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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 13.02.2006
Aktenzeichen: 12 U 25/05
Rechtsgebiete: StVO


Vorschriften:

StVO § 8 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
An einer Kreuzung von Weinbergswegen abseits der dem Durchgangsverkehr dienenden Straßen, an der die Regelung "Rechts vor Links" gilt, müssen die Verkehrsteilnehmer auch den von links kommenden Verkehr im Auge haben. Eine solche Örtlichkeit verleitet dazu, mit dem Auftauchen anderer Verkehrsteilnehmer nicht zu rechnen.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 U 25/05

Verkündet am 13. Februar 2006

in dem Rechtsstreit

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Wohlhage und die Richterin am Oberlandesgericht Frey auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 6. Dezember 2004 teilweise wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger über die bereits zuerkannten 3.497,48 EUR nebst Zinsen hinaus weitere 181,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2003 zu zahlen.

2. Im Übrigen verbleibt es bei der Klageabweisung.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben der Kläger 1/3 und die Beklagten als Gesamtschuldner 2/3 zu tragen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 9 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 91 % zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage Schadensersatz in Höhe von 5.586,22 EUR nebst Zinsen aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 13. Juni 2003.

Im Bereich der oberhalb der Ortschaft Br... gelegenen Wirtschaftswege stießen auf einer Kreuzung der von der Ehefrau des Klägers gefahrene Pkw Ford mit dem Geländefahrzeug des Beklagten zu 1. zusammen.

Das Landgericht hat in seinem Urteil vom 6.12.2004 (Bl. 108 ff. GA) wegen einer Vorfahrtverletzung des Beklagten zu 1. eine Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Beklagten zu 1. für angemessen erachtet, den Anspruch des Klägers auf Ersatz des Nutzungsausfalls allerdings voll abgewiesen und demgemäß die Beklagten zur Zahlung von (nur) 3.497,48 EUR nebst Zinsen verurteilt.

Gegen die teilweise Klageabweisung richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er den Restbetrag von 2.088,74 EUR nebst Zinsen verlangt.

Wegen der wörtlichen Fassung der erstinstanzlichen Anträge wird auf Bl. 1, 34, 81 und 109 GA, wegen der wörtlichen Fassung der Berufungsanträge auf Bl. 143, 155 und 165/66 GA Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils sowie auf die von den Parteien zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen verwiesen.

Gründe:

Die Berufung hat nur zu einem kleinen Teil, nämlich hinsichtlich des begehrten Nutzungsausfalls, Erfolg.

Der Senat schließt sich in Übereinstimmung mit dem Landgericht auch im vorliegenden Fall seiner früheren Rechtsprechung an, wonach sich die Frage, ob eine Fahrbahn als Feldweg zu qualifizieren ist und deshalb gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StVO die Regel "Rechts vor Links" nicht gilt, anhand der äußeren, für jeden Verkehrsteilnehmer sofort erkenn- und bewertbaren Umstände entscheidet. Danach ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass hier beide sich kreuzenden Wege als gleichartig und gleichrangig erscheinen mit der Folge, dass der Ehefrau des Klägers das Vorfahrtsrecht zustand.

Dennoch hat das Landgericht zu Recht auch ihr einen Mitverursachungsanteil von 1/3 zugeordnet. Sie wusste, dass sie einen nur für landwirtschaftliche Fahrzeuge freigegebenen, also in der Verkehrsbedeutung nachrangigen Fahrweg benutzte, während die vom Beklagten zu 1. befahrene, wenn auch schmale Straße als Durchgangsstraße nach der Ortschaft B... gekennzeichnet war. Trotz des für sie geltenden Verkehrszeichens Nr. 102 musste sie deshalb damit rechnen, dass von links kommende Verkehrsteilnehmer das Vorfahrtsrecht bei sich selbst sehen würden. Die Schadensbilder zeigen aber, dass die Ehefrau des Klägers ihre Aufmerksamkeit ausschließlich nach rechts richtete, dabei vorgefahren ist und den von links herannahenden Beklagten zu 1. überhaupt nicht wahrgenommen hat; sonst wäre sie ihm nicht voll in die Seite gefahren.

An einer Kreuzung wie der vorliegenden, im Bereich von Weinbergswegen und abseits der eindeutig dem Durchgangsverkehr gewidmeten und gut beschilderten Straßen, müssen außerdem alle Verkehrsteilnehmer nicht nur zur Vermeidung von Missverständnissen, sondern aus Gründen allgemein gebotener Vorsicht sowohl den von rechts nahenden als auch - wenigstens kurz - den von links kommenden Verkehr im Auge haben, denn eine Örtlichkeit, wie sie hier gegeben ist, verleitet dazu, mit dem Auftauchen anderer Verkehrsteilnehmer gar nicht zu rechnen. Weil die Ehefrau des Klägers dies versäumt hat, muss der Kläger ein 1/3 seines Schadens selbst tragen.

Ihm sind allerdings 2/3 seines Nutzungsausfalls zuzusprechen, denn sein Fahrzeug ist repariert worden, und der Gutachter hat die hierfür jedenfalls benötigte Zeit auf mindestens 5 Arbeitstage festgelegt. Dies ergibt 8 Kalendertage à 34,00 EUR = 272,00 EUR x 2/3 = 181,33 EUR.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 713 ZPO.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 2.088,74 EUR.

Die Revision ist mangels der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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