mit Aluminium der Verschlusskapseln in Berührung gekommen sei. Dazu müssten Weinreste an die Außenmündung der Kapseln in deren Gewindegang gelangt sein, wo die dünne Schutzschicht beim Anrollvorgang zwangsläufig beschädigt werde, so dass es zu einem Kontakt von Wein dem Aluminium gekommen sei. Das sei ein Fehler beim Abfüllvorgang, habe aber nicht seine Ursache in einem Materialmangel. Dies gehe aus den Ausführungen des Sachverständigen hervor, denen das Gericht folge.

Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen der Beklagten (Antrag mit Berichtigung Bl. 188, 227 GA) und ihrer Streithelfer (Antrag Bl. 197 GA), mit der diese jeweils das erstinstanzliche Ziel der Beklagten, nämlich die Abweisung der Klage über 4.218,84 Euro nebst Zinsen, soweit diese nicht hinsichtlich der Nebenforderung zum Teil schon in erster Instanz erfolgt ist, und die Stattgabe hinsichtlich der Widerklage über 18.855,16 Euro nebst Zinsen weiter verfolgen. Der Berufungsantrag der Beklagten in der Berufungsbegründungsschrift vom 11. April 2005 enthält insoweit hinsichtlich der mit der Widerklage geltend gemachten Hauptforderung einen offensichtlichen Schreibfehler (Bl. 188 GA: "855,16 €" statt 18.855,16 Euro), der sich schon aus der Erläuterung der Berufungsbegründung ergibt (Bl. 191 GA) und nachträglich korrigiert worden ist (Bl. 227, 234 GA). Die Beklagten bemängeln in der Sache vor allem die rechtliche Bewertung des Falles durch das Landgericht, wobei im Vordergrund der Beanstandungen steht, dass das Landgericht aus der Bemerkung des Sachverständigen, die Schutzschicht des Verschlusses werde im Bereich der Anrollfläche bei dem Verschließvorgang durch die Abfüllmaschine "zwangsläufig" beschädigt, nicht den Schluss auf einen Sachmangel der Verschlusskapseln gezogen habe.. Die Nebenintervenienten greifen die Beweiswürdigung des Landgerichts an und meinen im Kern, das Landgericht habe sich ohne vollständige Sachverhaltsaufklärung letztlich auf reine Vermutungen gestützt.

Der Kläger tritt den Berufungen entgegen. Er verweist darauf, dass nach allen Äußerungen des Sachverständigen der Fehlgeruch nur beim Kontakt der Anrollzone des Verschlusses mit Weinresten entstanden sein könne. Weil das Material im Anrollbereich der Verschlusskapsel zwangsläufig beschädigt werde, der Verschluss aber eine Abdichtung der Flasche schon vor dem Anrollbereich bewirke, sei das kein Mangel der Kapsel. Die Antragung von Wein an die Flaschen im Anrollbereich der Kapsel sei vielmehr ein Fehler des Füll- und Verschließungsvorgangs. Die streitbefangenen Verschlusskapseln seien auch von der Lieferfirma millionenfach hergestellt worden, wobei auch einzelne Partien der Herstellungsvorgänge 100.000 Stück umfassten, also mehr als an die Beklagten im vorliegenden Fall verkauft wurden. Beanstandungen der von den Beklagten vorgetragenen Art hätten sich in anderen Wein vermarktenden Betrieben nicht ergeben (Bl. 214 GA).

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Wegen der Feststellungen des Landgerichts nimmt der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug.

II.

Die Berufungen sind unbegründet. Das angefochtene Urteil ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht zu beanstanden. Auf seine Begründung wird ergänzend Bezug genommen. Die Annahme der Beklagten, das Landgericht habe "aufgrund eines unstreitig feststehenden Sachverhalts falsche Schlüsse gezogen" (Bl. 188 GA), trifft nicht zu. Ebenso ist die Annahme der Nebenintervenienten unrichtig, das Landgericht habe sich ohne ausreichende Sachverhaltsaufklärung auf Vermutungen gestützt. Die Feststellungen des Landgerichts sind ausreichend und sie tragen die vom Landgericht gezogenen Beweisschlüsse und rechtlichen Wertungen.

Der Kläger hat gemäß § 433 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf die begehrte Kaufpreiszahlung. Hinsichtlich der Verschlusskapseln liegt kein Mangel des Kaufgegenstands vor, der den Einwand der Nichterfüllung rechtfertigen könnte; hinsichtlich des Kaufpreises für die Weinflaschen greift der Aufrechnungseinwand der Beklagten nicht durch und ihre Widerklage mit einer weiter gehenden Schadensersatzforderung wegen Mangelfolgeschäden ist unbegründet; denn ein Mangel des Kaufgegenstands liegt nicht vor.

Gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Nach Satz 2 dieser Bestimmung ist die Sache, soweit ihre Beschaffenheit nicht vereinbart ist, frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (Nr. 1), sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (Nr. 2). Eine bestimmte Vereinbarung zu der Beschaffenheit der Verschlusskapseln hinsichtlich der Beständigkeit der Umhüllung wurde zwischen den Parteien nicht getroffen. Deshalb kommt es nur darauf an, ob die Verschlusskapseln sich für die gewöhnliche Verwendung eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Das ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Fall. Normaler Materialverschleiß beim bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache stellt grundsätzlich keinen Sachmangel dar (vgl. in anderem Zusammenhang BGH NJW 2006, 434, 436 f.).

Der den Beklagten obliegende Nachweis eines Sachmangels ist nicht geführt. Das geht aus dem Gutachten nebst Ergänzungsgutachten und mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen R... hervor. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen des Landgerichts bestehen insoweit nicht. Das Urteil beruht auch nicht, wie die Nebenintervenienten meinen (Bl. 199 f. GA), lediglich auf Vermutungen und Spekulationen, sondern auf nachvollziehbaren Schlussfolgerungen aus festgestellten Indiztatsachen. Nach der sensorischen Prüfung ist der Fehlgeruch ausschließlich im Anrollbereich der Kapseln entstanden. Dieses Ergebnis der sensorischen Prüfung ist von den Parteien und den Streithelfern der Beklagten nicht in Frage gestellt worden. Ein Fehler bei dieser Tatsachenfeststellung ist auch sonst nicht ersichtlich. Deshalb kommt es für die Frage, ob die Verschlusskapseln einen Sachmangel aufweisen oder die Ursache des Fehlgeruches dem Verantwortungsbereich der Streithelfer der Beklagten als Abfüller zuzurechnen ist, darauf an, ob die Verschlusskapseln in diesem Bereich einen zuverlässigen Schutz gegen einen Kontakt mit Wein aufweisen müssen oder ob der für den Abfüll- und Verschlussvorgang verantwortliche Beteiligte an der Flaschenweinproduktion dafür Sorge zu tragen hat, dass die Weinflaschen außen am Flaschenhals von Weinresten frei sein müssen. Letztere Frage hat der gerichtliche Sachverständige dahin beantwortet, dass "dann, wenn ordnungsgemäß abgefüllt wird, kein Wein an den Flaschenmündungen vorhanden sein darf" (Bl. 134 GA). Die Annahme der Beklagten, die Weinantragung in diesem Bereich sei beim Abfüllvorgang "grundsätzlich nicht auszuschließen" (Bl. 435 GA), trifft nicht zu. Weil der Sachverständige in einem Ausschlussverfahren festgestellt hat, dass der Kontakt von Wein mit unverhülltem Aluminium den Fehlgeruch hervorrufe, und weil die Verschlusskapseln - unabhängig vom Hersteller - nach den Ausführungen des Sachverständigen "zwangsläufig" im Anrollbereich über dem Gewindegang der Flasche strapaziert und ihre Kunststoffbeschichtung deshalb üblicherweise mit hoher Wahrscheinlichkeit beschädigt wird, ist diese Wertung ohne weiteres nachvollziehbar. Der Kapselverschluss ist ein "stirnabdichtender Verschluss" (Beweissicherungsgutachten S. 17), der die Weinflaschen an deren Mündung verschließt. Dort muss folglich eine ausreichende Sicherung gegen einen Kontakt von Wein mit dem Aluminium der Verschlusskapsel vorhanden sein, damit ein fehlerfreies Produkt vorliegt. Das ist aber unstreitig der Fall, zumal sich unter dem Verschlusskopf Dichtscheiben befinden. Nach der Füllung und dem Verschluss der Weinflaschen kann kein Wein aus dem Flascheninhalt in den Bereich der Anrollzone des Verschlusses gelangen; denn "die Flaschen sind dicht" (Ergänzungsgutachten S. 45). Die Weinreste, die im Anrollbereich der Kapseln in Kontakt mit Aluminium gekommen sind, müssen deshalb von außen angetragen worden sein. Die genaue Ursache dafür steht nicht fest; das ist aber für die Frage, ob ein Sachmangel des vom Kläger an die Beklagten verkauften Produkts vorliegt, unerheblich. Der Sachverständige hat es als eine Möglichkeit für die (fehlerhafte) Antragung von Wein an die Flaschenhälse angesehen, dass Weinreste "an den Zentriertulpen vorhanden" gewesen sein können (Bl. 133 GA). Ob dies die Ursache war oder ein anderer Vorgang dafür maßgeblich geworden ist, kann offen bleiben. Die Weinreste an den Neuglasflaschen müssen jedenfalls während des Abfüllvorgangs an den Flaschenhals angetragen worden sein, weil alle anderen Möglichkeiten ausscheiden. Die Flaschen waren vor dem Füllvorgang als Neuglasflaschen zur Abfüllung bereitgestellt und sterilisiert worden. Sie hatten vorher also keinen Kontakt mit Wein. Waren sie nach dem Verschluss mit den Aluminiumkapseln samt deren Dichtscheibe an der Mündung abgedichtet, dann konnte auch nachträglich kein Wein aus dem Flascheninhalt an die Flaschenhälse angetragen worden sein. Der Beweisschluss darauf, dass während des Abfüll- und Verschlussvorgangs Weinreste an die Flaschenhälse angetragen wurden, ist deshalb tatsächlich und beweisrechtlich möglich. Das Landgericht hat ihn gezogen und der Senat tritt dem bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bei.

Eine Antragung von Wein an die Flaschenhälse war ein Fehler des Abfüllvorgangs. Die Verschlusskapseln hatten nicht die Aufgabe, in ihrem Anrollbereich einen sicheren Schutz des Aluminiummaterials gegen Kontakte mit Wein herzustellen. Sie mussten entgegen der Auffassung der Berufungsführer auch nicht in ihrer Schutzschicht absolut bruchsicher sein. Das wäre technisch kaum zu bewirken. Im Anrollbereich der Kapsel wird die Schutzschicht, die sich über die Gesamtfläche der Kapsel erstreckt und insbesondere im Kopfbereich wirksam werden soll, nach den Ausführungen des Sachverständigen R... "zwangsläufig beschädigt". Deshalb seien auch im Übrigen an den Abfüllvorgang hohe Anforderungen zu stellen. Das hat das Landgericht seinem Urteil zu Grunde gelegt und davon geht der Senat aus, so dass dem hierauf gerichteten Beweisangebot der Beklagten, den Sachverständigen R... erneut zu vernehmen (Bl. 193 GA), nicht gefolgt werden muss. Die unter Beweis gestellte Tatsache ist schon festgestellt. Der Senat zieht daraus nur andere Schlüsse als die Berufungskläger.

Die Gefahr der Beschädigung der Ummantelung der Aluminiumkapseln im Anrollbereich gilt für die gleichartigen Verschlüsse aller Hersteller (Bl. 134 GA). Die jeweils eingesetzte Verschlusskapsel wird beim Verschließungsvorgang über den Flaschenhals herabgezogen. Dabei wird auf den Verschlusskopf über der Flaschenmündung ein erheblicher Druck ausgeübt, um dort eine bessere Dichtheit durch Aufpressen der Dichtscheibe zu erzielen. Zugleich werden im Gewindebereich außen am Flaschenhals Seitenkräfte auf die Verschlusskapsel in deren Anrollbereich entwickelt, um das Material dort in die Gewindegänge am Flaschenhals zu pressen und so die Dichtscheibe an der Flaschenmündung mit fortwirkendem Anpressdruck festzuhalten. Im Anrollbereich wird dazu das Material der Verschlusskapsel dem Gewinde am Flaschenhals angepasst. Das Gewinde ermöglicht hier als einen festen Sitz der Aluminiumverschlusskapseln. In anderen Fällen, auf die es hier nicht ankommt, dient es der Aufbringung von Schraubverschlüssen. Die Kunststoffhülle über dem Aluminium der hier verwendeten Kapsel wird in seinem Anrollbereich über die Gewindeteile an der Flaschenmündung gebogen und dabei zwangsläufig erheblich belastet; die Gefahr des Aufplatzens der Umhüllung ist dabei nicht auszuschließen. Weil sich aber kein Wein außen am Flaschenhals befinden "darf", ist der Wegfall der Schutzfunktion der Umhüllung an dieser Stelle unerheblich. Dass die Ummantelung dort überhaupt vorhanden ist, beruht auch auf der Art und Weise der Herstellung der Kapseln aus einem Stück Aluminium, das insgesamt mit der Schicht überzogen wird. Zum Teil dient diese Beschichtung im Übrigen auch dazu, außen Aufdrucke zur Verzierung, Werbung oder Herstellerkennzeichnung anzubringen. Wird diese Schicht im Anrollbereich an der Innenseite der Kapseln "zwangsläufig" beschädigt, so stellt dies keinen Sachmangel dar. Bei der Probe durch den Sachverständigen wurde vor diesem Hintergrund gerade dort auch "unabhängig vom Verschlusshersteller ein intensiver weinfremder Geruch nach Liebstöckel (Maggi) festgestellt" (Ergänzungsgutachten S. 43). Wäre die Beschädigung der Ummantelung der Verschlusskapseln im Anrollbereich, die stets möglich und nicht sicher auszuschließen ist, ein Sachmangel, dann würde das letztlich für alle derzeit am Markt befindlichen Kapseln gleicher Art gelten. Diese Annahme geht zu weit, denn nach § 434 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB wird nur eine Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist, geschuldet. Diese Beschaffenheit liegt aber bei den streitbefangenen Kapseln vor.

Bei den streitgegenständlichen Weinpartien wurde der Abfüllvorgang, der mit dem Verschluss der Flaschen mit den vom Kläger gelieferten Kapseln endete, vor Einführung eines zusätzlichen Arbeitsganges an der neuen Abfüllanlage durchgeführt. Die Füllung einer Partie Portugieser, bei der Kapseln des Streithelfers M... verwendet wurden, erfolgte erst nach dieser "Umrüstung" der Füllanlage (Bl. 9 des Beweissicherungsgutachtens). Das erklärt, warum vorher bei der Füllung von drei anderen Weinpartien der Fehlgeruch verursacht wurde, der nachher fehlte. Eine andere Bewertung der vorgenannten Ursachenzusammenhänge rechtfertigt dies folglich nicht.

Die gelieferten Verschlusskappen waren nach allem mangelfrei; bei den gelieferten Weinflaschen ist ein Sachmangel nicht geltend gemacht worden. Der Nachweis eines Mangels der Verschlusskapseln und eines dem Kläger zuzurechnenden Mangelfolgeschadens ist nicht geführt. Auf die von den Parteien zuletzt aufgeworfene Frage, in welchem Umfang der Hersteller die Kapseln produziert hat, wie groß die jeweiligen Chargen im Produktionsgang sind und ob an anderer Stelle durch Abnehmer der Kapseln vergleichbare Mängel geltend gemacht wurden (Bl. 213, 214 f. GA), kommt es insoweit nicht an. Die Vernehmung des hierzu benannten Zeugen S... von der Herstellerfirma in Italien ist deshalb nicht erforderlich.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 100, 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 798 Nr. 10, 712 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 23.074,-- Euro.



Ende der Entscheidung

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